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wmxvmut
343
LEHRBUCH
DER
MINERALOGIE
■ MAX BAUER.
ZWEITE,
VÖLLIG NEUBEARBEITETE AUFLAGE.
MIT 670 nOUREN.
STUTTGART.
E. SCHWEIZERBART'SCBE VERLAOSHANDLUNQ (E. NÄGELE).
1904.
Zur Beachtung.
Verfasser und Verleger behalten »ich alle Rechte vor.
Vorrede zur ersten Auflage.
i
L
Das vorliegende Lehrbuch soll dazu dienen, den Leser in das
wissenschaftliche Studium der Mineralogie nach ihrem neuesten Stand-
punkt einzuführen. Dasselbe kann zum Studium neben einer minera-
logischen Vorlesung benutzt werden, aber auch ohne eine solche zum
Selbststudium, wobei allerdings vorausgesetzt werden muß, daß eine,
wenngleich nicht notwendig umfangreiche, Sammlung der wichtigsten
^ Mineralien, Krystallmodelle, Präparate und Instrumente zur Verfügung
^ steht, ohne deren sachgemäße Benutzung ein tieferes Eindringen in
^ die Mineralogie unmöglich ist.
Dem Zweck des Buches entsprechend ist der allgemeine und ein-
leitende Teil desselben ziemlich ausfuhrlich behandelt.
Zunächst sind darin die Lehren der Erystallographie eingehend
dargestellt Der Verfasser hat sich dabei nicht auf eine Beschreibung
der Krystallformen beschränkt, sondern er hat sich bemüht, den Leser
zu einem wirklichen Verständnis derselben gelangen zu lassen, soweit
dies ohne umfangreiche mathematische Behandlung möglich ist.
Den physikalischen ^Eigenschaften der Mineralien wird heutzutage
eine ganz besondere Wichtigkeit beigelegt. In dem Abschnitt über
Mineralphysik wurde im allgemeinen die Kenntnis der Physik, soweit
sie etwa in einer guten Universitätsvorlesung über Experimental-
physik dem Zuhörer übermittelt wird, als bekannt vorausgesetzt.
Nur diejenigen physikalischen Lehren sind etwas ausführlicher be-
handelt worden, welche für die speziellen Zwecke der Mineralogie
besondere Bedeutung haben und welche zuweilen in den Lehrbüchern
der Physik nicht in der für den Mineralogen wünschenswerten Aus-
führlichkeit dargestellt werden, wie z. B. die Farbenerscheinungen
in den Erystallen im polarisierten Licht etc. Als bekannt voraus-
zusetzende Gegenstände wurden nur insoweit kurz berührt, daß der
ganze Abschnitt über Mineralphysik an einem fortlaufenden Faden
dargestellt werden konnte. Größere theoretische Ausführungen, wie
z. B. die Erklärung der Interferenzerscheinungen in Krystallen und
1 ^> ■: o '"> Q
IV Vorrede.
ähnliches wurde vermieden. In bezug hierauf und überhaupt in bezug
auf die einschlägigen physikalischen Lehren sei auf die ausfuhrlicheren
Lehr- und Handbücher der Physik verwiesen.
In dem Abschnitt über Mineralchemie wurden die Lehren der
Chemie, besonders der unorganischen als bekannt vorausgesetzt und
es wurde im allgemeinen Teil hauptsächlich nur die chemische Zu-
sammensetzung der Mineralien im allgemeinen, ihr Verhalten vor dem
Lötrohr, sowie gegen Wasser, Säuren und andere Lösungsmittel, end-
lich namentlich die Lehren des Isomorphismus und Dimorphismus ein-
gehender behandelt. Die Zusammensetzung der Mineralien wurde
durch die empirischen Formeln, sowie nicht selten durch die älteren
gruppierenden Formeln dargestellt. Dabei wurden die zwei Metall-
atome in den Sesquioxyden (und entsprechend in den empirischen
Formeln) in bekannter Weise mittels durchstrichener Buchstaben
bezeichnet, zur leichteren Unterscheidung der Metallatome in den
Monoxyden derselben Metalle, besonders beim Eisen.
Bei der Betrachtung der chemischen Verhältnisse der Mineralien
im allgemeinen wurde schließlich auch gebührende Eücksicht ge-
nommen auf die Art und Weise, wie die Mineralien entstehen, wie
sie unter den verschiedenartigen von außen auf sie einwirkenden
natürlichen Einflüssen umgewandelt und wie sie endlich unter Um-
ständen auch ganz zerstört werden, um anderen Mineralien zur Ent-
stehung Veranlassung zu geben. Dabei durfte die Art und Weise
des natürlichen Vorkommens der Mineralien in der Erdkruste nicht
übergangen werden, das nicht nur an sich wichtig und interessant,
sondern auch zur Beurteilung der Entstehung der Mineralien von
größter Bedeutung ist. Es wurden daher in dem die Mineralien be-
handelnden Abschnitt des einleitenden Teiles einige Paragraphen über
die allgemeinen Verhältnisse des Vorkommens der Mineralien ein-
gefügt.
In allen Abschnitten wurde die Betrachtung nach Möglichkeit
auf das Tatsächliche und das Beobachtete beschränkt und die Herein-
ziehung des rein Hypothetischen tunlichst vermieden.
Die weniger wichtigen Abschnitte des allgemeinen Teils sind von
den wichtigeren durch kleineren Druck unterschieden ; klein gedruckt
sind auch Beispiele zu allgemeineren Sätzen, längere Beschreibungen
von Instrumenten und ähnliches. Der Anfönger wird sich zunächst
mit dem genaueren Studium des Großgedi'uckten begnügen können.
Im speziellen Teil sind die Beschreibungen der wichtigen und häufigen
Mineralien groß, die der unwichtigeren und selteneren ebenfalls klein
gedruckt. Der Anfänger kann die letzteren überschlagen. Eine An-
zahl solcher unwichtigen Mineralien ist nur mit wenigen Worten im
Text erwähnt, eine Anzahl anderer ist wenigstens in dem ausführlich
Vorrede. V
gehaltenen alphabetischen Mineralverzeichnis am Schluß mit einem
kurzen erläuternden Zusatz aufgeführt. Das Buch kann daher auch
bis zu einem gewissen Grade als Nachschlagebuch benutzt werden.
Die Mineralien organischen Ursprungs sind mehr anhangsweise
und auch kurz behandelt, sowie durchaus mit kleinen Lettern gedruckt
Daß der Bernstein etwas ausführlicher beschrieben worden ist, wird
in einem Buche, das zum allergrößten Teil in der Hauptstadt des
Bemsteinlandes, in Königsberg i/Pr., entstanden ist, nicht auffallend
erscheinen.
Das Register zerfallt in zwei getrennte Hälften, eine für die
allgemeinen einleitenden Abschnitte und eine zweite, ein Mineralien-
register, für den speziellen, beschreibenden Teil des Buches.
Im § 3 findet man eine Übersicht über die wichtigsten selb-
ständig erschienenen Werke der mineralogischen Literatur. Dieselben
sind nach Fächern und innerhalb jedes Faches chronologisch geordnet.
Es wurde dabei bis zum Anfang dieses Jahrhunderts zurückgegangen.
Absolute Vollständigkeit wurde nicht erstrebt. Ebensowenig ist dies
der Fall mit den Literaturnachweisen, namentlich aus Zeitschriften,
welche den einzelnen Paragraphen und Mineralbeschreibungen an-
gehängt sind. Bezüglich dieser war anfänglich größere Vollständig-
keit geplant und auch z. T. ausgeführt Die Durchfuhrung dieser
Absicht hätte aber zu viel Raum beansprucht, und so fand später
eine Beschränkung auf das Wichtigste statt Infolge davon sind die
Literaturangaben bei den einzelnen Paragraphen und Mineralien etwas
ungleichförmig, die größere Ausführlichkeit in einzelnen Punkten wird
aber dem Buch wohl nicht zum Schaden gereichen. Im allgemeinen
ist das Prinzip verfolgt, daß aus der zitierten Literatur jedes Gregen-
standes die andere nicht zitierte möglichst vollständig ersehen werden
kann ; zu diesem Zweck sind mehrfach an sich unbedeutende Arbeiten
angeffthrt worden, wenn in ihnen die ältere Literatur in hervor-
ragender Weise berücksichtigt worden ist Aus den Literaturangaben
sind auch die Namen derjenigen Forscher zu entnehmen, welche sich
mit den betreffenden Gegenständen vorzugsweise eingehend beschäftigt
haben. Im Texte selbst sind deren Namen nur ausnahmsweise ge-
nannt
Die 588 Figuren sind mit geringen Ausnahmen neu konstruiert;
nur eine kleine Zahl ist aus anderen Werken kopiert, so z. B. die
Abbildungen einiger Instrumente aus dem: „Bericht über die wissen-
schaftlichen Instrumente auf der Berliner Oewerbeausstellung im
Jahi-e 1879".
Die sehr mühsame Korrektur ist mit der dankenswerten Unter-
stützung des Herrn Dr. R. Brauns hier ausgeführt worden, welcher
auch das Register für den allgemeinen Teil angefertigt hat Einige
VI Vorrede.
stehengebliebene sinnstörende Druckfehler wolle man vor der Be-
nutzung des Buches verbessern.
Die Fertigstellung des Buches hat, durch mannigfache Hinder-
nisse unterbrochen, sehr lange Zeit in Anspruch genommen. Es
konnten daher manche wichtige in den letzten Jahren erschienene
Arbeiten teils gar nicht mehr, teils nur in ungenügender Weise bei
der Korrektur benutzt werden.
Möge es dem Verfasser trotzdem gelungen sein, ein Werk zu
schaffen, welches den eingangs angegebenen Zweck zu erfüllen im
Stande ist.
Besonderen Dank würde derselbe denjenigen Fachgenossen ent-
gegenbringen, welche ihn auf die beim Gebrauche des Buchs sich
ergebenden Mängel und Irrtümer aufmerksam machen wollten.
Marburg, Neujahr 1886.
Max Bauer.
Vorrede zur zweiten Auflage.
Daß diese zweite Auflage yollkommen nenbearbeitet werden
mnßte, geht ohne weiteres aus der langen Zeit hervor, die seit dem
Erscheinen der ersten Auflage verflossen ist. Zweck und Anlage des
Buches sind die gleichen geblieben, aber der Umfang ist gewachsen,
stärker als dem Verfasser lieb ist. In völlig neuem Gewände er-
scheint die Erystallographie, die ganz den jetzigen Anschauungen
gemäß in einer für Anfänger möglichst geeigneten, anschaulichen
Weise entwickelt ist. Ein erheblicher Teil des Zuwachses beruht
hierauf, außerdem auf einer beträchtlichen Steigerung der Figuren-
zahl und endlich auf einem größeren und weiteren und infolgedessen
viel übersichtlicheren Druck, sowie darauf, daß der Text durchweg
in ausfuhrlichen Sätzen mit fast gänzlicher Vermeidung abkürzender
Zeichen dargestellt wurde. Größere Übersichtlichkeit wurde dabei
namentlich dadurch erzielt, daß auch die Beschreibung der mit kleinen
Lettern dargestellten, weniger wichtigen Mineralien fast durchweg
mit einer neuen Zeile beginnt. Außerdem wurden die verbreiteteren
unter diesen dadurch hervorgehoben, daß ihre Namen wie bei den
großgedruckten Mineralien für sich auf einer Zeile stehen. Der in
dieser zweiten Auflage enthaltene Lehrstoff ist demnach keineswegs
in dem Maße angeschwollen, als es die erhöhte Seitenzahl vielleicht
vermuten lassen könnte. Doch ist jeder größeren Mineralgruppe eine
ausführlichere Einleitung vorangesteUt, was wohl ebenfalls den Über-
blick erleichtert und die Darstellung einheitlicher gestaltet.
Den Herren Professor C. Busz in Münster, sowie Dr. A. Schwantke
und Fr. Otto Groos hier bin ich fttr Beihilfe bei der mühsamen Korrektur,
den Herren R. Brauns in Gießen, H. Rosenbusch in Heidelberg und
G. Tschermak in Wien für die Erlaubnis zur Benutzung einiger Ab-
bildungen aus ihren bekannten Werken zum Danke verpflichtet.
Marburg, Herbst 1903.
Max Bauer.
Inhaltsübersicht.
flinleitniiif. 1. Mineralien. 2. Mineralogie. 3. Literatur.
Allgemeiner Teil.
I. Abschnitt. firystallogTaplile.
A. Be^ir des KrystallB.
4. KrjBtallisiert, amorph. 5. Individnnm. 6. Krystall, derb.
B. Begr^^ninnST^^l^m^nte.
a) Flächen. 7. Flächenparallelismus. 8. Flächenbeschaffeuheit. 9. Einfache
Erystallformen, Kombinationen. 10. Offene, g^eschlossene Formen.
b) Kanten. 11. Allgemeines. 12. Flächenwinkel. 13. Anlegegoniometer.
14. Seüexionsgoniometer (Prinzip). 16. Wollastonsches Goniometer. 16. Go-
niometer mit horizontalem Kreis. 17. Theodolithgoniometer. 18. Gleiche
Kanten.
c) Ecken. 19. Ecken.
C. Gesetxey nach denen die Begreniunggelemente der Krystalle
angeordnet sind.
a) Gesetz der Winkelkonstanz nud der Flächengrnppiernng.
20. Winkelkonstanz. 21. Winkel yerschiedener Substanzen. 22. Konstanz
der Flächengruppiemng. 28. Parallelyerschiebnng der Flächen. 24. Ideale
Krystallfonneu.
b) Gesetz der rationalen Kantenschnitte. 25. Kantenschnitte.
26. Rationale Kantenschnitte. 27. Andere Fassung des Gesetzes der ratio-
nalen Kantenschnitte. 28. Mögliche Krystallflächen. Krystallreihe. 29. Bei-
spiel. 30. Achsen. 31. Parameter. Flächenansdmck. 32. Achsenlängen,
Ableitnngszahlen. 33. Wahl der Achsen. 34. Gesetz der rationalen Achsen-
schnitte. 36. Spezielle Betrachtang der ableitnngszahlen. 36. Spe-
zielle Flächenansdrttcke. 37. Parallele Gegenflächen. 38. Achsensystem.
39. Weiss'sche Flächenbezeichnnng. 40. Indices. 41. Miller'sche Flächen-
bezeichnung. 42. Umwandlung Weiss^scher Symbole in MiUer^sche und um-
gekehrt. 43. Beispiel.
c) Zonenge setz. 44. Zone. 46. Ausdruck der Zone. 46. Zonengleichung.
47. Fläche in zwei Zonen. 48. Deduktion. 49. Zonengesetz. 60. Beispiele.
61. Praktischer Wert der Zonen.
X Inhaltsübersicht.
d) Sjmmetrieverhältnisse. 52. Symmetrie. 53. Symmetrieebeuen. 54. Bei-
spiele. 55. Symmetrieachsen. 56. Beispiele. 57. Symmetriezentnim. 58. Grad
der Symmetrie. 59. Krystallklassen. 60, 61. Beziehung der Symmetrie zum
Eanteuschnittgesetz. 62. 32 Krystallklassen. 63. Holoedrie. Meroedrie.
Hemiedrie. 64. Korrelate hemiedrische Flächen. 65. Charakter der Hemi-
edrie. 66. Kongruente und enantiomorphe Hemieder. 67. Tetartoedrie.
Ogdoedrie. 68. Hemimorphismus. 69. Symmetrie hemiedrischer Formen.
70. Haüy'sches Symmetriegesetz. 71. Symmetrieverhältnisse der hemiedri-
schen Formen nach dem Haüy^sche Symmetriesatz. 72. Symmetrieverhält-
nisse der tetartoedrischen Formen. 73. (besetz der Hemiedrie etc. 74. Ab-
leitung mehrerer hemiedrischer Formen aus derselben vollflächigen. 75.
Hemiedrie ohne Formveränderung. 76. Auftreten derselben Formen in
mehreren Krystallklassen. 77. Holoedrische und hemiedrische Krystallklassen.
78. Krystallsysteme. 79. Übersicht tlber die Krystallsysteme. 80. Grenz-
formen. 81. Übersicht über die 32 Krystallklassen. 82. Krystallographische
Achsen. 83. Voll- und teilflächige Krystallformen an den Achsen. 84. Ab-
leitung der krystallographischen Achsensysteme. 85. Krystallographische
Achsensysteme für die einzelnen Krystallsysteme. 86. Achsenelemente.
87. Oktanten, Dodekanten. 88. Gruppierung der Flächen um die Achsen.
89. Ableitung der einfachen Formen aus den krystallographischen Achsen.
90. Beispiele. 91. Gleichliegende, gleichnamige Flächen. 92. Kombinationen.
93. Modifikationen der Kanten und Ecken. 94. Gesetz der Kombinations-
bildung. 95. Symmetrieverhältnisse der Kombinationen. 96. Bildung der
Kombinationen. 97. Beispiele. 98. Haüyscbes Symmetriegesetz bei der
Kombinationsbildung. 99. Beispiele. 100. Ableitung der Kombinationen
nach dem Haüy^schen Symmetriegesetz. Beispiele. 101. Umkehrung des
HaÜyVhen Symmetriesatzes.
D. KrystaHsysteme.
102—112. Reguläres System. 113-130. Hexagonales System. 131—137. Qua-
dratisches System. 138—143. Bhombisches System. 144—150. Monokliues System.
151—153. Triklines System.
E. Gesetzm&ßige Yerwaehsang der Krystalle.
154. Parallel Verwachsung. 155—170. ZwiUiugsverwachsung. 171. Mimesie.
172. Nachahmende G^estalten. 173. Verwachsung ungleichartiger Krystalle.
F. Beschaffenheit und Ausbildiuig der Krystalle.
174. Habitus. 175. Krystallflächen. 176. Vicinale Flächen. 177. KrysUll-
skelette. 178. Krystallschalen. 179. Sanduhrstruktur. 180—183. Einschlüsse. 184. Aus-
bildung der Krystalle. 185. Eingewachsene Krystalle. 186. Aufgewachsene Krystalle.
187. Derbe Aggregate. 188. Formen der amorphen Mineralien.
U. Abschnitt. Mineralphysik.
189. Hauptgesetz der Krystallphysik. 190. Spezifisches Gewicht. 191. Kohäsion.
192. Elastizität. 193. Bruch 194. Blätterbruch. 195. Gleitflächen. 196. Kömerprobe.
197. Härte. 198. Zersprengbarkeit. 199. Tenazität. 200. Atzfiguren. 200 a. Ver-
witterung. Verstäubung. 201. Isotrop. Anisotrop. 202. Welle. Strahl. 203—211.
Isotrope Medien, und zwar: 203. Fortpflanzungsgeschwindigkeit. 204. B>eflexion.
205. Refraktion. 206. Dispersion. 207. Polarisation. 208. Planparallele Platte.
209. Prisma. 210. Totalreflexion. 211. Brechungskoeffizienten. 212—214. Anisotrope
Inhaltsttbersicht. XI
Medien, und zwar: 212. Schwingnng^richtnngen. 213. Doppelbrechung. 214. Op-
tische Achsen. 215 — 220. Einachsige ErystaUe: 216. Allgemeine Eigenschaften.
216. WeUenfläche (Strahlenfläche). 217. Charakter der Doppelbrechung. 218. Doppel-
brechung im Kalkspat. 219. Nicoisches Prisma. Turmalinplatte. 220. Brechungs-
koeffizienten. 221—229. Zweiachsige Erystalle : 221. ElastizitätseUipsoid. 222. Schwin-
gungsrichtungen. 223. Wellenfläche. 224. Optische Achsen. 225. Achsenwinkel.
226. Dispersion der optischen Achsen. 227. Dispersion der Elastizitätsachseu. 228.
Optische Konstanten. 229. Brechungskoeffizienteu. 230—236. Polarisationsinstm-
mente : 230. Zweck des Polarisationsinstruments. 231. Polarisation für konvergentes
Licht. 232. Polarisationsinstrument für paralleles Licht. 233. Wirkung des Polari-
sationsinstruments. 234. Auslöschungsschiefe. 235. Stauroskop. 236. Mikroskop mit
Polarisation. 237—254. Verhalten der Mineralien im Polarisationsinstrument : 237. Iso-
trope Mineralien. 238—254. Anisotrope Mineralien : 238. Erscheinungen im Polarisatious-
instrument für paralleles Licht. 239. Interferenzfarben. 240. Quarzkeil. 241. Kompen-
sation. 242. Bestimmung der Interferenzfarbeu. 243. Unterscheidung der beiden
Schwingungsrichtungen in der Platte. 244 — ^248. Einachsige Krystalle. 249—254. Zwei-
achsige Krystalle. 255. Einfluß der Temperatur auf die optischen Eigenschaften.
256. ZwUlinge. 257. Optische Anomalien. 258. Glanz. 259. Pelluzidität. 260. Farbe.
261. Strich. 262. Pleochroismus. 263. Phosphoreszenz. Fluoreszenz. 264. Besondere
Farbenerscheinungen. 265. Thermische Eigenschaften. 266. Wärmestrahlung.
267. Wärmeleitung. 268. Ausdehnung. 269. Änderung des Aggregatzustandes.
270. Elektrizität. Pyroelektrizität. 271. Thermoelektrizität. 272. Magnetismus.
IIL Almehnltt. Mineralchemle.
273. Zusammensetzung. 274. Analyse. 275. Wassergehalt. 276. Chemische
Charakteristik. 277. Verhalten vor dem Lötrohr. 278, 279. Mikrochemische Analyse.
280. Verhalten gegen Lösungsmittel. 281. Beziehung zwischen chemischer Zusammen-
setzung und Krystallform. 282. Polymorphismus. 283. Isomorphismus. 284. Chemi-
sches Verhalten isomorpher Körper. 285. Krystallographisches Verhalten isomorpher
Korper. 286. Physikalisches Verhalten isomorpher Körper. 287. Isodimorphismus.
288. Isomorphe Fortwachsung. 289. Isomorphe Mischungen. 290. Krystallographisches
und physikalisches Verhalten isomorpher Mischungen.
IT. Abselmltt. Torkommen, Entstehung nnd XJmwandlang
der Mineralien.
291. Entstehung der Mineralien. 292. Verbreitung der Mineralien. 293. Vor-
kommen der Mineralien. 294. Gesteinsbestandteüe. 295. Struktur der G^teine.
296. Lagerung der Gesteine. 297. Material nnd Entstehung der Gesteine. 298. Trttm-
mergesteine. 299. Mineralien auf Hohlräumen. 300. Mineralien auf geschlossenen
Hohlräumen. 301. Mineralien auf Spalten. 302. Kontaktbildungen. 303. Paragenesis.
304. Mineralbildungsprozesse. 305. Abscheidung aus Wasser. 306. Organische Mine-
ralbildungen. 307. Erstarrung aus dem Schmelzfluß. 308. Sublimation. 309. Um-
wandlung der Mineralien. 310. Beispiele für Umwandlungsprozesse. 311. Pseudo-
morphosen. 312, pag. 409. Intemationale Atomgewichte von 1903.
Spezieller Teil.
313. Mineralspezies. 314. Varietät. 315. Mineralsystem.
Sodann folgt die Beschreibung der einzelnen Mineralspezies und zwar in der
folgenden Anordnung:
Xn Inhaltflttberfioht.
1. SJiaMe. Elemente, a) Metalloide pag. 416
b) Metalle „423
2. „ Haloidverbindungen, a) Einfache „ 433
b) Zusammengesetzte „ 442
3. ,, Schwefelverbiudnngen, a) Einfache „ 448
b) Zusammengesetzte .... „ 484
4. „ Oxyde, a) Wasserfreie „ 606
b) Hydroxyde und Hydrate „ 561
5. „ Borate, a) Wasserfreie „ 573
b) Wasserhaltige „ 576
6. „ Karbonate und Nitrate, a) Wasserfreie „ 577
b) Wasserhaltige »604
7. „ Silikate, pag. 608, a) Wasserfreie , . „ 609
b) Wasserhaltige »773
8. „ Titanate, Zirkoniate, Thorate und Stannate . . „ 792
9. „ Tantalate und Niobate „ 797
10. „ Phosphate, Arseniate, Antimoniate, Yanadinate,
a) Wasserfreie „ 800
b) Wasserhaltige »812
11. „ Wolframiate und Molybdate „ 828
12. „ Chromate, Tellurate und Jodate „ 834
13. „ Sulfate, a) Wasserfreie »835
b) Wasserhaltige »848
14. „ Mineralsubstanzen organischen Ursprungs ... „ 870
Register zum allgemeinen Teil „ 883
Register zum speziellen Teil „ 895
Einleitung.
1. Mineralien. Mineralogie oder OryUognosie ist derj^ige Teil der
Naturgeschichte, der sich mit der wissenschaftlichen Erforschung der
Mineralien nach allen ihren Eigenschaften und Beziehungen beschäftigt
Mineralien sind die homogenen, starren oder tropfbarflüssigen un-
oi^nischen Naturprodukte von bestimmter, durch eine Formel aus-
drfickbarer chemischer Konstitution, welche die feste Kruste der Erde
und anderer Himmelskörper zusammensetzen.
Alle Mineralien sind homogen, d. h. durch und durch gleichartig, so daO ein
Teilchen ganz genau ehenso beschaffen ist, wie jedes andere Teilchen desselben
Stücks. Dadurch unterscheiden sich die Mineralien u. a. von gewissen in der festen
Erdkruste in großer Ausdehnung und großen Quantitäten an vielen Orten in ganz
gleicher Weise yorkonmienden Massen, wie Granit, Gneis etc., welche als Gebirg»-
arten oder Gesteine nicht der Mineralogie, sondern der Fetrographie angehören. Es
sind dies Mineralgemenge, deren einzelne Bestandteile homogen sind und Gegen-
stftnde der Mineralogie bilden.
Die aUerm eisten Mineralien sind fest, nur Quecksilber, Wasser und Petroleum
sind flüssig.
Die Mineralien sind femer unorganisch, d.h. nicht durch den Lebensprozeß
von Pflanzen xind Tieren gebildet, und stehen insofern jenen organischen, aus
ZeUen zusammengesetzten Naturk($rpern gegenüber, welche letztere oder ihre Be-
standteile selbst dann nicht zu den Gegenständen der Mineralogie gehören, wenn
sie im sog. fossilen oder yersteinerten Zustande sich als Versteinerungen, Fossilien
oder Petrefakten in der Erdkruste finden. So sind also namentlich Muschelschalen,
Korallenstücke und ähnliches, sodann aber auch die im Tier- und Pflanzenkörper
vielfach gebildeten Erystalle etc. vom Mineralreich ausgeschlossen. Dasselbe ist streng
genommen mit den fossilen Kohlen der Fall (Stein- und Braunkohlen etc., welche über-
dies auch weit davon entfernt sind, homogen zu sein), mit Harzen, wie Bernstein, und
mit ähnlichem, weil alle diese Körper organischen Ursprungs sind, mehr oder
weniger weit vorgeschrittene Umwandlungsstadien von Pflanzenmassen verschiedener
Art Aber einem alten Gebrauch zufolge werden diese letzteren Substanzen trotzdem
in der Mineralogie mit behandelt.
Nur solche Substanzen heißen Mineralien, die eine bestimmte und feste, durch
eine Formel darstellbare chemische Konstitution besitzen. Es sind die in der
Natur vorkommenden Elemente und deren chemische Verbindungen. Im Gegensatz
hierzu gibt es eine Anzahl sonst wie Mineralien sich verhaltender Körper, glas-
artig erstarrte Gesteinsmassen, wie Obsidian, Pechstein etc., die aber eine schwan-
kende Zusammensetzung haben und daher nicht zu den Mineralien zählen. Sie
gehören zu den Objekten der Petrographie.
Die Mineralien, als auf vollkommen natürlichem Weg ohne Zutun des Menschen
Baaer, Mineralogie. ^
2 Mineralien. Mineralogie.
entstandene sog. Naturprodukte, stehen den sog. Knnstprodukten der chemischen
Fabriken nnd Laboratorien gegenüber, zu deren Entstehung der Mensch Veran-
lassung gegeben hat, z. B. EiseuTitriol, Alaun etc. In allen Eigenschaften der
Homogenität, der konstanten chemischen Zusammensetzung und der unorganischen
Struktur und Entstehung stimmen diese künstlich dargestellten Körper mit den
Mineralien durchaus überein, aber die Mineralien haben gerade wegen ihrer vom
Menschen ganz unabhängigen Entstehung in der festen Erdkruste, welche von ihnen
zum größten Teil zusammengesetzt wird, eine selbständige eigentümliche Be-
deutung, und es ist daher geboten, sie als die Grundbestandteile der Erdkruste für
sich und abgesondert Ton den künstlich dargestellten Substanzen zu betrachten.
Stücke anderer Himmelskörper gelangen zuweilen als sog. Meteoriten auf die
Erde. Sie werden von Minerdien gebildet, die zum größten Teil mit irdischen
völlig identisch, zum Teil allerdings auch von allen solchen verschieden, jedoch in
sämtlichen wesentlichen Beziehungen mit ihnen analog sind.
2. Mineralogie. Die wissenschaftliche Untersuchung und Be-
schreibung der Mineralien bildet das Gebiet der Mineralogie. Sie hat
sich mit allen Eigenschaften, mit dem Gesamtverhalten der Mineral -
körper, zu beschäftigen.
Das erste, was sich hierbei darbietet, ist die chemische Zusammen-
setzimg. Man muß vor allem wissen, was ein vorliegendes Mineral
in stoflElicher Beziehung ist, ehe man zur Erforschung weiterer Eigen-
schaften übergehen kann. Die Chemie ist also eine erste wichtige
Hilfswissenschaft für die Mineralogie. Sie ermittelt auch zugleich
das Verhalten der Mineralien gegen Säuren und Basen, gegen Wasser,
Sauerstoff, Kohlensäure und andere Agentien, spielt bei der Frage
nach der Entstehung der Mineralien eine wesentliche Bolle und dient
neben den anderen Eigenschaften bei der Erkennung und Bestimmung
der Mineralspecies als ein wichtiges Hilfsmittel.
Das zweite ist die Erforschung der Krystallform^ die Kenntnis
der regelmäßig polyedrischen Begrenzung, welche die meisten Mine-
ralien zeigen, und welche einmal an sich, sodann aber auch in ihren
wichtigen Beziehungen zur chemischen Zusammensetzung untersucht
wird (Isomorphismus, Dimorphismus). Die Kryställographie ist also eine
zweite wichtige Hilfswissenschaft.
Sodann sind die physikalischen Eigenschaften der Mineralien ins
Auge zu fassen, das Verhalten derselben gegen Wärme, Elektrizität,
Magnetismus, die Verhältnisse der Kohäsion, der Elastizität, der Härte
u. s. w., das spezifische Gewicht und vor allem ihr Verhalten gegen
das Licht, alles dies sowohl an sich, als auch in Beziehung zu der
Krystallform und zu der chemischen Zusammensetzung. Diese Unter-
suchungen setzen als Hilfswissenschaft die Physik voraus.
Auf Grund der chemischen, krystallographischen und physikalischen
Eigenschaften werden die Mineralien sodann in ein System gebracht,
das eine möglichst leichte und bequeme Übersicht über das Gesamt-
gebiet zum Zwecke hat.
Mineralogie. Literatur. 3
Da die Mineralien Teile der festen Erdkruste sind, so ist femer
.von wesentlichstem Interesse die Kenntnis ihres Vorkommens in der-
selben, der Art und Weise, wie sie mit anderen Mineralien zusammen
den Aufbau der Erdkruste bewirken, wie sie in ilir entstanden sind,
wie sie sich unter dem Einfluß der in der Erde stets wirksamen
chemischen und physikalischen Kräfte verhalten, wie sie durch diese
umgeändert und häufig ganz zerstört werden und wie sie dabei
zur Bildung neuer Mineralien Veranlassung geben. In diesen Fragen
steht die Mineralogie zur Geologie in einer nahen Beziehung, so daß
beide sich vielfach gegenseitig als Stutze und Ergänzung dienen.
Sie ist in diesem Sinne nichts anderes als der unorganische Teil
der Geologie.
Nach allem dem kann man also schließlich die Aufgabe der Mine-
ralogie zusammenfassen als die Anwendung der Lehren der Chemie,
Krystallographie und Physik auf die Kenntnis der Mineralien unter
gleichzeitiger besonderer Berücksichtigung der Art und Weise ihres
Vorkommens in der Natur, ihres Anteils an dem Aufbau der festen
Erdkruste, ihrer Entstehung, ihrer Umwandlung und ihres Vergehens
unter dem Einfluß der in der Erde stets wirksamen chemischen und
physikalischen Kräfte.
Manchmal werden die Mineralien anch nnr als die auf natürlichem Wege ent-
standenen chemischen Substanzen aufgefaßt. Man sieht von ihrem Vorkommen in
der festen Erdkruste und Ton ihrer Bedeutung als Bausteine derselben gänzlich ab
und betrachtet sie, im Verein mit den ja in allen wesentlichen Eigenschaften mit
ihnen analogen künstlichen Substanzen der chemischen Laboratorien und Fabriken,
nur hinsichtlich ihres chemischen, krystaUographischen und physikalischen Verhaltens.
Diese Zusammenfassung ist vom chemischen, krystallographischen und physikalischen
Standpunkte aus yöllig berechtigt, es ist aber nicht das, was von alters her stets
als Mineralogie bezeichnet worden ist. Man hat dafür in neuerer Zeit den Namen
Anorganoffraphie eingeführt.
3. Literatur. Im folgenden ist eine Anzahl von selbständig
erschienenen Werken angegeben, die für die Entwicklung unserer
Wissenschaft von Bedeutung gewesen sind, geordnet nach den ver-
schiedenen Zweigen der Mineralogie und weiterhin nach den Jahren
ihres Erscheinens. Literaturangaben für die einzelnen speziellen
Gegenstände, auch solche aus Zeitschriften, finden sich an den be-
treffenden Stellen im Tezt
A. Lehr- und Handbüoher der llüneralogie.
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1801—05. Beuss. Lehrbuch der Mineralogie. 3 Bde.
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1835. Necker. Le r^gne min6rale. 2 Bde.
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1836—47. Breithanpt. Vollständiges Handbuch der Mineralogie. 3 Bde.
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1869. Zippe. Lehrbuch der Mineralogie mit naturhistorischer Grundlage.
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1862. Oirard. Handbuch der Mineralogie.
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1869. Senft. Lehrbuch der Mineralien- und Felsartenkunde.
1873—76. Bombicei. Corso di mineralogia. 2. Aufl. 2 Bde.
1874. Blnm. Lehrbuch der Mineralogie. 4. Aufl.
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1. Abthlg.; 1. Aufl. von Fr. Ad. Eoemer).
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— d'Achiardi. Mineralogia della Toscana. 2 Bde.
1874. Frensel. Mineralogisches Lexikon für das Königreich Sachsen.
1875. Genth. Report on the mineralogy of Pensylyania. Mit Nachtrag 1876.
— Gonnard. Mineralogie du departement du Puy-de-Döme.
— Hofr. Mineralogy of Noya Scotia.
1876. G. Leonhard. Die Mineralien Badens nach ihrem Vorkommen. 3. Aufl.
1878. Fngger. Die Mineralien des Erzherzogthums Salzburg.
— Gieseeke. Mineralogische Reise nach Grönland (ed. Johnstrup).
— Balmondi. Mineraux du P^rou. Aus dem Spanischen yon Martinet.
1879. y. Groddeek. Die Lehre yon den Lagerstätten der Erze.
10 Literatur.
1879. Domejko. Mineralojia (besonders die Mineralien von Chile, Bolivia, Pera und
Argentinien behandelnd). 3. Aufl. Snppl. 1871.
— Brakebnsoh. Las Especies minerales de la Eepnblica argentina.
1880. Wenkenbaeh. üebersicht über die in Nassau anfgefondenen einfachen Mineralien.
1881. Ball« Manuel of the geologj of India. Part JH. Economic geology.
1882. Liyeraidge. The minerals of New South- Wales. 2. Aufl.
1884. Brunlechner. Die Minerale des Herzogthums Kärnten.
1885. Hatle* Die Mineralien des Herzogthums Steiermark.
1886. Selwyn« Descriptiye Catalogue of a collection of the economic minerals of
Canada.
1887. Mallet« A manuel of the geology of India. Part IV. Mineralogy (mainly
non-economic).
1888. Tranbe* Die Minerale Schlesiens.
1890. Brögger« Die Mineralien der Syenitpegmatitgänge der südnorwegischen Augit-
und Nephelinsyenite.
1891. Oenth« The minerals of North-Oarolina.
1893—1902. Lacroix. Mineralogie de la France et de ses colonies. 2 Bde. Noch
unvollendet.
1894. Cohen. Meteoritenkunde. 1. Heft. Untersuchungsmethoden und Charakte-
ristik der Bestandtheile.
— Orelm« Die Mineralien des Grossherzogthums Hessen.
1896. Lnedeeke* Die Minerale des Harzes.
1900. R, Beek, Lehre von den Erzlagerstätten.
1901. Heddle« The mineralogy of Scotland, herausgegeben von 6K)odchild. 2 Bde.
1902. Tenne und Calderon. Die Mineralfundstätten der iberischen Halbinsel.
(Siehe außerdem die verschiedenen Werke über Petrographie von Zirkel, Bosenbusch,
Ealkowsky, v. Lasaulx u. a.)
H. Sammelwerke, Zeitschriften eto.
1806—18. Hisinger und Berzelius. Afhandlingar i Fisik, Kemi och Mineralogi.
6 Bde.
1807—24. C. C* V« Leonhard. Taschenbuch für die gesammte Mineralogie. 18 Bde.
1811—33. Sohweigger. Journal für Physik und Chemie. 69 Bde.
1829—55. Karsten und v« Deehen. Archiv für Mineralogie, Geognosie etc. 26 Bde.
1849. Kenngott« Mineralogische Untersuchungen.
1853 — 92. V« Kokseharow* Siehe unter G.
1853. V. Kobell. Die Mineralnamen und die mineralogische Nomenclatur.
1854—75. Hessenberg, Mineralogische Notizen. 12 Hefte. Li den Abhandlungen
der Senckenbergischen Gesellschaft von Bd. 1—10.
1865—78. Sohrauf« AÜas der Erystallformen des Mineralreichs. (Unvollständig.)
1866. Breithanpt« Mineralogische Studien.
1867. Des Cloizeaux. Nouvelles recherches sur les propri^t^s optiques des cristaux.
Zeitschriften, in welchen gegenwärtig mineralogische Arbeiten
publiziert werden, sind n. a.:
Neues Jahrbuch für Mineralogie, Geologie und Paläontologie von Bauer, Koken und
Liebisch, gegründet von Leonhard und Bronn, seit 1830.
Mineralogische und petrographische Mittheilungen von Tschermak, seit 1871; fort-
gesetzt von Becke.
Zeitschrift für Erystallographie und Mineralogie von Groth, seit 1877.
Zeitschrift der Deutschen Geologischen G^esellschaft, seit 1849.
Literatur. XI
Annaleii der Physik und Chemie (früher yon Wiedemann, Poggendorff und von
Gübert), seit 1799.
Zeitschrift für praktische Geologie, seit 1893.
Berg- und hüttenmännische Zeitnng, seit 1842.
Verhandlungen der russisch-kaiserlichen mineralogischen Gesellschaft zu St. Peters-
burg.
Annales de chimie et de physique, seit 1816.
Bulletin de la soci6t6 min^ralogique de France, seit 1878; von 1886 ab unter dem
Titel: Bulletin de la societ6 frangaise de min^ralogie.
Bulletin de la soci6t4 g^ologique de France, seit 1836.
Annales des mines, seit 1816.
The mineralogical magazine, seit 1877.
American Journal of science and arts yon SiUiman, seit 1818.
(Außerdem kommen mineralogische Arbeiten in den zahlreichen Schriften der Aka-
demien und naturwissenschaftlichen Vereine etc. aller Länder zur Veröffent-
lichung, sowie vereinzelt in fast sämtlichen der Chemie und Physik gewid-
meten Zeitschriften.)
J. JahreBberiohte über den Stand und den Fortschritt der
Wisaensohaft.
1822—48. BerzeliuB. Jahresbericht über die Fortschritte der physischen Wissen-
schaften. Deutsch von Gmelin.
1835—37. Gloeker. Mineralogische Jahreshefte. 6 Bde.
1845. Haidingen üebersicht der Resultate mineralogischer Forschungen im
Jahr 1843.
1852—68. Kenngott« Üebersicht der Besultate mineralogischer Forschungen in den
Jahren 1844—1865. 17 Theüe.
1847—. liebig und Kopp« Jahresbericht über die Fortschritte der reinen etc.
Chemie, Physik, Mineralogie und Geologie, nebst Fortsetzungen, welche unter
yerschiedenen Herausgebern bis heutzutage erscheinen ; berücksichtigt neuerer
Zeit die Mineralogie nicht mehr.
K. Überslohten über das System.
1808. Karsten. Mineralogische Tabellen. 2. Aufl.
1809. Hafty. Tableau comparatif des r^sultats de la cristallographie et de Tanalyse
chimique.
1817. A. B* Werner. Letztes Mineralsystem (in Hoffmann, Handbuch der Minera-
logie 1811—17, Bd. IV).
1830. Breithaupt. üebersicht des Mineralsystems.
1847. Berzeliug' neues chemisches Mineralsystem nebst einer Zusammenstellung seiner
älteren hierauf bezüglichen Arbeiten, herausgegeben von C. Rammelsberg.
— C^loeker. Generum et specierum mineralium etc. Synopsis.
— HSmes. Uebersichtliche Darstellung des Mohs'schen Systems.
1849. Nordenskiöld. Ueber das atomistisch-chemische Mineralsystem.
1852. G. Rose. Das krystallo-chemische Mineralsystem.
1853—54. Kenngott. Das Mohs'sche Mineralsystem mit Supplement.
1860. Hermann. Heteromeres Mineralsystem. 2. Aufl.
1886. Toula. Mineralogische und petrographische Tabellen.
1897. A« Weisbaeh. Synopsis mineralogica. 3. Aufl.
1898. C^rotli. Tabellarische Üebersicht der Mineralien. 4. Aufl.
1899. A. Weisbaeh. Characteres mineralogici. 2. Aufl.
12 Literatar.
L. Beschreibuxig von Mineraliensainmltuigen«
1804. Mohs« Des Herrn J. F. van der Nnll's Mineralieiicabinet.
1817. Bonmon. Catalog^e de la collectioii min^ralogiqne speciale du Boi (Paris)..
1834. Kayser« Beschreibung der Mineraliensammlung des Medidnalraths Bergemann
in Berlin.
1837. Ujj* Description d'une collection de min^raux formee par M. Heuland.
1843. Haidinger. Bericht über die Mineraliensammlung der k. k. Hofkammer.
1878. €(roth. Die Mineraliensammlung der Eaiser-Wilhelms-Üniyersität Strassbnrg»
1885. Hirsehwald. Das mineralogische Museum der k. technischen Hochschule Berlin.
1899. Yisohniakoff« Allgemeine Beschreibung der Mineraliensammlung von Rudolf
Hermann (Moskau).
M. Fraküsohe Benatzimg der Mineralien (Lithurgik eto.)*
1803. Leonliardi« Oekonomische und technische Naturgeschichte des Mineralreichs.
1803—04. Sohmieden Versuch einer Lithurgik oder ökonomischen Mineralogie. 2 Bde.
1805. Yölker. Handbuch der ökonomisch-technischen Mineralogie. 2 Bde.
1821. Brard. Mineralogie appliqu^e aux arts. 3 Bde.
1822. Blomhof« Lehrbuch der Lithurgik.
1826. Nanmann. Entwurf der Lithurgik.
1829. Walehner« Handbuch der Mineralogie in technischer Beziehung. 2 Bde.
1833. Caire« La science des pierres pr^cieuses appliquee aux arts. 2. Aufl.
1840. Blnm. Lithurgik.
1843. Chapman. Practical mineralogj.
1866. Bnrat« Trait^ du gisement et de Texploitation des min^rauz utiles.
1868. Barbot. Trait6 complet des pierres pr^cieuses.
1860. Kluge. Edelsteinkunde.
1864. Burat. Mineralogie appliquee.
1867. King. The natural history of precious stones etc.
1868. Seliranf. Handbuch der Edelsteinkunde.
1870. Bambosson, Les pierres precieuses.
1881. Jannettaz, Tanderheym eto. Diamant et pierres precieuses.
1886. Jagnanx« Traite de mineralogie appliquee aux arts etc.
1887. Blum. Taschenbuch der Edelsteinkunde. 3. Aufl.
— Oroth. Grundriss der Edelsteinkunde.
1890. Kunz. Gems and precious stones of North-America.
1893. Dölten Edelsteinkunde.
— Malaise« Manuel de mineralogie pratique. 3. Aufl.
1896. Bauer* Edelsteinkunde.
1897. Barrlnger« A description of mineraJs of commercial yalue.
1899. Gürieh. Das Mineralreich.
— Streeter« Precious stones and gems. 6. Aufl.
1900. Charpentier. Geologie et mineralogie appliquees; les mineraux utiles et
leurs gisements.
N. Geschichte der Mineralogie.
1826. Marx. Geschichte der Krystallkunde.
1839. WheweU. Geschichte der inductiven Wissenschaften. (Deutsch von Littrow.)
1861. Lenz. Die Mineralogie der alten Griechen und Bömer.
1866. T. Kobell. (beschichte der Mineralogie.
Allgemeiner Teil
L Abschnitt
Erystallographia
Die Krystallographie umfaßt die Gesetzm&ßigkeiten, ' welche die regelmäßig^ poly-
ednsche Begrenzung der krystaUisierten Körper beherrschen. Sie sind hei natürlich
gehildeten Sahstanzen dieser Art (Mineralien) and bei künstlichen genaa dieselben.
A. Begriff des S[rystall8.
4. Krystallislert^ amorph. Die allermeisten homogenen Sub-
stanzen von bestimmter chemischer Konstitution besitzen die Eigen-
schaft, bei ihrer Entstehung und Festwerdung lediglich durch die ihnen
von Natur innewohnenden Kräfte ohne alles äußere Zutun eine regel-
mäßig ebenflächige, polyedrische Begrenzung anzunehmen, wie z. B.
der Quarz, Feldspat, Alaun etc., während andere nie etwas solches
wahrnehmen lassen, wie z. B. Glas, Opal etc. Die ersteren Substanzen
nannte man hyställisiert, die letzteren amorph, (joh. Nep. Fachs , Amor-
phismos im Gegensatze zu Erjstallisation. Schweiggers Joamal 47. 1833 a. Pogg.
Ann. 31. 1834. 577.)
Der Unterschied zwischen dem krystallisierten und amorphen Zu-
stande haftet aber, wie man später gefunden hat, nicht bloß an der
Gestaltung der Oberfläche, sondern er ist ein tiefgehender, das Ge-
samtverhalten der Substanz umfassender, und auch in den inneren
physikalischen Eigenschaften der Körper begründeter, so daß es nach
diesen letzteren möglich ist, einen krystallisierten Körper auch dann
von einem amorphen zu unterscheiden, wenn der erstere seine regel-
mäßige Begrenzung, z. B. infolge von mechanischer Entfernung der
äußeren Schicht, nicht erkennen läßt.
Man findet nämlich bei der Untersuchung amorpher homogener
Substanzen, daß dieselben nach allen Eichtungen sich physikalisch
14 Ej7stallisiert. Amorph.
vollkommen gleich yerhalten, und daü ganz besonders alle diejenigen
physikalischen Eigenschaften, welche mit der Kohäsion zusammen-
hängen, in ihnen nach allen Bichtungen yollkommen gleich sind.
Namentlich ist dies mit der Elastizität, gemessen durch den Elastizitäts-
koeffizienten, der Fall. Diesen letzteren findet man an einem amorphen
Körper stets gleich, man mag das zur Messung dienende Stäbchen
aus demselben herausschneiden, in welcher Eichtung man will. Er
ist Yon der Richtung yöUig unabhängig.
Dem gegenüber sind die krystallisierten Körper dadurch charak-
terisiert, daß in ihnen die physikalischen Eigenschaften sich im allge-
meinen mit der Richtung ändern. Dies ist bei allen Krystallen ohne
Ausnahme besonders mit der Kohäsion und den damit zusammen-
hängenden Eigenschaften der Fall. In den meisten Krystallen sind
so große Kohäsiousunterschiede vorhanden, daß sie sich in gewissen
Bichtungen besonders geringer Kohärenz leicht nach ganz ebenen
Flächen zerspalten lassen (194), während dies in anderen Bichtungen,
wo die kleinsten Teilchen fester zusammenhalten, nicht möglich ist.
Die Existenz solcher Flächen besonders geringer Kohäsion, also be-
sonders leichter Trennung der kleinsten Teilchen, sog. Spaltungs-
flächen oder Blätterbrtiche, ist ein sicheres Kennzeichen für Krystalli-
sation. Sie finden sich nie an amorphen Körpern, allerdings auch
nicht an allen krystallisierten gleich deutlich.
Besonders wichtig ist aber auch hier wie bei den amorphen
Körpern die Elastizität, weil man diese nach allen Bichtungen hin
besonders genau untersuchen kann. Man findet, daß in jedem krystalli-
sierten Körper zwar in allen parallelen Lagen der Elastizitätskoeffizient
stets derselbe ist, daß er aber in abweichenden Bichtungen im allge-
meinen einen anderen Wert besitzt, daß er sich also mit der Bich-
tung ändert Damit ist nicht gesagt, daß in jeder anderen Bichtung
ausnahmslos auch ein anderer Elastizitätskoefflzient erhalten wird, im
Gegenteil gibt es in den meisten Krystallen mehrere Bichtungen
gleicher Elastizität, aber jede Bichtung verhält sich in Bezug auf die
Elastizität stets anders als alle unmittelbar benachbarten (192).
Danach kann man amorphe und krystallisierte Mineralien folgender-
maßen definieren:
Amorphe Substanzen sind solche, bei denen die physikalische Be-
schaffenheit, besonders die Kohäsion und alle damit in Zusammenhang
stehenden physikalischen Eigenschaften nach allen Bichtungen gleich,
also von der Bichtung unabhängig sind. Keine Bichtung ist von den
anderen irgendwie physikalisch verschieden.
Krystallisierte Substanzen sind diejenigen homogenen festen Körper,
bei denen das physikalische Gtesamtverhalten, vor allem die Kohäsion
und alle damit zusammenhängenden Eigenschaften, besonders die
Individuum. 15
Elastizität, sich mit der Richtung stetig ändern, sofern diese Änderung
nicht durch äaißere Einflüsse hervorgebracht ist, sondern dem Wesen
der Substanz entspricht.
Verschiedene Elastizität etc. in yerschiedenen Richtungen hahen z. B. anch
Holz, Elfenhein und andere ähnliche Körper. Diese sind aher nicht homogen, faUen
also nicht nnter die ohige Definition. Ebensowenig fallen darunter gepreOte oder
gekohlte Gläser nnd ähnliche Substanzen, die zwar homogen sind, bei denen aber
die Verschiedenheit der Elastizität in yerschiedenen Sichtungen durch äuüere Ein-
flösse, wie Pressung, rasche EUhlung etc. heryorgebracht worden ist, während Glas
wie alle anderen amorphen Körper im ungepreßten etc., also im natürlichen Zustande,
nach allen Richtungen dieselbe Elastizität zeigt, im Gegensatz beispielsweise zum
krystallisierten Quarz, der im yollkommen normalen natürlichen Zustande jene Unter-
schiede erkennen läßt, und der vielleicht durch äußere Einflüsse, wie Pressung, in
einen Zustand der allseitigen Gleichheit der Elastizität künstlich versetzt werden
könnte, ohne daß er deshalh aufhörte, ein krystallisierter Körper zu sein.
Einzelne physikalische Eigenschaften sind allerdings in gewissen Krystallen
nach allen Richtungen die gleichen. So pflanzt sich z. B. das Licht in allen
Krystallen des regulären Systems allseitig mit der nämlichen Geschwindigkeit fort.
Bei dem Unterschied zwischen krystallisierten und amorphen Substanzen handelt es
sich aher nicht um einzelne physikalische Eigenschaften, sondern um alle zusammen,
um das physikalische Geaamtverhalien.
5. IndiTidamn. Ist eine zusammenhängende Masse eines
krystallisierten Minerals so beschaffen, daß die von allen Punkten o
(Fig. 1) (und zwar nicht nur in einer Ebene) ausgehenden parallelen
Sichtungen a^ Oj, a^ a^, a* a^ ; femer: b^ 6|, b^ 6„ 6g ftg ;
etc. sich untereinander auf ihrer ganzen Erstreckung durch die Masse
hindurch in jeder Beziehung physikalisch gleich verhalten, dann ist
diese Masse einheitlich gebaut ; sie bUdet ein Individuimij einen nicht
nur chemisch, sondern auch physikalisch homogenen, durchaus gleich-
artig beschaffenen Körper. Wenn man dagegen durch eine solche
Masse hindurch Eichtungen legen kann, welche nicht auf ihrer ganzen
Erstrecknng von einem Ende bis zum an-
deren physikalisch gleich sind, sondern
nur bis zu einem gewissen Punkt, z. B.
auf der Strecke ab oder cd bis zu b oder
d (Fig. 2), von wo ab sie dann in ihrer
Fortsetzung, also auf der Strecke 66^ mgTlT Fig, 2
und ddl, eine andere physikalische Be-
schaffenheit annehmen, so daß man sich in b in die Richtung bb^,
und in d in die Richtung dä^ herumdrehen muß, um die erste Be-
schaffenheit in den Richtungen ab resp. cd wiederzufinden, wie dies
die gleich resp. verschieden gezeichneten Linien andeuten, dann ist
diese Masse nicht einheitlich gebaut, sondern ein aus zwei (oder
mehreren) verschieden orientierten Individuen verwachsenes Aggregat.
Die Individuen stoßen stets nach einer ganz scharfen Grenzfläche mn
16 Erystall. Derb.
zusammen , welche von allen den Punkten 6, d etc. gebildet wird , in
welchen die physikalische Beschaffenheit der hindurchgelegten geraden
Bichtungen sich ändert Ein solches Aggregat gleicher Individuen, d« h.
Individuen derselben Substanz, aber von verschiedener Orientierung,
ist dann zwar noch chemisch, aber nicht mehr physikalisch homogen.
Wie lineare Bichttmgen yerhalten sich auch Ebenen, die man dnrch die
Masse hindnrcblegt. So gehen Blätterbrüche (Spaltungsflächen) dorch ein Mineral-
individnnm, z. B. von Kalkspat, yoUkommen gleichmäßig und nnonterbrochen von
einem Ende bis zum anderen hindurch; dagegen gehen sie bei einer ans zwei oder
mehr Individuen yerwachsenen Masse nur bis zur Grenze zweier Individuen in einer
bestimmten Richtung, von dort an aber in den anstoßenden Individuen in einer
anderen Richtung weiter, während sie in der ursprünglichen Richtung genau an der
Grenze aufhören. Hieran lassen sich häufig einzelne Individuen von Verwachsungen
mehrerer Individuen (Aggregaten) leicht unterscheiden.
Zwei getrennte Individuen derselben Substanz, welche so liegen,
dafi die Richtungen im einen allen parallelen Bichtungen im anderen
Individuum physikalisch in jeder Hinsicht gleich sind, heißen pardUd,
sie befinden sich in ParäUdstellung. Individuen, welche so stehen, daß
die Bichtungen im einen von parallelen Bichtungen im anderen, wenn
auch nur zum Teil, physikalisch verschieden sind, sind nicht parallel,
sie sind verschieden orientiert.
6. Krystall, derb. Ein krystallisierter Körper, welcher nach
außen durch eine regelmäßige und ebenflächige polyedrische Be-
grenzung abgeschlossen wird, heißt ein Kryställ, sofern diese äußere Be-
grenzung sogleich ursprünglich bei der Festwerdung des Körpers und
zwar lediglich durch die inneren Kräfte desselben und ohne Beein-
flussung von außen sich gebildet hat, und somit der Substanz des-
selben wesentlich ist. Krystallisierte Massen, welche eine solche regel-
mäßige Begrenzung nicht besitzen, heißen Jerystallinisch oder derb.
Sie unterscheiden sich bezüglich der inneren Beschafienheit in nichts
von den Krystallen, nur fehlt ihnen die regelmäßige äußere Begrenzung.
Wie die Krystalle bilden auch sie Individuen (5). Aus mehreren
derben Individuen verwachsene Mineralmassen heißen hrystallinische
oder derbe Aggregate, Durch die Verwachsung mehrerer Krystalle ent-
steht eine KrystoHgruppe.
Zu dieser Definition des Begriffs Krystall ist folgendes zu hemerken:
Aus vielen krystallisierten Substanzen lassen sich, wenn in ihnen nach mindestens
drei geeigneten Bichtungen leichte Spaltbarkeit herrscht (4. 194), ringsum ebenflächig
begrenzte Stücke herausspalten. Die Spaltbarkeit ist im Wesen der Substanz be-
gründet, sie verhält sich in allen Stücken derselben Substanz völlig gleich, die
einzelneu Spaltungsflächen sind stets in derselben Zahl vorhanden und machen stets
dieselben Winkel miteinander, wenn man sie an verschiedenen Stücken derselben
Substanz darstellt; sie sind aber nicht ursprünglich, sondern erst nachträglich her-
gestellt. Solche regelmäßig polyedrischen Stücke sind also keine echten Krystalle,
trotzdem ihre Form auf den inneren Kräften der Substanz beruht und ihr daher
Begrenxungselemente. Flftchen. 17
wesentlich ist. Man nennt sie Spaliungsaiücke. Solche lassen sich z. B. in aii4geieich-
neter Weise am Kalkspat herstellen (194).
Ebensowenig liegen echte Krystalle yor, wenn eine Substanz durch irgend einen
äußeren Umstand eine regelmäßige Form erhält, welche für die Krystalle dner
anderen Substanz charakteristisch ist, wenn z. B. ein Krystall einer Substanz eine so
langsame und allmähliche chemische Umwandlung erlitt, daß zwar die ursprüngliche
Substanz einer anderen Platz machte, aber unter yöUiger Erhaltung der ursprüng-
lichen Form. In diesem Fall ist die Krystallform zwar ursprtLnglich, jedoch nicht
durch die inneren Kohäsionskräf te der Substanz dieser aufgeprägt, sondern mehr durch
ZufaU entstanden, sie ist der Substanz nicht wesentlich. Derartige häufig yorkommende
kiystallähnUche Bildungen heißen AfterkryntaUe oder Psettdomorphoaen (311).
Ein von regelmäßigen, den genannten Anforderungen entsprechen-
den Flächen begrenztes Individuum wird ein einfacher Krystall genannt
(im Gegensatz zu den Zwillingen (155 ff.); einfache Krystalle sind nicht
zu verwechseln mit einfachen Krystallformen (9)).
B. Begrenzungselemente.
Die Flächen y Kanten und Ecken, welche die ErystaUe umschließen,
heißen die Begrenzungselemente derselben. Ist ihre Anzahl an einem
KrystaUe beziehungsweise = Fy K und E, so besteht die Beziehung : F-^E==K'\-2,
a. FMcheiu
7. Fl&chenparallellsmns. Die Flächen, welche die Krystalle
hegrenzen, treten nicht einzeln, sondern stets paarweise in der Art
auf, daß zu jeder Fläche eine zweite ihr parallele vorhanden ist
Diese zwei Flächen gehören notwendig zusammen, so daß man streng
genommen nicht von Erystallflächen , sondern von Flächenpaaren zu
reden hätte. Wenn von einer Fläche gesprochen wird, so ist im allge-
meinen die ihr parallele Gegenfläche mit verstanden.
Ausnahmen von der Erscheinung des Flächenparallelismus büden nur gewisse
hemimorphe und hemiedrische Krystalle ((68. 63) z. B. Fig. 23 und 39 a u. c).
8. FliclienbeschaifeDheit. Die Begrenzungsflächen der ErystaUe
fdnd meist ziemlich eben, doch auch nicht selten stark gekrümmt, wie
z. B. beim Diamant und bei manchen Gipskrystallen. Aber auch die
ebenen Flächen sind meist nicht völlig glatt, sondern sie zeigen häufig
kleine Erhabenheiten und Vertiefungen von verschiedener Form und
Große, regelmäjßig geradlinige Streifung etc. Manche Flächen zeigen
starken Olanz, andere sind matt und rauh; manche sind härter als
andere desselben Erystalls; manchen geht ein Blätterbruch parallel,
manchen anderen nicht etc. Dadurch erhalten die Erystallflächen einen
^urch die Gesamtheit ihrer Eigenschaften bestimmten physikalischen
Bauer, Ui&enklogle. ^
18
EiDfache KrjBtallfonnen. Eombiitatioiieu.
(iDorphologischen oder krystallographischen) Charakter (175). Diejenigen
Flächen eines Krystalls {und nur auf die Flächen eines und desselben
Krystalls bezieht sich das Nachfolgende), welche denselben physi-
kalischen Charakter haben, welche in physikalischer Hinsicht in jeder
Beziehung gleich sind, sind auch krystallographisch gleichwertig, sie
heißen kurzweg ^gleich" ; physikalisch verschiedene Flächen sind auch
krystallographisch verschieden. Dabei ist ganz abzusehen von der rela-
tiven Größe und Gestalt derselben; krystallographisch gleiche Flächen
eines Krystalls siud häufig in Form und Größe sehr voneinander ver*
schieden, umgekehrt sind krystallographisch verschiedene Flächen nicht
selten gleichgestaltet. Parallele Gegenflächen sind stets einuLder gleich
(ausgenommen bei Hemiedrie (63) und Hemimorphie (68)).
Weit an yollEtfindigren Eryatallen zn jeder Fl&che eine ihr
g^leiche parallele Oegenfläche vorhanden int, so kann man Krystalt-
brnchatflcke sich leicht zn vollatfindigen Krystollen ergänzt denken.
In Fig. 3 wird das in ausgezogenen Linien abgebildete Erystallbmch-
stflck darcb den in gestrichelten Linien (nnten in der Fignr) darge-
stellten Teil zn einem ToUstllndigen Indifidanm ergtnst. Er;stftll-
fragmente genDgen also, wenn sie nicht zn mdimentAr sind, zur Fes(>
Stellung krystallogrtiphischer OesetzmäBigkeiten.
Fig, 3. Zur Erleichtemng der KryatallbeBchreibnng pflegt mau aof Ab-
bildungen nnd Modellen alle gleichen FlSchen eines Krystalls mit
demselben Buchstaben zq hefeicbnen (zu signieren). So bedeutet der gleiche Bnch-
stabe h anf den Flächen des Krystalls Fig. 5, daß sie alle einander gleich sind;
die BachBtaben h nnd o in der Erystallform Fig. 7, daQ alle Flächen h resp. o ein-
ander gleich, die Flächen h aber von den Flächen o yerscbieden sind.
9. Elnfaehe Erystallformen, Kombinationen. Untersncht man
die in der Katur vorkommenden Krystalle, so findet man, daß es
einmal solche gibt, deren Begrenzungsfläcben alle einander gleich
sind, sodann solche, welche von krystallographisch verschiedenen Flächen
umgrenzt werden. Hierbei ist, wie auch im folgenden immer, Gleichheit
und Verschiedenheit im Sinne von (8) zu verstehen.
Die Begrenzungen von Krystallen der ersten Art — mit lauter
gleichen Flächen — heißen einfache Krystallformen. Solche sind z. B.
die oktaedrischen Formen, welche
man häufig beim Magneteisen
findet (Fig. 4). die würfeligen Ge-
stalten des Flnßspates (Fig. 5)
Q. a. m. Man findet aber, daß
eine solche Form nicht aasschließ-
lich nur bei einem einzigen Mine*
ral vorkommt, sondern bei meh-
~'° ~ "'° reren. So trifft man die okta-
edrischen Formen des Magneteisens gleicherweise als einfache Formen
wieder beim Glold, Bleiglanz, ebenfalls beim Flußspat, der außer
Eombinatioiien. 19
den wOrfeligeo aoch oktaedrische Erystalle bildet, beim Alaun etc.
Die wflrfeligen Gestalten des Flußspats treten ebenso wieder beim
Steinsalz, Schwefelkies, g'Ieichfalls beim Bleiglanz etc. anf.
Die Formen mit voneinander verschiedenen Begrenzangsflächen
beiden Konännaüonen. Eine solche Kombination, an einem Flußspat-
krystaU beobachtet, ist in Fig. 7 abgebildet. Der Krystall ist nm-
grenzt von den 8 dreieckigen Flächen o, welche alle glatt nnd glänzend
sind, parallel mit welchen die Krystalle sich sehr leicht spalten lassen,
nnd die sich überhaapt in jeder Beziehung gleich verhalten ; sodann
von den 6 viereckigen Flächen h, welche rauh nnd matt sind, in
deren Bichtong Spaltung nnmSglich ist, nnd die sich ebenfalls als
untereinander in jeder Beziehung gleich, aber von den Flächen o ver-
schieden erweisen.
Denkt man sich nun die sämtlichen Flächen o bis zur gegen-
seitigen Durchdringung ausgedehnt, bei gleichzeitigem Verschwinden
der Flächen h, nnd faßt sie in dieser Weise zn einer einfachen
Erystallform zusammen, so entsteht, wie Fig. 6 zeigt, dieselbe okta-
edrische Gestalt, welche für sich allein beim Flußspat etc. auftritt
(Fig. 4). Denkt man sich dagegen in gleicher Weise die Flächen A
ausgedehnt und o verschwunden (Fig. 8), so entsteht dadurch die
wOrfelige Form, welche beim Flatlspat eta vorkommt (Fig. 5). An
Fig. 6. Fig. 7. Fig. 8.
dem in Fig. 7 dargestellten Krystall sind also das Oktaeder und der
Würfel gleichzeitig nebeneinander vorhanden; er ist eine Kombination
dieser beiden einfachen Formen. Ebenso kann im allgemeinen jede
andere Erystallform mit angleichen Flächen als eine Yereinigong
mehrerer, meist auch isoliert vorkommender einfacher Formen aufge-
faßt werden, wobei immer die zu einer einfachen Form gehörigen
Flächen einander gleich nnd von den anderen Flächen verschieden
sind (vei^l. 10).
Diese einfachen Formen lassen sich somit als die Elemente be-
trachten, ans denen man den ganzen Keichtum der ErystaUgestalten
ZDsammensetzen kann. Sie sind in nur geringer Zahl vorhanden und
jede kehrfc bei einer mehr oder weniger großen Zahl von Mineralien
-wieder, entweder isoliert für sich, wie das oben tär Oktaeder nnd
20
Offene und geschlossene Formen. Kanten.
Würfel gezeigt wurde, oder mit anderen Formen zusammen, in Kom-
binationen, die ebenfalls sich bei verschiedenen Mineralien in der-
selben Weise wiederholen können. So kommt die Form Fig. 7 außer
beim Fluißspat z. B. auch beim Bleiglanz etc. vor.
Kombinationen, m welchen 2, 3, 4 . . . einfache Formen vereinig sind, heißen
2, 3, 4 . . . gäfUig. Die Flächen einer einfachen Form sind häufig an GrOfie über-
wiegend; diese heißt der Träger der Kombination, wie z. B. 0 in Fig. 98 etc.
10. Offene, geschlossene Formen. Eine besondere Art einfacher
Formen lehrt folgendes Beispiel kennen. In Fig. 9 (Mitte) ist ein
von den Flächen b und p begrenzter Ealkspatkrystall abgebildet
Alle 6 Flächen p sind gleich, aber von den 2 Flächen b verschieden«
Erstere sind glasartig glänzend, letztere milchig trübe und matt. Die
Flächen p bilden also eine einfache Eiystallform und ebenso die
Flächen b eine andere.
Die Flächen p schneiden sich in 6 parallelen Kanten. Sie bilden
offenbar das in Fig. 9 (rechts) abgebildete sechsseitige Prisma, das
den Baum nicht mehr allseitig be-
grenzt, sondern ihn nach oben und
unten offen läßt. Die von den beiden
Flächen b gebildete einfache Form be-
grenzt dagegen den ßaum nur nach
oben und unten (Fig. 9, links), läißt
ihn dagegen nach allen anderen Bich-
tungen hin ringsum offen. Man unterscheidet danach von den ge-
schhssenen einfachen Krystallformen, wie z. B. Oktaeder und Würfel,
die offenen. Von diesen werden solche, welche den Baum nur in zwei
entgegengesetzten Bichtungen offen lassen, wie jenes sechsseitige
Prisma p, ganz allgemein JMsmen genannl^ während die nur von
Fläche und Gegenfläche b begrenzten Formen, die den Baum nur nach
zwei entgegengesetzten Bichtungen abschließen, Pinakoide heißen.
Offene Formen (Prismen nnd Pinakoide] können natürlich isoliert oder, wie man
ea sagen pflegt, selbständig nicht yorkommen, sondern nnr in Kombination mit
anderen (offenen oder geschlossenen) Formen. Die Zahl der ans den EombinationeB
ableitbaren (9) einfachen Formen ist also nm die sämtlichen offenen Formen größer
als die der selbständig vorkommenden. Übrigens sind anch noch nicht aUe in
Kombinationen sich findenden geschlossenen einfachen Formen isoliert bekannt ge-
worden. Hier liegt jedoch keine physische Unmöglichkeit yor, sondern es ist zu er-
warten oder doch möglich, daß sie mit fortschreitender Kenntnis der Ejrystallwelt
auch selbständig noch gefunden werden.
iP
Fig. 9.
b. Kanten.
11. Allgemeines. Die Flächen schneiden sich in Kanten, welche
gerade verlaufen, wenn die Flächen eben sind ; im anderen Falle sind
sie krumm, wie z. B. beim Diamant (8).
Flfichenwinkel. Goniometer. 21
Da die Flächen mit ihren parallelen Gegenflächen, also paar-
weise auftreten, so sind die Kanten in einer Anzahl von mindestens
vier untereinander parallelen vorhanden (oder würden vorhanden sein,
wenn die Flächen weit genug ausgedehnt wären).
Die Kante zweier Flächen P und M wird mit P/M bezeichnet (signiert). Kanten,
in welchen sich an einer Kombination zwei nicht derselben einfachen Krystallform
angehGrige Flüchen schneiden, heißen Kombinationakanteny z. B. die Kanten kjo
m Fig. 7.
12. FläehenwinkeL In den Kanten stoßen die Flächen unter
sehr verschieden großen Winkeln zusammen, welche aber stets bei
vollkommen regelmäßig ausgebildeten und einheitlich gebauten ein-*
fachen Krystallen (6) ausspringend, also im Innern desKrystalls <[180^
sind. Die vollkommen regelmäßig ausgebildeten und begrenzten Krystall-
individuen sind somit stets hmvexe Polyeder (vergl. einspringende
Winkel der Zwillinge (155 ff.) ; ebenso (154) bei parallel verwachsenen
Individuen).
Die absolute Größe der Flächenwinkel, d. h. der Winkel, unter
welchen zwei Flächen in einer Kante zusammenstoßen, ist das, was
man unter der Gröfk der Kante versteht. Deren Länge ist dabei ebenso
gleichgültig, wie die Gestalt der Krystallflächen (8). Man pflegt zu
sagen, eine Kante ist = 100®, d. h. die beiden Flächen stoßen in ihr
unter 100® zusammen. Die Größe der Kanten, d. h. der Flächen-
winkel, ist für die Kenntnis der Krystalle höchst wichtig, und man
hat daher den größten Wert auf eine möglichst genaue Messung
derselben zu legen. Diese geschieht mit Hilfe der Goniometer, welche
als die wichtigsten Instrumente des Krystallographen anzusehen sind.
In Gebrauch ist hauptsächlich das Anlegegoniometer von Garangeot
und das Reflexionsgoniometer von WoUaston, vielfach mit den Ver-
besserungen von Mitscherlich, Babinet und anderen. Dieses letztere
gibt, wenn Krystalle mit gut spiegelnden Flächen vorliegen, auf wenige
Minuten, ja Sekunden genaue Resultate, auch wenn die Flächen klein
sind. Das erstere setzt große Krystalle mit glatten, wenn auch matten
Flächen voraus, gibt aber auch unter den günstigsten Umständen
nur auf V4* — V2^ richtige Näherungsresultate. Es ist sehr viel ein-
facher gebaut und leichter zu handhaben als das Reflexionsgonio-
meter.
Die ebenen Winkel der Kanten (Xantemvinkel) in den einzelnen Flächen lassen
sich nicht so genan messen, wie die Flächen winkel. Sie können aber ans den
Flächenwinkeln leicht durch Rechnung ermittelt werden. Nur in seltenen Fällen ist
man in der Lage, sie direkt bestimmen zu müssen. Die dazu dienenden besonderen
Methoden sollen aber hier nicht weiter berücksichtigt werden.
13. Anlegegoniometer. Das Anlegegoniometer ist 1783 von dem
Pariser Mechaniker Carangeot erfunden und später von dem Mineralogen
22
Anlegegoniometer. fieflexionsgoniometer.
Fig. 10.
Haüy verbessert worden. Es besteht aus dem in Grade etc. geteilten
Halbkreis hgi (Fig. 10), dessen Mittelpunkt in c
sich befindet. Durch c gehen zwei Schienen, deren
eine de um c drehbar ist, die andere Tn nicht
Der untere Rand der Schiene hi ist dem Durch-
b^ messer 0*^ bis 180® des Ej*eises parallel und hl
geht verlängert durch c und durch den Anfangs-
punkt 0® der Teilung, sowie durch den Punkt
180^ Der Rand de der beweglichen Schiene
geht dem bei jedem Azimuth derselben durch
den Mittelpunkt c sich fortsetzenden Rande ß parallel. Die
Messung geschieht, indem man den Erystall so zwischen die beiden
Schienen de und hi bringt, wie das den Krystall darstellende ge-
strichelte Parallelogramm andeutet. Die zwei Flächen, deren Winkel
gemessen werden soll, liegen den äußeren Rändern beider Schienen
genau an, was durch Drehung der beweglichen Schiene de um c be-
werkstelligt werden kann. Auch muß die Ebene des Teilkreises auf
der zu messenden Kante möglichst genau senkrecht stehen. Der Rand
fk der beweglichen Schiene de bezeichnet am Teilkreis die für den
gesuchten Winkel abzulesende Zahl a.
um auch an in Hohlräumen sitzenden Erystalleu Winkel messen zn können,
hat das Instrument yielfach die Einiichtung, daß sich die eine Hälfte des Kreises
um ein bei g befindliches Chamier nach hinten umklappen läßt. Die beiden Schienen
dt und hi kann man meist in den an ihnen angebrachten Schlitzen paraUel mit sich
selbst verschieben, so daß sie nach Bedarf nur mit zwei kleinen Spitzen über c
hinausragen. Auch lassen sich bei fast allen Instrumenten dieser Art die beiden
Schienen zusammen aus dem Teilkreis herausnehmen und wieder einsetzen. Noch
etwas andere Konstruktionen sind ebenfalls schon yersucht worden, die aber yon der
obigen nicht wesentlich abweichen.
14. Beflexionsgoniometer. Prineip, Das Beflexionsgoniometer be-
ruht auf folgendem Prinzip (Fig. 11): Gemessen soll werden der Winkel
der beiden Flächen ac und hc in der Kante c (kurz die Kante c). Auf
der einen Fläche ac wird bei c das Bild eines leuchtenden Punktes p,
des Signals, nach dem bei o befindlichen Auge reflektiert, und somit in
der Richtung ocgi gesehen. Diese Richtung kann
durch eine in der Verlängerung von oc bei gt
angebrachte Marke ein fdr allemal fest bestimmt
werden. Das Auge bleibt dabei stets in o und
der leuchtende Punkt in jp. Der Krystall
ach sei so orientiert, daß o und p in einer zur
Kante c senkrechten Ebene liegen (welche die
Zeichnungsebene sein soll). Dann bewegt sich
das auf der ersten Fläche ac reflektierte Bild
Fig. 11.
von p allmählich über das Sehfeld hin, wenn man den Krystall um
Wollastonsches Groniometer. 23
die Kante c als Achse von a gegen a^ dreht, und verschwindet end-
lich ganz. Dabei nähert sich die zweite Fläche bc in ihrer Lage
immer mehr der ursprünglichen Lage der Fläche ac resp. deren
Erweiterung. Wenn so bc allmählich ungefähr in die erste Position
von ac, also in die Nähe von cb^ gelangt ist, erscheint das nun auf
bc reflektierte Bild von p wieder von der anderen Seite her im Sehfeld,
bewegt sich darin bei weiterem Drehen vorwärts und wird in dem
Augenblick wieder genau in der durch die Marke q fest bestimmten
Sichtung acq gesehen, in welchem ob nach cb^ in die Verlängerung
von ac fällt. Man erkennt den Moment, in dem die Fläche cb nach
d>^ in die Erweiterung der Fläche ac gefallen ist, eben gerade daran,
daß man das Keflexbild des Signals p auf der zweiten Fläche cb^
wieder genau in der Richtung ocq sieht. Der Winkel, um den man
bis dahin drehen muß, ist der Winkel bd)^, den die zweite Fläche
in ihrer ersten Lage cb mit ihrer zweiten Lage cb^ macht ; es ist der
Nebenwinkel des eigentlich zu messenden Winkels acb. Letzteren er-
hält man, wenn man den ersteren von 180® abzieht. Der Winkel oc6
heißt der innere, der Winkel bcb^ der äußere Winkel der beiden
Flächen ac und bc. Die Messung des Winkels bcb^ kann geschehen,
wenn der Krystall so an einem drehbaren Teilkreis befestigt wird,
dass die zu messende Kante c mit dessen Drehachse zusammen resp.
in deren Verlängerung fällt
Der gemessene äußere Winkel bcb^ ist offenbar gleich dem Winkel der Normalen der
beiden Flächen ac und bc. Man findet diesen direkt gemessenen, auch als „Normalen-
winkel" bezeichneten Winkel vielfach statt des eigentlichen inneren Flächenwinkels
in den ExystaUbeschreibungen angegeben. Jeder dieser beiden Winkel ergänzt den
anderen zu 180^ und es ist namentlich: ac5 = 180^ — bcb\
15. Wollastonsches Goniometer. Das ursprüngliche, zuerst von
WoUashn 1809 nach diesem Prinzip konstruierte Eeflexionsgoniometer
in seiner einfachsten Gestalt ist in Fig. 12 abgebildet (wo man sich
zunächst aber den Spiegel s und das Femrohr e auf dem Stativ l, die
spätere Zutaten sind, wegzudenken hat).
Auf der runden Grundplatte ist das oblonge MessingstQck q befestigt, auf
welchem sich zwei dicke nach oben konvergierende Messingftlße erheben. Dieselben
vereinigen sich (hinter dem Teilkreis) zu einer dicken Messingplatte, welche cylindnsch
durchbohrt ist, und in dieser Durchbohrung dreht sich die Achse, welche, vorn gegen
den Beschauer gerichtet, den Teilkreis trägt. Dieser ist senkrecht zu der Drehachse;
letztere ist horizontal, der Kreis selbst vertikal. Die Drehung dieser Achse mit dem
Teilkreis geschieht mittels des an ihrem hinteren Ende angebrachten großen runden
Knopfes, welcher im Bild am Rande der Scheibe links sichtbar wird. Diese Achse ist
auch ihrerseits centrisch durchbohrt und in ihr dreht sich koncentrisch eine zweite
d&nnere Achse mittels des kleineren Knopfes, welcher unmittelbar links von dem ge-
nannten größeren zu sehen ist. Die Einrichtung ist so getrofien, daß beim Drehen
am kleinen Knopf nur die innere Achse bewegt wird, während die äußere mit dem
Teilkreis unbeweglich bleibt, daß aber beim Drehen der dickeren äußeren Achse am
großen Knopf die innere Achse von selbst der Drehung folgt.
24 Wollutoiuchefl Goniometer.
Am Torderen Ende der inneren Achse ist der Erystallträger »ythk befestigt. Der-
selbe läQt sich zunächst zwischen ewei p&r&llelen Schienen ( in radialer Richtong
aber den Endpunkt der Drehachse hin TerEchiel)en, Das zwischen den beiden Schienen
veTBcbiebhare Stück ist senkrecht nrng-ehogen; der zum Teilkreis senkrechte Ann
tr> bei j/ einen dem Kreis parallelen Stift, um welchen sieh das bei ( rechtwinklig
nmgebogene Stück drehen laßt. An diesem ist senkrecht m dem Stift« bei y die
Hülse h befestigt, in welcher der Stift k geradlinig verschoben nnd anch gedreht werden
kann. Dieser Stift k hat vom einen SchlitE, in welchem ein Tiereckiges Mesäng-
pl&ttchen b stecht, an das der zn messende Krjstall mittels Wachs angeklebt wird.
Dieser mnli so befestigt sein, daG die zn messende Kant« der Drehachse des Teil-
kreises parallel wird nnd in ihre Yerlftngeinng fillt. Je genauer dies der Fall ist,
desto genaner wild aach cet psr. die Messang des Winkels.
Fig. 12.
Diese Stellung erhält der Erystaü zunächst so gnt als mOglich nach dem Angen-
maQ, wobei der Stift k dem Teilkreis parallel gestellt wird. Um die Kante ge-
nauer in die bezeichnete Lage zn bringen, benutzt man die beiden zueinander senk-
rechten Drehachsen y nnd k. Darch successive Drehung nm dieselben kann dem Erjstall,
also anch der i>etr. Kante jede beliebige Richtung gegeben werden, also auch diejenige,
welche hier erforderlich ist. Zu diesem Zweck stellt man jetzt das Instrument gerade
Tor einem Fenster so anf, daQ der Teilkreis senkrecht zn demselben gerichtet ist;
je temer das als gespiegeltes Objekt p {Fig. U) benutzte Fenster yom Krjslall ist,
desto genauer wird die Messung. Han bring't, wie Uberhanpt immer bei diesen
Messungen, das Auge so nahe als möglich an den Krystall und läQt nun das Fenster
anf der einen Erjstaliflttche spiegeln, indem man sie durch Drehung am kleinen
Knopf in die hierzu geeignete Lage bringt. Das Bild des Fensters wird man dabei im
allgemeine» schief stehen sehen; durch eine Drehung des ErjstalltrSgers um den
Wollastonsches Goniometer. 25
Stift y wird man es aber leicht dahin bringen können, daß das anf der Fläche ge-
spiegelte Bild dea Fensters gerade steht, d. h. daO die horizontalen Sprossen des
Fensterkreuzes ebenfalls horizontale Bilder geben nnd daß die Bilder der vertikalen
Sprossen mit den direkt gesehenen zusammenfallen. In dieser Lage ist die erste
Flftche der Drehachse parallel; durch Drehung des Krystalls um die letztere wird an
dieser Stellung der ersten Fläche nichts geändert Dreht man nun den Krystall so,
daß das Fenster anf der anderen Fläche, deren Winkel zu jener ersten gemessen
weirden soll, gespiegelt wird, so wird dieses zweite Spiegelbild im allgemeinen eben-
falla schief stehen. Dasselbe kann nun durch Drehung des Stiftes k in der Hülse h
gerade gestellt werden ; die zweite Fläche wird dann der Drehachse parallel. Dadurch
ist aber die erste Fläche aus ihrer richtigen Lage wieder etwas herausgerückt worden.
Man muß sie also durch Drehung um y von neuem in derselben Weise einstellen,
wie oben gezeigt wurde, indem man auf ihr zum zweitenmal das Fenster spiegeln
läßt; dann wieder die zweite Fläche durch Drehung yon k etc. Dabei ist streng
darauf zu sehen, daß jede der beiden Flächen stets um dieselbe Achse, y oder fc, ge-
dreht wird. Nach wenigen Wiederholungen, bei denen die Abweichongen immer
kleiner und kleiner werden, sind beide Flächen, also auch deren Kante, sowie sämt-
liche andere in derselben Zone liegenden Flächen der Drehachse des Instruments
parallel, man sagt, der Krystall ist justiert; die Spiegelbilder des Fensters auf beiden
Flächen gehen dann bei einer vollen Drehung des Krystalls bei unveränderter Stel-
lung des Auges ganz gerade über das Sehfeld hin. Um nun die der Drehachse parallele
Kante auch genau in die Verlängerung von jener zu bringen, die Kante zu ceiitHeren,
ist zuweilen die innere Drehachse noch einmal centrisch durchbohrt und es geht ein
nmder Stift hindurch, der vom eine scharfe Schneide hat, welche genau in die Achse
Mit. Der Krystallträger wird nun in dem Schlitten s und senkrecht dazu der Stift
k längs der Hülse h ohne Drehung verschoben, bis die zu messende Kante genau
an der Schneide anliegt, was mittels dieser beiden Bewegungen stets möglich ist.
Fehlt der Stift, so wird dos Centrieren nur nach dem Augenmaß bewerkstelligt.
Jedenfalls aber ist zu kontrollieren, ob dabei nicht die Flächen aus ihrer richtigen
Lage gekommen sind, eventuell ist die Justierang zu korrigieren.
Die Messung selbst geschieht dann dadurch, daß man eine bestimmte horizontale
Sprosse an dem Fenster ins Auge faßt und den Krystall durch Drehen an dem
kleinen Knopf so stellt, daß das Spiegelbild dieser Sprosse auf der ersten Fläche in
geeigneter Richtung mit einer direkt gesehenen Marke, welche man vor dem In-
strument ebenfalls in möglichst großer Entfernung wählt, zusammenfällt. Dann
dreht man am großen Knopf, bis dasselbe mit dem Spiegelbild der nämlichen Fenster-
sprosse auf der zweiten Fläche der Fall ist. Die vor und nach der letzteren Drehung
abgelesenen Winkel geben die Positionen der beiden Flächen. Wenn man sie von
einander subtrahiert, erhält man den Normalenwinkel (den äußeren Winkel) der
beiden Flächen. Die Messung wird durch Repetition genauer: man dreht an dem
kleinen Knopf den Krystall so, daß die erste Fläche wieder in die ursprüngliche
Lage kommt, und dreht wieder am großen Knopf, bis dasselbe auch mit der zweiten
Fläche abermals der Fall ist etc. Abzulesen ist ev. nur vor und nach dem Beginn der
Messung nötig; der ganze ermittelte Winkel ist ein Multiphim des gesuchten, den
man durch Division mit der Anzahl der Einstellungen der zweiten Fläche erhält
als arithmetisches Mittel aus allen Einzeleinstellungen des Winkels.
Eine Verbesserung dieses einfachsten Instruments ist der Spiegel 5, der um eine
der Drehachse des Instruments parallele Achse r drehbar ist. Das Fenster wird gleich-
zeitig auf der Krystallfläche und dem Spiegel reflektiert. Das auf dem Spiegel reflek-
tierte Bild des Fensters bleibt bei der Drehung des Krystalls unverändert stehen,
kann also anstatt der direkt gesehenen Marke q (Fig. 11) benützt werden. Diese
beiden Reflexbilder sind oft viel bequemer gleichzeitig zu beobachten als das Spiegel-
26 WoUastonsches Goniometer.
bild auf der Krystallfläche und eine möglichst ferne Marke q ; die Messung ist daher
mit diesem Spiegel vielfach leichter und auch genauer als ohne ihn.
Eine FehlerqueUe liegt bei der bisher betrachteten einfachen Einrichtung des
Instruments darin, daß das Auge des Beobachters unwillkürlich während der Messung
seine Lage etwas ändert; dadurch ändert sich aber auch die Visierrichtung ocq
(Fig. 11] entsprechend. Damit immer genau in derselben Richtung visiert wird, ist
daher weiter auf dem Stativ l (Fig. 12) das um die mit der Drehachse des Instru-
ments gleich gerichtete horizontale Achse d in einer zum Teilkreis parallelen Ebene
drehbare, mit einem Fadenkreuz versehene Fernrohr e angebracht worden, das genau
auf die Drehachse gerichtet wird. Vor der Objektivlinse desselben kann eine weitere
Linse eingeschaltet werden, die sich durch Drehung um einen Stift f vor der vorderen
Öf&iung des Fernrohrs anbringen und wieder entfernen läßt. Mit dieser Linse
wirkt das Femrohr als Lupe, in der man den Krystall deutlich sieht, und mittels
welcher das Centrieren mit größerer Genauigkeit vorgenommen werden kann: man
schiebt den Krystall so, daß die zu messende Kante in das Fadenkreuz des Fem-
rohrs fällt. Das Femrohr ist mit seinem Stativ längs der Platte mn in der Rich-
tung der Drehachse des Instruments etwas verschiebbar, damit man stets das Faden-
kreuz auf die Krystalle richten kann, welche nicht immer genau in derselben Ent-
femung von dem Teilkreis aufgeklebt sind. Bei der Beobachtung der Reflexe zur
Justierung und Messung muß die Linse wieder zurückgeschlagen werden.
Natürlich kann statt des als gespiegeltes Objekt benützten Fensters auch etwas
anderes angewendet werden, namentlich wenn man das Fernrohr e gebraucht In
diesem Fall nimmt man zweckmäßig eine kleine, möglichst entfernte Lichtflamme,
welche in der durch das Femrohr gegebenen Yertikalebene liegen muß. Man kon-
trolliert dies, indem man das Licht direkt mit dem Femrohr anvisiert, das man zu
diesem Zweck um die horizontale Achse d nach oben dreht. Das Licht muß dann
in das Fadenkreuz fallen, und wenn dies nicht der Fall ist, muß das Instrument
auf seiner Unterlage so lange gedreht werden, bis diese Koincidenz eintritt; dann
hat das Instmment gegen das Licht die richtige Stellung.
Das vorstehend beschriebene Instrument gibt die Winkel guter
Flächen auf eine Minute genau. Noch genauere Messungen erfordern
einen Krystallträger von größerer Vollkommenheit als den eben be-
schriebenen, der nur eine annähernde Einstellung der Krystallkante
gestattet. Ein solcher verbesserter Centrier- und Justierapparat, der
an dem soeben beschriebenen Instrument leicht mit dem vertikalen
Kreis verbunden werden kann, ist in (16) beschrieben. Ein mit einer
derartigen Einrichtung versehenes vollkommeneres Instrument hat zu-
erst Mit^cherlich konstruiert, der auch zuerst mit dem Wollastonschen
Instrument das erwähnte Fernrohr verband und ebenso noch ein
zweites Femrohr, dem ersten gegenüber auf der anderen Seite des
Kiystallträgers stehend, beide Femrohre in derselben zur Drehachse
senkrechten Vertikalebene gelegen. Auch dieses zweite Fernrohr, das
Eollimatorrohr, ist mit dem einen Ende auf die Drehachse gerichtet
und kehrt das andere Ende nach oben und außen, dem Okular des
ersten, des Beobachtungsfernrohres, entgegengesetzt. Es dient dazu,
die Richtung des einfallenden Lichts genau zu fixieren. Seine Ein-
richtung ist wie die des Beleuchtungsfernrohrs C in Fig. 13 und
gleichfalls aus (16) zu ersehen.
Goniometer mit horizontalem Kreis. 27
Yollkommenere Instrumente dieser Art siehe: Y. v. Lang^ Denkschr. Wiener
Ak. 1875; Brezina, Jahrb. k. k. geol. Eeichsanstalt, 1884, pag. 321, vergl. anch (3)
B. 1883; Klein, Krystallo^raphie (siehe (3) B. 1876); Liebisch, siehe (16). Die ersten
Beflexionsgoniometer : WoUastony Gilb. Ann. Bd. 37, 1811, pag. 367 xmd Mitscherlichj
Abh. Berl. Akad. 1843, pag. 189.
16. Goniometer mit horizontalem Kreis« Keflexionsgoniometer, nament-
lich vollkommenere mit einem größeren Teilkreis versehene, werden heutzutage
vielfach nicht mehr mit vertikalem Kreis konstruiert. Dieser wird nach dem Vor-
schlage von Malus und Bahinet besser horizontal gelegt ; die Drehachse sowie die zu
messenden Krystallkanteu stehen dann vertikal. Der Vorteil davon ist, daß man
auch große Krjstalle messen kann, welche sich bei horizontaler Achse wegen zu be-
deutenden Gewichts kaum stabil am Krystallträger befestigen lassen. Femer werden
bei dieser Anordnung die drehenden Teile des Instruments weniger und nicht ein-
seitig abgenützt. Im übrigen ist die Einrichtung eines derartigen Instruments, wie
es in Fig. 13 im Durchschnitt, Fig. 14 in etwas anderer Form in seiner äußeren
Ansicht abgebildet ist, von einem solchen mit Vertikalkreis nicht wesentlich ver-
schieden.
Ein messingener Dreifuß mit Stellschrauben trägt das an das eine Bein fest
angeschraubte Beleuchtungsfemrohr C (Fig. 13), sowie eine horizontale dicke Messing-
platte, welche centrisch bei o eine nach unten sich verjüngende konische Durch-
bohrung hat. Darin steckt eine erste hohle Achse &, welche den Nonienkreis d trägt
und an der zum Drehen unten eine Scheibe c befestigt ist, au welcher die bei a
befindliche Klemm- und Einstell Vorrichtung angreift. An den Nonienkreis ist das
auf dem Stativ B befindliche Beobachtungsfemrohr festgeschraubt. In der Achse b
steckt die zweite konisch-hohle Achse e, an welcher der Limbus mit der Teilung bei f
normal, also horizontal befestigt ist; diese Achse e hat unten den Knopf g und die
Klemm- und Einstellvorrichtung ß. In dieser Achse e steckt eine dritte konische Achse A,
welche innen cylindrisch durchbohrt ist und die den Stahlcylinder s aufnimmt, an
dem oben der Ej-ystallträger befestigt ist. Unten trägt sie einen Knopf i, der von
der sog. Centralschraube k durchbohrt ist, mittels welcher sich der Gylinder s nebst
dem Krystallträger höher und niedriger stellen läßt Die Schraube l dient dazu,
eine feste Verbindung zwischen den Achsen h und e herzustellen, so daß sie sich nur
zusammen drehen können ; nach Lösung der Schraube { dreht sich jede Achse selbst-
ständig. Eine Klemmschraube bei p erlaubt eine feste Verbindung zwischen s und h
herzusteUen oder zu lösen.
Auf der Säule s ist der Krystallträger befestigt, der aus der Gentrier- und
Justiervorrichtung besteht. Die Justiervorrichtung wird gebildet von zwei Halb-
cylindem, von denen einer bei t sichtbar ist; au demselben ist unten ein Teil eines
kreisförmigen Zahnrades befestigt, in dessen Zähne die Schraube ohne Ende x ein-
greift und den Gylinderschlitten um eine zu s und zu x senkrechte Achse in der
hohlen Gylinderschale r dreht. Eine zweite genau gleiche nur etwas kleinere Vor-
richtung ist auf die erstere bei y angesetzt. Hier dreht sich der zweite Halb-
cylinder f mittels einer zu x und auf der Zeichuungsebene senkrechten Schraube
ohne Ende y, die in der Zeichnung nur als kleiner Kreis über y zu sehen ist, senk-
recht zum ersten Gylinder t in der hohlen Gylinderschale r*. Dieser zweite Gylinder
f trägt oben das mit der Schraube v zu befestigende Plättchen u, auf dem der zu
messende Krystall befestigt wird. Durch Drehung der die beiden Gylinder in Be-
wegung setzenden aufeinander senkrechten Schrauben x und y kann dann der Kante
des Krystalls jede beliebige Neigung gegeben werden.
Die Centriervorrichtung mm besteht aus zwei ebenen Schlitten, welche normal
zur Stange s in zwei zueinander senkrechten Richtungen verschoben werden können.
28 Goniometer mit horizontalem Kreis,
Eine Schraube a bewegt den unteren Schlitten m aber n veg Ton rechts nach links;
eine dazu senkrechte in a sich projizierende Schranbe bewegt den zweiten Schlitten
m' flher die «nf m befestigte Schiene n weg von vorn nach hinten. Der zweit«
ebene Schlitten m' trägt seinerseits den oben beachriehenen Jiiatierapparat, man kann
also den jastierten KrjstalL ohne Andernug seiner Neigung mittels der beiden ebenen
Schlitten ins Centmm bringen. Der Erystall selbst wird mit der zu messenden
Kante anfrecht mittels Wachs an! dos Plättchen u geklebt, welches dnrch die
Schranbe v fest mit der Jnstiervorrichtnng verbunden werden kann.
Das Bei euch tnogsfemrohr (Kollimator) C trägt nach innen ein achromatisches
Objektiv and nach anQen im Brennpunkt des letzteren einen Spalt mit geraden oder
Fig. 13.
in der Hitte sich verjüngenden Wänden, oder eine anders gestaltete ÖfTnnng ''das
Signal). Diese wird intensiv belenchtet, das Licht fSIlt von hier auf die Linse, tritt
parallel ans der Röhre heraus und zwar, da der Kollimator genau anf die Drehachse
gerichtet ist, in der Eichtnng anf letztere hin, in deren Fortsetzung der Krystall
zunächst nach dem AngenraaG möglichst genau centricrt und justiert auf das Plättchen h
aufgesetzt ist. Auch das Beobachtongsfemrohr B ist genau auf die Drehachse ge-
richtet; es vergrößert nicht oder nur sehr wenig. Durch Vorstecken einer Linse
kann es in eine Lupe verwandelt werden, mittels welcher man den bei u befindlichen
Krjstall deutlich sieht.
Der Krystall wird nun zunächst centrierl, indem man die beiden ebenen Schlitten
m und m' mittels der Schrauben a und a hewegt, bis bei einer vollen Umdrehung
des Knopfes i (bei loser Schranbe {) der Krystall im Fadenkreuz des in eine Lupe
Goniometer mit horiBOQtalem Ereig. 29
Terwandelten Femrohra unrerrfickt Bteheo bleibt. Diuin wird die Jaatieriuig^ bewirkt,
indem mftn dtis Signal des Beleoclititngsfemrohra zneret anf der einen, dann aut der
anderen der zn meuenden Flächen reflektieren IfiQt nnd jedesmal an den Schrauben x nud y
des JoBtierapparatR den Krjstall bo lange dreht, bis das Spiegelbild des Signals mit
dem vertikalen Ereaztaden im Beobachtnngsfemrohr koiniidiert. SchlieBlicta wird die
■n messende KaDte noch einmal fein centriert. Die Hessnng selbst ei^bt sich dann
nach dem beim Wollastonscheu Instrument Angegebenen (lö) leicht von selbst
[Whisky, Zeitschr. fürErfst. IV. 1860. 54ö; weitere Literatur Über Ooniometer
siehe: Liäiitch, Ber. Über die wissenscb. Instrumente der Berl. Qewerbeaosstellnng,
1860, pag. 321 nnd EaudwOrterbnch fUr Chemie, Artikel Erystallographie, pag. 160ff.).
J!>i«s, liehe Literator (3) B. 18»9.
17. TheodoUthgonioKeter, Die KeSeiionsgoniometer mit horiaontalem und
rertikaiem Teilkreis haben im Laufe der Zeit sehr Tersohiedenartige Formen er-
halten, die hier nm so weniger berücksichtigt zra werden branchen, als sie das Wesen
der Sache nuberllhrt lieQen. Nenestens hat man nnn auch Instramente dieser Art
mit cwei Teilkreisen, einem horizontalen nnd einem vertikalen, konstruiert, die dem-
nach als zvieikrätige Goniometer oder auch als Theodolithgoniometer bezeichnet werden.
Sie bieten für die Vesanng nnd Berechnung der Erystalle gewisse Tortmle, sind
aber trotsdem noch nicht sefar verbreitet Ihre Einrichtung ist im Detail bu dea
30 Gleiche Kanten. Ecken.
verschiedenen Modellen etwas verschieden, im wesentlichen aher immer dieselbe.
(7. Goldschmidt, Zeit«chr. f. Kryst. 21. 1893. 210 u. 29. 1898. 339; v. Fedoraw, ibid.
21. 1893. 603; icw«, N. Jahrb. f. Mineralogie etc. 1897. I. 78, 1898. If. 64, Beilage-
band 10. 1896. 180: Czapski, Zeitschr. f. Instrnmentenk. 13. 1893. 242; Viola, Zeitschr.
f. Kryst. 30. 1899.' 417 ; Stöher, ibid. 29. 1898. 26).
Sogar Apparate mit 3 Teilkreisen sind schon gebant worden.
Die meisten besseren Eeflexionsgoniometer sind anch znr Bestimmung von
Brechungskoeffizienten und zu anderen optischen Untersuchungen eingerichtet, von
denen unten noch eingehend die Bede sein wird. Ein für alle in der Mineralogie
gewöhnlich vorkommenden krystallographischen und krystalloptischen Arbeiten gleich-
zeitig geeignetes Instrument ist das Krystallpolymete^' (C. Klein, Sitzgsber. Berlin.
Akad. 1900. 248).
Einige eigenartige, auf anderen Prinzipien beruhende Goniometer seien hier
noch wenigstens dem Namen nach erwähnt, und zwar Hirsch walds Mikroskop-
goniometer (N. Jahrb. f. Mineralogie etc. 1879. 301 u. 539. ibid. 1880. 156; Zeitschr.
f. Kryst. 8. 1884. 16) sowie Fuess' Fühlhebelgoniometer (Zeitschr. f. Kryst. 8. 1884. 1),
18. Gleiche Kanten. Gleiche Kanten eines Krystalls sind, ganz
unabhängig von ihrer Länge, solche, in welchen sich beziehungsweise
gleiche Flächen unter gleichen Winkeln schneiden. Hat man z. B.
ein oblonges Prisma (Fig. 15) dessen zwei ungleiche Flächenpaare a
und b sich rechtwinklig schnei-
den, so sind alle vier Kanten
K einander gleich, denn jede ist
von zwei unter 90® zusammen-
stoßenden Flächen a und b ge-
Fig. 16. bildet Ist dagegen das Prisma
ein rhombisches (Fig. 16), d. h.
gebildet von zwei gleichen, aber schiefwinklig sich schneidenden
Flächenpaaren (also vier gleichen Flächen) a, so sind zwar je
zwei gegenüberliegende Kanten K (resp. E}) gleich, da sie gebildet
sind von den gleichen Flächen a, welche unter den gleichen Winkeln
a (resp. a^) zusammenstoßen. Aber K ist von K^ trotz der Gleich-
heit der Flächen a an beiden Kanten verschieden, da der Winkel
das eine Mal a, das andere Mal a^= 180® — « ist. Stets ist eine Kante
gleich der ihr diametral gegenüberliegenden parallelen Gegenkante.
Gleiche Kanten eines Krystalls können sehr verschiedene Längen be-
sitzen, ebenso wie gleiche Flächen sehr verschiedene Größen und Umrisse.
In dem Staurolithkrystall (Fig. 17, pag. 32) sind die Kanten mjo rechts und links ein-
ander gleich, weil auf beiden Seiten m und o sich unter gleichen Winkeln von 115^ 17'
schneiden; ebenso sind die Kanten mjr rechts und links von r oben und unten am
E^rystaU gleich, da alle diese ^ m/r = 137^ 68', also einander gleich und von den-
selben Flächen m und r gebildet sind.
c Ecken.
19. Ecken. Die Ecken entstehen dadurch, daß 3, 4,....n Flächen
und Kanten in einem Punkt zusammenstoßen. Man nennt eine Ecke
Gesetz der Winkelkonstanz. 3X
z. B. 4 kantig oder 4 flächig, wenn sie von 4 gleichen Kanten resp.
Flächen gebildet wird, 2 + 2kantig resp. -flächig, wenn in ihr je
2 nnd 2 gleiche Kanten resp. Flächen zusammenstoßen etc.
Glddie Ecken eines Krystalls sind solche, in denen gleich viele
einander beziehungsweise gleiche Flächen und Kanten in der gleichen
Ordnung aufeinander folgen, wobei diese Reihenfolge im gleichen Sinne
oder im entgegengesetzten Sinne stattfinden kann.
Der Staurolithkrjstall (Fig. 17, pag. 32) hat z. B. oben und unten an der vertikalen
Kante mjm zwei gleiche Ecken mrm, beide gebildet von den drei Flächen m, m, r;
femer von der Kante mjm und den beiden gleichen Kanten mjr^ rjm, welche an
beiden Ecken in der angegebenen Reihe aufeinander folgen. Die beiden oberen
Ecken mrp rechts und links von r sind ebenfaUs einander gleich; an beiden folgen
sich die drei Flächen mrp in der von den Buchstaben angegebenen Beihe, bei der
einen rechts-, bei der anderen linksherum und ebenso bei beiden die Kanten mlr^ rjp, pim.
In beiden Ecken folgen sich also in der Tat dieselben Flächen und Kanten in der-
selben Beihenfolge, aber im entgegengesetzten Sinne. Die beiden Ecken mrp an der
unteren Fläche r sind den beiden genannten ebenfaUs gleich.
Jede Ecke ist der ihr diametral gegenüberliegenden Ecke (der
Gegenecke) gleich.
C. Gesetze, nach denen die Begrenzungselemente der
Erystalle angeordnet sind.
a. Gesetz der Winkelkonstanz und der Fläeliengrappierang.
20. Winkelkonstanz. Untersucht man alle gleichbegrenzten
Erystalle derselben Substanz, so findet man, daß die entsprechenden
Flächen sich in gleichliegenden Kanten stets unter denselben Winkeln
schneiden. Bei fernerer Untersuchung findet man, daß dieselben
Winkel auch dann wiederkehren, wenn man sie an Krystallen mißt,
an denen außer jenen Flächen noch andere vorhanden sind, oder an
denen auch einige von ihnen fehlen. Kurz, es ist ein ausnahmslos
durch die Erfahrung festgestelltes Gesetz: An sämtlichen Krystallen
derselben Sübstana schneiden sich entsprechende Flächen in gleich liegenden
Kanten stets unter gleichen Winkeln, Dies ist das Gesetz der konstanten
Flächenwinkel oder, weil aus ihm von selbst auch die Gleichheit gleich-
liegender Eantenwlnkel folgt, allgemein das Gesete der Winkelkonstam.
Dabei ist aber abzusehen von der Temperatur, von unvermeidlichen kleinen
MessTmgsfehlem und von kleinen Unregelmäßigkeiten in der Aosbildnng der ErystaUe,
welche geringe Abweichungen zur Folge haben.
Mißt man die Winkel der Flächen an den oktaedrischen Krystallen des
Magneteisens (Fig. 4), so findet man an allen Kanten stets 109^ 28', und zwar
auch dann, wenn, wie es häufig vorkommt, statt der Kanten andere Flächen vor-
vT"
-^£^
32 Winket TerBchiedener Sabstatuen. Flftchengmppienuig.
handen sind, wie in Fig. 78, oder wenn noch andere Modifikationen des oktaedrischen
Körpers eingetreten sind (Fig. 98). Unter den-
y , ■-,_,.-' -y, selben Winkeln schneiden sich stets die Flächen o
'-•'~~, — - L / der FloBspatkrystalJe, nährend sich die Flächen
k Btets unter 90* schneiden nnd zwar ebensowohl
in den Fig. 5, wie Fig. 7 abgebildeten Krjst&llen;
die Fl&chen o und h machen stet« 125" 16'. Bis
beiden prismatischen Spaltnngsfläcben der Hom-
hlende schneiden sich in allen Erjstallen unter
Yig. 17, Fig. 18. 124*' 28'; die Flächen, denen im Kalkspat die
BlätterbrQche parallel gehen, nnter 105" Ö'. Btim
Stanrolith findet man au allen Krjgtsllen von der Form Fig. 17 oder 18: .2fm/i» =
129» 86 ; aUe ^ m/r = 137" 68'; aUe -^C m'o = 115" IT; alle ^ m/p = 90" nnd
o/p ^90" etc. Dieselben Winkel m/m, nt/r etc. findet man aber auch an Krystallen,
an welchen die Fl&chen r fehlen, oder wo zn den angegebenen Flttchen noch weitere
himcngetreten sind.
21. Winkel Terschledener Substanzen. Die an äen Terscfaiedenen
Erystalleo derselben Substanz stets wiederkehrenden Winkel findet
man im allg:enieiQen nicht an Krystallen anderer Substanzen. Die
Winkel, welche die Flächen der Krystalle einer Suistanx miteinander
machen, sind für diese Substanz charakteristisch ; man kann letztere daran
wiedei'erkennen and von anderen Substanzen unterscheiden, auch wenn
die Kiystalle der verschiedenen Substanzen sonst außerordentlich
ähnlich sind. So gibt es z. B. sog. Rhomboeder (Fig. 171) von Kalk-
spat, deren Flächen sich unter 105" 5' schneiden; äußerlich häufig
nuanterscheidbar davon sind die Ehomboeder des Magnesit, wenn man
nicht die Winkel mißt, die hier 107" 28' betragen. Nur die Formen
des regnlären Systems (102 ff.) und einige wenige andere sind fär alle
Krystalle ohne Ausnahme stets dieselben.
22. Konstanz der Il&ehengrnpplemng. Untersucht man die
Krystalle einer nnd derselben Substanz in Beziehung anf die Be-
scbafienheit ihrer Flächen, so findet man, daß an solchen die gleich,
d. h. von gleich vielen in gleicher Weise gegeneinander liegenden
Flächen begrenzt sind, die Zahl und die gegenseitige Lage, d. h. die
Gruppierung der gleichen Flächen stets die nämliche ist. Diese bei allen
Krystallen derselben Substanz wiederkehrende Anordnung der gleichen
resp. der ungleichen Flächen kann als das Gesetz der hmstanten Flachen-
grvppierung bezeichnet werden.
So sind an den oktaedrischen Krjetallen des Flußspats (Fig. 4) stets alle
8 Fl&chen einander gleich, ebenso anch an den oktaedrischen Krystallen des Magnet-
eisens, des Goldes etc. Dasselbe ist der Fall bei den 6 Flächen der wDrfeUOmiigen
Kijstalle des FlnOspatcs (Fig. b), des Steinsalzes etc. An den yon 14 Fl&chen be-
grenzten Kristallen des FlnQspata (Fig. TJ sind stets die 8 dreieckigen FlSchen
nnd ebenso die 6 viereckigen Fl&chen je nnter sich gleich nnd von den anderen ver-
schieden, nnd ebenso verhalten sich die in deraelben Weise begrenzten Krystalle de«
Bleiglanzes. Von den Fig. 9 abgebildeten Krjstallen des Kalkspates sind immer
ParallelYerschiebniigf der Flächen. 33
ff,
die 6 PrismenflSchen p untereinander gleich nnd von den beiden ebenfiJls einander
gleichen Pinakoidflächen b verschieden etc.
Hieraus in Verbindnng mit (9) und (10) folgt, dafi an den yer-
schiedenen Erystallen einer nnd derselben Substanz stets dieselben
einfachen Formen, aber allerdings nicht immer in derselben Anzahl
wiederkehren , die jedesmal von den sämtlichen je untereinander
gleichen Flächen des betreffenden Krystalls gebildet werden.
23. ParallelTerschiebniig der FlScheB. Nach (20) und (22) ist
bei gleich begrenzten Krystallen derselben Substanz die Flächen-
gruppierung stets dieselbe, und die entsprechenden Flächen schneiden
sich in gleichliegenden Kanten stets unter denselben Winkeln. Diese
Verhältnisse sind also konstant und daher für die Krystalle wesentlich
und wichtig. Nicht konstant und an den gleichbegrenzten Krystallen
derselben Substanz verschieden sind dagegen die Gröfie und die
Gestalt der gleichen Flächen und die Länge der gleichen Kanten
und somit die geometrische Form der ganzen Krystalle. Diese ist also,
weil wechselnd, für die Krystalle unwichtig und unwesentlich. Die
verschieden gestalteten von gleich vielen gleichliegenden Flächen be-
grenzten Krystalle einer und derselben Substanz lassen sich auch sehr
leicht ineinander überführen, indem man die Flächen in geeigneter
Weise parallel mit sich verschiebt. Einige Beispiele werden dies
näher erläutern.
Wenn man sämtliche oktaedrischen Krystalle von Magneteisen
vergleicht, deren acht gleiche Flächen sich unter dem stets wieder-
kehrenden Winkel von 109* 28' (resp. dessen Supplement von 70** 320
schneiden, so haben sie z. T. die Form Fig. 4; andere haben aber
die etwas abweichende Form Fig. 19 oder Fig. 20, und noch viele
andere ähnliche Gestalten dieser achtflächig begrenzten Krystalle
kommen vor. Sie alle müssen für krystallographisch gleich gehalten
werden trotz ihrer großen geometrischen Verschiedenheit, denn in
jeder schneidet sich eine gleich große Anzahl (acht) untereinander
gleicher Flächen in gleichliegenden Kanten unter gleichen Winkeln,
so daß sich alle diese Formen bezüglich der Flächengruppierung und
4er Flächenwinkel vollkommen yfr—\
gleichen und sich nur durch die yj \\ \ yT'\ \
Gestalt^ den Umfang und die ^:qr::.;h-:f>^\\ y^/ \\'\\
Oröße der Begrenzungsflächen, \^s( /^ >^ ^L..x. — ^.M. \
^so in der geometrischenForm y \ / / \ \ / yf X
unterscheiden, welche ja aber \ i/ \\^/V 1/
krystallographisch ganz un- Yig, 19. Fig. 20.
wesentlich ist. Es ist nun
aber leicht einzusehen, daß man die eine dieser Formen z. B. Fig. 20
aus den anderen z. B. Fig. 4 dadurch entstanden denken kann, daß
Bauer, Mineralogie. ^
34 Ideale ErjstaUformen.
f.
zwei Flächen parallel mit sich selbst um einen entsprechenden Betrage
nach außen rücken; dadurch wird ja weder an der physikalischen Be-
schaffenheit derselben, noch an den Flächenwinkeln das Mindeste ge-
ändert. Umgekehrt entsteht die Form Fig. 4 aus der Fig. 20, wenn
man sich die beiden Flächen rechts soweit nach links verschoben
denkt, daß sie durch die beiden Ecken oben und unten hindurch-
gehen. In Fig. 20 ist dies durch die gestrichelten Linien angedeutet.
Ebenso kann durch Parallelverschiebung der Flächen die Form Fig. 4
in die Form Fig. 19 übergeführt werden und umgekehrt, wie auch
hier die gestrichelten Linien zeigen. Ferner findet man häufig von
den oben (20) erwähnten Flächen begrenzte Staurolithkrystalle, die
aber nicht die Form Fig. 17, sondern die Form Fig. 18 haben. Beide
Formen lassen sich ohne Änderung der krystallographisch allein in
Betracht kommenden Winkel und der Flächenbeschaffenheit inein-
ander überführen, wenn man bei Fig. 17 die Flächen o parallel mit
sich etwas nach innen, resp. bei Fig. 18 nach außen schiebt
Aus allem diesem folgt, daß man sich die Erystallflächen nicht
als starr und unbeweglich vorstellen darf, wie die Begrenzungsebenen
geometrischer Körper, sondern sie müssen parallel mit sich beweglich
gedacht werden, und man hat den Satz: Jede Krystcd/fläche kann in
beliebiger Weise parallel mit sich selbst verschoben werden, ohne daß an
der betr. Krystallform dadurch etwas Wesentliches geändert wird. Die
Bichtungen der Erystallflächen können durch ihre Normalen dargestellt
werden; längs diesen können die Flächen hin- und hergieiten, ohne
in ihrer Richtung und in ihrer Beschaffenheit irgend eine Änderung
zu erleiden.
Ans der ParaUelverschiebbarkeit der Flächen folgt anch, daß die Qi^Qe der
KrystaUe eine nnwesentliche Sache sein mnß. In der Tat findet man auch von
derselben Substanz Erjstalle von krystallographisch gleicher Form in der ver-
schiedensten Größe, so z. B. QuarzkrystaUe von mikroskopischer Kleinheit bis zu
mehreren Centnem Gewicht.
24. Ideale Hrygtallformen. Denkt man sich sämtliche Flächen
eines Krystalls parallel mit sich so verschoben, daß je alle gleichen
Flächen (8) von einem beliebigen Punkt im Innern des KrystaUs, dem
sog. Mittelpunkt desselben gleich weit entfernt sind, so schneiden sich
diese Flächen, die nun gleiche Centraldistanz haben, wegen ihrer
regelmäßig - symmetrischen Verteilung um den Krystallmittelpunkt
(52 ff.) immer so, daß alle krystallographisch gleichen Flächen auch
gleiche Form und Größe erhalten, also kongruent werden. Solche Formen^
bei denen die krystallographisch gleichen Flächen gleiche Central-
distanz haben und daher auch geometrisch gleich sind, heißen idede
KrystaUformen , man sagt, ihre Flächen seien im Glüchgewicht. Sie
unterscheiden sich aber krystallographisch nicht wesentlich von den
Kantenschnitte. 35
anderen FonneD, bei welchen die gleichen Flächen ungleiche Gestalten
nnd Umrisse haben und welche durch paralleles Verschieben der
Flächen aus ihnen abgeleitet werden können. Diese letzteren, deren
Flächen verschiedene Centraldistanzen zukommen, nennt man zuweiten
unzutreffend vereenrte Formen oder Verzerrungen. Eine ideale Form
ist z. B. das in Fig. 4 dargestellte Oktaeder; verzerrte Oktaeder
stellen Fig. 19 und 20 dar. Ideale Formen kommen in voUkommener
Ausbildung wohl niemals in der Natur vor, stets sind die Krystalle
mehr oder weniger „verzerrt". Nicht selten geht die „Verzerrung"
so weit, daß von der idealen Gestalt sehr bedeutend abweichende,
davon scheinbar ganz verschiedene Formen entstehen, welche auf
jene oft nur mit Hilfe von Winkelmessungen zurückgeführt werden
können, indem man aus der Gleichheit gewisser Winkel in beiden
S^rystallen, umgekehrt wie in (20), die respektive Gleichheit der be-
treffenden, den Winkel einschließenden Flächen an denselben folgert.
Hätte man z. B. an einem „verzerrten" StanroUthkrystaU einen Winkel von
129*^ 26' gemessen, so würde man daraus mit Sicherheit schließen, daß die be-
treffenden Flächen diejenigen des Prismas m sind etc.
Diese idealen Formen werden gewählt, wenn man die Krystalle plastisch als
Modelle darstellen oder wenn man sie zeichnen will. Man ersieht dann aus den Um-
rissen die Gleichheit nnd Znsammengehörigkeit der Flächen, resp. die Verschiedenheit
derselben. An den idealen Gestalten ist die Übersicht tlber die einzelnen Flächen nnd
einfachen Formen am leichtesten nnd bequemsten. Daher wird nicht selten die ganze
Krystallographie auf denselben aufgebaut, was aber den Anfänger leicht zu der
falschen Meinung führen kann, als seien die idealen Formen etwas krystallographisch
Vollkommeneres, als die „Verzerrungen". Dies ist aber durchaus nicht der FaU, sie
sind im Gegenteil Abstraktionen, welche in absoluter Vollkommenheit in der Natur
wohl nie vorkommen.
b. Gesetz der rationalen Kantenschnitte.
25. EaBtenschnitte. Es seien XOY, YOZ, ZOX drei beUebige
Flächen eines Krystalls (Fig. 21), welche sich in dem Punkt 0 und
in den drei Kanten OX, OY, OZ schneiden oder ge-
nügend ausgedehnt schneiden würden, wenn etwa da-
zwischenliegende Flächen wegfallend gedacht werden.
Eine vierte Fläche ABC treffe diese drei Kanten in
A, jB, (7, so ist diese letztere in ihrer Lage gegen die
drei ersten Flächen vollkommen unzweideutig bestimmt,
wenn man die drei Abschnitte (Kantenschnitte) OA,
OB, OC kennt. Verschiebt man nun die Fläche ABC
parallel mit sich nach A^B^C\ so ist diese neue Lage der Fläche
durch die Kantenabschnitte 0A\ 0B\ OC^ gegeben und zwar ist
offenbar :
OA:OA^ = OB:OB^ = OC:OC^ oder
OA : OB : OC = OA' : OB^ : OC^
3*
36 Gesetz der rationalen Eantenschnitte.
Wenn also bei dieser Parallelyerschiebnng auch die absoluten
Werte der Kantenschnitte der vierten Fläche sich ändern, so bleibt
doch das Verhältnis derselben stets das nämliche. Da nun die beiden
parallelen Flächen ABC und A^ B^ G^ als krystallographisch ident,
als eine und dieselbe Erystallfläche zu betrachten sind (23), so ist
diese Fläche offenbar krystallographisch in ihrer Lage gegen jene
drei Flächen und Kanten yollkommen bestimmt durch das allen den
verschiedenen Parallellagen derselben gemeinsame Verhältnis der Ab-
schnitte : OA : OB : 0(7, während die absolute Größe dieser letzteren
gleichgültig ist.
Setzt man nun
OA^=::r.OA, so ist OB^ = r.OB', OC^ = r.OG,
da nur so das Verhältnis OA : OB : OC erhalten bleibt. Man kann
daher auch sagen: Die drei Ka/rUenschnüte einer Fläche lassen sich mit
emer helidngen Zahl multiplieieren {oder dividieren), ohne daß die durch
die neuen Abschnitte dargestellte Fläche krystallographisch eine andere
wird. Die Fläche mit den neuen Abschnitten ist von der ersten krystallo-
graphisch nicht verschieden, sie ist durch Parallelverschiebung aus
dieser entstanden und die Multiplikation (oder Division) ist der
algebraische Ausdruck der Parallelverschiebung.
Ist die Fläche einer oder zwei von den drei Kanten parallel, so
sind die auf diese Kanten bezüglichen Abschnitte = oo.
Das Verhältnis der Eantenabschnitte OA : OB : OC ergibt sich anf folgende
Weise : Aus den mit dem Goniometer zn messenden V^inkeln, welche die drei Flächen
XOY, YOZ, ZOX in den drei Kanten OX, OY, OZ miteinander einschließen, können
zunächst die Neigungen dieser drei Kanten gegeneinander, also die Winkel XOY,
YOZj ZOX berechnet werden. Aus zwei von den gleichfalls mit dem Goniometer
zu ermittelnden Winkeln der vierten Fläche ABC zu jenen drei ersten erhält man
dann das Verhältnis OA : OB : OC oder, wenn man einen dieser Abschnitte z. B.
OC = 1 setzt, die beiden anderen, OA und OB^ ausgedrückt in OC als Einheit.
Dieses Verhältnis ist nur abhängig von jenen fünf Winkeln und ändert sich mit
diesen; ebenso ist natürlich das Umgekehrte der Fall.
26. Bationale KanteBSchnitte. Wählt man unter den sämt-
lichen Begrenzungsflächen eines Krystalls drei beliebige XOY, YOZ,
ZOX, welche sich in drei von dem Punkt 0 ausgehen-
den Kanten OX, OY, OZ schneiden (Fig. 22), so ist
irgend eine ebenso beliebige vierte Fläche ABC, welche
die drei Kanten in A, B, C trifft, durch das Ver-
hältnis der Abschnitte OA : OB :0C ^= a : b : c in
ihrer Lage, gegen die Kanten OA, OB, OC und damit
auch in ihrer Neigung gegen jene drei Flächen krystallo-
graphisch unzweideutig gegeben. Ebenso ist dies der
Fall für eine beliebige fünfte Fläche MNP durch
das Verhältnis der Abschnitte : OM : ON :OP=m:n:p. Bildet man
Gesetz der rationalen E^tenschnitte. 37
nun die Quotienten je der auf dieselbe Kaute bezüglichen beiden
Abschnitte: — , 7-, — , so kann man setzen:
a' 6' c'
: "tT" : — — ft i K i V»
a 0 c
Nach einer bei allen bisher untersuchten Erystallen ohne Aus-
nahme gemachten Erfahrung sind nun die Erystallflächen stets so
gruppiert, d. h. ihre gegenseitigen Neigungen, die Winkel, die sie mit-
einander einschließen, sind so, daß diese Zahlen A, %, l rationale^ d. h.
durch ganze Zahlen völlig exakt ausdrückbare Größen, also entweder
direkt ganze Zahlen (inkl. 00) oder auch echte oder unechte Brüche sind,
m. a. W. jene drei Quotienten — , ^, — verhalten sich stets wie ratio-
nale Größen (00 eingeschlossen). Die Erfahrung lehrt gleichzeitig, daß
bei geeigneter Wahl der ersten vier Flächen die rationalen Zahlen
meist auch Meine, einfache Werte haben, die selten 10 erreichen oder
noch seltener übersteigen (ausgenommen der Wert 00). So findet man
also z. B. häufig:
— :^:— =1:2:3 oder = -^:>, :-rOder = 2:3:i^oder = oo:l:letc.
a h c 2 3 4 3
in welch letzterem Falle die betreffende Fläche mit der Kante OX
parallel ist. Ungewöhnlich, wenn schon nicht unmöglich, sind Ver-
hältnisse, wie:
— : 1 : — = 9 : 11 : 17 oder = tö ^ t^ • ^-0 etc.
a 0 c 13 15 18
Dagegen sind Verhältnisse wie:
J:J:^ = log2:log3:log5 oder =/2:/3:/5
als irrational durchweg ausgeschlossen. Solche konnten niemals fest-
gestellt werden, man muß sie daher nach allen unseren Erfahrungen
als krystallographisch unmöglich betrachten.
Da man ein Verhältnis von Brüchen stets in ein solches von
ganzen Zahlen umwandeln kann, also z. B. :
so kann man auch ebenso allgemein sagen, die Flächen aller Krystalle
sind so gruppiert, daß h, k, l stets ganae Zahlen sind, daß sich
also jene drei Quotienten — , -r-, — wie ganze Zahlen verhalten. Dabei
m n p i^
sind die Längen a, ft, c ; m, n, p und ebenso die Quotienten — , -r ' T ^
a 0 c
sich betrachtet im allgemeinen irrational, nur die Verhältnisse der
letzteren sind rational (ganz).
38 Gesetz der ratiojiale& Kantenschnitte.
Wie die fünfte Fläche MNP verhält sich dann jede weitere
sechste, siebente etc. Fläche. Dasselbe, was für die Abschnitte der
fünften Fläche in Beziehung zu denen der vierten gilt, gilt auch
für die Abschnitte aller ferneren Flächen desselben Krystalls.
Dies ist das Gesetz der rationalen Kantenschnitte, das wohl auch
als das Gesetz der einfachen rationalen Eantenschnitte bezeichnet wird.
Es kann unter Zugrundelegung der obigen Auseinandersetzungen so
ausgesprochen werden: Die Flächen aller KrystaUe liegen so gegenein-
ander {schneiden sich unter solchen Winkeln), daß die drei Quotienten je
der beiden Stücke, welche moei beüebige Flächen auf jeder der drei von
einem Punkt ausgehenden tmd von drei beliebigen anderen Flächen des-
selben Krystalls geinldeten Kanten abschneiden, sich stets tvie rationale
(ganze) Zahlen (oo eingeschlossen) verhalten.
Dieses Gesetz der rationalen Kantenschnitte ist das Hauptgesetz
der Krystallographie, das (in Verbindung mit den unten zu betrach-
tenden Symmetriegesetzen) die ganze Krystallwelt beherrscht. Alle
die zahllosen Krystallformen, die bisher untersucht worden sind, folgen
ihm und unterscheiden sich dadurch auf das Wesentlichste von anderen
geometrisch denkbaren Polyedern, bei denen das Gesetz nicht zutrifft
und die daher als krystallographisch unmöglich bezeichnet werden
müssen, wie z. B. das von regulären Fünfecken begrenzte Dodekaeder
(Pentagondodekaeder), das Ikosaeder und andere.
27. Andere Fassung des Gesetzes der rationalen Eanten-
sclmitte. Das Gesetz der rationalen Eantenschnitte läßt sich noch
etwas anders fassen. Wenn
a 0 c
ist, so kann man ganz allgemein setzen:
m = ha, dann wird : w = ä6 und p = lc
wo h, k, l wieder rationale (ganze) Zahlen sind.
Die Abschnitte m, n, p der fünften Fläche MNP können somit als
rationale Vielfache der Abschnitte a, b, c der vierten Fläche ABC je
auf derselben Kante dargestellt werden, d. h. als solche, wobei die
Koeffizienten h, k, l von a, b, c stets rationale (ganze) Zahlen sind
(oo eingeschlossen). Ebenso können die Abschnitte m^, w,, p^ einer
sechsten Fläche MiN^P^ in den Abschnitten a, b, c ausgedrückt
werden :
nii = h^a, Hi = kj>, p^ = l^c,
wo Äj, kj^, li wieder rationale (ganze) Zahlen sind. In gleicher Weise
ist dies für jede andere Fläche möglich und stets sind die Koeffizienten
h, k, l, etc. der Abschnitte a, b, c der vierten Fläche rationale (ganze)
Zahlen. Das Gesetz der rationalen Kantenschnitte kann also auch
Gesetz der rationalen Eantenschnitte. S9
aasgesprochen werden : Die Abst^nMe, welche die Flächen eines KrystoRs
auf drei van drei anderen Flächen desselben Knystails gebildeten Karlen
machen, können als rationale (ganee) Vielfache der Abschnitte ausgedrikM
werden, die eine beliebige vierte Fläche des Krystaüs von jenen drei
Kanten cibschneidet.
Femer: Wenn eine Fläche MiN^P^ anf den drei Kanten OK,
OY, OZ die Stücke m^n^p^ abschneidet und wenn weitere Flächen
M^N^P^, M^N^P^, . . . durch die Abschnitte m^n^p^, ^a^sPsy • • • be-
stimmt sind, dann ist nach dem Vorhergehenden unter Benutzung der
dortigen Bezeichnungen:
m^ =^ h^ a üj = ij 6 p^ = l^ c
fitg «= Aj a n, = *2 6 p^ = ^^ c
m^ = h^a nj = ia 6 Ps = h c
Hieraus ergeben sich ohne weiteres die Verhältnisse :
fit t : 7/ia : nt^ : ■ • • • — — ri^ : nq • /!» : • • • •
Wi • Wo • Wo • • • • ■ -^— /vj • /va . K^ • « • B «
Vi • Po • Pa « • • • • ■ - " V\ » (fa m va « • . . •
WO wieder h^kj^, etc. rationale (ganze) Zahlen sind. Nach dem G€set0
der rationalen Kantenschnitte liegen also die Flächen der KrystaUe so
gegeneinander, daß die Abschnitte, die sie auf jeder der drei Kanten
OX, OYj OZ machen, in rationalen Verhältnissen zueinander stehen.
Diese letztere Fassung läßt sich nun noch etwas modifizieren.
Denkt man sich (Fig. 22) jene fünfte Fläche MNP, welche von
den drei Kanten OA^ OB, OC Stücke in dem Verhältnis : m:n\p =
haiJcbilc abschneidet , parallel mit sich durch einen der drei Punkte
A, B, (7, also hier z. B. durch C gelegt, in welchem die vierte Fläche
ABC die Kante OZ trifft, so daß MNP nun die Lage WN^C hat,
so schneidet sie von dieser Kante ein Stück OC ^=^ c ab und von den
Kanten OX und OFdie Stücke:
OJir = mi=^ = Äia und ON' =n^ = jb = k'b,
h k
wo &' = y und k^ = Y' Eine weitere durch den Punkt (7 gehende Fläche
M*N*C ist unzweideutig gegeben durch die Abschnitte : m* = A*a und
n^^^k^b und so jede andere Fläche des Ejystalls, die man durch C
hindurchgelegt denkt. Die Abschnitte dieser Flächen auf den Kanten
OX und OY sind nun:
m^ = h^a; m^ = h^a\ m^=^h^a;
es verhält sich daher wie vorhin:
m^ : m* : w^ : . . . . = Ä^ : Ä* : Ä* : . . . .
Da nun h, k, l etc. rationale (ganze) Zahlen sind, so müssen h^, k^ etc.
40 Mögliche Ejrygtallfonnen. Erystallreihe.
ebenfalls rational sein nnd man kann das Gesetz der rationalen Eanten-
schnitte anch so aussprechen : Denkt man sich aile Flächen eines Krystalls
durch denselben Punkt der einen der drei Kanten gelegt, so schneiden sie
auf jeder der beiden anderen Ka»Uen Stücke ab, welche zueinander in
rationalen Verhältnissen stehen (vergL das Beispiel (29)).
Es läßt sich anf mathematischem Wege zeigen, daß, wenn für eine Krystallform
nnter Zagnmdelegung von vier heliehigen Flächen derselhen das Gesetz der rationalen
Eantenschnitte gilt, es unter allen Umständen notwendigerweise auch unter Zu-
grundelegung irgend heliehiger Tier anderer Flächen dieser Form gelten muß. Es
genügt also, die Bationalität der E^tenschnitte für eine einzige Gruppe von vier
Flächen nachzuweisen.
28. Mogliehe KrystallflSelieii. Krystallreihe. An jedem Erystall
findet sich natürlich nur eine bestimmte endliche und zwar meist
nicht sehr große Zahl von Flächen ausgebildet, und diese sind alle
nach dem oben genannten Gesetze gruppiert. Man muß hieraus schließen,
daß, wenn an dem Kr3rstall (oder einem anderen sonst ganz gleichen
derselben Substanz) noch eine weitere Fläche ausgebildet wäre, diese
ebenfalls auf jeder der drei Kanten Stücke abschneiden würde, welche
mit den anderen dort von den sonstigen Flächen abgeschnittenen
Stücken in rationalen Verhältnissen stehen. Es ist kein Grund vor-
handen, warum irgend eine der durch dieses Verhalten charakterisierten
Flächen nicht sollte an einem Krystall derselben Substanz vorkommen
können. In der Tat beobachtet man an neu aufgefundenen Erystallen
der verschiedenen Substanzen tagtäglich neue Flächen, welche alle
nach diesem Gesetz angeordnet und nach ihm mit den anderen schon
früher bekannt gewesenen Flächen verbunden sind. Man kann daher
sagen : An den KrystaUen einer bestimmten Substanis können alle Flächen
möglicherweise vorkommen {sind edle Flächen möglich), deren Abschnitte
auf drei beliMgen Kanten in rationalen Verhaltnissen zueinander stelwn,
die also dem Gesetz der rationalen Kantenschnitte folgen.
Die Gesamtheit aller der unendlich vielen an einem Erystall
möglichen Flächen, resp. die Gesamtheit aller von diesen Flächen
begrenzten einfachen Krystallformen bildet die Krystallreihe oder Formen-
reihe der beti*eflFenden Substanz. Sie ist implicite bekannt, wenn man
nur vier beliebige Flächen des letzteren und ihre gegenseitigen Nei-
gungen kennt, wenn diese vier Flächen so gegeneinander liegen,
wie die oben (26, 27) betrachteten. Alle anderen lassen sich aus diesen
vieren ableiten, wie wir unten noch eingehender sehen werden. Es
ist dabei ganz gleichgültig, von welcher Gruppe von vier solcher
Flächen man ausgeht, stets erhält man denselben durch die Neigungs-
winkel charakterisierten Flächenkomplex, d. h. eben die Formenreihe
der betreffenden Substanz.
Für unmöglich an einem Erystall müssen dagegen solche Flächen
gehalten werden, deren Abschnitte auf jeder der drei in einem Punkt
Beispiel.
41
sich schneidenden Kanten mit den entsprechenden Abschnitten der
anderen Flächen nicht in rationalen Verhältnissen stehen; solche
Flächen, welche jenem Gesetz nicht folgen, sind noch nie beobachtet
worden.
Welche von den möglichen Flächen an einem Krystall tatsächlich znr Aos-
bildnng gelang sind, hängt von den speziellen Verhältnissen ab, unter denen dieser
Krystall entstanden ist. Unter anderen Bildnngsbedingangen entstehende Krystalle
derselben Substanz umgeben sich auch mit anderen Flächen, die aber alle der näm-
lichen Krystallreihe angehören.
Mögliche Kanten eines Erystalls sind Linien, in denen sich mögliche
Flächen desselben schneiden.
29. BeispieL An einem KrystaU von Kiesekinkerz sind die in Fig. 23 dar-
gesteUten Flächen vorhanden, welche sich unter den für dieses Mineral charakteristi-
schen Winkeln (21) schneiden. Wählt
man unter diesen Flächen drei be-
liebige z. B. a, b, c aus, so schneiden
sie sich, gehörig erweitert, in einem
Punkt O, von dem die drei Kanten
hjc = OXy cla =OYxaiäalh = OZ
ausgehen, wie dies in Fig. 24 be-
sonders gezeichnet ist. Eine Messung
der drei Winkel a/6, 6/c, 6/a er-
gibt, daß sie alle = 90® sind.
Wählt man nun unter den übrigen Flächen noch eine vierte, z. B. z ganz be-
liebig aus, so schneidet diese die Kanten OX, OY^ OZ in A\ B^ C, und die
Winkelmessung ergibt, daß: ^ zja = 137« 52* und ^ zjh = 106« 46'. Setzt
man OC = 1, so findet man aus den erwähnten Winkeln : OA' = 0,817 ; OB' =
2,099. (25, Schluß). Nimmt man nun die Fläche s, so erhält man für diese : ^Bja =
113» 54' und ^ ajb = 129" 7'; und wenn 8 ebenfalls durch C geht und OX und
Or in ^" und B' schneidet, so ist: OA" = 1,633 und OB" = 1,049. Die Verhält-
OA" 1 633
nisse der auf denselben Achsen OX resp. 0 Y abgeschnittenen Stücke : -jfp- = Jo.« =2
1,049
Fig. 23.
Fig. 24.
und:
OB"
OB
orkQQ =0- 8Üid dann in der Tat rational, wie es das Gresetz der
rationalen Kantenschnitte verlangt. In derselben Weise würde sich jede weitere
Fläche des E^rystalls verhalten, und zum gleichen Resultat würde man kommen, wenn
man irgend drei andere Flächen statt a, &, c, und eine andere statt z gewählt hätte.
Eine Fläche, welche gegen a und h unter Winkeln = 105<^ 53' und 148^ 25' ge-
neigt ist, würde, wenn auch sie durch den Punkt C ginge, auf OX und 0 Y Stücke ab-
schneiden: 0^4'"= 0A"= 1,633 und 05"'=0,525unddieVerhältnis3e^;V = n q??-=2
{JA. U,ol I
^"^^ ~07i'~ "^ 2 nqQ ^^ T wären auch hier rational. Man könnte erwarten, daß eine
unter den angegebenen Winkeln gegen a und b geneigte Fläche an irgend einem
anderen Kieselziukerzkrystall, als dem vorliegenden, dem sie fehlt, vorkommt. In
der Tat kennt man auch Krystalle dieses Minerals, an welchen sich eine Fläche mit
solchen Neigungen gegen a und b findet. Wäre dies nicht der Fall, so müßte man
es doch für nicht ausgeschlossen halten, daß man noch einmal einen Kieselziukerz-
krystall mit einer solchen Fläche fände; es wäre eine mögliche Fläche des Kiesel-
zinkerzes, eine solche, die der Krystallreihe des Kieselzinkerzes augehört.
42 Achsen.
Dagegen mÜOte man eine Fläche, welche gegen a nnd b unter 120^ und 190*
geneigt ist und also, darch C gebend, von OX und OY Stücke = 1,161 und 0,903
1 161
abschneidet, am Eieselzinkerz für unmöglich halten, da die Verhältnisse: ((öyr'^
0903
1,421 . . . und ötyqö" = 0,430 . . . irrational sind. In der Tat ist auch eine Fläche
mit solchen Neigungen gegen a und b noch nie beobachtet worden.
30. Achsen. Um eine leichte und bequeme Übersicht über sämt-
liche Flächen eines Krystalls zu erhalten, bezieht man dieselben in ganz
ähnlicher Weise auf Achsen, wie dies in der analytischen Geometrie
geschieht. Man denkt sich durch einen beliebigen Punkt im Innern
des Krystalls, den AchsenmittelpunM oder Krystallmittelpunkt drei nicht
in einer Ebene liegende Gerade OX, OY, OZ als Achsen gezogen, die
das Achsensystem des Krystalls bilden (Fig. 25). Auf ihnen ist je ein
positiver und ein negativer Ast zu unterscheiden. Sie
werden stets in ganz bestimmter Weise aufgestellt
gedacht und benannt. Die eine Achse denkt man sich
aufrecht stehend; sie heißt die Vertikalachse und wird
mit c bezeichnet ; der positive Ast + c geht nach oben,
der negative — c nach unten. Die zweite, die Qt^erachse
ft, geht von rechts (+ i) nach links ( — b). Die dritte,
Fig. 25. die Längsachse a, geht von vom (+ «) »ach hinten (— a).
Durch je zwei Achsen, OX und OY, OY und OZ, OZ
und OX, wird eine Ebene, Achsenebene, bestimmt. Die drei Achsen-
ebenen XOY, YOZ, ZOX teilen den Baum in acht Eaumabschnitte,
OUanten. In diesen liegen die den Krystall begrenzenden Flächen
rings um den Achsenmittelpunkt herum. Wenn man die Lage jeder
einzelnen Fläche des Krystalls an den Achsen kennt, so kennt man
auch die Lage sämtlicher Flächen desselben gegeneinander, ihre An-
ordnung in der Krystallform, und damit ist dann diese selbst mathe-
matisch bestimmt. Wir werden im folgenden die Verwendung der
Achsen zum Studium der Krystalle speziell und eingehend zu betrachten
haben.
(Chr. S. Weiss. De indagando formamm crystallinamm cbaractere geometrico
principali. Diss. Leipzig 1809.)
31. Parameter. FlSehenausdrnck. Jede Krystallfläche z. B. abc
(Fig. 26) ist in ihrer Lage an den Achsen unzweideutig gegeben durch
die drei Stücke Oa = a, Oft «= ft, Oc = c, die sie von jenen ab-
schneidet, und die man die Parameter der Fläche nennt Sie sind je
nach der Lage der Fläche, je nachdem diese die Achsen auf der
positiven oder negativen Seite schneidet, -\- oder — . Da die Flächen
parallel mit sich beliebig verschoben werden können, so kommt es,
wie bei den Kantenschnitten (25), nicht auf die absoluten Längen
Parameter. Fl&chenaasdrnck. 43
dieser Stücke an; auch hier ist nnr ihr Verhältnis, das Parameter-
Verhältnis der Fläche:
Oa :0b :0c oder a:b:c
maßgebend. Schon hierdurch ist die Fläche in ihrer Lage an den
Achsen (dem Achsensystem) unzweidentig krystallographisch bestimmt.
Man kann daher die drei Parameter einer Fläche ebenfalls mit der-
selben beliebigen Zahl r multiplizieren oder dividieren, ohne daß die
Fläche dadurch eine andere krystallographische Bedeutung erlangt.
Das Verhältnis a:b:c geht dann über in :
, ^ a b c
ra:rb : rc oder — : — : —
r r r
Alle diese Verhältnisse sind aber identisch und stellen dieselbe
Erystallfläche dar, nur in verschiedenen Parallellagen mit jeweilig
anderer Centraldistanz. Die Multiplikation oder Division ist, wie wir
ebenfalls schon bei der Betrachtung der Eantenschnitte gesehen haben,
nichts anderes, als der analytische Ausdruck der Parallelverschiebung :
bei der Multiplikation nach außen (vom Achsenmittelpunkt 0 weg), bei
der Division nach innen (gegen den Achsenmittelpunkt 0 hin).
Die Fläche abc liegt in dem Oktanten zwischen den drei positiven
Achsenästen und hat daher das Parameterverhältnis : -|- a : + ^ * + ^
oder kurz : a:b:c. Läge sie in dem daran nach unten anstoßenden
Oktanten, so wäre der Schnitt auf der Achse c negativ und das Para-
meterverhältnis wäre : a : 6 : — c. Geht eine Fläche mit einer Achse
z. B. der Achse OZ parallel und schneidet sie auf den beiden Achsen -f-^
und -|- r Stucke a und b ab, so gilt für sie das Parameterverhältnis :
a : 6 : oo, resp. in den links anstoßenden Oktanten : a: — b :oo etc. Ist
eine Fläche zwei Achsen, z. B. OX und 0 F parallel und schneidet sie
die dritte Achse OZ in der Entfernung p von 0, so wäre für sie jenes
Verhältnis = oo : oo : |) resp. c« : oo : — p. Eine solche Fläche würde
der Achsenebene XO Y pai*allel gehen ; ihr Parameterverhältnis könnte
auch, nach Division aller drei Parameter mit p, in der Form : oo : oo : 1
resp. oo:oo: — 1 geschrieben werden.
Das Verhältnis der drei Parameter einer Fläche unter Berück-
sichtigung der +- und — Vorzeichen der Achsenschnitte nennt man den
Ächsenausdruck, den Ausdrtk^ oder das Symbol der Fläche, kurz den
FläehenausdriAcJc, Das Symbol, der Ausdruck, der Fläche abc wäre
danach: a:b:c, die Symbole der anderen oben erwähnten Flächen
wären: a : b : — c; a : 6:oo; a: — 6 :oo; oo: oo: p oder oo: oo: 1 resp.
oo : oo : — 1.
Für die weitere Fläche def (Fig. 25) mit den Achsenschnitten (Para-
metern) Od = d, Oc = c, Of = f wäre: d:e:f der Ausdruck u. s. w.
In allen diesen Symbolen beziehen sich die drei Parameter der Reihe
nach auf die drei Achsen OX, OY, OZ,
44 Achsenlftngen. Ableitnngszahlen.
32. AchsenlSngeii. Ableitangszahlen. Zweckmäßig ist es, wenn
man in den Flächensymbolen die Parameter nicht
direkt dnrch die Werte d, c, f etc. ausdrückt, son-
dern wenn man auf den drei Achsen drei Stücke a, b, c
annimmt, und sie als gemeinsames Maß für die
Parameter aller Flächen des Krystalls je auf der be-
treffenden Achse benutzt (Fig. 26). Jeder Parameter
wird dann dadurch ausgedrückt, daß man angibt,
wieviel länger er ist, als das betreffende Stück a, b
oder c. Die Parameter d, e, f erhalten dann die Form :
d = ma] e = n6; f = pc
und ebenso die Parameter anderer Flächen d^e^f^, d^e^f^ etc.:
dg = m^a\ e^ = n^b\ f^=p^c etc.
Die so als gemeinschaftliche Einheitsmaße für die Parameter
aller Flächen des Krystalls auftretenden Stücke a, 6, c, die in gleicher
Weise in den Parametern aller Flächen wiederkehren, heißen die
Achsenlängen oder Achseneinheiten, Die von einer Fläche zur anderen
wechselnden Zahlen w, w, p etc., die angeben, wieviel mal die Para-
meter größer sind als die Achsenlängen, werden die AbleitungsmUen
der betreffenden Fläche genannt. Wenn die Achsenlängen in einem
Achsensystem ein für allemal fest bestimmt sind, ist jede Fläche durch
ihre drei Ableitungszahlen ihrer Lage nach unzweideutig gegeben. Die
Achsenlängen a, i, c sind absolute positive Werte. Die Ableitungszahlen
sind je nach der Lage der Fläche + oder — ; eine von ihnen oder
auch zwei können = oo sein, wenn die Fläche der einen Achse oder
zweien derselben (d. h. der von ihnen bestimmten Achsenebene)
parallel ist.
Sind die Parameter in den Achsenlängen und den Ableitungszahlen
ausgedrückt, dann erhalten wir, entsprechend den Auseinandersetzungen
des vorigen Paragraphen, Flächensymbole von folgender Form:
d: e :f=^ma\nb :pc
d : e :oo = ma : nh : ooc
d : — e : oo = ma : — nb :ooc etc.
und es sind m, n, p; m, w, oo; m, — w, oo etc. die Ableitungszahlen
dieser Flächen.
Da die Parameter einer Fläche stets mit derselben Zahl multi-
pliziert oder dividiei-t werden können, kann dies selbstverständlich
auch mit den Ableitungszahlen geschehen. Es handelt sich eben
bei der Angabe der Lage einer Fläche nicht um die absoluten Werte
der Ableitungszahlen m, n und p; die Fläche ist schon dui*ch das
Verhältnis der Ableitungszahlen m :n :p krystallographisch unzwei-
deutig gegeben.
Wahl der Achsen. Fnndamentalflächen. 46
33. Wahl der Achsen. Im allgemeinen ist es völlig gleich-
gültig, welche Lage die Achsen in dem Erystall haben, stets kann
man in der angegebenen Weise die Flächen des Erystalls nnd damit
den Erystall selbst anf das Achsensystem beziehen. Man hat aber ge-
funden, daß Achsensysteme von bestimmter Beschaffenheit sich durch
besondere Vorzüge vor allen anderen auszeichnen. Diese sind es da-
her, die bei der Betrachtung der Erystalle benützt werden. Achsen-
systeme dieser Art sind solche, die aus den Begrenzungselementen
der Erystalle selber genommen werden, bei denen die Achsenebenen der
Sichtung nach Flächen (wirklich vorhandenen oder möglichen), die
Achsen selbst also Eanten (wirklich vorhandenen oder möglichen) des
Erystalls entsprechen (26), (28).
Ein solches Achsensystem erhält man, wenn man drei (wirklich vor-
handene oder mögliche) Flächen des Erystalls, die nicht alle drei einer
und derselben Geraden parallel gehen (nicht in einer Zone liegen),
parallel mit sich durch einen beliebigen Punkt im Innern des Ery-
stalls verschoben denkt, der dann den Erystall- oder Achsenmittelpunkt
darstellt. Diese drei Flächen, die die FundamentalfläcJ^m genannt
werden, haben (Fig. 26) die Lage XOY, YOZ, ZOX. Sie bilden die
drei Achsenebenen und schneiden sich in den drei Achsen OX, OY^ OZ.
Diese sind, als Durchschnittslinien von Erystallflächen, der Richtung
nach Eanten des Erystalls, die nun aber hier nicht an der äußeren
Begrenzung liegen, sondern durch dessen Mitte hindurchgehen. Eben-
so sind die 8 Oktanten nichts anderes als dreikantige Ecken des
Erystalls, die jedoch hier im Achsenmittelpunkt zusammenstoßen.
Sind nun die so bestimmten Achsen durch den Achsenmittelpunkt 0
hindurchgehende Eanten, so gilt für sie alles, was für Erystallkanten
überhaupt gilt. Namentlich müssen nach dem Gesetz der rationalen
Eantenschnitte die Abschnitte (Parameter) der übrigen Flächen des
Erystalls auf jeder Achse in einem rationalen Verhältnis zueinander
stehen (26, 27).
Um dies für den Gebrauch der Achsen anwendbar zu machen, wählt
man irgend eine beliebige weitere vierte Fläche des Erystalls z. B.
äbc (Fig. 26), deren Lage an den Achsen durch das Verhältnis der
Parameter (den Flächenausdruck) a\h:c gegeben ist. Diese Para-
meter a, 6, c benützt man sodann als die Achseneinheiten oder die Achsen-
längen (32), um in ihnen die Parameter aller weiteren Flächen aus-
zudrücken. Wegen der Parallelverschiebbarkeit der vierten Fläche
kommt es nicht auf die absoluten Werte der Achsenlängen an, sondern
nur auf ihr Verhältnis : a\h:c^ das sog. Achsenverhältnis. Man kann
auch die drei Achsenlängen mit jeder beliebigen Zahl multiplizieren
oder dividieren.
Die vierte Fläche, die auf den Achsenrichtungen die Achseneinheiten
46 Eiuheitsfläche. Gesetz der rationalen Achsenschnitte.
a, ft, c abschneidet, wird die Einheit^läche des Achsensystems genannt
Fnndamentalflächen and Einheitsfläche bestimmen dann miteinander
das Achsensystem. Sie werden wohl auch zusammen als die Elementar-
flachen des Krystalls für das betreffende Achsensystem bezeichnet
Schneidet nun eine fünfte Fläche von den drei Achsen die Para-
meter d, e, f ab, so müssen nach dem Gesetz der rationalen Kanten-
schnitte (26, 27) in der Proportion:
d e f
a b c
m, n, p rationale (ganze) Werte haben. Man kann dann auch hier setzen :
d = ma] e = nb; f = pc
m, n und p sind alsdann die Ableitungszahlen der fünften Fläche,
wenn deren Parameter d, e, f in den Achsenlängen a, 6, c (den Para-
metern der vierten Fläche) ausgedrückt werden, und diese Ableitungs-
zahlen müssen notwendig rationale (ganze) Zahlen sein. Das Symbol
der fünften Fläche wird dann (32) :
d :e :f = ma :nb :pc
nnd ebenso würde man für alle weiteren Flächen an dem Erystall,
^1 ^1 /i5 ^« ^a /« ßte., mit den Parametern d^, e^,fi; d^, e^, f^ etc.
die in den Achseneinheiten ausgedrückten Symbole erhalten können.
Es wäre dann das Symbol für:
d^ e^ /*! d^ : e^ : f^ == m^a : n^b : p^c
dg e» /*a dg : Cj : /*j = m^a : n^b : p^c etc.
wo wieder die Ableitungszahlen m^, n^, Pi; ^29^1) P^ etc. rationale
(ganze) Zahlen wären.
Indem man so die Parameter aller Flächen eines Krystalls in
denen einer beliebigen einzigen, der Einheitsfläche, d. h. also in den
Achsenlängen ausdrückt, ist die Lage jeder Fläche durch einige meist
einfache ganze oder gebrochene rationale Zahlen, die Ableitungszahlen,
gegeben. Die Begrenzung der Krystalle wird so in sehr einfacher
und übersichtlicher Weise durch die derartig gestalteten Flächen-
symbole bestimmt. Dies ist der Grund, warum man die Achsen stets
auf diese Art aus der Begrenzung der Krystalle wählt und warum
man die Flächensymbole mit Hilfe der Achsenlängen und der Ab-
leitungszahlen schreibt Würde man die Parameter direkt und ohne
Zuhilfenahme der Achsenlängen auszudrücken versuchen, oder würde man
als Elementarflächen Flächen wählen, die der Begrenzung (der Formen-
reihe) des Krystalls nicht angehören, so würde dies auf komplizierte
irrationale Zahlen und auf sehr wenig übersichtliche Flächenausdrücke
führen, durch die das Studium der Krystalle sehr wesentlich erschwert
werden müßte.
34. Gesetz der rationalen Achsenschiiitte. Das Gesetz der ratio-
nalen Kantenschnitte kann nun nach dem Angeführten auch das Ge-
SpesieUe Betrachtung: der Ableitnngszahlen. 47
setz der raüonalen Achsenscknitte {Parameter), oder das Gesetz der ratio-
nalen Ableitungszahlen genannt nnd so aasgesprochen werden : Die Ab-
leitungszahien aller Flächen eines KrystaUs sind rational, aber nor anter
der Voraassetzangy daß die Achsen parallel mit wirklichen oder mög-
liehen Kanten des KrystaUs sind, and daß die Achsenlängen aaf diesen
dnrch eine Krystallfläche abgeschnittene Stücke sind. Man kann
ferner sagen : An einem KrystaU sind äUe solche Flächen möglich, welche
von derartigen Achsen Stücke mit rationalen Ableitimgszählen abschneiden,
während Flächen mit irrationalen Ableitungszahlen unmöglich sind.
Die Neigang and die Länge der Achsen, sowie die Ableitangszahlen,
welche an diesen Achsen die einzelnen Flächen eines KrystaUs bestimmen,
haben stets andere Werte, je nachdem man diese oder andere Flächen
desselben als Einheits- and Fandamentalflächen wählt. Darch eine
geschickte Wahl dieser letzteren kann man bewirken, daß die Ab-
leitongszahlen der Flächen sehr kleine Zahlen sind, 1, 2, 3, selten
mehr, abgesehen von 00; man spricht daher aach von dem Gesetz der
einfachen rationcUen Ableitungszahlen.
35. Spezielle BetraGhtBngen der Ableitungszahlen. Einige
spezielle Verhältnisse der Ableitangszahlen ergeben sich nan aas
denen der Parameter (31) von selbst, so daß sich das dort Angeführte
in entsprechender Abändernng hier wiederholt.
Selbstverständlich kann man wie die Parameter einer Fläche so
auch deren Ableitangszahlen mit derselben Zahl maltiplizieren oder
dividieren (32), ohne daß die krystallographische Bedeatang des Aasdracks
irgendwie geändert wird. Es ist z. B. fftr die Fläche d e f das
Symbol :
die : f = ma : nb :pc = r ' ma :r ' nb : r - pc = rm - a : m -b : rp - c
- ma nb pc m n , p
oder = — : — :^~~ = — a : — b : ~c.
r r r r r r
Beziehen sich die Achsenabschnitte einer Fläche aaf einen positiven
oder negativen Achsenast, sind also ihre Parameter positiv oder negativ,
80 wird dies dorch das + oder — Vorzeichen der entsprechenden Ab-
leitangszahlen zam Aasdrack gebracht, wobei aber + als selbstver-
ständlich gewöhnlich fortbleibt. Danach hat eine Fläche im oberen,
vorderen, rechten Oktanten, der von den drei positiven Achsenästen
gebildet wird , im allgemeinen den Aasdrack : -|- ma : -j- «* ■ + 1^
oder karz ma:nb :pc mit den Ableitangszahlen : + m, + w, + 2>- Eine
Fläche in dem nach nnten anstoßenden Oktanten ist : mainb : — pc
mit den Ableitangszahlen + w, + w, — p etc. Die Einheitsfläche würde
den Aasdrack : a:b :c mit den Ableitangszahlen 1, 1, 1 erhalten. Geht
^e Fläche einer Achse parallel, ist also der za dieser Achse gehörige
Parameter = 00, so ist aach die entsprechende Ableitangszahl = 00.
Eine Fläche parallel mit der Achse c würde also, je nachdem sie rechts
48 Spezielle Flächenansdrücke. Achsenelemente.
oder links liegt, die Ausdrucke: mainb :ooc oder ma: — nbiooc er-
halten. Geht eine Fläche zwei Achsen parallel, sind also zwei Para-
meter derselben = oo, dann ist die Fläche eine Fundamentalfläche.
Ist sie z. B. den Achsen OX und OY parallel, dann hat sie ganz all-
gemein den Ausdruck : oo a : oob :pc] wenn man die drei Ableitungs-
zahlen oo, oo, p mitp dividiert erhält man: ooa : 006 : c als das Symbol
der Achsenebene (Fundamentalfläche) XOY.
36. Spezielle Flftchenaasdrttcke. Die an einem Achsensystem anftxetenden
EryBtallflächen kennen in dreifach verschiedener Weise an diesem liegen. Sie schneiden
entweder alle drei Achsen, oder sie schneiden nnr zwei nnd sind der dritten paraUel,
oder endlich sie schneiden nnr eine einzige Achse nnd sind parallel den heiden anderen.
Flächen der ersten Art, hei denen alle drei Ahleitnngszahlen endliche Werte hahen,
heißen im allgemeinen Oktaid- oder Pyramiden0chen; hierher gehört vor allem
anch die Einheitsfläche. Flächen der zweiten Art mit zwei endlichen und einer nn-
endlichen Ahleitnngszahl werden Dodekaid- oder Prismen- resp. Domenflächen ge-
nannt. Flächen der dritten Art mit einer endlichen Ahleitnngszahl nnd zwei un-
endlichen hahen den Namen Hexaid- oder Pinakoidflächen erhalten. Es sind ihrer
drei, die wir schon als die Fnndamentalflächen mehrfach kennen gelernt haben.
Beispiele spezieller Flächenansdrücke sind:
3
Oktaidflächen: 2a:&:c; a:-^b: — c nnd namentlich die Einheitsfläche: a:b:c.
Dodekaidflächen : 00 a:Sb : c; 2 aioob : — Sc; — a:&:ooc.
Hexaidflächen : ai 00 b : 00 c\ 00 a :b :qoc\ ooa:oc&:c, es sind die drei Fnnda-
mentalflächen.
37. Parallele Gegenflftehen. Eine Fläche schneidet auf der einen Seite des
Achsenmittelpnnkts von den Achsen Stücke ah, welche in demselben Verhältnis stehen,
wie die von der parallelen Gegenfläche anf der anderen Seite des Achsenmittelpnnkts
abgeschnittenen Stücke (Fig. 27). Aber die von der einen Fläche anf
der einen Seite abgeschnittenen Stücke haben entgegengesetzte Vorzeichen
in Beziehung auf die von der Parallelfläche auf der anderen Seite
abgeschnittenen. Man erhält also den Ausdruck der G^enfläche zu
einer Krystallfläche mainb ipc^ wenn man deren Ableitungszahlen
mit — 1 multipliziert. Die Gegenfläche ist also: — ma: — nb : — pc,
also z. B. — a : — b : — c die Gegenfläche zu a:b : c; 2a: — 6: — c
zu — 2 a:b : c etc.
38. Achsensystem. Ein Achsen System ist bestimmt, wenn man kennt :
1. das Achsen Verhältnis a:b:c\ 2. die drei Achsenwinkel, d. h. die Winkel,
welche die Achsen miteinander einschließen: a = blc; ß^cja; y = ajb
(Fig. 26). Das Achsenverhältnis und die Achsenwinkel bilden zusammen
die Achsenelemente (kurz die Elemente) des betr. Krystalls. Da es bei
den Achseneinheiten nur auf das Verhältnis, nicht auf die absoluten
Längen ankommt, kann man sie mit einer beliebigen Zahl dividieren,
z. B. mit einer der drei Achsenlängen, etwa 6. Man erhält dann: aibic
= a/6 : 1 : c/ä. Wenn man nun für aß> wieder a, für c/6 wieder c
setzt, läßt sich das Achsenverhältnis ebenso allgemein auch unter der
Form : a : 1 : c, ebenso aber auch unter der Form : 1 :b : c oder a:b:l
schreiben. Die eine der drei Achsen ist dann die Einheit, in der die
Achsensystem. 49
beiden anderen aosgedrfickt sind. Mit anderen Worten : Man kann in
dem Achsenyerhältnis a:b :c eine der drei Achsen = 1 setzen nnd die
beiden anderen in dieser Einheit ausdrücken, d. h. angeben, wieviel
mal länger oder kftrzer sie sind als diese. Die Achsenelemente eines
Erystalls enthalten also nur 5 voneinander unabhängige unbekannte
Stücke : 2 der Achsen etwa a und c (wenn 5 = 1) (resp. die Verhält-
nisse: -r ^ -r); sowie die 3 Achsenwinkel a, ß, y. Ihre Bestimmung ist
am einfachsten, wenn die Winkel der drei Fundamentalflächen zu-
einander und die der Einheitsfläche zu zwei Fundamentalflächen ge^
messen sind. Man verfährt dann ebenso, wie wir bei der Betrachtung
der Eantenschnitte (25) gesehen haben. Die ersteren drei Winkel
geben die Achsenwinkel a, ß, y und die zwei anderen die beiden Achsen,
wenn die dritte = 1 gesetzt wird. Im allgemeinsten Fall sind 5 von
einander ganz unabhängige Flächenwinkel des ErystaUs nötig, wenn
die Ausdrücke sämtlicher Flächen an dem betreffenden Achsensystem
bekannt sind. Diese fünf Winkel, aus denen man das Achsensystem
berechnet, werden dessen FundamenMimfilcel genannt. In einzelnen
Spezialfällen, die wir weiter unten kennen lernen werden, nehmen die
Achsenwinkel a, ß^ y und das Achsenverhältnis a\h\c besondere spezielle
Werte an, so daß das Achsensystem weniger als 5 voneinander unab-
hängige unbekannte Größen enthält Dann genügen auch weniger
als fünf Fundamentalwinkel, und zwar braucht man stets ebensoviele,
als unbekannte Stücke vorhanden sind, zur Bestimmung derselben.
Diese letztere bildet eine Aufgabe der rechnenden Erystallographie
und soll daher hier nicht weiter verfolgt werden.
•Wie die Neigimgswinkel der Flächen für alle Erystalle derselben Substanz
cbaraktezistisch sind (20, 21), so sind es demnach ancb die Elemente der den Krystallen
untergelegten Achsensysteme, welche nnr von jenen Winkeln abhängen nnd aus ihnen
berechnet werden; nnd wie nnr bei Krystallen einer bestimmten Substanz gewisse
Flächenwinkel vorkommen, so auch nur gewisse Achsenwinkel und AchsenverhlütnisBe,
während andere unmöglich sind. Allerdings sind an einem und demselben ErystaU
viele Achsensysteme möglich, da jede Gruppe von vier in der oben angegebenen Weise
gegeneinander liegenden Flächen desselben ein solches liefern. Aber alle diese Achsen-
systeme sind aufeinander zurückführbar und können auseinander abgeleitet werden,
denn aUe die in Frage kommenden Flächen stehen ja nach dem Gesetz der rationalen
Kantenschnitte (oder nach dem Zonengesetze (44 ff.)) in einer bestimmten, mathe-
matisch ausdrückbaren Beziehung zueinander. Die Achsensysteme von Krystallen
verschiedener Substanzen lassen dagegen keinerlei gesetzmäßigen Zusammenhang
«rkennen und können daher auch nicht auseinander berechnet und ineinander über-
geführt werden, ebensowenig wie sich ein gesetzmäßiger Znsammenhang zwischen
der Anordnung der Flächen bei Krystallen verschiedener Substanzen und den Winkeln,
die sie miteinander machen, erkennen läßt.
Die Ausdrücke aller an einem Achsensystem möglichen Flächen, also die Krystall-
reihe des betreffenden Krystalls (28), erhält man, wenn man für die Ableitungszahlen
m, n, ^ der Beihe nach alle möglidien rationalen Werte (inkl. 00) in den allgemeinen
Bauer, Mineralogie. 4
50 Weißsche FlftchenbezeichnnDg.
Anedmck : ma :nb :pe einsetzt. Alle die verschiedenen an einem Erystall oder an
allen Krystallen derselben Substanz möglichen Achsensysteme, die sich durch ihre
Acfasenwinkel nnd Achsenyerhältnisse voneinander unterscheiden, geben dabei infolge
des erwähnten gesetzmäßigen Zusammenhangs stets dieselbe Gruppe von Flächen,
dieselbe Erystallreihe, indem sich die Flächen jedesmal unter denselben Winkeln
schneiden. Dagegen erhält man aus Achsensystemen, welche von Krystallen ver-
schiedener Substanzen abgeleitet sind, stets andere Erystallreihen mit anderen
Flächenneigungen, und zwar mit denjenigen, welche für die betr. Substanz charakte-
ristisch sind (20, 21). Durch die Achsensysteme resp. durch die Elemente derselben
sind somit die Erystalle in ihren wesentlichen Gestaltungsverhältnissen bestimmt.
Die Achsen geben gewissermaßen ein übersichtliches Bild der Erystallisation der ver-
schiedenen Substanzen, welche sich demnach auch durch ihre Achsenelemente in
krystallographischer Beziehung charakterisieren und voneinander unterscheiden
lassen^ ebenso wie durch die Flächenwinkel, &ber weitaus einfacher und übersicht-
licher, als durch diese.
39. Weißsche FMclieiibezeiehnuiig. Der Berliner Mineraloge
Christian Samuel Weiß, der zu Beginn des 19. Jahrhunderte die Achsen
in die Erystallographie einführte, hat auch zuerst die Flächensymbole
in der Form:
ma : nb :pc
geschrieben, in der die Parameter durch MuttipWcatian der Achsenlängen
a, h, c mit den Zahlen m, n, p (den Ableitungszahlen) erhsklten werden.
Diese Form der Achsenausdrücke wird danach die Weißsche Flächen*
beaeichnung genannt. Bei ihr wird mittels der AbleitungBzahlen an-
gegeben, wieviel mal größer die Parameter der Flächen sind, als die
Achsenlängen ; m,n,p werden dabei im allgemeinen als ganze Zahlen,
seltener als Brüche angenommen.
40. Indices. Im Gegensatz zu Weiß kann man nun aber die
Flächensymbole statt mit ganzen Ableitungszahlen auch mit gebrochenen
schreiben in der Form:
■
1 1, 1 ^ a b c
T^ : T^ : -rC Oder t- : i- : ^
h k l h Je l
wo h, k, l dann ebenfalls rationale Werte haben müssen und allge-
mein als gange Zahlen gedacht oder eyentuell in solche umge-
wandelt werden können ((26) u. (35)). Sie werden die Indices der Fläche
genannt. Durch diese Indices ist die Lage der Fläche an einem
Achsensystem ebenso unzweideutig gegeben wie durch die Ableitungs-
zahlen. Sie geben aber im Gegensatz zu den letzteren an, wieviel
mal kleiner die Parameter der Fläche sind als die Achsenlängen.
Man erhält die Parameter, indem man die Achsenlängen durch die In-
dices dividiert. Eine durch ihre Indices bestimmte Fläche liegt inner-
halb des durch die Achsenebenen und die Einheitefläche abgegrenzten
Baumes, während die in Ableitungszahlen ausgedrückte Fläche, wenn
jene ganze Zahlen sind, außerhalb dieses Raumes liegen muß. Wie
bei den Ableitungszahlen kommt es auch bei den Indices einer Fläche
Millersche Flächenbeseichnimg. 51
nnr auf ihr Verhältnis, nicht anf ihre absoluten Werte an. Man
kann anch die Indices mit jeder beliebigen Zahl moltiplizieren oder
dividieren, was hier gleichfalls einer Parallelverschiebnng der Fläche
entspricht Wie die Ableitongszahlen , so sind auch die Indices +
oder — , je nachdem sie sich anf einen positiven oder negativen Achsen-
zweig beziehen. Der Ableitnngszahl oo entspricht selbstverständlich
der Index 0; er drückt ans, daß die Fläche der betreffenden Achse
parallel ist. Die mittels der Indices ausgedrückten Flächensymbole
sind in der rechnenden Krystallographie und besonders auch bei der
Betrachtung dei* 2iOnenverhältnisse (44 ff.) sehr bequem; sie werden
daher mit großer Vorliebe benutzt.
41. Millersche Fläehenbezeiehnung. Der erste, der die Indices
in den Achsenausdrücken der Erystalle in ausgedehntem Maße ver-
wendete, war der englische Mineraloge William Hälhws MiUer, Er
änderte aber die Symbole in ihrer Form und vereinfachte sie, indem
er die Achsenlängen wegließ und nt*r die Indices schrieb und zwar
stets in der Form der kleinstmöglichen ganzen Zahlen und in der
fieihenfolge, in der sie sich auf die drei Achsen a, b, c beziehen. Ist
ein Index negativ, so wird ein — darüber gesetzt. So sind also
ganz allgemein nach Miller:
Die OMaidflächen :
---:--: — = ÄWund — t: — r' — 7- = ** l
oder speziell:
J:|-:c=231;;^:6:c = 311;
a:h:c^==^ 111 (die Einheitsfläche) etc.
Da dem Maximalwert 00 hier der Minimalwert 0 entspricht,
so sind:
die Dodekaidflächen:
a :oo6 :c = a:jr-: c=101; o-'h-q -^^ == 230 etc.
die Heocaidflächm (Fundamentalflächen):
a : 006 : 00c = 100; 00a : h : 00c = 010; 00a : 006 : c = 001.
Die ifiUersche Bezeichnniigsweise aoU bei der Beschreibung der Mineralien in
diesem Buche besonders angewendet werden, daneben die iVaumannsche, die bei der
Betrachtung der einzelnen Erystallsysteme näher erläutert werden wird. Letztere
unterscheidet sich von der Millerschen und der Weißschen im Prinzip dadurch, daß
bei ihr nicht einzelne Flächen, sondern die ganzen einfachen Krystallformen durch
besondere Zeichen zur Darstellung gelangen, unter Anwendung derselben Achsen auf
denen auch die Weißschen und die MiUerschen Symbole beruhen.
42. Umwandlung Weißsoher Symbole in Millersohe und umgekehrt.
Hftoiig kommt man in die Lage, WelAsche Symbole in Millersche zu verwandeln
4*
52 Weißsche und Millersche Symbole.
und nmgekehrt Dies kann leicht durch Division der Ableitnngszahlen, resp. dnrch
Hnltiplikation der Indices mit einer geeigneten Zahl bewerkstelligt werden. Es ist
dies jedesmal die kleinste Zahl, in der die sämtlidien Ableitnngszahlen resp. Indices
ohne Rest enthalten sind, d. h..der kleinste gemeinschaftliche Faktor aller Ableitnngs-
zahlen resp. Indices.
a) TTe^sches Symbol in J&fiZ^ersches verwandelt :
allgemein :
, ma nb PC a b c a & c ,,,
ma : nb :pc= : : — — = — : — :---=^:-5-:-=- = hkl,
^ mnp min^ mnp np mp mn h k l '
speziell z. B. :
6a:46:3c = ^:32:jg= 2:3:^ = 234,
b) MUlerBcheB ^yiubol in TTts^ches umgewandelt:
allgemein:
,,, a b c hkl hM, hJd 1. ».r «.7 r
h k l h k l "^ '
speziell z. B.:
312 = |:5:~ = -g-a:66:-2-c = 2a:65:3c
3 2
(ev. auch: a : 3 6 : -5- c oder -^a:2b:c etc.)
021 = -TT-: -5- • c = -Tc-fl: -g- :2c = ooa:b:2c etc.
48. Beispiel. In dem oben (29) erwähnten Erystall von Kieselzinkerz seien
a, 5, c als Fundamentalflftchen (Achsenebenen) gewählt. Sie schneiden sich unter 90®,
also machen auch die von ihnen gebildeten Achsen rechte Winkel miteinander.
Wählt man noch beliebig eine vierte Fläche als Einheitsfläche z. B. z^ so ist für
diese Annahme das Achsensystem des Eieselzinkerzes bekannt Die drei Achsenwinkel
sind: a = y^ = y = 90**; das Achsenverhältnis ist : a: 6 :c=0,817: 2,099:1. Der Aus-
druck der Einheitsfläche zißt: z = a:b:c = 111. Derjenige der Fläche s wird dann :
s = 2a:^6:c = 4a:6:2c=:142 und derjenige der Fläche .4'" JB''' C=2a:-rb:c =
8a : 5 : 4 c = 182. Die Fundamentalflächen sind wie immer: a &= a : oo5 : 00c = 100;
5 = ooa :6:00c = 010; c = ooa:oo6: c = 001.
Hätte man dagegen, ohne die Fundamentalflächen zu ändern, 8 als Einheits-
fläche genommen, dann wären wieder die Achsen winkel : a=/9 = / = 90®, aber das
Achsenverhältnis würde : a:b:c = 1,633 : 1,049 : 1. Jetzt hätte nicht mehr z^ sondern
8 den Ausdruck: a:&:c = lll, der sich nun aber auf das neue Achsensystem be-
zieht. Dagegen hätte z in Beziehung auf dieses neue Achsensystem den Audmck:
ya:25:c = a:46:2c = 412und A"* B**' C wäre jetzt: a : y 6: c=2a : b : 2c=121.
Ein ferneres Achsenverhältnis würde die letztere Fläche geben, und ebenso jede andere,
welche nicht einer Achse parallel ist. Ebenso könnte man auch stets andere Flächen
zu Fundamentalfiächen nehmen. Daß diese verschiedenen Achsensysteme wirklich unter-
einander in einer gesetzmäßigen Beziehung stehen und sich auseinander ableiten
lassen, sieht man hier leicht, denn es ist : as:at = 0,817 : 1,633 = 1 : 2, d. h. a« = -^ a« ;
femer 65 :&« = 2,099: 1,049 = 2:1, d. h. &« = 2&<; c ist in allen Fällen = 1 ange-
Zonen. 53
nommen worden. Komplizierter nnd nnr durch weitläoflgere Bechnnng nachxnweisen
ist der Zusammenhang derjenigen Achsensysteme desselben Erystalls, bei welchen
auch die Fnndamentalflächen andere sind.
Im vorstehenden sind die allgemeinen Beziehnngen der Achsen aller Erystalle
ohne Ausnahme auseinander gesetzt Je nach den speziellen Verhältnissen (Symme-
trieverhältnissen) der Krystalle wählt man aber die als Achsen zu benatzenden
Kanten etc. in yerschiedenen Fällen yerschieden (82). Wir haben aber zuerst noch
das Zonengesetz kennen zu lernen, das dieselbe Gesetzmäßigkeit darstellt, wie das
Gesetz der rationalen Kanten- oder Achsenschnittei nur in einer anderen Form.
c. Das Zonengesetz.
(Vergl. F. E. Neumann. De lege zonarum. Diss. Berlin 1826; Beiträge zur
Krystallonomie 1823.)
44. Zone. Unter Zone versteht man nach dem Vorgang von
Chr. S. Weiss einen Komplex von Flächen, welche alle einer Geraden
(Kante), der sog. Zofkenachse^ parallel sind, und welche sich somit alle,
eventnell in der Erweiterung, in Kanten schneiden, die einander nnd
der Zonenachse parallel laufen. Jede Zonenachse ist als Schnittlinie
(parallel der Schnittlinie) zweier Flächen der Richtung nach eine
mögliche Kante desKrystalls und umgekehrt: jede Kante eine mög-
liche Zonenrichtung. Flächen, die in einer Zone liegen, heißen tauto-
ecndl; so sind alle Flächen jedes Prismas, z. B. die Flächen p (Fig. 9),
tautozonal. Schon durch je zwei Flächen einer Zone ist stets die
Richtung der Zonenachse (die Zonenrichtung) und damit im wesent-
lichen die Zone selbst bestimmt. Liegt eine Fläche in einer Zone,
so liegt die parallele Gegenfläche selbstverständlich ebenfalls darin.
Ist einKiystall auf einem Reflexionsgoniometer befestigt, so daß die Achse einer Zone
(eine Kante) mit der Drehachse parallel ist (15), dann müssen die Reflexe eines Licht-
punkts auf aUen Flächen der Zone der Reihe nach auf dem gleichen Wege durch das
Sehfeld wandern, wenn man den Krjstall um 360® dreht, und zwar müssen sie sich in
einer auf der Achse senkrechten Ebene bewegen. Ist das Goniometer mit einem Fem-
rohr yersehen, so gehen die Reflexe der Reihe nach durch dessen Fadenkreuz. Daran
kann man erkennen, ob eine Anzahl von Flächen in einer Zone liegt oder nicht,
und zwar ist diese Probe sehr scharf und besonders dann von Wert, wenn sich die
Flächen entweder gar nicht oder nur in sehr kurzen Kanten schneiden und wenn
die KrystaUe sehr klein sind.
45. Ausdruck der Zone. Sind an dem Achsensystem OXYZ(¥\g, 28)
die beiden Flächen .iBC = -^:|.:4 = Ä*? und 2)£i?'=x-T--f=W,
h k l h, Je, l,
gegeben, so ist deren Durchschnitt GH die Achse der durch die beiden
Flächen bestimmten Zone. Man denkt sich die Zonenachse GH parallel
mit sich durch den Achsenmittelpunkt 0 nach OK verlegt und das
ParallelepipedOJfZfJVöPUS konstruiert, dessen Flächen den drei Achsen-
54 Zonenansdnick.
ebenen XOY, YOZ, ZOX parallel sind, und dessen Diagonale OS ist,
wo S ein ganz beliebiger Punkt der Geraden
i OK; dann sind OM, ON, OP die Koordinaten
^^N. von S. Kennt man diese, so kennt man auch
^ nN. die Zonenachse SO ihrer Richtung nach, da diese
y^j^--^^p^ ja außer durch S auch durch den Achsenmittel-
I punkt 0 gehen soll. Die Kenntnis des Punkts
I S resp. der Koordinaten desselben genügt also,
jo^ um die Zone der Richtung nach völlig zu be-
j^LX ^^ stimmen; ja schon das Verhältnis der Koor-
¥ig. 28. dinaten OM: ON:OP ist hinreichend, da jeder
beliebige Punkt der Zonenachse OK die Richtung
derselben angibt. Man findet nun mittels einiger ähnlicher Dreiecke :
OM:ON:OP = {M, — lk,)a:([h,~hl,)b:{hk,— hh,)c
= ua:vb:wc.
Diese Zahlen u=^M, — lh,y v = Vi, — hl,; w=^hk, — M,, welche
hier als Koeffizienten der Achsenlängen a, 2», c auftreten und welche in
Verbindung mit diesen die Richtung der Zonenachse bestimmen, heißen
die Indices der Zone (Kante); in eine eckige Klammer gefaßt: {umD\
geben sie den Ausdruck (das Symbol) der Zone (Kante) ; als Differenzen
von Produkten rationaler (ganzer) Zahlen sind auch die Indices der
Zonen (Kanten) w, v, w stets rational (ganz). Jeder durch drei ratio-
nale (ganze) Werte von w, v, w dargestellte Ausdruck gibt eine an
dem Krystall mögliche Zone oder Kantenrichtung. Zonen (Kanten-
richtungen), deren Indices irrational sind, können an einem Krystall
nicht vorkommen.
u, Vf w lassen sich stets leicht nach dem folgenden Schema ermitteln:
h k l h k l
XXX
hf k, l, h, kf If
Schreiht man die Indices der heiden Flächen doppelt neben- und übereinander,
multipliziert die durch nach rechts unten gehende Linien verbundenen Indices und
ebenso die durch nach links unten gehende Linien verbundenen Indices und zieht
die im zweiten Fall erhaltenen Produkte von den im ersten FaU erhaltenen ab, so
daß immer die Produkte von zwei sich schneidenden Linien voneinander subtrahiert
werden, dann ist die erste Differenz^ über welcher im Schema u steht, der Zonen-
index u für die Achse a, die zweite und dritte unter v und w sind die Zonenindices
V und u; für 6 und c. Dabei müssen die Vorzeichen der Flächenindices A, k, l und
h„ k„ l, streng beachtet werden. Die Zonenindices selbst sind wie die Flächen-
indices -f- oder — und können wie die der Flächen alle mit einer und derselben
Zahl multipliziert oder dividiert werden.
Beispiel. Gegeben die beiden Flächen:
ABC = 212; DEF ^111, dann ist: [t*tw] = [303] = [101] = [101] ;
denn die Formeln für die Zonenindices geben nach dem Schema:
2 1 S 2 1 2
XXX
1 1 1 l 1 1
« = 1.1 — 2.(— 1) = 3; » = 2.1 — 2.1=0; «J = 2.(—l) — 1.1= — 3.
46. Zonenglelehnng. H&t eine Fläche den Ausdrnck hkl und
eine Zone den Ausdnick [avw], so ^t, wenn die Fläche in dieser
Zone liegt, die 8(^. Zonengleichnng::
«Ä + vi + tri = 0.
Die EntwicUnng dieser Oleichnng üt eine Aufgabe der tachneQden Kristallo-
graphie, die hier nicht Torgeuommen werden kann. Sie wird eehi hSnflg angewendet
nnd dient d. a. dain, zu nnteraachen, ob eine FlScbe mit bestimmtem Anadmck in
einer dnrch ihr Symbol bekannten Zone liegt oder nicht. Dies ist der Fall, wenn
die Indices der FIftcbe nnd der Zone der Zonengleichang genSgen oder nicht Ebenso
l&ßt sich mit Hilfe dieser Oletcbnng in entsprechender Weise ermitteln, ob drei oder
mehr Ft&cben derselben Zone ongebSren, oder ob dies nicht der FoU ist. Die folgmden
Beispiele werden das deutlicher zeigen.
Ist E. B. die Zone [121) g^eben, so liegt in ihr nach dieser Qleicbnng offtobar
die Fläche: 111, denn es ist: « = 1, i> = 2, uj = l nnd Ä = — 1, ft = l, I = — 1. Es
ist dann, also:
1.(_1}4.2.1 + 1.(—1) = — 1 + 2-1=0,
die Zonengleichnng ist also etfOllt,
Dagegen liegt in dieser Zone nicht die Flfidie: lOS, denn es ist:
l.l + 2.0 + l.(— 3) = 1 — S = — 2, also nicht =0,
die Zonengleichnng ist nicht erfüllt.
Diese Fl&cbe liegt dagegen i. B. in der Zone: [311], denn es ist, der Zonen-
gleichnng entsprechend:
3.1 + {— 1). 0 + 1. C— 3) = 3—3-^0.
Soll die ZngehSrigkeit von drei FlSchen ea einer Zone nntersncht werden, so
verfiUut man in derselben Weise, indem man ans iweien der Flttchen das Zonen-
s;mbol bestimmt (45) nnd die gefnndenen Indices mit denen der dritten Fläche noch
der Zonengleichnng kombiniert. Ebenso bei jeder weiteren Fläche dieser Zone.
17. Flftehe In zwei Zonen. Eine Fläche eines Erystalls liej;^
im aJI^meinen nicht nur in einer 2k>ne, sondern in mehreren, in zwei,
drei etc. gleichzeitig. Dies ist der Fall wenn sie
gleichzeitig den Achsen aller dieser Zonen parallel ist.
So liegt z. B. in Fig. 29 die Fläche c gleichzeitig in
den drei Zonen : [a'a,], [«"a,,], [a"'a„^. Dies sieht man
an der Parallelität der Kanten cja', a'a,, ajc; c/a",
a"la„, aJc; cjtf", a"'ja„,, aJc und kann es eventuell „. „
mit Hilfe des Goniometers nachweisen (44).
Da jede Ebene durch zwei Gerade, denen sie parallel geht, der
Richtung nach vOUig bestimmt ist, so ist auch eine KrTstallfläche
durch zwei Zonen, in denen sie liegt, Tfillig bestimmt, denn: eine
Fläche liegt in zwei Zonen heifit ja nichts anderes, als sie geht
gleichzeitig den Achsen beider Zonen parallel.
56 Deduktion.
Sind die beiden Zonen, in denen die Fläche (JiM) liegt, dorch ihre
Ausdrücke [uvw] und [M,t;,u;J gegeben, so bestehen die beiden Zonen-
gleichnngen (46):
hu-{-h)-{-lw = 0 und hu, -^Jcv,-}- Iw, = 0.
Ans diesen beiden Gleichungen folgt das Verhältnis der Indices
hj k und l ausgedrückt m u,v,to und u„ v„ w„ und zwar erhält man
durch Auflösen derselben:
h:Tc:l^=^ wo, — wv, : um, — uw, : uv, — vu,
so daß der Ausdruck der gesuchten Fläche, die gleichzeitig in beiden
Zonen liegt, wird:
hkl = vw, — uw,, um, — uw,, u/o, — vu,.
Da u, V, w und u,, v,, w, stets rationale (ganze) Zahlen sind, so
sind auch die Werte von ä, i, l stets rational (ganz). Eine in ewei
(oder mäir) Zonen eines KrysUüls liegende Ebene ist demnach stets eine
mögliche Fläche des KrystaUs.
Liegt die Fläche gleichzeitig noch in einer dritten Zone, dann erhfilt man noch
eine dritte Zonengleichung, die mit je einer der beiden obigen dieselben Werte
von h, kj l liefert, wie jene zwei.
Die Flftchenindices h, k, l lassen sich genan nach demselben Schema ans den
Indices der zwei Zonen: u, v, to^ u„ v„ to, unmittelbar ablesen, wie (45) die Zonen-
indices u, v, w ans denen der beiden Flächen: h, k, l^ h„ k„ l,.
h k l
XXX
worans man, wie oben, erhält:
h = VW, — fvv, ; k = um, — uw, ; l = iw, — vu,.
Sind z. B. gegeben die Zonen: [21 IJ und [102], dann erhält man für die Indices
hkl der in beiden liegenden Fläche hkl:
Ä = l.(— 2) — 1.0 = — 2; fe==l^l — 2.(-2) = 6; / = 2.0 — 1 .1 = — 1;
also: ÄW = 251 = — 6a:2ft:— 10c.
oder für die parallele Gegenfläche (37):
ÄÄ?= 251 =:5a: — 26:10c.
48. Deduktion. Sind yier Flächen eines Erystalls A, B, C, D
durch ihre Ausdrücke an einem Achsensystem bekannt, so ist es mög-
lich, eine fdnfte Fläche x abzuleiten, welche gleichzeitig in den Zonen
von je zweien derselben liegt (45 — 47).
Istz.B.il = 302; JB=111; C = 101; D = 313, und soll » = ÄfcHn den beiden
Zonen [A,B] und [CyD] liegen, so sind die beiden Zonensjmbole :
[Ä, B] = [uvw] = [2l3] ; [C, D] = [u,v,w,] = [101]
nnd hieraas das gesuchte Flächensymbol: ^
x = hkl = {uvWj u,v,w,) s= 111 oder = 111.
Diese Flächen A, B, C, D müssen aber, wenn dies möglich sein
soll, eine ganz bestimmte allgemeine gegenseitige Lage haben. Sie
dürfen nicht alle vier in einer Zone liegen, auch nicht drei in einer
ZonengeBets. 57
Zone und die vierte außerhalb derselben, sondern es müssen immer
nur je zwei in einer Zone liegen. Dies tun sie nur, wenn sie mit
ihren vier parallelen Gegenflächen liegen wie die Flächen eines
Oktaeders (Fig. 4), wobei jedoch die Winkel der Oktaederflächen gegen-
einander gleichgültig sind. Dann aber bestimmen solche vier Flächen
nicht bloß 2, sondern 6 verschiedene 2iOnen [A, B], [Ä, C], [Aj D],
[Bj C], [By D], [C, D], ans welchen nicht bloß eine, sondern drei nene
Flächen x abgeleitet werden können. Diese drei Flächen x geben
miteinander drei neue Zonen, welche mit den ursprünglichen sechs
Zonen [A^ B] etc. wieder neue Flächen liefern, und so kann man
durch allmähliches Fortschreiten in dieser Weise aus jenen vier Flächen
unendlich viele neue ableiten, welche alle miteinander im Zonen-
zusammenhang stehen. Man nennt diese Operation die DeduMian.
Die Ausdrücke der deduzierten Flächen für das Achsensystem, auf
welches die Flächen A bis D bezogen sind, folgen durch fortgesetzte
Anwendung der Formeln in (45) bis (47) aus den Ausdrücken der
vier ersten Flächen. Die sämtlichen abgeleiteten Indices sind da-
her notwendig rational, und die deduzierten Flächen mögliche
Erystallflächen. Die unendlich vielen so deduzierten Flächen mit ihren
rationalen Indices sind, wie sich auf mathematischem Wege nach-
weisen läßt, in ihrer' Gesamtheit nicht verschieden von den unend-
lich vielen Flächen, deren Ausdrücke man erhält, wenn man direkt
die Achsenlängen jenes Achsensystems mit allen möglichen rationalen
Zahlen als Indices kombiniert. Man erhält somit genau denselben
Flächenkomplex, wenn man, entsprechend dem Gesetz der rationalen
Kanten- oder Achsenschnitte, an ein Achsensystem unendlich vieleFlächen
mit rationalen Indices legt, oder wenn man aus vier beliebigen Flächen
dieses Komplexes, welche die oben angegebene allgemeine Lage gegen-
einander haben, durch Deduktion aus dem Zonenzusammenhang alle
ferneren möglichen Flächen ableitet. Dieser Flächenkomplex, den
man in übereinstimmender Weise auf beiden Wegen erhält, stellt die
Krystallreihe der betreffenden Substanz dar (28) und die Indices bilden
die Beihe der rationalen ganzen Zahlen.
Leicht sieht man ein, daß die vier Flächen, welche man der
Deduktion zu Grunde legen muß, dieselbe allgemeine Lage gegen
einander haben, wie die vier Elementarflächen, welche die Achsen-
elemente bestimmen (32). Durch vier solche Flächen ist also mittels
beider Methoden die Gesamtheit der möglichen Flächen des betr.
Krystalls, seine Krystallreihe, gegeben.
49. Zonengesetz. Man kann danach die erfahrungsmäßig fest-
gestellte, durch die Neigungswinkel charakterisierte Gruppierung der
Flächen eines Krystalls aus solchen vier Flächen nicht nur in mehr
58 Zonen^esets.
algebraischer Weise durch das Gesetz der rationalen Achsenschnitte
angeben, sondern ganz ebenso gut in mehr geometrischer Weise, je-
doch mit dem vorigen vollkommen gleichbedeutend, durch Deduktion
mit Hilfe des sog. Zofiengesetaes, wie es zuerst von Chr. 8. Weiss und
J^. E. Neumann ausgesprochen wurde. Dasselbe lautet: AUe Flädien
eines Krystdlls stehen untereinander im Zoneneusammenha/ng^ d. h. man
kann stets je vier Flächen aus den sämtlichen an einem Erystall
möglichen beliebig herausgreifen und alle anderen aus ihnen deduzieren,
wenn jene vier nur die Lage gegeneinander haben, wie in (48) an-
gegeben. Welche so gestaltete Gruppe von vier Flächen man aus
den Flächen eines Krystalls herausgreifen mag, stets erhält man ganz
genau dieselbe Gruppierung der deduzierten Flächen, d. h. dieselbe
Krystallreihe, ebenso wie man auch stets dieselbe Krystallreihe be-
kommt, gleichgültig welche von den Flächen eines Krystalls man als
Fundamentalflächen und als Einheitsfläche zur Bestimmung eines
Achsensystems wählt (28, 38).
Dieser vollkommen ununterbrochene Zonenzusammenhang besteht
jedoch mit Notwendigkeit nur für die Gesamtheit aller der unendlich
vielen möglichen Flächen eines Krystalls. An den in der Natur vor-
kommenden Krystallen ist aber nur eine beschränkte Zahl dieser
Flächen ausgebildet. Die Folge davon ist, daß man an ihnen keinen
vollkommen ununterbrochenen Zonenzusammenhang mehr beobachtet,
d. h. daß sich nicht mehr aus vier ganz beliebigen Flächen, welche
nur die oben angegebene allgemeine Lage gegeneinander haben, alle
anderen mittels der Zonen deduzieren lassen. Häufig kann man auch
an den Krystallen, wie sie die Natur bildet, alle Flächen aus solchen
vier Flächen deduzieren, denn auch die tatsächlich ausgebildeten
Flächen der Krystalle sind der Eegel nach in Zonen geordnet. Aber
man kann dies nur aus vier ganz bestimmten Flächen oder auch ans
mehreren Gruppen von solchen vier Flächen, die Zahl dieser Gruppen
ist jedoch stets eine endlich begrenzta
Häufig gibt es überhaupt keine solche Gruppe von vier Flächen,
aus denen sich atte anderen tatsächlich vorhandenen Flächen des betr.
Krystalls deduzieren ließen. Entweder kann man nur eine Anzahl
dieser Flächen aus den Zonen bestimmen, oder aber auch wohl in
seltenen Fällen gar keine. Ist der Zonenzusammenhang bei geeigneter
Wahl der vier zu Grunde gelegten Flächen ununterbrochen, so folgen die
Ausdrücke aller deduzierten Flächen aus denen der letzteren nach den
Formeln in (45) und (47), bezogen auf dasselbe Achsensystem, wie jene
vier. Zur Bestimmung der Ausdrücke von Flächen, die außer dem
Zonenverband liegen, ist das Messen von Flächenwinkeln und
Berechnung nach den Methoden der rechnenden Krystallographie
nötig.
Zonengeaetz.
Ö9
Fig. 90.
50. Beispiele« fiat man z. B. den Ejystall Fig. 30, bo lassen sich daran
dnrch parallele Kanten oline weiteres die Zonen: [djiidiht], [h^dihid4]^ Uh^Kd^],
[hgOid^04]j [d^OihiO^], [AtOi<^Oi]f [oJhoA], [h^Otid^o^] etc. je mit den nach hinten
liegenden parallelen Gegenflächen erkennen nnd die genauere
Untersuchong am Goniometer (44) würde noch weitere Zonen
leicht ergeben, so namentlich: [dtdid^]^ [d^dgä^lf [d^4d^]t [did^d^]
etc. Aber auch schon jene nnmittelbar erkennbaren Zonen zeigen,
daß jede Fläche des ELiystalls mindestens in 2 Zonen liegt, so hi
in [d^OihiOt] nnd [0tAi04(2e]; /'t in [^Oa^^Os] nnd [htOidiO^] etc.,
nnd daß somit jede Fläche dnrch Zonen anderer Flächen be^
stimmt ist. Femer sieht man, daß man aus den vier Flächen o,
welche offenbar die erforderliche allgemeine Lage zueinander haben, alle an-
deren Flächen deduzieren kann. Zunächst ist Ai bestimmt durch die Zone [oiOt]
und [0SO4]; h^ durch [OiOt] und [0,04]; h^ durch [0|0,] und [O1O4]; femer die
Flächen d durch je eine 2^ne [00] und [hh], also z. B. di durch [tho^] und [AA]; d%
durch [o^Ot] und [hjit]'t d< durch [01O4] und [hih^] etc.
Für die Flädien 0, welche der Deduktion zu Grunde liegen, kann man beliebige
Indices wählen, wenn nicht aus irgend welchen Gründen der Symmetrie etc. solche
Ton Tomherein gegeben oder angedeutet sind. Jeder solchen Wahl entspricht dann
implidte ein ganz bestimmtes Achsensystem für den Krystall, das für alle anderen
Ausdrücke jener Tier Flächen 0 ein anderes wird. Die Ausdrücke (Indices) der
Flächen 0 müssen nur so beschaffen sein, daß nach ihnen nicht z. B. drei der vier
Flächen in einer Zone liegen würden etc., was mittels der Zonengleichung (46)^ ge-
prüft wird. Nimmt man z. B. an, daß: Oi = lll, 02 = 111| Os = lll, 04 = 111, so
findet man, nach (46—47) aus den angegebenen Zonen: Ai = 100, ^ = 010 und h^
= 001; femer: (2i»101; ds = 110; (ig = 110 etc., welche Ausdrücke sich stets auf
dasselbe Achsensystem beziehen, das auch den Ausdrücken der Flächen 0 zu Grunde
liegt. Eine ähnliche Deduktion wäre noch ans den Tier Flächen di d^ d^ d^, d^d^d^d^
etc. möglich, nicht aber aus dihiOid^ etc., trotzdem sie die erforderliche allgemeine
gegenseitige Lage (49) auch haben, noch weniger aus d^hid^hg, Ton denen die drei
ersten in derselben 2^ne liegen.
Ein Flächenkomplex, wie der, welcher den Axinitkrystall Fig. 31 umgrenzt,
gestattet überhaupt keine ununterbrochene Deduktion. Von den Tier Flächen P^i,
u, 8 kann man nicht ausgehen, da P, i, u in einer Zone liegen, dagegen ist P, r, u, x
geeignet. Diese Tier Flächen geben die Fläche s aus den beiden
Zonen^[r,ii] und [P,»], und zwar ist, wenn man: P= 110; « = 110;
r = 111 ; x = 111 annimmt, s = 201. Wenn man dagegen die Aus-
drücke annimmt: P = 001; tt = lll; r==lll; « = 201, so wird
s = 101. Der Ansdmck für i läßt sich nicht aus dem ZoneuTcr-
band eimittebi, denn für t ist nur^die eine Zone [P,u] bekannt, nicht
aber eine zweite. Wenn P » (HO) und u ^ (110), ist der Ans-
dmck der Zone [P,u] = [001]; hat die Fläche i den allgemeinen
Ausdmck: äW, dann müssen ihre Indices der Zonengleichung: O.Ä-f-0.fe + l = 0
genügen (46), d. h. es muß jedenfalls der dritte Index 2 = 0 sein. Um den Ausdruck
der Fläche i Tollkommen zu bestimmen, d. h. auch, das Verhältnis h:h der beiden
anderen Indices zu ermitteln, ist es nun nötig, einen Winkel zu messen, den i
mit einer anderen Fläche macht, also etwa 3 i/P oder ^ i/s etc.
Läge eine Fläche in gar keiner Zone bekannter Flächen, so müßte man zwei
Winkel messen und die Bestimmung des Ausdmcks nach den hier nicht zu erläutern-
den Methoden der rechnenden Krystallographie ausführen.
51. Praktiseher Wert der Zonen. Die Kenntnis des Zonenzusammen-
hangs der an einem Krystall Torhandenen Flächen ist für die praktische Unter-
Fig. 31.
60 Symmetrie.
snchnng nnd Beschreibung von Eiystallen yon größter Wichtigkeit, da man, wie
schon oben erwähnt, wenn alle Flftchen im ununterbrochenen Zonenverbande stehen,
die Ausdrucke derselben ohne jede Winkelmessung und umständliche Rechnung nach
den Formeln in (45 — 47) sehr bequem aus denen yon vier passend gelegenen Flächen
bestimmen kann. Bei der Untersuchung eines Erystalls wird man also zweckmäßig
Tor allem die Zonen ermitteln, sei es durch Beobachtung paralleler Kanten oder auf
dem Goniometer (44). Man braucht dann schließlich, wenn alle Flächen im Zonen-
zusammenhang stehen, nur so viele Winkel zu messen, als nötig sind, um das Achsen-
system zu berechnen, und das sind im Maximum die fünf Fundamentalwinkel (38). Alle
anderen Winkel lassen sich dann mittels der Achsen und der aus den Zonen ermittelten
Flächenausdrücke berechnen. Würde man keine Zone kennen, so müßte man ebenfalls
Ton Tier beliebig, aber nach den obigen Prinzipien gelegenen Flächen ausgehen. Man
könnte diesen wieder beliebige Ausdrücke beilegen, müsste aber dann für jede weitere
zu bestimmende Fläche zwei Winkel messen, die sie mit anderen Flächen des Erystalls
macht Dies wäre eine sehr mühevolle und zeitraubende Arbeit, welche außerdem
vielfach unsichere Resultate geben würde. In vielen praktischen Fällen wird sich
zwar der Zonenzusammenhang der Flächen eines Erystalls nicht vollkonmien ununter-
brochen darstellen lassen, und die Unterbrechungen müssen durch Winkelmessungen
ergänzt und ausgefüllt werden, aber die Zahl der dazu nötigen Winkel ist doch
immer gering. So kann man also meist mittels weniger gemessener Winkel aus
dem Zonenverbande die Ausdrücke aller Flächen eines Erystalls, sowie alle anderen
Flächenwinkel desselben berechnen, im konkreten Fall mißt man aber der Eontrolle
wegen immer eine größere Zahl von Flächenwiukeln , als die zur Rechnung un-
mittelbar nötigen Fundamentalwinkel und vergleicht sie mit den durch Rechnung
erhaltenen. Je genauer die Winkelmessung möglich, d. h. je günstiger die Be-
schaffenheit der Flächen ist, desto größer wird im allgemeinen ihre Überein-
stimmung sein. Je größer die letztere ist, desto genauer ist der Erystall in Be-
ziehung auf seine morphologischen Verhältnisse im allgemeinen bekannt.
Mittels der Methode der kleinsten Quadrate läßt sich aus der Gesamtheit
aUer gemessenen Winkel ein Achsensystem berechnen, das ihnen allen gleich gut ent-
spricht. Selten sind aber die Winkel der ErystaUe.so genau meßbar, daß sich
diese umständliche Rechnung lohnt. In der überwiegenden Mehrzahl der Fälle kann
man sich mit den Fundamentalwinkeln begnügen.
d. Die Symmetriererhältiiisse.
52. Symmetrie. Die oberflächliche Begrenzung der Krystalle
ist außer dem Gesetz der rationalen Eantenschnitte (dem Zonengesetz)
noch einer weiteren Gesetzmäßigkeit unterworfen, die allerdings mit
jenem im engsten Zusammenhang steht und sich aus ihm ableiten
läßt. Es ist diejenige Gesetzmäßigkeit, welche die mehr oder weniger
symmetrische Anordnung der Begrenzungselemente beherrscht, das
Symmetriegesetz.
Wenn man die stets dem Zonengesetz entsprechend angeordneten
Flächen der Krystalle nach ihrer Gruppierung näher untersucht, so
findet man, daß sie nicht immer vollkommen unabhängig vonein-
ander auftreten, sondern daß in den meisten Fällen mehrere der-
selben, aber ebenso auch mehrere Kanten und Ecken von überein-
stimmender Beschaffenheit vorhanden sind, die symmetrisch zu einer
Symmetrieebenen. gl
Ebene (Symmetrieebene), oder rings um eine Achse (Spnmdrieachse) oder
gegen einen Punkt (Symmetriecenirum) liegen. Diese zwei, die Sym-
metrieebenen nnd die Symmetrieachsen, die einzeln oder zn mehreren
auftreten können, bilden zusammen mit dem stets nur einzeln vor-
handenen Symmetriecentrum die Symmetrieelemente der Krystalle. Wir
werden zunächst diese Symmetrieelemente getrennt betrachten.
53. Symmetrieebenen. Symmetiieebene eines Erystalls ist eine
solche Ebene, die ihn in zwei gleiche, aber entgegengesetzte Hälften
teilt, sodaB jede dieser Hälften das Spiegelbild der anderen ist Jedem
Begrenzungselement, jeder Fläche, Kante und Ecke der einen Hälfte
liegt dann ein gleichwertiges Begrenzungselement, eine gleichwertige
Fläche (8), Kante (18) und Ecke (19) jenseits der Symmetrieebene
gegenüber und zwar so, daß die sich symmetrisch entsprechenden
gleichwertigen Flächen und Kanten gleiche Winkel mit der Sym-
metrieebene einschlieBen und daß in den idealen Formen symmetrisch
zusammengehörige Ecken auf Normalen zur Sjrmmetrieebene und in
gleicher Entfernung von diesei* liegen.
Eine Symmetrieebene liegt demnach so, daß sie die Winkel der
zu ihr symmetrisch angeordneten Flächen- und Kantenpaare halbiert.
Dies setzt voraus, daß sie durch die sämtlichen von den zusammen-
gehörigen Flächenpaaren direkt oder in ihrer Erweiterung gebildeten
Kanten hindurch geht, d. h. mit allen Flächenpaaren je in einer Zone
liegt Jede Sjrmmetrieebene liegt also in mehreren Zonen gleichzeitig
und ist demnach stets eine mögliche Fläche des betreffenden Krystalls
(47) und sehr häufig eine an ihm auch wirklich auftretende Fläche.
Eine der Sjrmmetrieebene parallele Krystallfläche hat selbstverständ-
lich keine andere symmetrische Gegenfläche als die ihr parallele; sie
erfallt die Symmetrie in Verbindung mit ihrer parallelen G^genfläche.
Sämtliche Krystallflächen , die auf der Symmetrieebene senkrecht
stehen, genügen sogar der Symmetrie füi* sich allein.
Eine Symmetrieebene wird an der paarweisen Gleichheit sämt-
licher Flächen und Kanten auf beiden Seiten derselben erkannt. Da-
bei ist an den Flächen die physikalische Beschaffenheit zu berück-
sichtigen und die Gleichheit der Kanten durch die Messung der Winkel
mit dem Goniometer festzustellen. Die Verhältnisse der Ecken ergeben
sich dann aus denen der Flächen und Kanten von selber.
Schon wenn der Nachweis geführt ist, daß nur ein einziges Paar
von Flächen, Kanten oder Ecken eines Krystalls zu einer Ebene
symmetrisch liegt, kann man schließen, daß diese letztere eine
Symmetrieebene auch für die anderen Begrenzungselemente, also für
den Krystall selbst ist
Zu beobachten ist aber dabei, daß für jedes einzelne Flächen- (und z. T.
Kanten-) Paar durch die paraUelen Gegenflächen noch eine zweite Symmetrieebene
32 Symmetrieebenen,
bestellt, die unter UmBtänden nur Symmetrieebeue für diesaa eine Fläcben- (event.
Eanten-] Paar ist, während die eratere Sjmmetrieebene dieses FlSchenpaares auch die
anderen FlSchenpaare and tiberbaopt den ganzen KrystaJl symmetrisch teilt. Die
zweite Ebene der partiellen Symmetrie ist lediglich eine Folge des Fl&chenparoUelis-
mns und hat an sich mit der Symmetrie des ErystollB nichts za ton. Sie kann
nnt«t Umständeu ebenfalls Sytcmetrieebene des ganzen Krystalls sein, miiQ es aber
nicht. Welche Ton den beiden Symmetrieebenen eines Fläcbeupaares ftlr den ganzen
KryBtaU gilt, ersieht man gegebenenfalls leicht ans der Flächengmppierang, oder
ea mnß eventuell dnrch eingehendere üntersnchnng ermittelt werden.
Es gibt Erystalle, die sich Dach gar keiner Ebene symmetrisch
teilen lassen, andere haben eine einzige und wieder andere mehrere
Symmetrieebenen. Im letzteren Falle sind diese entweder alle
kryatallographisch gleichwertig oder alle ungleichwertig, oder es
lassen sich einzelne Gruppen von je unter sich gleichwertigen und
von den anderen verschiedenen Symmetrieebenen unterscheiden.
U. SyMmctrieebenen. Beispiele. Der Ävffitkryst<^ Fig. 32 hat eine einzige
Symmetrieebene. Die beiden Flächenpaare « nnd ebenso m sind, wie ihre physi-
kalische Beschaffenheit ergibt, einander gleich (8). Die beiden Flfichen r nnd I
treten jede uar einzeln mit paralleler Qegenfläche anf nnd stehen,
wie man am Goniometer sieht, aufeinander senkrecht. Die einander
rechts und links gegenflberliegeadeu Kanten mjr reip. m/I haben äeb
. bei der Messung als gleich ergeben, ebenso die beiden Kanten tfr
reap. »fl, s;m etc. Der Erystall ist demnach offenbar symmetrisch
teilbar nach einer Ebene, die durch die Kante s> hindurch und
senkrecht über die Fliehe r hinweg geht, parallel mit den Kanten
mir, wie es die dünn angelegte Linie nnd die Schrafßemng zeigt,
nj 33 Diese Symmetrieebene ist parallel mit der Fläche I nnd liegt, wie
man ans der Parallelität der Kanten m/r und m/l sieht, in der-
selben Zone auch mit den beiden Fliehen m, die aber wegen des Vorhandenseiiia
der Fläche r nicht zum Schnitt gelangen kOnuen. Wurden sie sich, erweitert Über
r hinweg, schneiden, so müßte ihre Schnittlinie m!m in der Symmetrieebene liegen.
DkH letetere mit den beiden Flächen s in eine Zone föllt, aeigt die Figur ohne
weiteres. Ebenso wie der Aogit hat auch der Oipskrystall (Fig. 36) eine Symmetrie-
ebene, die durch die Kant«n Iß und flf hindurch und der Fläche p parallel geht.
Sie ist auch hier durch Schrafüernng kenntlich gemacht Eine Ebene, die die Winkel
an den seitlichen Kanten m'_m Ober l hinweg halbiert, würde das Prisma m ebenfalls
symmetrisch teilen, aber nnr dieses, nicht den ganzen Krystalj [Fig. 32).
Die beiden oben betrachteten Krystalle von Äugit nnd von Oips haben nur eine
einzige Symmetrieebene, sie sind nur nach einer einzigen Bichtong symmetrisch
teilbar. Ein Beispiel eines Krystalls mit mehreren Symmetrieebenen, der sich also
nach mehreren Richtungen symmetrisch teilen läßt, ist der Würfel, begrenzt von
drei gleichen aufeinander Kenkrechten Flächenpaaren, in der idealen Form von sechs
Quadraten (Fig. 33). Nach jeder seiner Flächen kann der Würfel symmetrisch ge-
teilt werden. Ks sind somit zunächst drei anfeinsnder senkrechte Symmetrieebenen
zz und A vorhanden, welche sich in den drei strichpunktierten Iiinien oa im
Innern des Krystalls schneiden. Diese stehen ebenfalls aufeinander und anch auf
den Würfelflächen senkrecht. Der Würfel ist aber auch nach den Diagonal-
ebenen dd symmetrisch teilbar, die dnrch je zwei gegenüberliegende Würfelkanten
hindnicbgehen und den Winkel der beiden in dieser Kante znsammenstAlIenden
Flächen halbieren. Sie sind dnrch die gestrichelten Diagonalen dd angegeben. Je
STmmetrieachgen.
63
Ewei solch« diagonalen Sjmiinetrieebenen B schneiden sich unter 90* in derselben
Linie aa, wie «wei Symmetrieebenen A der ersten Art nnd halbieren deren Winkel
Solcher diagonaler Symmetdeebeaen mUsaen also sechs vorhanden sein. Nach anderen
SJchtnngen ist eine symmetrische TeUnue: des Wörfels nicht mtlgUch; diesem
kommen demnach neun Symmetrieebenen zu. Aber diese sind offenbar nicht alle gleich-
wertig, wie obne weiteres ans ihrer Lage am WUrtel hervorgeht. Die drei auf-
einander senkrechten mit den Würfelflächen parallelen Symmetrieebenen A haben
dieselbe Lage gegen die Begrenzung des Krystalls nnd sind daher gleichwertig
Hg. 33.
Fig. 34.
oder kurz gleich; es sind die sog. Sanpttymmetritebenen. Ebenso sind die sechs
diagonalen Symmetrieebenen B einander gleich, aber von jenen verschieden. Die
Gesamtzahl der nenn Symmetrieebenen des Würfels zerfKllt demnach in zwei Gruppen,
von drei resp. sechs solchen; man sagt, der Würfel hat 3 -|- 6 Symmetrieebenen.
QanE ebenso wie beim WSrfel verhalten sich die Symmetrieebenen beim
Oktaeder {V\g. 34). In beiden sind gleich viele gleich Eneinander liegende Sym-
metrieebenen vorhanden, die hier auch mit denselben Bnchstaben bezeichnet sind.
Die drei anfeinander senkrechten Hauptsym metrieebenen A gehen beim Oktaeder durch
je vier Kanten hindorch, die sechs daiwischen liegenden Nebensymmetrieebeuen B
gehen in der Bichtaug der Höhenlinien Ober die Flächen hinweg.
Der in Fig. 35 dargestellte Enpfervitriolkry stall läDt
sich uaclt gar keiner Richtnng symmetrisch teilen. Eben
verhalt sich der Aiiaitkryatall Fig. 31. \ P
55. Symmetrieachsen. Symmetrieachsen sind
Bichtnngen, um welche ein Krystall um einen be-
stimmten Brachteil ron 360** so gedreht werden
kann, dafi sämtliche Flächen, Kanten und Ecken
nach cler Drehung mit gleichwertigen Flächen,
Kanten und Ecken zusammen fallen, daß der Krystall
also wieder mit sich selbst vollkommen zur Deckung „
gelangt. Wenn dies bei einer Kreisdrehnng n-mal
geschieht, also jedesmal nach Durchmessung eines Winkels Ton 3607»,
64
SymmetrieachBen.
so nennt man die Sjmmetrieaclise n-zählig, wo n stets eine ganze
Zahl ist. Man spricht so von 2-, 3-, 4-, 6-zähligea SymmetrieachseiL
Jede Symmetrieachse ist eine mögliche Kante des Krystalls nnd
meist senkrefM auf einer Symmdriethene, wenn diese nicht infolge von
Hemiedrie etc. verschwunden ist (63 ff., 68). Die Krystalle haben entweder
gar keine oder eine oder auch in vielen F&llen mehrere Symmetrie-
achsen, die aber nicht alle gleichwertig nnd gleichzählig zn sein
brauchen nnd die in ähnlicher Weise in Gruppen zerfallen können,
wie wir es bei den Symmetrieebenen gesehen haben. Steht eine
Symmetrieachse allein nnd ist von allen anderen verschieden, dann wird
sie eine singulare Achse genannt. Sind diese anderen neben ihr vor-
handenen nnd von ihr Terschiedenen gruppenweise einander gleich,
so heifit die singulare Achse eine Haaptachae, die anderen unterein-
ander gleichen nennt man Ntbenacksen.
56. SyraetriewliMa. Beispiele. Das Wesen einer SymmetrieachBe Terdent-
licht Tielleicht am besten ein Bhombns. Eine im DnrchsclmittspuDbt der beiden Diago-
nalen errichtete Normale ist eine EweicUiIige Symmetrieaclue
deaselben. Nach einer Drehong am 360*/2 = 180* kommt
der BhomboB mm eratenmal, nach einer Drehnng nm wei-
tere 180° noch einmal mit sich Belbst zar Deckong.
Sine EiyataUf orm mit einer einzigen Sjmmetrieachfle ist
die de« Oipte» (Fig, 36), begrenzt Ton den gleichen Flilchen-
pa&ren l nnd f, wozn noch die Fificfaen p treten, die der
(in der Figur schrafBerteu) Symmetrieebene des Krystalls
parallel gehen. Dann sind die eSmtlicfaen Kanten ^p, so-
wie die sämtlichen Kanten fjp einander gleich. In einem
solchen Erystoll steht eine zweizShlige Symmetrieachse &6
senkrecht zn der Symmetrieebene p. Dreht man den Krystall
nm diese Linie nra 360 °/2 =i 180°, dann fallen die vorderen
Flfichen f anf die ihnen parallelen hinteren, die oberen
Flächen I anf die unteren nnd umgekehrt. Bntsprediend
verhalten sich alle gleichnamigen Kanten und Ecken. Der Krystall kommt somit
nach einer Drehnng nm 180° nm die Achse b wieder vollkommen zai Deckung mit
sich selbst. Eine weitere Symmetrieachse ist hier nicht vorhanden.
Betrachten wir dagegen die schon oben beispielsweise angeführte Krystallfonn
des Kalkspati, wo drei sich nnter gleichen Winkeln von 120°
schneidende gleiche FlAchenpaare p ein heiagonales Frisma
bilden, das von einem anders beschaffenen Flfichenpaar g oben
und nnten senkrecht geschlossen wird (Fig. 37). Wir haben
hier Ennächst eine sechazShlige Symmetrieachse cc parallel mit
den Frismenkauten. Um diese am 360° gedreht kommt der
Krystall sechsmal mit sich selbst znr Deckong. Die sechs-
zählige Achse ist aber hier nicht die einzige. Es sind aach
noch sechs zweizShlige Symmetrieachsen aa und bb vor-
handen, von denen drei auf den FrismenkaJiten nnd drei
aaf den Prismenflächen senkrecht stehen, um eine Achse a ge-
dreht, kommt der Krystall, wie man leicht sieht, nach 180'
mit sich selbst zni Decknng nnd dasselbe ist bei einer Drehnng nm eine der Achsen 6
' der Fall. Es sind also hier zwei verschiedenwertige Qmppen von je drei gleichen
Fig. 36.
Kg. 87.
Symmetriecentram. g5
sweizähligen Symmetrieachsen aa nnd bb vorhanden, außerdem eine einzeln stehende
sechszählige c, die auf jenen sechs senkrecht steht. Auch sieht man leicht, daß
jede Symmetrieachse zn je einer Symmetrieebene ab, ac nnd hc des Erystalls normal
gerichtet ist. Die einzelne Symmetrieachse c ist eine singpiläre Symmetrieachse nnd
zwar eine Hauptachse, da neben ihr mehrere Gruppen von (je drei) untereinander
gleichen yorhanden sind. Letztere sind Nebenachsen.
Als weiteres Beispiel sei der Wwrfd (Fig. 33) erwähnt. Hier haben wir, wie
die Betrachtung eines Modells ohne Schwierigkeit zu erkennen gestattet, sechs gleich»
wertige zweizählige, vier gleichwertige dreizählige und drei gleichwertige yierzählige
Symmetrieachsen, die, der Beihe nach, in der Bichtung zz senkrecht durch zwei gegen*
überliegende Würfelkanten, in der Biditung M durch zwei gegenüberliegende Würfel-
ecken und in der Bichtung cm senkrecht durch zwei gegenüberliegende Würfel*
flächen yerlaufen, und die sämtlich durch den ihnen allen gemeinsamen Erystall-
mittelpunkt hindurchgehen, ^e werden auch als die digonalen, trigonalen und
tetragonalen Symmetrieachsen des Würfels bezeichnet.
Genau dieselbe Zahl yon Symmetrieachsen mit der gleichen Lage, Zähligkeit und
Wertigkeit, wie beim Würfel, treffen wir beim Oktaeder (Fig. 34). Die entsprechen-
den Achsen sind hier mit denselben Buchstaben bezeichnet, wie bei jenen in Fig. 83.
Sie gehen hier der Beihe nach senkrecht durch je zwei gegenüberliegende Kanten
(die digonalen zz\ senkrecht durch je zwei gegenüberliegende Flächen (die trigo-
nalen d(2), und durch je zwei gegenüberliegende Ecken (die tetragonalen aa),
57. Symmetrieeentnim. Ein Centram der Symmetrie ist dann
vorhanden, wenn man durch den Krystallmittelpnnkt gerade Linien
so ziehen kann, daß von ihnen allen an ihren beiden Enden gleich-
wertige Begrenzungselemente in derselben Weise getroffen werden.
Dies ist stets, aber auch nur dann mOglich, wenn zu jeder Fläche die
parallele Gegenfläche yorhanden ist (7). Es ist daher gleichgültig,
ob man sagt, ein Erystall hat ein Symmetriecentrum oder er ist
parallelflächig begrenzt. Selbstverständlich kann ein Erystall niemals
mehrere Symmetriecentren haben. Es ist aber möglich, daß gar keines
vorhanden ist; dies ist eben der FaU, wenn die parallelen Gegen-
flächen fehlen.
Beispiele für ErystaUe mit Symmetriecentmm sind sonach das Oktaeder (Fig. 34),
der Würfet (Fig. 33); das sechsseitige Ftisma mit der gerade eingesetzten Endfläche
(Fig. 37). Eine Form ohne Symmetriecentram ist n. a. das Tetraeder (Fig. 39, a n. c),
der Krystall des Kiesetzirikerzes (Fig. 23) etc. Bei dem letzteren treffen wohl ein-
zelne der dnrch den Krystallmittelpnnkt hindurchgehenden Geraden die Begrenzung
beiderseitig an gleichwertigen Stellen, n. a. alle diejenigen, die in einer zn den
Kanten If/a nnd Mlh senkrechten Ebene liegen, denn den Flächen J&f, a nnd h
liegen ja parallele Flächen gegenüber. Bei anderen Flächen ist dies aber nicht der
FaU, deshalb Terhalten sich anch andere Linienrichtnngen anders, nnd es ist somit
doch kein Symmetriecentmm vorhanden.
58. Grad der Symmetrie. Jede Erystallform ist in Beziehung
auf ihre Symmetrie bestimmt durch die Zahl ihrer Symmetrieebenen
und Symmetrieachsen, sowie durch das Auftreten resp. Fehlen eines
Symmetriecentrums, wobei die krystallographische Gleich- oder Ver-
schiedenwertigkeit der Symmetrieebenen und -Achsen, sowie die Zählig-
Bauer, Mineralogie. ^
66 Grad der S3rinmetrie.
keit der letzteren zu berücksichtigen sind. Auf der Anzahl und der
Beschaffenheit der Symmetrieelemente (52) beruht der Grad oder das
Maß der Symmetrie einer Krystallform. Zwei Krystallformen stimmen
in Beziehung auf die Symmetrie miteinander vollständig überein,
wenn sie denselben Grad der Symmetrie besitzen, d. h. wenn in beiden
dieselbe Zahl von. beziehungsweise gleichwertigen Symmetrieebenen
und Symmetrieachsen sich findet und wenn beide entweder ein Sym-
metriecentrum haben oder beide nicht. Die entsprechenden Symmetrie-
elemente haben in allen Krystallformen desselben Symmetriegrades
dann auch stets dieselbe Lage gegeneinander und zeigen nach ihrer
Gleich- oder Verschiedenwertigkeit, resp. -Zähligkeit dasselbe Ver-
halten. Derselbe Symmetriegrad liegt auch bei allen den Formen vor,
denen sämtliche Symmetrieelemente fehlen.
Beispiele. Der Gipshrystaü (Fig. 36) hat ein Symmetiiecentrom (parallele Gegen-
. flächen), eine Symmetrieehene paraUel mit der Fläche p und eine zweizählige Symme-
trieachse senkrecht darauf. Ebenso hat auch der Augitkrystall (Fig. 32) ein Symmetrie-
centram (paraUele Gegenflächen), eine Symmetrieebene parallel der Fläche l nnd eine
zweizählige Symmetrieachse senkrecht zu dieser. Weitere Symmetrieelemente sind in
beiden Formen nicht vorhanden. Beide stimmen nach Zahl nnd gegenseitiger Lage der
Symmetrieelemente vollkommen miteinander überein, sie haben denselben Grad der
Symmetrie.
Bei der Betrachtung des Würfels (64) haben wir gesehen, daß er 9 Symmetrie-
ebenen besitzt, die in drei auf einander senkrechte Hauptsymmetrieebenen A und sechs
unter 45^ zwischen diesen liegende Nebensymmetriebenen B zerfallen (Fig. 33).
Außerdem finden sich drei gleiche vierzählige Symmetrieachsen a, in denen sich je zwei
Hauptsymmetrieebenen Aschneiden, vier gleiche dreizählige Symmetrieachsen c2, in denen
sich je drei Nebensymmetrieebenen B treffen, und sechs gleiche zweizählige Symmetrie-
achsen Zj in denen je eine Hauptsymmetrieebene A mit einer Nebensymmetrieebene B
zusammenstößt. Endlich ist auch ein Symmetriecentrum vorhanden. Betrachten
wir nun das Oktaeder (Fig. 34), so haben wir bei ihm ebenfalls drei aufeinander senk-
rechte Hauptsymmetrieebenen A und sechs Nebensymmetrieebenen 5, die unter 45®
gegen jene geneigt sind. Beide Gruppen von Symmetrieebenen des Oktaeders
entsprechen also in Zahl, Beschaffenheit und gegenseitiger Lage genau den Sym-
metrieebenen beim Würfel. Ferner sieht man leicht, daß beim Oktaeder ebenfalls
drei aufeinander senkrechte gleiche vierzählige Symmetrieachsen a, vier gleiche drei-
zählige Symmetrieachsen d und sechs gleiche zweizählige Symmetrieachsen z vorhanden
sind, die zu den Symmetrieebenen und also auch gegeneinander genau ebenso liegen,
wie im Würfel. Da auch das Oktaeder ein Symmetriecentram besitzt, so stimmt es
mit dem Würfel in Beziehung auf die Symmetrie in aUen Punkten vollkommen
überein, es hat denselben Grad der Symmetrie wie dieser.
Li Beziehung auf den Grad der Symmetrie stimmen auch alle diejenigen Erystalle
miteinander überein, die keine Symmetrieebene und keine Symmetrieachse, dagegen
ein Symmetriecentrum besitzen, bei denen also keine andere Symmetriebedingung
zutrifft, als daß zu jeder Fläche die parallele Gegenfläche in gleicher Beschaffenheit
ausgebildet ist. Dies findet man z. B. bei dem ErystaU von Axinit (Fig. 31) und
dem von Kupfervitriol (Fig. 35). Ist auch kein Symmetriecentrum, also gar kein
Symmetrieelement mehr da, fehlt also zu jeder Fläche eine gleich beschaffene Gegeu-
fläche, dann haben wir, wie oben schon bemerkt, gleichfaUs einen bestimmten Symme-
triegrad. Beispiele solcher ErystaUe sind indessen im Mineralreich noch nicht ge-
Erystallklassen. ffj
fnnden worden, wohl aber bei künstlichen Snbstanisen (nnterschwefligBanres Calcium,
sanres rechtweinsanres Stronünm etc.)-
59. Krystallklassen. Da die Krystallfomien in Beziehung auf
ihre Symmetrie einerseits vielfach vollkommene Übereinstimmung
(denselben Symmetriegrad) zeigen, anderseits aber auch in dieser
Hinsicht sich wesentlich voneinander untei'scheiden (verschiedenen
Symmetriegrad haben), so können sie nach den Symmetrieverhältnissen
in sachgemäßer und zweckentsprechender Weise in einzelne Gruppen
eingeteilt werden, die man als £[rystallklassen bezeichnet. Eine
KrystaUklasse ist der Inbegriff aller derjenigen einfachen und zusammen-
gesetzten Erystallformen, die in Beziehung auf die Symmetrie mit*
einander völlig übereinstimmen, die also denselben Grad dei' Sym-
metrie, dieselbe Zahl beziehungsweise gleicher und gleichliegender
Symmetrieelemente besitzen.
Beispiele. Demnach würden also die Erystalle Ton Qips {Fig. 36) und Äugit
(Fig. 92) zu der nftmlichen Krystallkiasse gehGren. In einer anderen Klasse wären
die nnr mit einem Symmetrieoentmm yersehenen ErystaUe yon Äxinit (Fig. 31) nnd
Ton Kupfervitriol (Fig. 35) nnterznbringen. Alle Erystalle ohne jedes Symmetrie-
element würden miteinander eine fernere Klasse bilden. Eine weitere Klasse ist
dnrch den Würfel nnd das reguläre Oktaeder repräsentiert, die ja ebenfalls in der
Symmetrie vollkommen gleich sind etc.
60. Beziehung der Symmetrie zum Eantenschnittgesetz. Wie
die Erystallfl&chen in ihrer Anordnung überhaupt, so sind sie selbst-
verständlich auch in Beziehung auf ihre symmetrische Gruppierung
völlig dem Gesetz der rationalen Eantenschnitte (dem Zonengesetz)
unterworfen. Es kann keine Art der Sjrmmetrischen Anordnung der
Flächen, Eanten und Ecken in der Begrenzung der Erystalle vor-
kommen, die auf irrationale £[antenschnitte führen würde, sonst könnte
ja das Gesetz der rationalen Eantenschnitte nicht allgemein gültig
sein. Polyeder mit einer Anordnung der Begrenzungselemente nach
einer dem Eantenschnittgesetz nicht entsprechenden Symmetrie sind
zwar geometrisch wohl denkbar, aber kiystallographisch unmöglich
und auch niemals an Erystallen beobachtet worden.
Beispiele hierfür sind das im geometrischen Sinne regul&re Dodekaeder (Pen-
tagondodekaeder) nnd das Ikosaeder, zwei yon den fünf platonischen Körpern, die
beide nach 15 Ebenen symmetrisch geteilt werden können. Die Anordnung ihrer
Flächen führt anf irrationale Eantenschnitte. Sie sind also krystallographisch nn-
möglichy wie ans demselben Grunde alle übrigen mit 15 Symmetrieebenen versehenen
Polyeder. Formen genau wie jene beiden sind auch noch niemals an einem ErystaU
beobachtet worden, wohl aber ihnen sehr ähnliche, deren Eanten jedoch nicht mehr
alle einander gleich sind. Es ist ein Pentagondodekaeder mit in der idealen Form
nicht regulären, sondern einseitig symmetrischen Fünfecken, das sog. Pyritoeder
(Fig. 136) und ein Ikosaeder, von dessen 20 Flächen in der idealen Form nur 8 gleich-
seitige, die übrigen 12 jedoch gleichschenklige Dreiecke sind (Fig. 143). Bloß unter
diesen Umständen ist eine Anpassung an das krystallographische Grundgesetz m6g-
6*
68 32 Erystallklassen.
lieh, aber es wird auch gleichzeitig die Symmetrie erheblich yermindert nnd die
Zahl der Symmetrieebenen anf drei reduziert. Solche Formen zeigen n. a. der
Schwefelkies nnd andere Mineralien.
61. Fortsetzung. Gewisse Arten der symmetrischen Flächen-
gruppiemng sind also durch das Gesetz der rationalen Eantenschnitte
unbedingt bei Krystallen ausgeschlossen. Nur solche Formen, die in
Beziehung auf die symmetrische Anordnung der Flächen (und der
anderen Begrenzungselemente) diesem Gesetze entsprechen, bleiben
für die Krystalle übrig. Man kann nun aus dem genannten Gesetz
auf mathematischem Wege schliefen, da£ Flächen eines Erystalls
nur nach 0, 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7 oder 9, nicht aber nach 8 oder nach
mehr als 9 Ebenen symmetrisch angeordnet sein können ; femer, daß
ein Erystall ausschließlich nur 2-, 3-, 4- und 6-zählige Symme-
trieachsen haben kann, niemals aber solche von einer anderen Zählig-
keit; dass, wenn eine Symmetrieebene und eine 2-zählige Sym-
metrieachse vorhanden sind, diese notwendig aufeinander senkrecht
stehen müssen etc. Man kann weiter zeigen, daß die Symmetrie-
elemente nicht immer nach Zahl, relativer Beschaffenheit und gegen-
seitiger Lage unabhängig voneinander auftreten können, sondern
daß z. B. eine gewisse Anzahl von Symmetrieebenen notwendig auch
eine gewisse Anzahl von Symmetrieachsen etc. bedingt.
So müssen z. B. neben den 3 -|- ^ Symmetrieebenen des Würfels nnd des
Oktaeders notwendig die scbon oben (56) besprochenen 3 gleichen Tierzähligen,
4 gleichen dreizähligen nnd 6 gleichen zweizähligen Symmetrieachsen vorhanden sein
nnd zwar genan in der dort mitgeteilten gegenseitigen Lage nnd ebenso mnß
notwendig ein Symmetriecentmm existieren.
62. 32 KrystallUassen. Setzt man diese Betrachtungen, was
aber hier nicht geschehen soll, fort, indem man das Gesetz der ratio-
nalen Eantenschnitte einer geeigneten mathematischen Behandlung
unterwirft, so kommt man zu dem Resultat, da£ mit diesem Gesetz
32 durch die Zahl, gegenseitige Lage und relative Beschaffenheit der
Symmetrieelemente charakterisierte Sjrmmetriegrade vereinbar sind, daB
also die diesem Gesetz unterworfenen und aus ihm ohne andere Vor-
aussetzungen ableitbaren polyedrischen Formen in 32fach verschiedener
Weise symmetrisch gebaut sein können. Mit anderen Worten : es sind
32 KrystaUklassen möglich, in denen sich die sämtlichen Erystall-
formen nach ihren Symmetrieverhältnissen unterbringen lassen. Dies
ist auch in der Tat ausnahmslos der Fall. Allerdings hat man für
einige wenige dieser 32 Sjrmmetrieklassen bisher noch keinen in der
Krystallwelt tatsächlich vorhandenen Repräsentanten kennen gelernt,
und für mehrere Klassen hat man speziell noch keinen Vertreter im
Mineralreich aufgefunden. Es ist jedoch die Erwartung berechtigt,
dass diese Lücken bei fortschreitendem Studium der künstlichen und
Holoedrie. Meroedrie. Hemiedrie. g9
natürlichen Erystalle in Zukunft noch ausgefüllt werden. Ander-
seits hat man aber noch niemals einen Erystall beobachtet, der eine
andere Symmetrie zeigte, als es einer der 32 aus dem Gesetz der
rationalen Eantenschnitte ableitbaren Klassen entspricht.
Diese Übereinstimmung der in der Natur tatsächlich beobachteten
Symmetrieverhältnisse mit den aus dem krystallographischen Grund-
gesetze abgeleiteten ist eine wichtige indirekte Bestätigung des
letzteren.
Eine Ableitung der 32 KrystaUklassen findet man n. a. in folgenden Werken:
Hewelj Artikel „Krystall" in Gehler's physikaliachem Wörterbnch Bd. 6
pag. 1023— 1B40 (1830) ; separat 1831 unter dem Titel: Erystallometrie oder Erystallo-
nomie und Erystallographie ; anch Ostwald's Klassiker Bd. 88, 89. Bravais, Memoire
snr les poly^dres de forme symmStrique. 1849 ; Ostwald's Klassiker Nro. 17. Etndes
cristaUographiqnes 1861 nnd 1866; Oadolin, Memoire snr la d^dnction d^nn senl prin-
cipe de tons les systömes ctistallographiqnes avec lenrs subdivisions. Acta soc. scient.
fennicae Bd. 9 pag. 1—71, 1871 ; Ostwald's Klassiker Nro. 75. P. Curie, Bulletin de
la sod^tS frangaise de min6ralogie. Bd. 7, 1884 pag. 89 n. 418. Sohnke, Entwickelnng
einer Theorie der Krystallstmktnr. 1879. Minr^igerode, N. Jahrb. für Mineralogie etc.
Beilage-Bd. V, 1887, pag. 145—166. Schönfliess, Kry Stallsysteme und Krystallstruktur.
1891. Groth, Physikalische Krystallographie. 3. Aufl., 1895, pag. 311 ff. WiUfing,
Tabellarische Uebersicht der einfachen Formen der krystallographischen Symmetrie-
gmppen. 1895. Th. Lidfisch y Grundriss der physikalischen Ejrystallographie.
pag. 34 ff. Erwähnt sei noch: FcdoroWy Uebersicht über dessen russisch geschriebene
Arbeiten: N. Jahrb. f. Mineralogie, 1891, I. pag. 113—115.
Ehe wir dazu übergehen, die 32 KrystaUklassen eingehend zu betrachten, haben
wir noch eine Beziehung zwischen ihnen kennen zu lernen, die es gestattet, sie zu
einer Anzahl von sechs größeren Gruppen, den sechs Krystallsystemen, zusammen-
zufassen.
63. Holoedrie. Meroedrie. Hemiedrie. Man macht bei dem
Studium der Kry stallformen vielfach die Beobachtung, daß eiuzelne
Flächen, die nach der Symmetrie eigentlich vorhanden sein müßten,
fehlen. Dies sind Unregelmäßigkeiten und UnvoUkommenheiten, die
wegen ihres gelegentlichen und zufälligen Auftretens eine größere
Bedeutung nicht besitzen.
In zahlreichen anderen Fällen ist aber auch ein regelmäßiges,
ganz bestimmten Gesetzen unterworfenes Fehlen von Flächen an ge-
wissen Formen zu konstatieren, wodurch neue, weniger symmetrische,
abgeleitete Formen ebenfalls mit ganz bestimmten Symmetrieverhält-
nissen entstehen. Diese Erscheinuug ist von der größten Bedeutung,
und sie ist es, die wir nun etwas genauer kennen zu lernen haben.
Schon bei Beginn der Entwicklung der wissenschaftlichen Krystall-
kunde am Anfang des 19. Jahrhunderts wurde diese wichtige Be-
ziehung zwischen gewissen Krystallformen erkannt, die man als die
der VoUfläcJiigkeit und TeilflächigJceit, der Holoedrie und Meroedrie zu
bezeichnen pflegt. Diese besteht u. a. darin, daß manche Krystallformen
70 Hemiedrie.
Dur Ton der Hälfte der Flftchen anderer Formen begrenzt sind, wo-
bei die Flächen der ersteren genau dieselbe Lage zueinander haben,
wie die entsprechende Hälfte der Flächen der letzteren. lUan kann
sich demnach jene ans diesen durch Verschwinden der anderen Hälfte
der Flächen entstanden denken, indem sich gleichzeitig die bleiben-
den Flächen bis znm gegenseitigen Dorchschnitt nach allen Seiten
hin ausdehnen. Solche nur Ton der Hälfte der Flächen begrenzte
Formen heißen hemiedrische oder hälbftächige im Vergleich mit denen,
die die volle Anzahl der Flächen besitzen und ans denen sie sich in
der ei-wähnten Weise ableiten lassen. Diese letzteren werden als
die holoedrischen oder voVflächigen Formen bezeichnet Die Erscheinnng
selbst wird Hemiedrie oder Halbftäckigheit genannt; sie bildet einen
speziellen Fall der Teilflächigkeit oder Meroedrie.
Die aus einfachen vollSächigen Krystallformen abgeleiteten hemi-
edrischen sind ebenfalls einfache Krystallformen, da ja auch sie von
lauter gleichen Flächen begrenzt werden. Diese sind auch selbstver-
ständlich in ihrer Anordnung dem Glesetz der rationalen Kantenschnitte
Unterworfen. Das Verschwinden der einen Hälfte der Flächen ist ja
von keinem Einfluß auf die bleibenden, die nach wie vor alle ein-
ander gleich sein und dem Kantenschnittgesetze entsprechen müssen.
In diesem Verhältnis der Holoedrie and Hemiedrie Bteben z. B. das re^olKre
Oktaeder und das Bteta von Tier g:Ieichaeitigen Dreiecken begrenzt« Tetraeder. Denkt
man sich im einem Oktaeäer (Fig. 38) die vier abwechselnden Flächen (die Bchrafßrten)
Terschwnnden (regp. von Anfang an nicht ansgebildet)
nnd die übrigen vier Flächen bis znm gegeneeitigeD
Dnrcbsclinitt erweitert, so entsteht eine neue, dem voll-
fl&chigen Oktaeder gegenOber bemiSdrische Form, die
das regnJäre Tetraeder genannt wird, DaB zwisclien
dem Oktaeder und Tetraeder wirklich diese Beziehung
besteht, zeigt die in der Figor dargestellte Grappimug
der Fluchen. Sie geht noch weiter aas den WiiikelTer-
bältniasen beider Formen hervor. Das Oktaeder ist von
acht gleichen, in der idealen Form gleichseitig dreieckigen
Fig. SB. Flächen begrenzt, die sich in lauter gleichen Sauten von
109 " 28' schneiden. Über die Ecken hinweg atollen sie
dann unter Winkeln von 180»— 109" 28' = 70" 32' zusammen. Unter demselben Winkel
von 70' 32 ' müssen sich aber auch, wie mau ans der Figur sieht. Je zwei Tetraeder-
flächen in den Tetraederkanten treffen, denn die Tetraederflächen sind ja der Lage
nach nichts anderes, als Oktaederflächen, die sich über die Oktaederecken weg
schneiden. In der Tat trifft man auch an zahlreichen Mineralien (Fahlerz, Boracit etc.)
tetraSdrische Fennen, deren Flächen unter lauter Winkeln von 70° 32' zusammen-
stoOen, die also reguläre Tetraeder sind und somit in der erwähnten Beziehung zu
dera regulären Oktaeder stehen und ans ihm abgeleitet werden können.
64. Korrelate hemiSdriBelie Formed. Die voMächigen Krystall-
formen geben selbstverständlich mit jeder ihrer beiden Flächenhälften
einen zugehörigen hemiedrischen KSrper, also im ganzen zwei (von
verschiedener Stellung). Die beiden aus demselben VoUflächuer abg:e-
leiteten HalbflSchner heißen korrdat; jeder ist der Gegenkörper des
anderen.
So gibt das Oktaeder (Fig. 39 b] Ewei korrelate Tetraeder (Fig. 39 a und c),
deren Kanten sich nntet 90" durchschneiden. Das eine Tetraeder ist das (Vt^en-
tetraeder des andereii.
65. Charakter der Hemiedrle. Zwei korrelate hemiedrische
Formen, also z. B, die beiden Tetraeder Fig. 39 a und c, ergänzen
sich gegenseitig geometrisch zn der zugehörigen Tollflächigen, also hier
dem Oktaeder (Fig. 39 b). Die Flächen der einen Form (des einen Tetra-
eders) sind aber stets physikalisch verschieden von denen der Gegen-
form (des Gegentetraeders). Zwei korrelate Hernieder, also die beiden
Tetraeder, bilden somit zwei verschiedene einfache Formen, die völlig
unabhängig voneinander anitreteo. Durch ihr Zosammenvorkommen
wird daher der zugehörige vollflftchige Körper nur der äußeren Form
nach wiederhergestellt (Fig. 39 b), nicht aber der Flächeubeschaffen-
beit nach, da nun nicht mehr alle Flächen einander gleich sind,
sondern in zwei verschiedene Gruppen zerfallen. Man hat es mit einer
Kombination der beiden korrelaten Halbflächner (der beiden Tetraeder)
zn ton.
Danach ist es für die Hemiedrie nicht unbedingt erforderlieh,
daß die eine Hälfte der nächen aus der vollflächigen Form verschwindet,
Hemiedrie ist schon vorhanden, wenn die Flächen der letzteren in zwei
Gruppen von ungleicher Beschaffenheit zerfallen, von denen Jede fttr
sich genflgend erweitert einen der beiden korrelaten Halbflächner
bilden kann. Das völlige Verschwinden der einen Hälfte der Flächen
stellt gewissermaßen den größtmöglichen Unterschied gegen die
andere bleibende Flächenhälfte dar und liefert die zugehörigen ein-
fachen hemiedrischen Formen.
66. KoDgraente und enantlomorphe Hernieder. Die aus einer
vollflächigen Form ableitbaren korrelaten Hernieder sind in allen
Fällen einander der Form nach gleich und nur in der Stellung von
einander verschieden. Doch ist in dem gegenseitigen Verhalten der
72 Eemiedrie.
beiden korrelaten Formen zueinander eine Verscliiedenlieit nnd zwar
von doppelter Art zd erkennen.
Die beiden korrelaten Formen sind entweder in der Weise ein-
ander gleich, daß jede darch eine g:eeignete Drehung mit der anderen
zur Deckung gebracht werden kann: sie sind hmgrwnt. Zwei der-
artige korrelate Formen werden meist ihrer Stellung nach als posiÜT
und negati? (-f- und — ) voneinander anterschieden, wobei es gleich-
gültig ist, welche von beiden als + angenommen wird; die andere
ist dann eben — .
Oder die beiden korrelaten Hemieder können nicht durch Drehung
miteinander zur Deckung gelangen; sie sind nur spiegelbildlich gleich.
Das eine ist das Spiegelbild des anderen, und sie verhalten sich zu-
einander wie die rechte Hand zur linken. Formen dieser Art werden
enarUiomor'ph genannt. Ihre verschiedene Stellung wird durch die Be-
zeichnung „rechts" nnd „links" zum Ausdruck gebracht. Alle enan-
tiomorphen Hemieder sind ohne Symmetrieebenen und ohne Symmetrie-
centrum, wahrend die kongruenten beides besitzen können.
Beispiele. Die aas dem Oktaeder ableitbaren beiden Tetraeder (Fig. 39) sind
kongruent; die Kanten des einen Tetraeders krenzen die des ooderen rechtwinklig.
Diebt man A»a erste nm eine der drei die Mitten zweier gegentiberliegendet Eanten
Terbindende Linie nm 90°, so kommt es mit dem Gegentetraeder vollkommen zur
Becknsg, so daß die FUchen nnd Kanten des einen genau in die Flachen nnd
Kauten des anderen fallen. Nennt man das eine Tetraeder -{-, so ist das andere — .
Eine an zahlreicbea Krystallen vorkommende einfache vollfichige Form ist
das Fig. 40b abgebildet« Dioklaeder, begrenzt Ton 16 gleichen Flächen, die üne
doppelt achtieitige Pyramide bilden mit gemeinsamer ebener Onmdfl&che der beiden
Fig. 40.
Hälft«ii. Diese 16 FIfichen gcbiteiden sich in acht gleichen Kanten, die in dieser gemein-
BchaftUchen Grtindfliiche liegen, nnd in je acht abwechslnngsweise gleichen spitzeren
resp. stompferen Eantenpaaren, die von den Ecken der Grundfläche nach den beiden
Pyramidenecken hin verlaufen. Wenn von den 16 Flächen des Dioktaeders nur je
die acht abnecbselnden ausgebildet sind, wie es die Schraffierung in h angabt, dann
entstehen zwei korrelate hemiedrische Formen , die man Trapezoeder genannt bat
(Fig. 40a und c). Ihre acht Flächen bilden eine vierseitige Doppelpjramide, deren beide
HUften etwas gegeneinander verdreht erscheinen, so d&O in der Mitte acht abwechselnd
Tetartoedrie. Ogdoedrie. Hemimorphie. 73
Terschiedene kürzere ondlängere Kanten zickzackfOrmig auf- nnd absteigen. Acht gleiche
Kanten gehen zu je vier von den beiden Pyramidenecken ans. Diese zwei korrelaten
Trapezoeder sind spiegelbildlich gleich, jedem Begrenznngselement des einen liegt ein
gleiches am anderen symmetrisch gegenüber. Sie lassen sich dnrch keine Drehung zur
Deckung bringen, sie sind enanüomorph -^ das eine ist das rechte, das andere das
linke. Eine Symmetrieebene und ein Symmetriecentram sind, wie man sieht, nicht
Torhanden.
67. Tetartoedrie. Ogdoedrie. Nicht selten geht die Teil-
fl&chigkeit noch weiter. Von manchen (nicht allen) Krystallformen, die
zu anderen im Verhältnis der Hemiedrie stehen, kann man sich wieder
nnr die Hälfte der Flächen ausgebildet, die andere Hälfte verschwunden
denken, so daß also von den Flächen der holoedrischen Gestalten nnr
der vierte Teil vorhanden ist. Man erhält so viertelfläehige oder
ietartoedrische Formen, die als Hemieder von Hemiedern aufgefaßt
werden können. Die Erscheinung selbst ist die der Tetartoedrie oder
ViertäflächigkeU. Die vollflächigen Formen können somit vier korre-
late tetartoedrische Formen geben, die hemiedrischen deren zwei. Auch
die korrelaten tetartoedrischen Formen sind entweder kongruent oder
enantiomorph. Beispiele dafür werden wir unten bei der Beschreibung
der einzelnen Krystallformen kennen lernen.
Durch fortgesetztes Verschwinden der Hälfte der Flächen können wir ans ge-
wissen yiertelflächigen Formen achtelflächige oder ogdoedriache Gestalten ableiten,
womit dann die Teilflächigkeit ihr Ende erreicht hat. Die Ogdoedrie oder Achtd-
flächigkeit ist aber namentlich für Mineralien von so geringer Bedeutung) daß hier
nur kurz darauf hingewiesen werden soll.
68. HemlmorpUsmus. Eine besondere Art der Hemiedrie ist
der Hemimorphismus (Hemimorphie). Von Hemimorphismus spricht
man, wenn an einem Krystall an dem einen Ende einer nur einmal
vorhandenen (singulären) Symmetrieachse (56) nicht die parallelen Gegen-
fl&chen zum anderen Ende, sondern Flächen von abweichender Lage
vorhanden, oder wenn die Flächen am einen Ende den etwaigen
parallelen am anderen nicht krystallographisch gleich sind. Die beiden
Enden jener Achse, der Achse des Hemimorphismus^ sind demnach ver-
schieden ausgebildet, aber stets so, daß die Flächen auf beiden Seiten
in derselben Weise, d. h. nach den nämlichen Ebenen und Achsen,
symmetrisch angeordnet sind. Die Achse des Hemimorphismus ist eine
Symmetrieachse von gleicher Zähligkeit für beide Enden, sie zeigt aber
eine ausgesprochene Zweiseitigkeit, der Krystall eine bestimmte Po-
larität in der Richtung der Achse, die auch in einer physikalischen
Verschiedenheit der beiden Pole selbst, nicht nur der Flächen, zum
Ausdruck kommt (verschiedenes pyroelektrisches Verhalten der beiden
Pole etc.). Die Flächen von gleicher Beschafifenheit am einen, wie die
an dem entgegengesetzten Pol, bilden je für sich einfache Formen,
mit Ausschluß aller gegenüberliegenden. Sämtliche einfache Formen
74 Symmetrie hemiedrischer Fonnen.
hemimorpher Krystalle sind daher notwendig oflfen und die Krystalle
selbst müssen stets Kombinationen ohne Symmetriecentrum darstellen.
Hemimorphe Formen lassen sich aus sämtlichen solchen Formen
ableiten, die mindestens eine an beiden Enden gleich ausgebildete
singulare Symmetrieachse besitzen, und nur aus solchen. Auf dieser
Symmetrieachse ist stets eine Symmetrieebene oder eine Anzahl anderer
Symmetrieachsen senkrecht. Man denkt sich jede der vorhandenen ein-
fachen Formen in zwei voneinander unabhängige (voneinander ver-
schiedene) Hälften zerfallen, deren Flächen je um die beiden Pole
herumliegen und kann sich vorstellen, daß die Flächen am einen Ende
verschwinden und durch andere nach derselben Sjrmmetrie angeordnete
ersetzt werden. Dadurch kommen dann auch die Symmetrieelemente
zum Wegfall, die auf der zur Achse des Hemimorphismus gewordenen
Symmetrieachse senkrecht sind (Symmetrieebene, resp. Symmetrieachsen),
wie wir bei der speziellen Betrachtung der hemimorphen Krystalle,
namentlich im hexagonalen System, noch eingehender sehen werden.
Beispiel. Eine Anschannng von hemimorpher Anshildnng gibt der ErystaU
von Kiesebirikcrz (Fig. 41). Die Achse des Hemimorphismus ist anfrecht gestellt. Es
ist eine für beide Enden zweizählige Symmetrieachse. Die Flächen
an beiden Polen sind nach zwei aufeinander senkrechten Symmetrie-
ebenen, die parallel a und b gehen, symmetrisch angeordnet. Die
Flächen p, m, o, r nnd c sind nur oben, die Flächen s nur unten
ausgebildet. Wäre die Begrenzung oben und unten dieselbe, so wäre
noch eine horizontale Symmetrieebene senkrecht zur Achse des Hemi-
morphismus Torhanden, die aber nun weggefallen ist, ebenso auch
die beiden auf der letzteren und auf den Flächen a und b senk-
•^g- 41- rechten horizontalen zweizähligen Symmetrieachsen. Zu keiner der
Endflächen ist eine parallele Gegenfläche Yorhanden, wohl aber zu
allen Flächen, die der Achse des Hemimorphismus parallel gehen, zu a, & und g; auf
diese hat hier die Hemimorphie keinen Einfluß.
69. Symmetrie hemiedrischer Formen. Durch das Verschwinden
der einen Hälfte der Flächen einer vollflächigen Krystallform muß
selbstverständlich auch ein Teil der Symmetrieelemente dieser
letzteren wegfallen. Damit wird die Symmetrie der hemiedrischen
Formen niedriger, als die der zugehörigen holoedrischen. Speziell ist
mit der einen Hälfte der Flächen auch ein Teil der Symmetrieebenen
des Vollflächners und damit zusammen meist notwendig von selber
auch ein Teil der Symmetrieachsen verschwunden. Letztere brauchen
daher nur in einzelnen Fällen besonders beiücksichtigt zu werden,
wie wir unten bei der genaueren Betrachtung der einzelnen Hemiedrien
noch weiter sehen werden. Ebenso verhält es sich auch mit dem
Sjnmmetriecentrum. Geht das Symmetriecentrum verloren, so fehlen
zu allen Flächen die parallelen Gregenflächen. Die so entstehenden
hemiedrischen Formen heißen dann geneigiflächig. Im Gegensatz dazu
Symmetrie hemiedriBcher Formen. 75
werden hemiedrische Formen, bei denen zu jeder Fläche die parallele
Gegenfläche noch vorhanden ist, parallelflächige genannt.
An sich wäre es nun wohl möglich, d. h. es würde dem Gesetze
der rationalen Kantenschnitte nicht widersprechen, wenn die Hälfte
der Flächen an den holoedrischen Formen in ganz beliebiger Weise
verschwinden würde. Bei genauerer Untersuchung findet man aber,
daß hier eine strenge Gesetzmäßigkeit herrscht, die auf die allge-
meinen Verhältnisse der Symmetrie gegründet ist
70. Hafiysches Symmetriegesetz. Diese Gesetzmäßigkeit folgt
aus einem umfassenderen Gesetz, das wir hier zum ersten Male kennen
lernen, dem wir aber später noch öfter begegnen werden. Es ist zu-
erst am Beginn des 19. Jahrhunderts von dem Pariser Mineralogen
Haüy^ dem Begründer der wissenschaftlichen Erystallographie auf-
gestellt und danach das Haüysche SymmetriegeseUf genannt worden.
Ganz allgemein kann es in folgender Form ausgedrückt werden: In
jedem Krystalle verhaften sich gleichwertige Stüdce jedereeit gleich. Je
nachdem diese Stücke Symmetrieelemente oder Begrenzungselemente
sind, wird sich dieses Gesetz im speziellen auf verschiedene Weise
äußern.
(Hdüy^ M6moire snr nne loi de la cristallisation appel^e loi de Symmetrie
M4m. du mos. d'hist. nat. 1816. I. 81. 206. 273. 341. Uebersetzt von Hessel unter
dem Titel: Haüy's Ebeumaassgesetz der Krystallbildung 1819).
71. Symmetrieverliältnisse der hemiedrlschen Formen nach
dem Hafiyschen Symmetriesatz. Die Stücke der Krystalle, um die
es sich hier handelt, sind die Symmetrieelemente derselben, namentlich
die Sjrmmetrieebenen. Das Haüysche Gesetz würde also speziell
lauten : Gleichwertige Symmetrieelemente (Symmetrieebenen) ver-
halten sich bei der Hemiedrie gleich. Dieses gleiche Verhalten besteht
darin: die verschwindenden resp. bleibenden und sich ausdehnenden
Flächen einer holoedrischen Form sind stets in der Weise angeordnet,
daß Gruppen gleichwertiger Symmetrieelemente (gleichwertige Sym-
metrieebenen und mit ihnen oft auch gleichwertige Symmetrieachsen)
stets gleichzeitig verschwinden und nur die anderen übrig bleiben.
Manchmal verschwindet nur eine einzige Gruppe von Symmetrieebenen,
in anderen Fällen mehrere solche Gruppen gleichzeitig. Durch die
übrig bleibenden Symmetrieelemente sind dann die hemiedrischen
Formen in Bezug auf ihre Symmetrie charakterisiert. Hat der voll-
flächige Krystall kein anderes Symmetrieelement als ein Symmetrie-
centrum, so kann bei der Hemiedrie auch dieses verschwinden, und
die hemiedrischen Formen sind dann dadurch ausgezeichnet, daß sie
gar kein Symmetrieelement mehr besitzen.
Beispiel. Das Tetraeder (Fig. 38) ist eioe aus dem Oktaeder ableitbare hemi-
edrische Form (63). Das letztere hat, wie wir gesehen haben (64), drei Haupt- und
76 Gesetz der Hemiedrie.
6 Nebensymmetrieebenen. Fallen bei der Ableitung des Tetraeders die abwechselnden
Flächen (die schraffierten) des Oktaeders weg, so yerschwinden, wie die Fignr deat-
lich zeigt, die drei über die Oktaederkanten hinweggehenden Hanptsymmetrieebenen.
Dagegen bleiben die sechs Nebensymmetrieebenen in der Eichtnng der Höhenlinien der
Oktaeder- und der Tetraederflächen (angegeben durch die gestrichelten Linien) auch
bei dem Tetraeder als Symmetrieebenen erhalten. Die drei gleichwertigen Haupt-
symmetrieebenen sind also alle gleichzeitig verschwunden, die sechs gleichwertigen
Nebensymmetrieebenen aUe gleichzeitig erhalten geblieben. Ähnlich ist es mit den
Symmetrieachsen. Gleichzeitig mit den drei Hauptsymmetrieebenen verschwinden die
sechs gleichwertigen zweizähligen Symmetrieachsen des Oktaeders, es bleiben aber
alle vier gleichen dreizähligen Symmetrieachsen des Oktaeders als solche auch beim
Tetraeder und die drei gleichen vierzähÜgen Symmetrieachsen des Oktaeders gehen
in drei gleiche zweizählige beim Tetraeder über.
72. Symmetrieyerhältiilsse der tetartoedriscilen Formen. Wie
die hemiedrischen Formen weniger symmetrisch sind als die zuge-
hörigen vollflächigen, so sind die tetartoedrischen weniger symmetrisch
als die hemiedrischen, ans denen sie sich ableiten lassen. Zwischen
den beiden letzteren herrschen aber genau dieselben allgemeinen Ver-
hältnisse, wie bei den beiden erstgenannten. Auch aus den hemiedri-
schen Formen verschwinden • bei der Bildung von tetartoedrischen
gewisse Gruppen gleicher Symmetrieelemente. Nur aus solchen
hemiedrischen Formen können tetartoedrische abgeleitet werden, die
noch gewisse Symmetrieelemente besitzen. Ebenso verhalten sich die
ogdoedrischen Formen zu den tetartoedrischen. Mit der Achtelflächig-
keit ist die äußerste Grenze der Meroedrie erreicht
73. Gesetz der Hemiedrie etc. Die Angabe der Symmetrie-
elemente, besonders der Symmetrieebenen einer vollflächigen Krystall-
form, die beim Eintreten einer Hemiedrie verschwinden, nennt man
das Gesetz der Hemiedrie, In derselben Weise ist auch das Gesetz der
Tetartoedrie etc. aufzufassen, wobei man sich die tetartoedrischen
Formen entweder direkt aus den vollflächigen oder auch aus den
hemiedrischen etc. abgeleitet denken kann. Aus diesem Gesetz folgt
dann die Anordnung der verschwindenden und der bleibenden Flächen
von selbst; sie steht mit dem Verschwinden dieser oder jener Gruppe
von Symmetrieebenen in engem und notwendigem Zusammenhang.
Das Gesetz der Hemiedrie etc. läßt sich daher auch ebenso gut durch
Angabe der gegenseitigen Lage der verschwindenden und bleibenden
Flächen des VoUflächners bestimmen, woraus dann umgekehrt folgt,
welche Symmetrieelemente dabei verschwinden müssen.
Beispiel. Bei der Ableitung des Tetraeders aus dem Oktaeder besteht das
Gesetz der Hemiedrie darin, daß die drei Hauptsymmetrieebenen im letzteren ver-
schwinden. Dies kann aber nur geschehen, wenn von den auf beiden Seiten einer
Oktaederkante liegenden Flächen überaU eine wegfällt und nur die andere übrig
bleibt. Führt man dies in konsequenter Weise rings um den ganzen ErystaU herum
aus, so kann nur die in Fig. 38 oder 39b durch Schraffieren angedeutete Flächen-
Geseti der Eemiedrie. 77
(p^ippienmg heraiukommeii, bei der eine jede bleibende Okt&ederfläcbe umgeben iat
Ton dnd TenchwindeDden tutd nmgeliehTt. Die Qmppiemng ist auch eine Folge dea
Ha&jscben SjmmetriegesetzeB , wonach gleiche Kanten ond Flächen ancb bei dem
Eintreten der Hemiedrie sich gleich verhalten mflaaen. Fflr die Eemiedrie würde
es Khon genügen, wenn die abwechselnden Oktaederfl&chen phjaikaliach verschieden
würden. Schon dadnrch würde die Symmetrie nach den Hanptajmmetrieebenen dea
Oktaeders beim Tetnieder anfgehoben werden, wUirend die nach den Nebensjmmetri»-
ebenen bleibt.
Umgekehrt kannte man daher das Gesetz auch in der Weise aossprechen, daß
man sagt: beim Oktaeder sollen nur die abwechselnden Flächen noch gleich sein,
die anderen von diesen verschieden werden, reap. gam verschwinden. Dann würde
darans, wie dieselbe Figur ceigt, folgen, daQ die drei Haoptsymmetrieebenen nicht
mehr als solche funktionieren. Je die eine Hilft« der Flächen würde dann für sicli
allein beide Male ein Tetraeder bilden.
74. Ableltang melirerer hemlediisdier Formen aas derselben
TOllfläclilgen. Aus dem Vorhergehenden ist obae weiteres zn er-
sehen, daß aas zahlreichen einfachen Tollflächigen Formen mehrere
Terschieden gestaltete bemiedrische Formenpaare abgeleitet werden
kSnnen, nämlich ans allen solchen, die mehrere voneinander unab-
hängige, d. h. nicht gleichzeitig miteinander verschwindende Gruppen
gleicher Synunetrieelemente besitzen. Durch das Verschwinden von
bald der, bald jener solchen Gruppe von gleichen Symmetrieelementen,
oder auch von mehreren solchen zusammen, entsteht je ein Paar korre-
later hemiedrischer Formen, die jedesmal einem anderen Gesetz der
Hemiedrie, oder, wie man karz zu sagen flegt, einer anderen Hemiedrie
entsprechen. In ganz analoger Weise verhält es sich mit den Tetarto-
edrien etc.
Ein Beispiel hierfür liefert die flfichenreichBte einfache Erystallform, die Über-
hanpt mSglich ist, der Achtundvieriigflächner, auch HexaJeitoktaeder genannt (Fig. 13).
Er ist in der idealen Form begrenzt von 48 kongruenten
nnregebnUJigen Dreiecken, die in acht Gruppen von je
sechs angeordnet sind in der Weise, daO diese sechs tn-
sammen der Lage nach einer Oktaederfl&che entsprechen.
Hit dem Oktaeder und mit dem Würfel stimmt dieser
EOrper in Beziehung anf die Symmetrie vollkommen über- £ i
ein, weil er dieselbe Zahl von Sjmmetrieelementen in der-
selben Lage ond Beschaffenheit nnd also denselben Grad
der Symmetrie besitzt wie sie, daher gehört er mit
dieaeu beiden in dieselbe Klasse. Drei gleichwertige auf-
einander senkrechte Hanptsymmetrieebenen gehen dnrch Fig. 42.
]e acht gleiche Kanten K nnd durch je vier gleiche
Ecken E und O. Die Ewiscbenliegenden Nebensymmetrieebenen sind durch die
beziebungsweiae gleichen Kanten M resp. L nnd durch die beziehungsweise gleichen
Ecken E, O und G bestimmt.
Fallen nun die drei Hauptsymmetrieebenen nnter Erhaltung der sechs Neben-
Bjmmetrieebenen weg, geht also die Hemiedrie nach demselben Gesetze vor sich, wie
bei dei Ableitung des Tetraeders ans dem Oktaeder {daher ietraedriidie Hemiedrie
genannt), dann müssen die vier abwechselnden Gruppen von je sechs Flächen ver-
78 QesetE der Eemiedrie.
Bchwindeu, reap- toh den anderen vier in der vollflKchigen Form mit ihnen g'Ieich-
vertigen Qrappea verschieden werden, wie es in Fig. 43b die SchraEfierong seigt.
Fig. 43.
Jede der beiden FIScbenhälften gibt dann einen von 24 nnregelmäGigen Dreiecken
begrenzten heiniedriBclien Körper von der allgemeinen Form eines Tetraeder», dessen
Flächen zu vier gleichwertigen Gruppen von je sectu angeordnet sind. Es ent-
stehen ans dem Heiakiaoktaeder die beiden korrelaten SexakUteiraeder Fig. 43a
und c mit geaeigtSächiger Begrenzung, die selbstverständlich mit den Tetraedern
bezüglich der Symmetrie vollstfiudig übereinstimmen müssen.
Nach einem zweiten Gesetze füllen die sechs Nebenajmmetrieebenen des EeiaJda-
oktaedera weg, während die drei Hauptsjmmetrieebenen als solcbe erhalten bleiben.
Die verschwindenden und sich ansdehnenden Flächen müssen dann wie in Fig. 44b
Fig. 44.
gegeneinander gmppiert sein. Jede Hälfte gibt als hemiedriachen KQrper ein
Diploeder. Es entstehen nach diesem Gesetz zwei korrelat« Diploeder, begrenzt von
24 nngleicbschenkligen vierseitigen Flächen (Fig. 44a n. c). Es ist dies eine (parallel-
flächige, die sogenannt« pyritoeiriiche Hemiedrie.
Fallen endlich, der einzigen noch Übrigbleibenden HSglichkeit entsprechend, alle
3 -|- 6 Sjmmetrieebenen gleichzeitig ana, dann kSnnen die beiden Flächenhälften
nnr so, wie es in Fig. 45 b dargestellt ist, angeordnet sein. Das Heiakisoktaeder
liefert dann, wenn je die eine Hälfte der Flächen verschwindet, die dieser Hemiedrie
entsprechenden beiden korrelaten Halbfläcbner, die man als Qyrotder oder Plagitder
Fig. 46.
bezeichnet (Fig. 46 a n. c). Es liegt die gyrofdrisehe oder plagiedri$che Hemiedrie
vor, die wie die tetraedrische geneigtflficbig ist.
Hemiedrie ohne Formyeränderang. 79
Die Mdglichkeit weiterer Hemiedrieen ist damit erschöpft, da kein anderes gleich-
^tiges Wegfallen von gleichwertigen Symmetrieebenen mehr denkbar ist Es kann
nnn aber an diesen hemiedrischen Formen wieder die Hälfte der Flächen in Wegfall
kommen, so daß tetartoedrische Formen entstehen. Wir wollen hier aber diese Be-
tiachtnngen nicht weiter fortsetzen, sondern sie bis zur eingehenden Beschreibung
der einzelnen Ejrystallklassen verschieben.
75. Hemiedrie ohne FormTerSnderung. Bemerkenswert ist es,
daß manche einfache Krystallformen durch Eintritt einer Hemiedrie
keine Veränderung erleiden. Dies ist immer dann der Fall, wenn die
Flächen dieser Form senkrecht über diejenigen Symmetrieebenen hin-
weg gehen, die bei der betreffenden Hemiedrie in Fortfall kommen.
Ein Beispiel hierfttr Uefert das Rhonibendodekaeder (Fig. 46), begrenzt in der
idealen Form von zwölf gleichen Bhomben, die sich in den Kanten unter 120^, über
die Tierflächigen Ecken hinweg unter rechten Winkeln schnei-
den. Eine solche Form gehört ebenfalls derselben Krystall-
klasse an, wie das Oktaeder und der Würfel und hat wie sie
drei aufeinander senkrechte Hauptsymmetrieebenen, die in der
Richtung der großen Diagonalen über die Flächen hinweg
verlaufen und sechs zwischenliegende Nebensymmetrieebenen,
die durch die kleinen Diagonalen der Flächen und je vier
Kanten bestimmt werden. Fallen nun nach dem Gesetz der
t«traedrischen Hemiedrie die drei Hauptsymmetrieebenen weg,
so werden alle Flächen nach den großen Diagonalen in zwei
voneinander verschiedene Hälften zerfallen müssen. Würde ^^' ^«
nun auch die eine Hälfte jeder Fläche verschwinden, so müßte
sie sofort wieder ersetzt werden durch die sich gleichzeitig ausdehnende andere
Flächenhälfte. Das Dodekaeder kann demnach seine äußere Form bei dieser
Hemiedrie nicht ändern (vergl. (106), letzter Abschnitt).
76. Auftreten derselben Formen in mehreren Erystallklassen.
Wir haben hier gleichzeitig beim Dodekaeder ein Beispiel, veie eine
und dieselbe einfache Form in zwei verschiedenen Krystallklassen auf-
treten kann, in der durch das Oktaeder repräsentierten vollflächigen und
in der durch das Tetraeder repräsentierten hemiedrischen (tetraedrisch-
hemiedrischen). Bei der speziellen Beschreibung der einzelnen Klassen
werden wii* sehen, daß dies auch in zahlreichen anderen analogen
Fällen vorkommt. Ähnliches werden wir aber auch bei vollflächigen
einfachen Formen kennen lernen und zwar bei den offenen, bei manchen
Prismen und den Pinakoiden. Der Grund liegt hier darin, daß in-
folge ihrer unvollständigen Eaumabgrenzung bei ihnen bezüglich ihres
Symmetriegrades eine Unbestimmtheit bleibt, so daß sie in ver-
schiedenen durch die Symmetrie gegebenen Abteilungen möglich
sind. Die Unbestimmtheit hört auf, wenn durch Zutreten anderer
einfacher Formen, offener oder geschlossener, der Raum vollständig
und allseitig abgegrenzt wird.
gO Holoedrische und hemiedrische E^stallklassen.
77. Holoediisclie nnd liemiediisclie Krystallklassen. Wir haben
im bisherigen den Zusammenhang einzelner Erystallformen in Be-
ziehung auf ihre Vollflächigkeit und Teilflächigkeit betrachtet In
demselben Zusammenhang müssen aber auch die Erystallkiassen unter-
einander stehen, da ja sämtliche zu einer Klasse gehörige Formen
hinsichtlich der Symmetrie miteinander vollkommen übereinstimmen.
Wie es voUflächige und teilflächige Erystallformen gibt, so gibt es
auch voUflächige und teilflächige Erystallkiassen. Letztere sind der
Inbegriff aller derjenigen hemiedrischen etc. Formen, die aus sämt-
lichen einfachen Formen einer vollflächigen Elasse nach demselben
Gesetz der Hemiedrie (73) abgeleitet werden können. Alle diese
letzteren Formen haben dieselbe Symmetrie, denn bei der Hemiedrie
verschwinden jedesmal die nämlichen Symmetrieelemente. Diejenigen,
die den entstehenden hemiedrischen Formen schließlich verbleiben,
sind demnach wieder bei allen dieselben. Es ist also klar, daß alle
so erhaltenen hemiedrischen Formen dieselbe Symmetrie haben müssen,
daß sie somit zusammen eine Elasse, und zwar eine jener voll-
flächigen gegenüber halbflächige, allgemein gesagt, teilflächige, bilden
müssen. Wenn z. B. aus den sämtlichen Formen mit 3 -f- 6 Sym-
metrieebenen (54) die drei Hauptsymmetrieebenen wegfallen, so erhält
man aus den Formen der dui'ch 3 + 6 Symmetrieebenen charakteri-
sierten Elasse eine neue Elasse von Formen, die alle nur noch die sechs
Nebensymmetrieebenen haben, die Formen der tetraedrischen Hemiedrie
(Tetraeder, Hexakistetraeder (74) etc., aber auch das bei dieser
Hemiedrie seine Form nicht ändernde Rhombendodekaeder (75) etc.)
Wenn man von diesem Gesichtspunkte aus die 32 Erystallkiassen
(62) untersucht, so findet man, daß sechs unter ihnen sich als vollflächig
erweisen, während die übrigen 26 alle je aus einer von diesen sechs als
hemiedrische, tetartoedrische und ogdoedrische in der oben ange-
gebenen Weise abgeleitet werden können, indem nach bestimmten
Gesetzen ein Teil der Begrenzungselemente verschwindet, womit
dann zu gleicher Zeit auch ein Teil der Symmetrieelemente in Weg-
fall kommt.
Der innige Zusammenhang zwischen den Yollflächigen nnd den zugehörigen
teilflächigen Klassen kann vollständig nur nach Kenntnisnahme der sämtlichen
zugehörigen einzelnen Krystalllormen verstanden werden. Eine eingehende Be-
schreibung der letzteren wird unten bei der spezieUen Betrachtung der einzelnen
Krystallklassen gegeben werden. Hier beschränken wir uns zunächst auf eine aU-
gemeine Übersicht, die der späteren genaueren Darstellung zur Grundlage dienen soU.
78. Krystallsysteme. Vor allem haben wir hier zunächst noch
den Begriff des Krystallsystems kennen zu lernen. Man faßt je eine
der sechs yollflächigen Klassen mit allen denen, die sich aus ihr als
hemiedrische, tetartoedrische und ogdoedrische ableiten lassen, zu einer
Erystallsysteme. gl
größeren Grappe zusammen und nennt eine solche Ornppe dn
Kryställsysiem. Die einzelnen Glieder eines Erystallsystems erweisen
sich nicht nur dnrch diese allgemeine krystallographisehe Beziehung
als zusammengehörig, sondern auch durch gewisse physikalische,
namentlich optische Eigenschaften, die ihnen allen gemeinsam sind.
Unter den Klassen eines und desselben Erystallsystems hat selbst-
yerständlich die yollflächige die höchste Symmetrie, die meisten Sym-
metrieelemente. Jeder teilflächigen Klasse entspricht, wie wir wissen
(77), ein besonderes Gesetz der Hemiedrie etc., das sich aus den in
jedem einzelnen Falle verschwundenen resp. erhalten gebliebenen Sym-
metrieelementen ergibt. Indem man von der yollflächigen Klasse aus-
geht und sich in ihr je die zusammengehörigen gleichwertigen Sym-
metrieelemente auf alle denkbare Arten gruppenweise wegfallend denkt,
erhält man die 26 durch besondere Symmetriegrade charakterisierten
teilflächigen Abteilungen, die mit den 6 yollflächigen genau dieselben
82 Klassen ergeben, welche sich direkt aus dem Gesetze der ratio-
nalen Kantenschnitte ableiten lassen (62). Es ist dabei immer zu be-
achten, daß nicht die sämtlichen Symmetrieelemente in Bezug auf
ihr Wegfallen und Erhaltenbleiben voneinander unabhängig sind.
Mit dem Verschwinden mancher Symmetrieebenen verschwinden oder
verändern sich gleichzeitig mit Notwendigkeit gewisse Sjrmmetrie-
achsen und eventueU fällt auch das Symmetriecentrum von selber weg,
so daß nicht alle denkbaren Variationen des Wegfallens von Sym-
metrieelementen zu neuen abgeleiteten Klassen führen.
79. Übersicht ttber die Erystallsysteme. Wie wir gesehen
habeu, gibt es sechs vollflächige Krystallklassen, aus denen sich die 26
fibrigen durch Hemiedrie etc. ableiten lassen. Somit gibt es auch sechs
und nur sechs Krystall^f steme in dem oben angegebenen Sinne. Diese
sind zur Unterscheidung mit besonderen Namen belegt worden. Jedes
Krystallsystem ist schon durch die zugehörige vollflächige Klasse
vollständig bestimmt ; in ihm sind ja die zugehörigen anderen weniger
symmetrischen Klassen enthalten. Diese sechs vollflächigen Klassen
können somit als Eepräsentanten der sechs Krystallsysteme aufgefaßt
werden. Sie sind hier zusammengestellt unter Angabe der zu ihrer
Charakterisierung zunächst genügenden Symmetrieebenen und unter
BeifDgung eines speziellen Beispiels für jede einzelne.
1. Beguläres System. 3 -^ ^ "= ^ Symmetrieebenen. Die drei
erstgenannten gleichwertigen Symmetrieebenen, die Hauptsymmetrie-
ebenen, stehen aufeinander senkrecht und schneiden sich in drei
gleichfalls aufeinander senkrechten Geraden. Die sechs anderen
gleichwertigen Symmetrieebenen, die Nebensymmetrieebenen, gehen
zu je zweien gleichfalls durch jene drei Geraden und halbieren die
Bftuer, Mineralogi«. ^
Winkel zwischen den beiden zngehSrigen HanptsTmmetrieebenen, mit
denen sie also Winkel tod 45" einschließen.
Als Boapiel haben wir uhoD oben (54) a. a. den WQrfel kennen gelernt, ^er
mit Betuen sämtlichen Sjmmetrieebeiteii in Fig. 33 dargestdlt
ist. In den Geraden au, die den Würfelkanten parallel sind,
schneiden sich je swei Haoptajmmetrieebenen A parallel den
WarfelflSchen and je swei diagonal verlanfende NebeosTni-
metrieebenen B unter 46'. Quu analog ist ea beim Okta-
eder (Fig. 34) (54). Ein anderes Beispiel eines ToUfltcliig
regnlBren Erystalls ist das von KwSlf Bhomben begrenzte
Bhombendodekaeder (OranatMder) (75), desBen Flftchen Ober
die Kanten unter ISO', über die Tierkantigen Sckeit unter
Fig. 47. 90" znsammenstolien (Fig. 47). Die Hanpts}rmmetrieebeaeu A
gehen nach der groasen, die Nebensymmetrieebenen S nach
der klänen Diagonale über die Fl&cben hinweg. Der Würfel, das Oktaeder und das
Bhombendodekaeder lind alao ToUflKchige, regnlin, einfache Formen.
2. HexagonaUs System. 3 + 3 -f- 1 = 7 Symmetrieebenen. Von
diesen steht die eine, von allen abrigen verschiedene, die Hauptsym-
metrieebene, anf den sechs anderen, den Nebensymmetrieebenen, senk-
recht. Letztere schneiden sich unter 30" in einer auf der Haupt-
symmetrieebene senkrechten Gieraden. Die Nebensymmetrieebenen
zerfallen in zwei Gruppen; je die drei abwechselnden sind gleich-
wertig und von den drei anderen verschiedeD. Die drei gleich-
wertigen Nebensymmetrieebenen jeder Gruppe schliessen Winkel von
60" ein und halbieren die Winkel der anderen Gruppe.
In Fig. 48a ist ein vollflfichig hexagonaler EiTStall
TOD der Seite, in Fig. 48b tod oben dargestellt. C ist
HauptsymmetrieebeDe, cc, in Fig. 48 b «tun Ponkt ver-
kürzt, ist die auf C senkrechte Qerade, in der sich die
sechs Nebensymmetrieebenen Bchneiden. Die abwechselnd
gleichen Nebensymmetrieebenen sind A nnd B. Die
Winkel folgen ohne weiteres ans Fig. 48 b, wo sich
alle Fl&chen oa tmter 120* schneiden. Ebenso geht
ans der Fignr nach der Lage an der Begrenzung des
SrjstallB hervor, daQ die Nebensymmetrieebenen A
und B je ontereinander gleichwertig, aber voneinander
nnd von der Haoptajmmetrieebene C verschieden sein
mässen.
3. Quadratisches System. 2 4- 2 -l- 1 = 5
Symmetrieebenen. Ganz analog wie im hexa-
gonalen System steht die eine Symmetrieebene,
die auch hier die Hauptsymmetrieebene ge-
nannt wird, auf den vier anderen von ihr ver-
schiedenen Tfebensymmetrieebenen senkrecht.
I» .g Diese zerfallen gleichfalls in zwei GmppeD,
hier von je zweien zueinander senkrechten,
von denen die beiden der einen Gruppe die Winkel der anderen
EryBtallijBtemfl. gS
Gmppe halbieren. Je zvei aufeinander folgende NebensTnunetrie*
ebenen achlieBen demnach einen Winkel von 46 " ein und alle
Tier schneiden sich' in einer zur Haaptsjmmetrieebene senkrechten
Oeraden.
Dia Fig. 49k tmd 49b Stelleu
einen TolMIftchig qaadntücben
KrTStall von der Seite und von
oben bebachtet dkr. C ist die
Hanptsyminetneebene, A und B
Bind die beiden Omppen Ton
Nebensjmmetrieebenea. Ihre ffe-
genseitige Lage folgt atu den
Fignren, ihre relfttiTe Beschaffen-
heit, Oleichheit reap. VerscUeden-
heit, ans denselben Qrilnden, wie
l)flim bexagonalen System.
4 Bhombisches System.
1 + 14-1 ="3 verschieden-
wertige Symmetrieebenen
A, B, C, die aofeinander
senkrecht stehen,
Beispiel: Fig. 50a von der
Seite, Fig. 60 von oben. A, B, C
sind die drei Symmetrieebenen,
die lidi in drei aufeinander
•enkiechteu Oetttden c
e schneiden.
Flg. 51.
5. Monokiinea System. 1 Symme-
trieebene.
Beispiel: Angit: Fig. 61. (Aach Oips,
Fig. 86.)
6. Trü^mes System. 0 Symmetrie-
(Anch Kapfer-
Beispiel : Axinit (Fig 6!
Titriol Fig. 36.)
Fig. 6S.
80. 6reBiforHea< Zuweilen findet man, daO Formen, denen faktisch eine niedere
Symmetrie ankommt, sich in der allgemeinen FlScheuanordniuig und in den Winkelver-
bUtmasen so sehr einer Form mit höherer Symmetrie nUem, daB ihnen olme die
genanest« Untersnchnng Jene hOhere Symmetrie rageschrieben werden mOQte. So
bratallisiert der LeucU in Formen, die derart einem soj:- regnlftren Ikositetra-
eder (Fig. M (102)) gleichen, dafi man du Hiner^l frflher für regnl&r gehalten
nnd solche regnIKre Farmen Leucitoedar genannt hat. Tatsloblich sind aber
die Formen des Lencit« quadratisch nnd twar Kombinationen eines Oktaeders mit
einem Dioktaeder (183, 134). Erystallformen dieser Art nennt man Orenzformen,
die gaose Erscheinung Paeado^i/mmetrie. Der Leudt wäre demnach pieudoregtUar.
Der Camaäit bildet rhombische Krjstalle, die sich in hohem Qrade gewissen bexa-
gonalen Formen nlhem. Es sind sechsseitige Prismen, die, wenn sie wirklich bexft-
goual wlren, lanter Kanten von 120° haben mflQten, In Wirklichkeit sind aber diese
g4 ErystaUklaasen. Übersicht.
]S^9]iteii nur sehr nahezu 120® und zwar amd zwei = 118® 36', die yier anderen
s=s 120® 42'. Anch die Endbegrenzimg hat scheinbar und sehr nahe die Symmetrie
hexagonaler Erystalle. Der Camallit kann also als pseudokeaxigonal bezeichnet
werden. Andere rhombische Erystalle bilden Formen, die solchen des quadratischen
Systems sehr ähnlich sind. Dies ist z. B. der Fall bei dem KaücurangUmmer
(Autunit), der danach paeudoqwtdratisek wftre. Manche Erystalle des monoklinen
Biotit sind pseudorhomhoedrUch etc. Ähnliche Pseudosymmetrieen können auch
durch Zwillingsbildung zu stände kommen (Himesie), wovon unten noch weiter die
Bede sein wird (171).
81. Übersicht über die 82 Krystallklaggen« In der folgenden Tabelle sind
die 32 möglichen Erystallklassen mit ihren Symmetrieelementen übersichtlich zu-
sammengestellt; eine genauere Beschreibung wird unten bei der Schilderung der
einzelnen Erystallsysteme (D. ErystaUsysteme) erfolgen. Die Elassen sind nach den
Ejrystallsystemen geordnet, und bei jedem ist das kiystallographische Achsenschema,
wie wir es unten (84, 85) näher kennen lernen werden, beigelegt. In jedem Erystall-
system ist die yoUflächige Elasse mit ihren Symmetrieelementen vorangestellt. Aus
ihr sind dann zunächst die hemiedrischen, und aus diesen weiterhin die tetarto-
edrischen etc. Elassen durch Wegfallen der entsprechenden Symmetrieelemente, in
erster Linie der Symmetrieebenen abgeleitet. Die Symmetrieelemente sind nach
ihrer Wertigkeit gruppiert, wobei z. B. die Bezeichnung „2 -{- 2 -f- 1 Symmetrieebenen*'
bedeutet, daß zwei Gruppen von je zwei gleichen Symmetrieebenen vorhanden sind,
dazu noch eine einzelne von allen anderen verschiedene. Die beim Eintreten der
Hemiedrien weggefallenen Symmetrieelemente werden dann mit 0 bezeichnet, so dass
in dem vorigen Beispiel hinter der vollflächigen Elasse mit „2 -f- 2 -f- ^ Symmetrie-
ebenen^ das Schema „2 -{- 2 + 0 Symmetrieebenen*', das Wegfallen der einen einzelnen
Symmetrieebene bei gleichzeitiger Erhaltung aller übrigen bedeuten würde. Die
Tetartoedrien lassen sich aus den Hemiedrien meist in verschiedener Weise ableiten,
wie sich durch Vergleichnng der einzelnen Schemata meist ohne Schwierigkeit er-
gibt. Im quadratischen System führen einige an sich mögliche Gruppierungen von
Symmetrieelementen nicht zu teilflächigen Elassen, da die aus ihnen hervorgehenden
Flächenanordnungen der Symmetrie des quadratischen Systems widersprechen. So
ist eine quadratische Hemiedrie mit 2 -f- 0 -f- 1 Symmetrieebenen aus diesem Grunde
unmöglich. Für jede Elasse ist ein Beispiel aus dem Mineralrdch, in Ermangelung
dessen aus der Reihe der künstlichen Erystalle (dann in()) angeführt Für ein-
zelne Elassen ist bisher überhaupt noch kein Repräsentant gefunden worden, was in
der Tabelle durch „fehlf vermerkt ist.
Wie schon erwähnt, handelt es sich hier zunächst nur um eine vorläufige
Übersicht Eine genauere Erläuterung der in der Tabelle dargestellten Verhältnisse,
namentlich eine Beschreibung der zu den einzelnen Elassen gehörigen Erystall-
formen, wird in den folgenden Paragraphen und Abschnitten gegeben werden. Yergl.
auch (79).
Kryatallklanen. Übersicht.
85
Krystallsysteme
und
Krystallklasden.
Symmetrie-
ebenen.
Symmetrieachsen.
Symme-
trie-
centmm.
Beispiele.
1. Reguläres System.
a:a:a; a/a==90®.
1. YoOfiächige Klasu.
3+6 = 9
3 4-zählige tetra-
gonale.
4 3-z&hlige trigo-
nale.
6 2-zfthlige digo-
nale.
vor-
handen.
Flußspat,
Bleiglanz.
Hemiedrien.
i
2. Tetraedrisch-hemiedri-
sehe Klasse.
0 + 6 = 6
8 2-zfthlige || den
tetragonalen.
4 3-zahlige trigo-
nale.
0 2-z&hlige digo-
nale.
fehlt.
Fahlerz.
3. Fyritoedrisch ' hemi-
ednseke Klasse.
3 + 0 = 3
3 2-zählige || den
tetragonalen.
4 3-zfthlige trigo-
nale.
0 2-zählige digo-
nale.
vor-
handen.
Schwefelkies.
4. Oyroedrischrkemiedri-
sche Klasse.
0 + 0 — 0
3 4-zählige tetra-
gonale.
4 3-zählige trigo-
nale.
6 2-zählige digo-
nale.
fehlt.
Salmiak.
Tetartoedrie»
5. Tetartoedrische Klasse.
0 + 0 = 0
3 2-zählige j den
tetragonalen.
4 3-zählige trigo-
nale.
0 2-zählige digo-
nale.
fehlt.
üllmannit.
86
Erystallklassen. Übersicht
KrystallBysteme
und
Krystallklassen.
II. HexagonalesSystem.
a:a:a:c; a/a=:60®,
a/c = 90».
6. VoUflächige Klane,
HeniieärieiU
7. Trigonal'hemiedrische
Klasse,
8. Pyramidal - hemiedri'
sehe Klasse.
9. Voüftächig-hemimorfhe
Klasse,
10. KhomboeäHsch'hemi'
edrisehe Klasse.
11. Trajpezoedriseh'hemi-
ednsche Klasse.
Tetartoedrien.
12. Trigonal - Utartoedrir
sehe Klasse.
13. Ehamboedrisch-hemi-
morphe Klasse,
14. Bhofnhoedrisdi'tetart<h
edrisehe Klasse.
16. Trapezoedrisch-teUurto-
edrtsche Klasse.
16.
J^/ramidal-hemifnorphe
JSlasse,
Ogdoeärie.
17. JJemimor;»^ - ^etor^
edrisehe KlasH.
Symmetrie-
ebenen.
3+3+1=7
3+0+1 = 4
0+0+1=1
3+3+0=6
3+0+0=3
0+0+0=0
0+0+1=1
3+0+0=3
0+0+0=0
0+0+0=0
Symmetrieachsen.
1 6-SB&hlige Hanpt-
symmetrieachse.
3+3 2-2&hligeNe-
ben8ym.acäen.
1 3-zählige Hanpt-
symmetrieachse.
3-^0 2-zähligeNe-
Den8ym.acluen.
1 6-E&hlige Hanpt-
symmetrieachse.
0+0 2.z&hÜgeNe-
Densym.afchsen.
1 6-z&hlige Haapt-
symmetrieachse.
0+0 2-zähligeNe-
Den8ym.ach8en.
1 3-zähIige Haupt-
Symmetrieachse.
3+0 2-zähligeNe-
bensym-achsen.
1 6-Eählige Haupt-
symmetrieachse.
34-3 2-zähligeNe-
Densym.acäen.
1 3-zählige Haupt-
symmetrieachse.
0+0 2-zShligeNe-
Densym.acäen.
1 3-zählige Haupt-
symmetrieachse.
0+0 2-zähligeNe-
bensym.achBen.
1 3-z&hlige Haupt-
symmetrieachse.
0+0 2-zähligeNe-
bensym.ac]uen.
1 3-zahlige Hauptr
Symmetrieachse.
3-1-0 2-zählifi:e Ne-
bensym.achsen.
0+0+0=0 1 6-zählige Haupt-
symmetrieachse.
04-0 2-zähligeNe-
Densym.acäen.
0+0+0=0
1 3-z&hlige Haupt-
symmetrieachse.
0+0 2-zahligeNe-
bensym.acäen.
Symme-
trie-
centnun.
vor-
handen.
vor-
handen.
vor-
handen.
fehlt.
vor-
handen.
fehlt.
fehlt.
fehlt
vor-
handen.
fehlt
fehlt
fehlt
Beispiele.
Beryll.
fehlt
Apatit
Jodsilber.
Kalkspat
(Doppelsalsv.
reäitswein-
sauremAnti-
monyl-Banr-
um u. Kau-
umnitrat)
fehlt
Turmalin.
Dioptas.
Quan.
Nephelin.
(Überjodsau-
res Natrium.)
Krystallklassen. Übersicht
87
Krystallsysteme
und
Krystallklassen.
III. Quadratisches
System.
a:a:c;a/a=90»;a/c=90*.
18. VoUflächige Klasse.
Hemiedrien»
19. Pyramidal - hemiedri-
sehe Klasse.
20. VoUflächig-hmir
morphe Klasse.
21. Teiraedrisch'hemiedri'
sehe Klasse.
22. Trapezoedriseh'hemi'
edrisehe Klasse.
TetartoedHen*
23. Pfframidal'hemp'
morphe Klasse.
24. Tetraedrisch ' teiarUh
edrisehe Klasse.
Syminetrie-
ebenen.
2+2+1=6
0+0+1=1
2+2+0=4
2+0+0=2
0+0+0=0
0+0+0=0
0+0+0=0
Symmetrieachsen.
1 4-Eählige Hanpt-
symmetrieachse.
2+2 2-2&hlige Ne-
bensymmetrie-
achsen.
1 4-sfthlige Haupt-
Symmetrieachse.
0+0 2-2&hligeNe-
bensymmetrie-
achsen.
1 4-2&hl]ge Hanpt-
symm etrieachse.
0+0 2-zfthlige Ne-
bensymmetrie-
achsen.
1 2-zählige Haaptr
symmetrieachse.
2+0 2-sfthlige Ne-
bensymmetrie-
achsen.
1 4-zählige Haupt-
Symmetrieachse.
2+2 2-2&hligeNe-
bensymmetrie-
achsen.
1 4-zählige Haupt-
symmetrieachse.
0+0 2.ssahlige Ne-
bensymmetrie-
achsen.
1 2-9sählige Haupt-
symmetrieachse.
0+0 2.KfthligeNe-
bensymmetrie-
achsen.
Symme-
trie-
centrum.
vor-
handen.
Tor-
handen.
fehlt.
fehlt
fehlt
fehlt
fehlt
Beispiele.
Yesuyian.
Scheelit.
(Succii^od-
imid.)
Kupferkies.
(Schwefel-
saures
Strychnin.
Gelbbleien?
fehlt
88
Krystallklassen. Übersicht.
KrystallBysteme
und
Erystallklassen.
IV. Rhombisches
System.
a : ö : c j ajb ^hjc = clas
90«
25. Voüflächige Klasse,
Hemiedrien.
26. Semimarphe KUuae.
27. Tetraedrisch - hemu
edrisehe Klane,
V. Monokiines System.
a\h',c; alb = blc = 90^;
ajc = ß,
28. Voüflächige Klasse.
Hemiedrie*
29. Hemiedrische Klasse.
30. Hemimorphe Klasse,
VI. Triklines System.
alh = y,
31. Voüflächige Klasse.
S[&ntiedTi€*
32. Hemiedrische Klasse.
Symmetrie-
ebenen.
1+1+1=3
1+1-1-0=2
0+0+0=0
0
Symmetrieachsen.
Symme-
trie-
centnun.
1+1+1 2-zählige
1+0+0 2-ztthHge
1+1+1 2-z&hlige
1 2-zählige
0 2-z&hlige
1 2-cählige
0
0
vor-
huiden.
fehlt
fehlt
vor-
handen.
fehlt
fehlt
vor-
handen.
fehlt
Beispiele.
Schwerspat.
Eieselsink-
ers.
(Bittersals.)
Gips.
(Tetrathion-
saores £a-
linm.)
(Bohrzncker.)
Axinit
(Unterschwe-
fliesanres
Calciam.)
Krystallographische Achgen. 89
82. Krystallograplilsclie Achsen. Nachdem wir nunmehr die
Symmetrieverhältnisse der Erystalle eingehend kennen gelernt haben^
müssen wir noch einmal anf die Achsen zurückkommen, die man ihnen
nun Zweck einer genaueren Untersuchung unterzulegen pflegt. Wir
haben oben (30ff.) die allgemeinen Verhältnisse der Erystallachsen kennen
gelernt und gesehen, daß man auf jedes Achsensystem, das von mög-
lichen Kanten eines Erystalls gebildet wird, die Flächen mit rationalen
Ableitungszahlen (Indices) beziehen kann. Solcher Achsensysteme sind
f&r jeden Erystall unendlich viele möglich, man pflegt aber stets
unter den möglichen fdr den praktischen Gebraach eines auszuwählen,
dessen Achsen nach Richtung und Größe so beschaffen sind, daß seine
Symmetrie dieselbe ist, wie die des Erystalls selbst, sowohl was die
Zahl, als was die gegenseitige Lage der Symmetrieebenen anbelangt, und
zwar so, daß zu gleicher Zeit jede Symmetrieebene des Achsensystems
mit einer entsprechenden des Erystalls zusammen^lt. Aus der Üb^-
einstimmung der Symmetrieebenen folgt dann von selbst eine ebenso
vollkommene Übereinstimmung der S]rmmetrieachsen im Erystall und im
Achsensystem, Man kann diese Übereinstimmung der Symmetrie in
allen Fällen bewerkstelligen, indem man zweckmäßig gelegene Sym-
metrieebenen der Erystalle, welche ja stets möglichen Flächen parallel
gehen (53), als Achsenebenen wählte wobei stets einander gleiche Sym-
metrieebenen auch in gleicher Weise zur Verwendung gelangen.
Andere passend gelegene Flächen werden als Einheitsflächen ge-
nommen. Wenn die Symmetrieebenen nicht ausreichen, wie im mo-
noklinen und triklinen System, nimmt man noch andere Erystallflächen
dazu, und man findet leicht solche, welche die Anforderung erfBUen,
daß die von ihnen gebildeten Eanten ein mit dem Erystall in der
Symmetrie übereinstimmendes Achsensystem geben.
In den meisten Fällen hat man sogar die Auswahl zwischen
mehreren Achsensystemen, welche den Anforderungen der Symmetrie in
gleich vollkommener Weise genflgen. Nur im regulären System ist die
Lage der Achsenebenen und die der Einheitsfläche durch die Symmetrie
ein f&r allemal fest bestimmt. Bei allen Erystallsystemen kann man
ein ihren Symmetrieverhältnissen entsprechendes Achsensystem mittels
drei Achsen darstellen, nur im hexagonalen System sind deren vier
erforderlich
Ein nach obigen Grundsätzen gewähltes Achsensystem, welches
mit den darauf bezogenen Erystallen in Betreff der Symmetrie voll-
kommen übereinstimmt, heißt ein trjfgtallographisches Achsensysiem.
Bei den krystallographischen Achsensystemen genfigt es, sich auf
die sechs vollflächigen Elassen zu beschränken. Die Flächen der
teilflächigen Formen liegen ja ganz ebenso gegeneinander, wie die
der holoedrischen, aus denen sie durch Wegfallen eines Teils der
90 Erjstallographische Achsen.
Flächen abgeleitet werden können. Die hemiedrischen etc. Formen
lassen sich also anf dieselben Achsen beziehen, wie die entsprechenden
holoedrischen. In der Tat pflegt man anch in der Praxis fflr die
sämtlichen Klassen eines nnd desselben Erystallsystems die Achsen
ganz übereinstimmend zu wählen nnd zwar so, daß das Achsensystem
dieselbe Symmetrie hat, wie die am höchsten symmetrische, die voll-
flächige Klasse (Ausnahme zuweilen bei der rhomboedrisch-hemiedrischen
Klasse des hexagonalen Systems (124) ). Bei den zugehörigen hemiedri-
schen Krystallen ist dann natürlich die Symmetrie niedriger, als bei
dem Achsensystem, da ihnen ja ein Teil der Symmetrieelemente der
zugehörigen holoedrischen fehlt ; namentlich treten bei ihnen meistens
die Achsenebenen nicht mehr oder doch nicht mehr alle als Symmetrie-
ebenen auf.
Nach dem Vorhergehenden können alle demselben Krystallsystem
angehörigen voUflächigen nnd teilflächigen Formen, auf dasselbe
krystallographische Achsensystem, d. h. Achsensystem mit denselben
Symmetrieverhältnissen, bezogen werden, während den Formen anderer
Krystallsysteme Achsen mit anderer Symmetrie untergelegt werden
müssen. Man kann danach auch umgekehrt sagen : Ein KrystaUsj/stem
ist der Inbegriff aller derjenigen voUflächigen und teüflächigen Formen^
die sich auf krystallographische Achsensysteme mit derselben Symmetrie
beliehen lassen.
88. Toll- und teilflächige Krystallformeii an den Aehsen.
Treten an einem krystallographischen Achsensystem die sämtlichen
durch dessen Symmetrie erforderten und nach der Symmetrie zu-
sammengehörigen Flächen in gleicher Beschaffenheit auf, so erhält
man einfache Formen von der höchsten in dem betreffenden Falle an
dem Achsensystem überhaupt denkbaren Symmetrie. Es sind die ein-
fachen Formen der holoedrischen Klasse des durch das Achsenkreuz dar-
gestellten Krystallsystems. Hemiedrische einfache Formen entstehen,
wenn solche Flächen an demselben Achsensystem nur in den abwechseln-
den Raumabschnitten, also nur in der Hälfte der Oktanten oder Dode-
kanten auftreten, oder wenn dies in jedem einzelnen Eaumabschnitt
nur mit der Hälfte der durch die Symmetrie gegebenen Flächen der
Fall ist. Diese können in den einzelnen Oktanten etc. wieder auf
verschiedene Art angeordnet sein, so daß bald die eine, bald die
andere Gruppe der Symmetrieelemente der Achsen an dem Flächen-
komplex nicht zur Ausbildung gelangt. Dadurch erhält man die ver-
schiedenen Hemiedrieen und die verschiedenen Gesetze der Hemiedrie
in der Weise, wie oben besprochen worden ist (70 ff). Ganz analog sind die
hemimorphen, tetartoedrischen und ogdoedrischen Formen in ihrem
Auftreten an den Achsen zu beurteilen. Bei der Betrachtung der
Krystallographische Achsen. 91
Erystallsysteme mit ihren verschiedenen Klassen werden wir das
Nähere hierüber kennen lernen.
8i« Ableitung der krystallograplüsoheB Aohsensysteaie. Bei regulärm
KrystaUen mnß man die drei aufeinander senkrechten Hanptsymmetrieebenen A (79)
als Achsenebenen (Fnndamentalflächen) nehmen. Diese schneiden sich in drei gleichen
aufeinander senkrechten Linien, den Achsen. Da alle drei Achsenebenen und Achsen ein-
ander gleich sind, so gibt es jedenfalls der Symmetrie gemäß nach dem Haüyschen
Symmetriesatz (70) eine FlSchei welche sie alle drei gleich, d. h. so schneidet, daß
sie die drei Achsenebenen unter gleichen Winkeln trifft, und daß sie infolgedessen
Ton den Achsen gleiche Stücke a abschneidet. Diese Fläche muß als Einheitsfläche
gewählt werden. Das krystallographische Achsensystem der regulären Erystalle be-
steht dann aus drei aufeinander senkrechten und gleichlangen Achsen a, a, a. Daß
ein solches Achsensystem in der Tat die Symmetrie der regulären ErystaUe besitst,
ist leicht einzusehen.
Ln gmdrcUiachen System wählt man zwei aufeinander senkrechte und gleiche
Nebensymmetrieebenen A oder B (79) und dazu noch die auf jenen beiden senkrechte
und Ton ihnen yerschiedene Hauptsymmetrieebene C als Acbsenebenen. Sowohl die
zwei Flächen ii, als die zwei Flächen B geben je mit C drei aufeinander senk-
rechte Kanten als Achsen, Ton welchen die beiden AlC = a (resp. BJC = b) gleich-
wertig und von der dritten AjA (oder, was dasselbe ist, BjB) = c yerschieden sind.
Solche einzig dastehenden Achsen c, welche von mehreren anderen unter sich gleich-
wertigen a resp. b yerschieden sind, nennt man allgemein ^auptocAsen, jene gleich-
wertigen Achsen a resp. b Nebenacksen. Im quadratischen System hat man also die
Wahl zwischen zwei Achsensystemen a^ a, c und b, 6, c, welchen beiden die Haupt-
achse c gemeinsam ist» während die Nebenachsen a und b fttr beide Achsensysteme in
einer zu c senkrechten Ebene liegen und sich in dieser wie die Nebensymmetrie-
ebenen unter 46® schneiden. Was die Längen der Achsen a resp. b und c betrifft, so
muß, es mögen die Flächen A oder B neben C als Achsenebenen gewählt sein, die
Symmetrie Flächen zulassen, welche von den beiden gleichen Nebenachsen a, resp. b
gleiche Stücke a, resp. b abschneiden, von der Hauptachse dagegen, welche von jenen
Terschieden ist, ein anderes Stück c; irgend eine solche Fläche wählt man als Einheits-
fläche. Man erhält dann als quadratisches Achsensystem zwei gleichlange und auf-
einander senkrechte Nebenachsen a, resp. &, und eine davon verschiedene auf den
Achsen a und b senkrechte Hauptachse c. Ein solches Achsensystem hat wieder
genau dieselbe Symmetrie, wie die quadratischen ErystaUe selbst.
Ganz analog hat man bei der Wahl der Achsen hexagtmdUr ErystaUe zu ver-
fahren. Hier müssen aber die drei gleichwertigen Nebensymmetrieebenen A, resp. B
neben der Hauptsymmetrieebene C genommen werden. Mui erhält dann drei gleich-
wertige Nebenachsen a, resp. 5, die sich in einer mit C parallelen Ebene unter 60®
schneiden, und eine darauf senkrechte Hauptachse c, durch die die sämtlichen Neben-
symmetrieebenen A und B hindurchgehen. Mittels dreier Achsen läßt sich die
Symmetrie der vollflächigen hexagonalen Erystalle nicht darstellen. Statt eines
trimttn»chen Achsenkreuzes, wie bei den anderen ErystaUsystemen, ist hier ein aus
vier Achsen bestehendes tetramdrisches erforderlich.
In rhombischen ErystaUen geben die Durchschnitte der drei aufeinander senk-
rechten ungleichen Symmetrieebenen A, B und C, die drei aufeinander senkrechten,
aber voneinander verschiedenen Achsen BjC = a, C/A = b und A/B = c der
Richtung nach (79). Jede beliebige, diese drei Achsen im Endlichen schneidende
Fläche des Erystalls kann als Einheitsfläche dienen; sie schneidet, der Symmetrie
entsprechend, von den Aohsoi die drei ungleichen Stücke a, b und c ab.
In monoMinen Erystallen ist stets die Symmetrieebene die eine der drei Achsen-
92
Erystallographische Achsen.
ebenen. Dazu wtthlt man noch zwei beliebige aaf ihr senkrechte Krystallflftchen als
Achsenebenen nnd erhält dann drei voneinander yerschiedene Achsen a, 6, c, von
welchen zwei in der Symmetrieebene liegen nnd sich unter einem schiefen Winkel ß
schneiden, während die dritte der Symmetrieachse parallel ist nnd auf jenen beiden
senkrecht steht. Jede beliebige Fläche, welche alle drei Achsen schneidet kann als
Einheitsfläche genommen werden.
Bei iriiJidi'Mn Erystallen geben drei beliebige nur in einem Punkt sich schneidende
Flächen die drei ungleichen und zueinander schiefwinkligen Achsen a, 6, c\ jede
beliebige diese drei Achsen schneidende Fläche kann als Einheitsfläche auftreten.
85. Krystallograpliiselie Aehsen für die einzelnen Krystall-
systeme. Darnach sind die fiir die einzelnen Erystallsysteme zu
wählenden natürlichen Achsensjrsteme die folgenden :
1, Reguiäres System. Drei gleiche Achsen a, a^ a stehen aufein-
ander senkrecht (Fig. 53). Achsenschema: a:a:a; a/a = 90^.
I
-«^8/
in.
Fig. 63.
r-
r"
.^a
j£
Fig. 55.
2. Hexagonales System. Drei gleiche Nebenachsen a, a, a liegen in
einer Ebene und schneiden sich unter je 60^; die Hauptachse c steht auf
ihnen senkrecht (Fig. 54). Achsenschema : a : a : a : c ; a/a = 60® ; a/c = 90®-
Für die Krystalle der rhomhoedrisch-hemiedrischen Klasse werden nicht selten
besondere Achsen benützt, von denen bei der speziellen Beschreibung des hexagonalen
Systems unten noch weiter die Bede sein wird (124).
3. Quad/ratisches System. Zwei gleiche Nebenachsen a, a und die
davon verschiedene Hauptachse c stehen aufeinander senkrecht (Fig. 55).
Achsenschema: a:a\c\ ala = alc = 90^.
4. Bhombisches System. Drei voneinander verschiedene Achsen a, 6, c
stehen aufeinander senkrecht (Fig. 56). Achsenschema : a:i:c] afb==^
ft/c = cja = 90^.
^"T
.^8/
V — ^^
t
Fig. 66.
>a
Fig. 57.
ir^''^^
Je
Fig. 58.
5. MoMklines System. Von den drei ungleichen Achsen a, h^ c machen
a und e einen schiefen Winkel ajc — ß miteinahder, die dritte b steht
Krystallographische Achsen. 93
senkrecht auf a und c (Fig. 57). Achsenschema : a : & : c ; o/i = c/& = 90^ ;
alc = ß.
6, Trääines System, Die drei ungleichen Achsen a, b^ c machen die
schiefen Winkel bjc — = a; cja =^ ß; a/ft = y miteinander (Fig. 68).
Achsenschema: a:b:c; blc = a; cja = ß', a(b=^y.
86« AekseneleaieBte. Im re^ftren System sind' das Verhältnis der Achsen
a',a\a nnd die Achsenwinkel (= 90®), also die Achsenelemente (38), ein fUr allemal
fest bestimmt nnd für alle Substanzen konstant. Die einselnen regulären Erystall-
formen werden daher bei gleichen Ableitnngszahlen (Indices) an allen regulär
krystallisierten Substanzen stets mit denselben Winkeln und flberhaupt genau in der-
selben Qestalt wiederkehren müssen. Bei aUen anderen Kristallsystemen sind die
Achsenelemente für die verschiedenen Substanzen wechselnd je nach der Wahl der
Fundamental- resp. Einheitsflächen. Für eine bestimmte Wahl dieser letzteren
hängen die Achsenelemente auch hier nur von den Flächenwinkeln der Erystalle der
betreffenden Substanz ab und werden in derselben Weise, wie wir es oben (38) ge-
sehen haben, aus diesen berechnet. Sie sind daher auch in einem solchen krystallo-
graphischen Achsensystem für die Substanz charakteristisch (38). Ein solches krystaUo-
graphisches Achsensystem gibt aber in noch h(}herem Maße ein übersichtliches Bild
der Krystallisation einer Substanz, als ein von beliebigen Kanten gebildetes, weil
durch ein solches auch die Symmetrieverhältnisse der Krystalle dargestellt werden.
87. Oktanten^ Dodekanten. Die in diesen Achsensystemen vor-
handenen, von je drei aneinander stoßenden Achsenebenen gebildeten
Baunabschnitte (Oktanten, im hexagonalen System Dodekanten) mttssen
Ecken des Erystalls entsprechen, denn die Achsenebenen sind Flächen,
die Achsen selbst Kanten desselben parallel. Alles, was für Ecken gilt,
gilt somit anch ffir die Eanmabschnitte. Diese sind alle von der Beihe
nach gleichen Flächen gebildet, nämlich von den drei (resp. vier) Achsen-
ebenen. Diese schneiden sich in den Kanten (Achsen) entweder nnter
lanter in allen Oktanten der Eeihe nach gleichen Winkeln, wie in
den vier ersten Systemen, dann sind die sämtlichen ßanmabschnitte
einander gleich ; oder die Winkel von je vier Oktanten sind einander
gleich nnd von den vier anderen verschieden, wie im monoklinen
System; oder aber es sind nnr je zwei diametral gegenüberliegende
Banmabschnitte, welche nur im Achsenmittelpnnkt aneinander stoßen,
einander gleich, wie im triklinen System.
88. Gruppierung der Fläehen um die Achsen. Ist das Achsen-
system der Symmetrie entsprechend in der angedeuteten Weise ge-
wählt^ so sind die Flächen der holoedrischen Krystalle um dasselbe
durchaus symmetrisch angeordnet, da ja die Krystalle und die krystallo-
graphischen Achsensysteme, auf welche sie bezogen werden, in dem
Orad der Symmetrie vollständig miteinander übereinstimmen (82)
und die Symmetrieebenen des Krystalls mit den entsprechenden Sym-
metrieebenen des Achsensystems zusammenfallen. Dies ist aber nur
94 KrTBtallographische Aduen.
möglich, wenn 1q allen gleictLen ßanmabscbnitteii (Oktanten oder Dode-
kanten) der krystallographischen Achsenaysteme gleich viele gleich-
liegende Flächen Torhanden sind, dorch welche alle gleichen Achsen
gleich, d. b. in den gleichen B^tfernnngen vom Achsenmittelpuakt, also
mit gleichen Ableitnngszahlen oder Indices geschnitten werden, nnd
wenn ferner alle Flächen, die von gleichen Achsen gleiche Stttcke ab-
schneiden, in allen Raamabschnltten einander gleich (8) nnd von allen
anderen Flächen verschieden sind.
Umgekehrt haben die krjstallographischen Achsensysteme die
Eigenschaft, dafi an ihnen sämtliche gleiche Flächen bezit^angsweise
gleiche StUcke abschneiden, sonst wäi-e ja die Übereinstimmong der
Spnmetrie gestQrt Alle Flächen einer einfachen Form erhalten dem-
nach dieselben Ableitungszahlen (Indices), d. h. denselben Achsenaos-
drnck. Dies gilt sowohl für die holoedrischen Formen wie für die
hemiedrischen. Biese letzteren entstehen ja ans jenen dadurch, daB
ein Teil ihrer Flächen wegftUt, wodurch die Achsenschnitte (die Sym-
bole) der bleibenden nicht geändert werden.
Beispiel. Wir hatten schon oben (66) du Dioktatder als eine einfache
Eryatallform kennen gelernt In Fig. 59 ist es pergpektiyiach von der Seite, in
Fig. 61 Tim oben gesehen in der Horizontalprojektian abgebildet. Die Beschreibung
nnd die Abbildungen lassen erkennen, daH es eise vollflächige Form des quadra-
tischen Systems mit 6 ^ 2 -\- 2 -\- 1 Sjmmetrieebenen ist Die Banptsjmmetrie-
ebene ist die gemeinsame Onind-
flftche der beiden nach oben nnd
nach unten gerichteten Pyramiden,
die das Dioktaeder Easammenaetzen.
Die beiden Gruppen Ton je zwei
Nebeusymmetrieebenen sind dnrch
die beiden Kichtnngen Oa, resp. Ob
bestimmt, die nach den in der Hanpt-
symmetrieebene liegenden abwech-
selnd gleichen Ecken verlanfen. Sie
schneiden sich in der zur Hanpt-
symmetrieebene senkrechten Geraden
ee unter 4ö" und sind ebenfalls ab-
wechselnd einander gleich. Die Sjm-
uietrieTerhältniase entsprechen also
Fig. 69. völlig denen der Tollflächigeii Formen
des quadratischen Systems.
Wenn man nun dem Dioktaeder an krystollographisches Achsenaystem unterlegen
will, so muß die Hauptachse jedenfalls die Gerade cOc sein, in der sich die vier
Nebeosymmetrieebenen schndden. Als Nebenachsen stehen je die beiden auf dieser
nnd aufeinander senkrechten Richtiuigen aOa, resp. bOb lur VerfOgong. Wir
w&blen davon die beiden Richtungen aOa und unterscheiden sie, unbeschadet ihrer
krystallographiscben Gleichwertigkeit, der Richtnng nach als Oa und Da', indem
wir gleichceitig die -|- und — Äste in der Weise annehmen, wie es ans den Figuren
EU ersehen ist. An einem solchen Achsensystem schneidet jede Fl&che des Diokta-
eders, von sSmtlichen Achsen ungleiche StDcke ab. Der allgemeine Flachenausdruck
Erystallographische Achsen. 96
ist demnach: x * T ' T' ^^ ^ ^™^ ^ ^^ ^^ ^^ ~l~ ^^^ — ^^ ^^' Nebenachsen
Oa nnd Oa*, l sich ebenso anf die Hauptachse Oc bezieht
Für dieses Achsensystem sind die Symmetrieebenen des Krystalls ebenfalls
Symmetrieebenen; der Erystall und die Achsen stimmen in Beziehung auf die Sym-
metrie vollkommen überein. Schneidet nun eine Mäche, z. B. 3, auf der Achse -|- ^
em Stück -r-» ^^ ^^ Achse + a' ein Stück -^ ab| so kann die Symmetrie nach Ob**
nur bestehen, wenn die Fläche 4 auf -|- Oa ein Stück -r-, auf + a* ein Stück j-
c
abschneidet, wobei beide Flächen durch den Punkt der Hauptachse -y gehen müssen.
Dadurch sind dann die gleichen Achsen a und a* zunächst in dem einen Oktanten
["h ^ 4~ ^'i + ^] gi^ch» jede mit den beiden Indices h und k geschnitten. Da auch
Oa und Oa', sowie ab Symmetrieebenen sind, so muß in jedem anderen Oktanten
ebenfalls eine solche Gruppe tou zwei Flächen auftreten, die überall von den Achsen
a a
a die beiden Stücke -r- und -j- abschneiden und die die Achse c oben oder unten in
e
der Entfernung -j treffen. Alle diese Flächen müssen auch der Symmetrie wegen
notwendig einander gleich sein. Die Übereinstimmung von Erystall und Achsen-
system hat also in der Tat zur Folge, daß von den Flächen des ersteren gleiche
Achsen gleich (d. h. mit gleichen Indices oder Ableitnngszahlen) geschnitten werden,
daß in gleichen Baumabschnitten (Oktanten) gleich viele gleich liegende Flächen
vorhanden sind und daß die, gleiche Achsen in gleicherweise schneidenden Flächen
einander gleich sein müssen. Das Achsensystem hat die Eigenschaft, daß alle Flächen
des Dioktaeders, wenn man von den Vorzeichen der Achsenäste absieht, dasselbe Symbol :
Wir haben hier den einfachsten Fall, den einer einfachen vollflächigen Erystall-
form als Beispiel zu Grunde gelegt. Der kompliziertere Fall der hemiedrischen
Formen und femer der Kombinationen ergibt sich hieraus dann von selbst.
89. Ableitnng der elnfaehen Formen aus den krystallo-
gTaphisehen Aehsen. Danach kann man die sämtlichen an einem
beliebigen krystallographischen Achsensystem möglichen einfachen voll-
flächigen Fonnen (und durch deren Vereinigung alle denkbaren Kom-
binationen) a priori ableiten, indem man sich zunächst eine Fläche in
sämtlichen überhaupt möglichen Lagen an den Achsen auftretend denkt
und jedesmal alle anderen Flächen dazu konstruiert, die nach der
Symmetrie daneben noch weiter auftreten mfissen. Diese entsprechen
dann den obigen Bedingungen für die symmetrische Gruppierung yon
Flächen um den Achsenmittelpunkt: 1. In jedem einzelnen Raumab-
schnitt müssen auf allen gleichen Achsen von den auftretenden Flächen
gleiche Stücke abgeschnitten werden. 2. In allen gleichen Raumab-
schnitten müssen gleich viele solcher Flächen vorhanden sein. 3. Alle
in dieser Weise zusammengehörenden Flächen müssen einander gleich
sein. Die vielfachen so abgeleiteten Formen stimmen mit den an den
natürlichen Erystallen direkt oder in Kombinationen beobachteten auf
96 ErjatallograpliiBche Achoen.
das TollfitäiidJg:ste fibereia. Dabei kann man sich auf die Ableitung
der Tollfiächigen Formen beschränken. Ans diesen ergeben sich die
teilflächigen, indem man eine Anzahl von Flächen nach den rer-
schiedenen Gesetzen der Hemiedrie et«, verscbwundea denkt.
90. Beispiele. Hat man z. B. ein rliombiacheB Achseiujitein, gebildet von den
diei nogleichen aoIelnaitdeT senkrechten Achsen a, h, e (Fi^. 60), nnd wird dieses von einer
Fläche so getroffen, daß diese von Allen drei Achsen
ungleiche endliche Stticka abschneidet, dum hat sie
im Oktanten [-|- a,-\-h,-\-c\ im allgemeinen den Ans-
dnick: -r— F^ -T— i- :-r !■ Dadurch wird die Symmetrie
+ A +fc +1
in diesem einen Oktanten Tollst&ndig erfilllt, and da
alle drei Achsen nngleich sind, so kOnnen von ihnen anch
ganz beliebige ungleiche Stficke abgeschnitten werden.
p. gQ bi demselben Oktanten ist also keine weitere Flfiche
durch die STmmetrie erfordert, dagegen muO, da hier
alle Oktanten einander gleich sind, eine solche Fläche, welche von den Achsen a,h,e
9tBcke im Verhälbus "T" ' T ' T "^^Bchneidet, in jedem der sieben anderen Oktanten
auftreten. Diese befriedigen dann mit jener ersten die Symmetrie vollständig und
alle acht Eusammen begrensen ein sog. rhotnbitcke» Oktaeder, wie es als einfache
Erystallfonn an rhombischen Erystallen häufig vorkommt. Die acht Flfichen eines
solchen Oktaeders haben unter Berücksichtigung der Yoreeicben der Acbsenabschnitte
folgende Ausdrücke:
+h- + k- + i "** +h+k
+ A- — ft- + J +h' — k
-h—k
-h- + k- + l — A' + k
= hia
Hat man dagegen ein quadratiseha Achsensystem mit drei rechtwinklig sich
schneidenden Achsen, von denen swei einander gleich, a und a, und die dritte e
davon verschieden (Fig. 6], auf die Ebene der Neben-
achsen projiziert, so daß die Achse c auf dem Papier
senkrecht steht) und tritt daran eine Fliehe
-T- : -^ : -T- auf , so erfordert hier die Symmetrie
nach bb, die im rhombischen System nicht vor-
handen ist, zQuächst, daQ in demselben Oktanten,
wo die genannte Fläche sich befindet, noch eine
Eweite durch -T- gehende Fläche auftritt, welche
die erst in -^ geschnittene Achse nun in -r- schneidet
_. g. und umgekehrt. Dann ist in diesem Oktanten wieder
V' ' alles symmetrisch, danon die beiden gleichen Achsena
anch in gleicher Weise, beide sowohl in -r-, als in ■?- geschnitten werden. Unter-
Ableitung: einfacher Krystallfonnen ans den Achsen. 97
Bcbeidet man wieder, um iuizweident% featmatellen, zn welcher Achse a die Indicea
gehören, die von rechts nach links gebende als a' von der Ton vom noch hinten
gehenden a, dann sind diese swei Fl&chen: X' "fc" 'T^^^ ""^"iT'X ' 'T^^^
(wenn man bei der Hillerschen BeEeichnnngsweiae Btet« die anl a bezfl^chen In-
dicea BD erster, die auf a' beiflglichen an cweit«r Stelle schreibt). Da nnn die ait-
deren neben Oktanten dem hier betrachteten gleich sind, so mnß in jedem derselben
eine soldie G^ppe von xwei FUchen liegen, welche von den Achsen a Stücke -^
und -r- nnd von e das Stück -j- abschndden, and man erhSlt die schon mehrfach
betrachtete 16 flächige Doppelp^ramide, welche als Dioktaeder bei quadratischen
Kristallen als einfache Erjstallform Torkommt (Fig. 40 o. &9}. Die Adsdrtkcke
der Fischen derselben sind mit BerQcksichtignng der Torceichen;
+ k- + h- + l-
+k'-—h'-+T =
= kU
+ h- + k
+ k' + h
-A'-f ft
WOxde an dem quadratischen Acbsensystem eine Flfiche auftreten, die von den
beiden Nebenachsen gleiche Studie abschneidet, nnd also den Ansdmck : x ■ X ' T ^ **'
hat, so wVrde sie in dem betreffenden Oktanten die Symmetrie für sich allein Toll-
stSadig erftUlen. In Jedem Oktanten müHte eine solche Fltlche liegen, und man
wfirde anch hier einen oktaedrischen KOrper aber von etwas anderer Art, als an
einem rhombischen Achsensj^tem, ein quadratische» Oktaeder, erhalten. Nach dem
obigen würden die Symbole der acht Flächen sich ohne Schwierigkeit ergeben.
In einem monoMinen Achsensystem sind nnr je Ewei
in der Symmetrieri)ene (oc) aneinanderstoliende Oktanten
nnd die iwei diametral gegenQberliegenden, also je
vier und vier einander gleich [Fig. 62), und Ewar die
vier, in welchen der Winkel aje = fi, dann die vier, in
welchen der Nebenwinkel a/c = 180* — ;fl ist. Tritt in
Q Oktant«n eine Flfiche -
r auf, so er-
fUlt diese in demselben wegen der Ungleichheit der
drei Achsen die Symmetrie gani. Dagegen ist noch je
eine Flfiche in dem symmetrisch anstoBenden Oktanten
nnd in den ewei diametral gegenüberliegenden Oktanten
erforderiich, nnd es entsteht ein tehiefes Pritma mit rhom-
Baaai, HinanJoiti«.
98 Gleichliegende, gleichnamige Flächen.
biaehem Quer9chniit, wie es bei monoklinen Krystallen sehr häufig vorkommt
Dessen Flächen haben die Ansdrücke:
^h' + k' + l —h' + k'-^l
91. CHdeUiegende^ glelehnamige FlSclieii. Die nach der Sym-
metrie zu einer einfachen Krystallform gehörigen Flächen haben, wie
diese Beispiele zeigen, alle gegen das krystallographische Achsensystem
genan dieselbe Lage, man nennt sie daher anch gleichliegende Flächen.
Außerdem sieht man, wenn man die Ausdrücke der sämtlichen
Flächen der angeführten einfachen Krystallformen miteinander ver-
gleicht, daß sie vollkommen übereinstimmen, wenn man von dem Unter-
schied der + und — Richtung der Achsen absieht und wenn man
gleichermaßen absieht von einer Unterscheidung der gleichwertigen
Achsen a und af in Bezug auf ihre Richtung. Dann erhält man für alle
Flächen des rhombischen Oktaeders (90) den Ausdruck • r • x • T ~ (^^•
An den Ausdrücken für die Flächen des Dioktaeders (90) kann man
die auf beide Nebenachsen a und a' bezüglichen Indices wegen der
Gleichheit von a und a' vertauschen. Auch sie stellen sich dann alle dar
unter der Form : t • T • T "^ (*^^' ^^ ^^^^ ^^^ ^^ ®^^^ ^^^^ andere
Bedeutung hat wie oben, da sich die Indices hier nicht auf ein rhom-
bisches, sondern auf ein quadratisches Achsensystem beziehen. Die
Flächen des schiefen rhombischen Prismas erhalten an dem monoklinen
Achsensystem ebenfalls alle den Ausdruck:^: x • y ^* (^*0j wo natürlich
(Jüe[) wieder eine andere Bedeutung hat wie oben. So kann man alle
Flächen einer jeden einfachen Krystallform ausnahmslos an einem
krystallographischen Achsensystem auf denselben Ausdruck bringen, der
zugleich von den Ausdrücken aller anderen einfachen Formen ver-
schieden ist. Daher nennt man die Flächen der einfachen Krystall-
formen auch gleichnamige oder isoparametrische Flächen. Man kann
dann eine jede einfache Krystallform mit Beziehung auf ein in der
Symmetrie mit ihr übereinstimmendes Achsensystem auch definieren als
eine Krystallform, welche von lauter gleichliegenden und daher gleich-
namigen (isoparametrischen) Flächen begrenzt ist. Diese Definition gilt
aber nur für ein solches krystallographisches Achsensystem.
Man kann dann auch jede einfache Krystallform mit dem Aus-
druck einer ihrer Flächen bezeichnen, welchen man zu diesem Zweck
in eine runde Klammer schließt, wenn man ihn in Millerscher Weise
schreibt ; dadurch erhält man den Ausdruck (das Symbol) dieser Krystall-
Kombinationen. Modifikationen der Kanten und Ecken.
99
form. So ist : t- • x • t = (*^ ^^^ Ausdruck des rhombischen Oktaeders
oder des schiefen rhombischen Prismas, je nachdem sich derselbe auf
ein rhombisches oder monoklines Achsensystem bezieht ; x - T - y = (^
ist der Ausdruck des Dioktaeders, und jr • t" * T "^ (**^^ ^^^ Ausdruck
eines quadratischen Oktaeders an einem quadratischen Achsensytem etc.
Fflr das Symbol der ganzen Erystallform pflegt man die Fläche zu
wählen, bei der ä > *, resp. im regulären System ä > ä > t
92. Kombinationen. Im bisherigen haben wir kennen gelernt,
wie sich mit Hilfe der krystallographischen Achsen alle einzelnen ein-
fachen Formen jedes Erystallsystems, voUflächige sowohl wie teil-
flächige, ableiten lassen. Nunmehr müssen wir sehen, wie sich diese
einfachen Formen miteinander zu Kombinationen (9) vereinigen. Man
kann sich dies ganz allgemein geometrisch so vorstellen — in der
Natur ist der Vorgang natürlich ein ganz anderer — , daß zwei ein*
fache Formen (und weiterhin auch jede beliebige größere Zahl)
sich gegenseitig durchdringen. Dabei müssen dann die Flächen
der einen Form an den Kanten und Ecken der anderen mehr oder
weniger große Stücke abschneiden. Dieses Abschneiden geschieht in
verschiedener Weise, je nach der Gestalt der beiden kombinierten
Formen. Man bezeichnet es als die Modifikation der Kanten und
Ecken. Wir haben zuerst diese Modifikationen genauer kennen zu
lernen und die bei der Krystallbeschreibung allgemein benützten Be-
nennungen, die ihnen beigelegt worden sind, zu erläutern, und schließen
daran die Betrachtung der strengen Gesetzmäßigkeiten an, welche
die Kombinationsbildung, d. L die Ableitung der Kombination aus den
einzelnen einfachen Formen beherrschen.
98. Modifikationen der Kanten nnd Ecken. Eine Kante a(b
heißt abgestumpft durch die Fläche c, wenn diese die zwei Flächen a
und 6 in parallelen Kanten schneidet
<mit a und h in einer Zone liegt)
(Fig. 63); c heißt Abstumpfungs-
fläche. Ist ^ alc = -^ hjcy so ist
die Abstumpfung gerade^ im anderen
Falle schief, Ist neben der Fläche
c noch eine weitere d in der Zone
[ab] vorhanden, die die Flächen h
und c in parallelen Kanten schneidet
(Fig. 64), so sagt man, die Kante afb ist durch die Flächen c und d
Fig. 63..
Fig. 64.
7»
100
Kombinationsbildimg.
eugeschäfft Auch hier kann die Znschärfong eine gerade oder schiefe
sein, je nachdem ^ ajc = -^ 6/rf oder nicht.
Ist eine Ecke (abc) dnrch eine Fläche d ersetzt, so sagt man, die
Fläche stumpft die Ecke ab (Fig. 65), nnd zwar wieder entweder ge-
rade oder schief, je nachdem die Abstompfnngsfläche d gleiche oder
Fig. 66.
Fig. 66.
Fig. 67.
ungleiche Winkel mit den die Ecke bildenden Flächen a, 6, c macht
Treten statt der Ecke mehrere Flächen auf, so heißt die Ecke guge-
spittft, und zwar von den Flächen ans (Fig. 66) oder von den Kanten
ans (Fig. 67). Die Fläche a (Fig. 67) heißt auf die Kante min auf-
gesetzt, und zwar gerade, wenn -=5 alm = -4 ajn, sonst schief. In Fig. 66
ist die Fläche a auf die Fläche m aufgesetzt
94. Gesetze der KombinatioiisMldiiiig. Aus einer jeden Kom-
bination kann man die in ihr vereinigten einfachen Formen ableiten
in derselben Weise, wie es oben (9) in der Kombination des Würfels
und des Oktaeders geschehen ist, indem man je alle gleichen Flächen
zusammen sich ausgedehnt denkt bis zum gegenseitigen Schnitt der
unmittelbar benachbarten, unter gleichzeitigem Verschwinden aller
übrigen. Führt man dies bei einer möglichst großen Zahl von
Krystallen aus und untersucht die Kombinationen selbst sowie die
aus ihnen in dieser Weise ableitbaren einfachen Formen in Bezug
auf ihre Symmetrie, so findet man das ganz allgemein gültige Gesetz.
Die sämtlichen in einer Kombination vereinigten einfachen Krystattformen
haben stets genau die gleiche Symmetrie (denselben Symmetriegrad) j und die
von ihnen gebildete Kombination stimmt mit ihnen hinsichtlich der Symr
metrie ebenfciUs vollkommen überein oder mit anderen Worten: -4.Zfe 0U
einer Kombination verbundenen einfachen Formen gehören der nämlichen
KrystaHMasse an, und zu derselben Klasse gehört auch die von ihnen ge-
bildete Kombination,
Es kombinieren sich beispielsweise nur yollflächig-regnlSre, oder nur tetraedrisch-
oder nur pyritoedrisch-reguläre einfache Formen je miteinander, und die entstandenen
Kombinationen sind ebenfaUs vollflächig-regulär, resp. tetraedrisch oder pjrritoedriscL
Es kombinieren sich jedoch niemals regulär-pyritoedrische mit tetraedrischen, qua-
dratische mit hexagonalen einfachen Formen etc. Dabei ist aber stets zu berück-
sichtigen, daß, wie oben schon (76) angedeutet wurde und wie wir noch weiter
sehen werden, einzelne einfache Formen mehreren Krystallklassen und auch mehreren
Krystallsystemen gleichzeitig angehören können.
Kombinatio&Bbildaiig. 101
Ein Beispiel für die erwähnte Gesetzmäßigkeit gibt die oben (9) besprochene
Kombination von Oktaeder o nnd Würfel h (Fig. 7), in der stets die sämtlichen
Kombinationskanten o/A einander genan gleich sind. Würfel sowohl wie Oktaeder
haben 3 -f- ^ Symmetrieebenen nnd gehören also der voUflächig-regnlären Klasse an.
Dieselbe Zahl von 3 -f- 6 Symmetrieebenen (nnd sonstigen Symmetrieelementen) findet
man ebenfalls ia der Fig. 71 abgebildeten Kombination beider, nnd zwar anch genau
in der gleichen Anordnung, wie in den beiden einfachen Formen. Die drei Hanpt-
symmetrieebenen ziehen in der Richtung der Diagonalen der Würfelflächen h und
die sechs Nebensymmetrieebenen in der Richtung der Höhenlinien der Oktaederflächen o
und auf den Würfelflächen h parallel mit den gleichen Kanten hfo. Die Kombination
ist somit ebenfalls der yoUflächig-regulären Krystallklasse zuzurechnen. Ähnliche
Beispiele werden wir im Laufe unserer Betrachtungen noch in großer Zahl kennen
leinen.
95. SymmetrleyerliSltiiisse der Eombinationeii. Wenn diese
völlige Übereinstimmung in der Symmetrie zwischen den einfachen
Erystallformen nnd den von ihnen gebildeten Kombinationen möglich
sein soll, dann müssen, wie eine einfache Betrachtung lehrt, die kom-
binierten Formen nicht nur gleiche Symmetriegrade besitzen, sondern
es müssen auch in der Kombination die sämtlichen Symmetrieebenen
und -achsen der einen Form parallel mit den entsprechenden Stücken der
anderen sein, da eine Abweichung in der Symmetrie der Kombination
von der der einfachen Formen nur dann vermieden werden kann,
wenn sich diese mit parallelen Symmetrieelementen, vor allem mit
parallelen Symmetrieebenen, miteinander vereinigen und gegenseitig
durchdringen. Durchdringen sich zwei einfache Formen, die in der
Symmetrie miteinander übereinstimmen, so daß ihre entsprechenden
Symmetrieelemente einander nicht beziehungsweise parallel sind, dann
kann die Kombination unmöglich dieselbe Symmetrie besitzen.
96. Bildung der Kombinationen. Unter Berücksichtigung dieses
Verhaltens lassen sich alle überhaupt möglichen Kombinationen einer
Krystallklasse ohne Schwierigkeit konstruieren, wenn man nur die
sämmtlichen dazu gehörigen einfachen Formen kennt. Die Kom-
bination zweier einfacher Formen entsteht, wenn man sie mü paräl-
lehn Symnietried>enen ineinander stellt. Sie durchdringen sich dann
gegenseitig und die Flächen der einen modifizieren die Kanten und
Ecken der anderen je nach den speziellen Verhältnissen iu verschie-
dener Weise.
Dasselbe Eesultat erhält man aber auch, indem man beide ein-
fache Formen parallel nebeneinander aufstellt und sodann die Flächen
der einen parallel mit sich an die andere hin verschoben denkt, so
daß sie ebenfalls die Kanten und Ecken der letzteren modifizieren
müssen.
Infolge der gleichen Symmetrie, die sich ja nicht bloß auf die
Flächen, sondern ebenso auch auf die Kanten und Ecken, bezieht,
102
EombinEitioiubUdniig'.
mfisaen stete Qmppen gleicher Kanten and Ecken der einen einfachen
Form ebensovielen glelclien Flächen oder Flfichengrnppen der anderen
der Lage nach entsprechen. Bei der Vereinigang beider einfachen
Formen auf diese oder jene Art werden dann die gleichen Flächen
oder Fläcbengruppen der einen einfachen Form jene gleichen Kanten
ond Elcken der anderen alle in derselben Weise abstumpfen, znschirfen
oder zuspitzen.
97. KoMbinatlOBsblldiuff. Beispiele, Einig« Beispiele werden dlei nSher
erUntern.
Die beiden einfachen Fonnen der ToMächig-regnUren ElasBe, du Oktaeder o
nnd der Würfel h, gind in Fig. 68 und 69 in paralleler Stellnng dargestellt, was man
danin erkennt, daü in beiden die drei aofeinender Benkrechten DarchsdmittBlinien
der drei Hanptsjmmetrieebenen, m. a. W. : die drei Achsen (86), (strichpunktiert ge-
zeichnet) miteinander beiiehangaweise parallel laufen. Die sechs gleichen Fl&chen
dea WUrfeU befinden sich dann in derselben gegenseitigen Lage, wie die sechs
gleichen Ecken dea Oktaeders. Jeder Ecke des Oktaeden entspricht der Lage nach
eine der Fl&chen des Warfels.
Li 1
^
h
r
Kg. 71.
Denkt man sich nun die briden in paralleler Stellung ineinander geschoben,
wie es Fig. 70 eeigt, dann stampft jede Wtkrfelfiache die entsprechend liegende
Oktaederecke mehr oder weniger stark ab ond man erhUt als gemeinschaftlichen
Kern beider Körper ihre Kombisation, die in Fig. 71 noch einmal büonders abgebildet
ist Diese nämliche Kombination müQte man aber anch erhalten, wenn man,
Oktaeder nnd Würfel parallel nebeneinander gestellt gedacht, jede der sechs
FlBchen des letzteren parallel mit sich an das Oktaeder hin Terschieben würde. Sie
müßten dann je die der Lage nach entsprechenden Oktaederecke abstumpfen, deren
EoubinatioTubildnng, 103
jft gldchfftllfl sechs TorhEuiden eind. Aach rnnll die Äbstumpfang' der Ecken eilw
f^rade sein, denn die Symmetrie verlangt, AtÜ alle Kombiiuttionskaiiten h/o ein*
ander gleich sind.
DiDgekehrt liegen aber auch die acht gleichwertigen Eclien des WOrfelg, wie
die acht ebenfalls gleichen Fl&chen des Oktaeders. Venchiebt man letztere parallel
mit sich an den WUrfel, bo wird von dessen Ecken jede dnrch die entsprechend liegende
Oktaederfläche abgettmapft nnd swar wieder der Symmetrie
entsprechend gerade, so daü alle Eombinatiooskanten Ojoo Ooo
einander gleich sind. Hau eihttlt dann eine Kombination, wie
sie in Fig. 12 abgebildet ist, wo die OktoederflBohen wieder
mit 0, die Würtelflttcben aber mit ooO oo beieichnet und. Diese
Form bt kry stallographisch ident mit der obigen (Fig 70), beide
sind Eombinatiouen von Wflrfel nnd Oktaeder. Sie nnterscheiden
■ich nnr doich die verschiedene Audehnnng der beiden einfachen
KSTper. In Fig. 71 ist das Oktaeder groG, der Wflrf el klein, in
Fig. 72 findet das umgekehrte statt. Dort ist du Oktaeder, hier der Wttrfel der Tilger
der EomhinatiDn. Wieder dieselbe Kombination stellt die schon oben eingebend be-
trachtete Fig. 7 dar, in der das Oktaeder nnd der WOifel ziemlich gleichmtOig
ausgedehnt, oder, wie man zn sagen pflegt, mittlnander im Gleichgewicht sind.
%e steht in der Mitte zwischen den beiden in Fig. 71 nnd 72 abgebildeten Kom-
binationen, daher der Name Hittelkrystall (auch Cnbooktaeder).
Wir hoben schon oben (79) als Beispiel der regnlfir-voUUchigen Klasse das
Shombmdodekatder (Qranatoeder) kennen gelernt. Es ist in Fig. 76 in paralleler SteUung
mit dem Würfel (Fig. 73) dargestellt. Jede der xvHÜ Granatoederfi&cheu entspricht
dann der Loge nach einer der xwOlf gleichwertigen Kant«n des Würfels. Denkt
man sich nnn die Oranatoederflächen il parallel mit sich an den Würfel verlegt, so
stumpft jede von ihnen die entsprechende WUrfelkante ab nnd zwar, der Symmetrie
Fig. 72.
h
Fig. 73.
Fig. 74.
nfolge, gerade. Es entsteht dann die in Fig. 74 abgebildete Kombination beider
Formen. DaO die Fl&chen d in dieser Figur in der Tat die eines Granatoeders
nnd, teigen die geetrichelten Linien, die den letzteren KOrper als Erweitemng der
FUt^KD d bis zum gegenseitigen Durchschnitt darstellen.
Wir bedachten nnn die Kombination des Öranatotdar» und des Oktaedert, die
in Fig. 76 nnd 77 in paralleler Stdlnng abgebildet sind. Ans diesen Figuren er-
sehen wir, daO die acht Fl&chen des Oktaeders nach derselben Bichtnng hin gelegen
sind, wie die acht gleichwertigen dreikantigen Ecken des Granato«deTs. Yerschiebtti
wir nnn die OktaederflOchen parallel mit sich an das Dodekaeder, so mnß jede von
ihnen eine der dreikantigen Ecken des letzteren, and zwar der Symmetrie ent-
sprechend gerade, abstumpfen, wodnrch die Kombination Fig. 79 entsteht Die zwOlf
gleichen Konten des Oktaeders liegen aber auch ebenso wie die iwOU Flächen des
Dodekaeders; die vier in den Haaptsymmetrieebenen liegenden Oktoederkantes
schneiden sich nnter rechten Winkeln, wie die vier entsprechenden DodekoederflXcbeti,
104 Kombinatioiiabildniig.
deren lange Diagonalen also mit den Oktaederkanten in der Lage Tollkommeii Überein-
stimmen, Denkt man flieh die zwölf Dodekaederfl&chen parallel mit sicli an das Oktaeder
Fig. 76, Fig. 78.
hin Terscboben, so Htnmpft jede von ihnen eine der xwOlf Oktaederkanten ab, nnd
zwar wieder der SymmeMe zafolge gerade. Wir erhalten daim die in Fig. ^8
dargeBtellte Kombination. Anch diene beiden letzteren Kombinationen sind krjstallo-
giAphisch dasselbe, der Unterschied liegt auch hier wieder nnr in der verschiedenen
Anedehnnng der beiden kombinierten einfachen Formen.
Eine weitere einfache voUä&chig-regulftre Fonn ist der in Fig. 80 abgebildete,
von 24 gleichen Fl&chen, in der idealen Form gleichschenkligen Dreiecken, begrenEte
Pyramidenwürfel (TetrakishexaedeT). Ea ist gewisaermalten ein Würfet, Über dessen
qnadratischen Flä<^en sich niedrige vierseitige Pyramiden erheben. Er befindet sich
in Parallelatellnng mit dem Würfel (Fig. 81). Die sechs gleichen Flächen des letzteren
Fig. 80.
Fig. (
Fig. 81.
liegen wie die sechs gleichwertigen Pin'amidenecken w des Pjramidenwilrfels. Sie
müssen daher, parallel mit sich verschoben, diese Ecken abstumpfen nnd zwar nach
der Symmetrie gerade. Es entsteht dann die in Fig. 82 dargestellte Kombination.
Umgekehrt haben, da, der Symmetrie entsprechend, die Fl&chen beider KQrper den
drei strichpunktierten Achsen parallel gehen, die Kanten des WUrfels dieselbe Lage,
wie je zwei Fl&chen des PyramidenwQrfels. Je zwei der letzteren müssen daher
bei der Vereinigung beider Formen die WQrtelkanten znichärfen und zwar gerade.
Jeder der zwölf WflrfeUcanten entspricht dabei je eine der zwölf Qmppen von je zwei
Fl&chen des PyramidenwQrfels, welche notwendig alle Würfelflächen nnter gleichen
Winkeln treffen. Man erhält dann dieselbe Kombination, wie im ersten Fall, wo
die Würfelflächen die Pyramiden wUrf decken abstumpften. Die Gestalt der Kom-
bination kann dabei im einzelnen etwae wechseln, je nach der relativen GrCQe der
beiden kombinierten KOrper.
Als letztes Beispiel wählen wir die Kombination des (^faederi (Fig. 83) mit
dem gleichfalls regnlär-voUflächigen IkosUetraeder (Fig. 84), das von 24 symmetri-
schen Tierecken (Deltoiden) begrenzt ist. Seine Symmetrie verhältniese ergeben sich
ans der Figur, Je vier FIftchen der letzter«) Form liegen wie eine Ecke des Okta-
KombinationBbildnDg. 105
eden. Deren aind es sech«, ebenso auch sMha solche Omppen ron je Tier Flachen
des Ikoütetraeders. Jede dieser FlSchengTnppen mnQ <Jso je eine der sechs Okta-
ederechen zuspitzen nnd twax von den FUchen au. Es entsteht dann die Korn-
bination Fig. 85, bei der die Symmetrie des regnlären SjBteros die Gleichheit aller
Kombinationskanten zwischen den Oktaeder- nnd Ikositetraederflächen erfordert.
Fig. 83. Fig. 86. Fig. 84.
98. HaQyschfis Symmetriegesetz bei der KomblnatiooBbUdang.
Ans dem Gesetz der Kombinationsbilduag, wonach die sich kombinieren-
den einfachen Formen mitereinander nnd mit der von ihnen gebil-
deten Kombination in Beziehung aaf die Symmetiie yollständig Über-
einstimmen, ergibt sich auch für die Kombinationen die Gültigkeit
der Regel, die wir schon oben (70) als den Haflyschen Symmetriesatz
kennen gelernt haben, nach welcher sich gleichwertige Stücke eines
Krystalls durchaus gleich, ungleichwertige verschieden verhalten.
Er kann für den hier vorliegenden Fall in folgender Form ausge-
sprochen werden:
Sei äntrdender Kombinationsbädung werden gleiche SegrewmngS'
demente einer Krgstailform von den Flächen einer hinsnttretenden wmieren
einfachen ErystaUform stets gleich, ungleiche im allgemeinen tmghich
geschnitten. Dies gilt allerdings ganz uneingeschränkt nur für voU-
flachige Krystalle, bei teilflächigen treten infolge des Wegfalls ge-
wisser Flächen maDchmal Modifikationen ein, die sich in jedem ein-
zelnen FaUe von selbst ergeben.
Im einzelnen kommt der Haüysche Symmetriesatz in folgender
Weise znr Oeltang: Die gleichen Flächen einer einfachen Krystallform
werden von hinzutretenden Flächen einer anderen stets gleich d. h.
onter gleichen Winkeln geschnitten. Wird eine Kante von zwei an-
gleichen Flächen gebildet (was natürlich nur bei einer Kombination
mftglich ist), dann werden sie von einer dazu tretenden weiteren
Fläche ungleich d. h. unter verschiedenen Winkeln getrofifen. Es wird
also eine von zwei gleichen Flächen gebildete Kante gerade, eine von
zwei ungleichen Flächen gebildete Kante schief abgestumpft. Zwei
ungleiche Flächen können nnr dann von einer dritten Fläche unter
gleichen Winkeln geschnitten werden, wenn diese Rechte sind, also
die dritte Fläche auf jenen beiden senkrecht steht.
106 Kombinationsbildiiug
Werden zwei gleiche Flächen von einer dritten ungleich ge^
schnitten, d. h. wird ihre Kante schief abgestumpft, so muß an der-
selben Kante noch eine zweite Abstumpfungsfläche auftreten, die
die beiden gleichen Flächen in entgegengesetzt schiefer Richtung
schneidet und so mit der ersten Abstumpfungsfläche eine gerade Zu-
schärfung der Kante bewirkt. Ganz analog sind die Verhältnisse bei
Abstumpfung resp. Zuspitzung einer Ecke. Ist diese gleichflächig
und -kantig, so kann sie nur gerade abgestumpft werden, und wenn
sie zugespitzt wird, kann es nur so geschehen, daß die Zuspitzuugs-
flächen in ganz gleicher Weise auf die Kanten und Flächen ausge-
setzt sind, die die Ecke bilden. Sind die Flächen und Kanten an
einer Ecke nur zum Teil gleich, dann werden diese gleichen Stücke
von den Abstumpfungs- und Zuspitzungsflächen gleich und anders
getroffen, als die übrigen Begrenzungselemente dieser Ecken. Endlich
müssen notwendig alle gleichen Kanten und Ecken einer einfachen
Form in derselben Weise modifiziert, also abgestumpft oder zuge-
schärft oder zugespitzt werden, jederzeit der Symmetrie an den einzelnen
Kanten oder Ecken entsprechend. Vorausgesetzt ist dabei, wie schon
erwähnt, überall, daß man es mit vollflächigen Formen zu tun hat^
und daß nicht infolge von Hemiedrie etc. eine Anzahl von Flächen,
resp. Symmetrieebenen, in Wegfall gekommen ist. Die besonderen
Verhältnisse der Kombinationen hemiedrischer etc. Formen werden wir
bei der speziellen Betrachtung der teilflächigen Krystallklassen kennen
zu lernen haben.
Der Haüysche Symmetriesatz verlangt endlich, daß Flächen, durch
todche gleiche Stücke einer einfachen Farm in derselben Weise getroffen
werden, einander gleich sind. Auch dies ist eine notwendige Folge der
Symmetrie; diese Flächen bilden zusammen die Begrenzung einer
einfachen Krystallform.
99. Beispiele. Daß diese Haüyschen Gesetze mit Notwendigkeit aus dem
Gesetz der Eombinationsbildnng folgen, geht schon ans den oben (97) betrachteten
Beispielen hervor. Hier sollen nur noch einmal einige derselben mit besonderer
Besiehnng daranf knrz betrachtet werden.
Wenn eine Fläche des Granatoeders eine Würfelkante abstumpft (Fig. 74),
so verlangt die Symmetrie nach den Nebensymmetrieebenen , daß dies gerade ge-
schieht; die zwei gleichen Würfelflächen werden also von der hinzutretenden
Granatoederfläche gleich, d. h. unter gleichen Winkehi geschnitten. Femer müssen
aUe gleichen Würfelkanten ohne Ausnahme in derselben Weise gerade abgestumpft
werden, und die Abstumpfnngsflächen müssen alle einander gleich sein, da sonst die
Symmetrie nach den Hauptsymmetrieebenen gestOrt wäre. Die Kombination von
Würfel und Granatoeder entspricht somit vollkommen dem Haüyschen Symmetrie
gesetz. Ganz entsprechend ist es, wenn man die Kombination des Oktaeders mit dem
Granatoeder betrachtet (Fig. 78).
Bei der Kombination des Pyramiden würfeis mit dem Würfel (Fig. 82) folgt aus der
Symmetrie, daß jede der beiden Würfelflächen von den beiden anstoßenden Pyra*
Eombinationsbildnng. 107
midenwttrfelfläclien gleich getroffen werden, und daß jede Kante in derselben Weise,
d. h. nnter denselben Winkeln gerade zngescbärft werden mnß nnd zwar durch
lanter gleiche Flächen, welche eben die des Pyramidenwtlrfels sind.
Die vierkantigen Ecken des Granatoeders können nach der S3rmmetrie nur
gerade abgestumpft sein (Fig. 102), nicht schief; die vier gleichen Flächen an
einer Ecke des Qranatoeders werden von der hinzutretenden Abstumpfungsfläche
gleich geschnitten, und wenn eine dieser Ecken abgestumpft ist, so müssen es alle
anderen ihr gleichen vierkantigen Ecken ebenfalls in derselben Weise sein, und
zwar von lauter der ersten gleichen Flächen. Entsprechend ist es bei den drei-
kantigen Ecken (Fig. 104); diese werden ebenfalls alle gerade abgestumpft, die Ab-
stumpfnngsflächen schneiden die Granatoederflächen gleich und sind untereinander
gleichwertig. Wenn die vierkantigen Ecken abgestumpft sind, so verlangt die
Symmetrie nicht, daß die von ihnen verschiedenen dreikantigen Ecken gleichfalls
abgestumpft sind. Wenn sie beide gleichzeitig abgestumpft sind (Fig. 105), so sind
die zu beiden gehörigen Abstumpfungsflächen jedenfalls voneinander verschieden.
Unter allen umständen verhalten sich die verschiedenwertigen Ecken des Granato-
eders bei der Eombinationsbildung verschieden.
Eine Zuspitzungsfläche einer Oktaederecke bei der Kombination des Oktaeders mit
dem Ikoeitetraeder (Fig. 85) muß nach der Symmetrie auf die Oktaederfläche notwendig
gerade aufgesetzt sein und zwar auf jede Fläche an dieser Ecke in derselben Weise
(unter demselben Winkel) ; auch müssen alle Oktaederecken in derselben Weise viel-
flächig zugespitzt sein, so daß wieder alle gleichen Begrenzungselemente des Okta-
eders von den zutretenden Flächen des Ikositetraeders gleich geschnitten werden
und zwar ebenfalls von lauter untereinander gleichen Flächen.
100. Ableitnng der Kombinationeii nach dem Haflyschen Sym-
metriegesetz. Nach unseren bisherigen Betrachtungen haben wir die
Kombinationen angesehen als entstanden durch die Vereinigung der
einfachen Formen (96).. Als notwendige Eonsequenz ihrer symmetri-
schen Durchdringung ergaben sich dann die Haüyschen Symmetrie-
sätze. Wir können aber auch umgekehrt diese letzteren durch direkte
Beobachtung an den Erystallen empirisch feststellen und vermittels
ihrer die an jeder einfachen Erystallform möglichen Kombinationen
ableiten. Man denkt sich zu diesem Zweck an den Kanten und Ecken
dieser einfachen Form zunächst eine Fläche in irgend einer Lage als
Abstumpfung auftretend, und konstruiert alle nach den Symmetriesätzen
(oder kurz, nach der Symmetrie) noch weiter erforderlichen Flächen
dazu. Diese müssen dann jener ersten gleich sein, und sie alle zu-
sammen begrenzen bis zum gegenseitigen Schnitt ausgedehnt, die neue
einfache Form, die nun mit der ersten in Combination getreten ist.
Indem man die Lage der ersten Fläche auf alle denkbaren Arten
ändert, erhält man alle überhaupt möglichen Fälle der Kombination
jener ersten Form mit einer zweiten. Daß diese letzteren alle die-
selbe Symmetrie haben müssen, wie die erste Form, von der wir aus-
gegangen sind, folgt nach dem früheren von selbst; die Symmetrie-
ebenen bleiben ja beim Zutreten der neuen Flächen ganz unverändert
erhalten. Es ergibt sich daraus dann das Gesetz der Kombinations-
108
Eombinatioiisbildang'.
bildung, daß nur einfache Formen derselben Symmetrieklasse sich zu
Kombinationen vereinigen, indem sie sich in paralleler Stellung d. h.
mit parallelen Achsen durchdringen.
Beispiele. An der Ecke eines Oktaeders trete eine einzige Flftche anf. Dann
muß sie diese notwendig gerade abstumpfen, da nur so die Erfordernisse der
Symmetrie durch diese eine Fläche erfüUt werden kGnnen. Die Fläche muß alle an
der Ecke liegenden Flächen und Kanten gleich treffen, da sie ja aUe je unterein-
ander gleich sind. Da alle sechs Oktaederecken gleich sind, so müssen auch alle
anderen in derselben Weise gerade abgestumpft sein, wenn es die erste ist (Fig. 71).
Die sechs Abstumpfungsflächen sind notwendig einander gleich und begrenzen ge-
hörig ausgedehnt einen sechsflächigen Körper von derselben Symmetrie wie das
Oktaeder, einen Würfel. Es ist ganz gleichgültig, ob man einen KrystaU beschreibt
als Kombination von Oktaeder und Würfel, oder als Oktaeder mit abgestumpften
Ecken; beides bedeutet dasselbe.
Liegt eine Fläche an der Oktaederecke, auf eine Oktaederfläche aufgesetzt, so
kann sie nur gerade auf diese aufgesetzt sein, und somit die beiden seitlich anstossen-
den Oktaederflächen unter gleichen Winkeln schneiden, da sonst die Symmetrie ge-
stört wäre (Fig. 85). Oder aber es müßte, wenn die Fläche schief auf eine Okta-
ederfläche aufgesetzt wäre, an dieser letzteren noch eine zweite Fläche in entgegen-
gesetzt schiefer Stellung auftreten. Auf jeder anderen
Oktaederfläche an derselben Ecke müsste dann noch
eine Fläche gerade, resp. zwei Flächen schief in der-
selben Weise aufgesetzt sein und die Ecke wäre dann
yierflächig resp. achtflächig zugespitzt (Fig. 85 und 86).
Wenn nun alle übrigen Oktaederecken in derselben
Weise modifiziert werden, sind die Erfordernisse der
Symmetrie erfüllt, und das Symmetriegesetz ist befrie^
digt. Die Zuspitzungsflächen sind in beiden Fällen in
derselben Weise symmetrisch angeordnet wie die Flächen
des Oktaeders, sie liefern alle bei gehöriger Ausdehnung
ebenfalls reguläre Formen. Von ihnen haben wir die
eine (Fig. 85) oben schon (97) als Ikositetraeder kennen
gelernt; die anderen (Fig. 86) werden wir unter dem Namen des Hexakiaoktaeders
(Achtundyierzigflächners) unten noch betrachten.
Ganz analog sind die Verhältnisse bei der Modifikation der Kanten, so daß
keine weiteren Beispiele erforderlich sind, die sich übrigens auch aus dem früheren
und dem nachfolgenden yon selbst ergeben.
101. rmkehrung des Haüyschen Symmetrlesatzes. Aus
den Symmetrieverhältnissen ergibt sich, daß das Hattysche Sym-
metriegesetz auch einer Umkehrung fähig ist, welche lautet: Wenn
Begrenzungselemente einer KrystaUform von hinzutretenden Flächen in
gleicher Weise geschnitten werden, so sind sie ebenfalls untereinander
gleich, Begrenzungselemente, die sich in dieser Hinsicht verschieden ver-
halten, sind einander im allgemeinen nicht gleich.
Wenn z. B. in dem vierseitigen Prisma MM (Fig. 87) eine Kante durch die
Fläche A gerade abgestumpft wird, dann müssen notwendig die beiden Flächen M
einander gleich sein ; denn die Gleichheit der beiden Kanten a bedingt eine zwischen
ihnen hindurch gehende Symmetrieebene. Wird aber, wie in Fig. 88, die Kante MN
Fig. 86.
i
Be^&rea Sjstein.
durch die Fläche A schief abge-
stumpft, dum sind jedenfalls die
beiden PrismenflSaben M und JV von-
einander Terschieden.
Wir haben bieris also ein Mittel,
am nnter Umständen, eventuell mit-
tels des Goniometers, die Qleichheit
oder Ungleichheit von Flächen fest-
Eustellen, was manchmal auf Omnd
ihrer phrnkalischen Beschaffenheit
Fig. 87.
Fig. 88.
Bchvierig nnd in vielen Fällen mit voller Beitimmtheit Qberhanpt nicht möglich ist.
Wenn t. B. an einem Oktaeder eine Fläche eine £ante gerade abstompft, so
mOssen notwendig die beiden Oht&edetfl&chen einander gleich sein. Wenn an
demselben Oktaeder nur acht von den EwOlf Kanten abgestumpft
■ind, die vier anderen nicht (Fig. 89), dann sind jedenfalls dieae
vier von jenen acht verschieden und das Oktaeder kann unmög-
lich ein reguläres sein. Ob die letctAren acht Kanten alle unter-
einander gleich sind oder nicht, kann nach dem Vorhandensein
der Abatnmptogen allein nicht entschieden werden. Dam ist
ea nOtig, die Winkel an ollen Oktaederkanten m messen.
Anch hier macht indessen der rechte Winkel eine Ausnahme.
Wenn mehrere Flächen eines Erystalls von einer Fläche senk-
recht geschnitten werden, sind sie troti der gleichen Schnittwinkel "^- ™'
nicht notwendig einander gleich. So sind in den (20) erwähnten Stamolitbkrystallen
die Flächen m und o nicht einander gleich, obwohl sie von p nnter gleichen Winkeln
geschnitten werden ; diese gleichen Winkel sind hier rechte (Fig. 17).
D. Die Krystallsysteme.
1. Re^lres System.
(Tesserales, laometrischeB, knbisches System.)
Das reguläre Krystallsystem nmfaßt alle Ei'yst&Uklafisen, die aof
drei gleiche zueinander aenkrecbte Achsen bezogen werden kSnnen.
Das reguläre Ächsenschema ist daher:
o:a:a;-4a/a = 90".
In demselben ist kein unbekanntes StUck vorhanden. Es ist also
dnrch die Symmetrie allein ohne Winkelmessung bekannt, somit in
allen regolären Erystallen dasselbe and von der Substanz unabhängig.
Alle regulären Formen mit demselben Achsensusdmck mUssen daher
genau dieselbe Gestalt (dieselben Flftcbenwinkel) haben. Auch sie
sind durch die Symmetrie allein gegeben nnd werden von der Za-
sammensetzang der Erystalle nicht beeinfinfit. Bei der gewShnlicfaen
An&tellong ist eine der drei Achsen vertikal, die zweite geht tod vom
110 BegoUi^TolUScIuge ElsMe.
nach binten, die dritte liegt qaer von rechts nach links. Die drei
AchBenebenen teilen den Ranni in acht gleiche Oktanten. Die Achsen
Bind in den folgenden Figoren dnrch die strichpanktierten Linien und
an ihnen die Flächen in ihrer spezielten Lage durch die Lidices an-
Regulär-üollfläehige (hexakiBoktaedrisohe) Klasse.
3 -|~ 6 = 9 Symmetrieebenen ; davon drei Hau/ptsymmetrie^enen
parallel den drei Achsenebenen aa and sechs N^)ensyminetrieehenen, die
dnrch eine Achse a gehen und den Winkel der beiden anderen Achsen a
halbiren. 3 + 4 + 6 — 13 Symmetrieachsen, davon: drei vierzählige
parallel den krystallographischen Achsen a (tetragonale Achsen), vier drei
zählige za je drei Achsen a gleich geneigt (trigonale Achsen) nnd sechs
zweizählige in den Achsenebenen aa, die Winkel je zweier Achsen a
halbierend (digonale Achsen). Symmetriecentram vorhanden. Die drü
Hauptsymmetrieebenen sind die Fundamentalflächen des Achaensystems.
102. fünfkche Formell. 1. OTdaeder. Die Flächen schneiden
von den drei Achsen gleiche Stücke ab, also solche,
die sich verhalten wie: a-.a-.a; der Ausdruck des
Oktaeders ist demnach : {a-.a-.a)^ (111). In jedem
Oktanten liegt somit eine Fläche, also sind im ganzen
acht vorhanden, welche sich in den Kanten unter
Winkeln von 109" 28' 16", ober die Ecken unter
70" 31' 44" treffen. In der idealen Form sind die Be-
Fig. 90. grenzongsflächen acht gleichseitige Dreiecke, welche
sich in zwßlf gleichen, zq je vieren in den Achsenebenen senkrecht
zueinander liegenden Kanten und in sechs gleichen vierflächigen
Ecken, durch welche die Achsen hindurchgehen, schneiden (Fig. 90).
„Verzerrte" Oktaeder vgl. Fig. 19 und 20.
Di« Oktaederflache iit die Einheitsflftclie des res^iläreii Systems.
2. Hexaeäer (Würfel). Drei Flächenpaare stehen je auf einer Achse
senkrecht, gehen also je den beiden anderen Achsen parallel (Fig. 91).
Der Ausdruck ist daher: (a : oo o : oo a) = (100) nnd
die sechs Flächen schneiden sich unter 90". In der
idealen Gestalt sind die Flächen Quadrate. Jeder
Krystall, der von drei aufeinander senkrechten glei-
chen Fläcbenpaaren begrenzt wird, ist aber krystallo-
graphisch ein Wtlrfel, auch wenn er z. B. die Form
eines in die Länge gezogenen Prismas oder die einer
~° " dünnen Platte etc. besitzt. Die zwölf Kiinten and die
acht Ekdcen sind je alle gleich. Je vier Kanten sind einer der drei
Achsen parallel. Diese stehen senkrecht auf je zwei gegenüberliegen-
Einfiidie Formen. lU
dm Flächen und gehen dnrch die Mitten von je zwei gegfenüber-
liegenden Flächeu der Idealform.
Die WUrfelflOcbeu und die FnndamentaMllcheii (AdiBenebenen) des regnlSren
Systems; Bie sind paiaUel den drei Eanptsymmetrieebenen A (Fig. 33 und 47). Die
Achsen entsprechen der Bichtnng nach den WUrfelkanten.
3. Öranatoeder (Ehombendodekaeder). Die Flächen schneiden zwei
Achsen gleich, die dritte im Unendlichen, der Äusdnick ist also : (a : a : oo a)
= (110). Die zwölf Flächen bilden in der idealen
Gestalt Bhomben, welche sich in 24 gleichen
Kanten Ton 120 * schneiden. Außerdem sind
sechs gleiche vierkantige and acht gleiche drei-
bmtige Ecken vorhanden (S und 0) (Fig. 92).
Über die vierkantigen Ecken H weg schneiden
sich je zwei Flächen unter 90". Die Achsen gehen
dnrcb je zwei gegenüberliegende vierkantige
¥>^en H nnd sind den kurzen Diagonalen der fjg gg
Flächen parallel
Die FUchen dieees EOrpers sind den sechs Neben^ymmetrieebenen B piirallel
Cie- «).
Oktaeder, Hexaeder nnd Dodekaeder kann es nach der Lage der Flächen an
den Achsen im regnlftren System nnr je eines gehen, d. h. alle Oktaeder, alle
W&rfel etc, sind je unter einander in jeder Beziehung, besonders betreib der
Flächen Winkel, gleich. Dies sieht man anch ans den Ausdrücken, in denen nnr kon-
Btante Ableitangszahlen 1 und oo (Indices 1 und 0) vorkommen. In den Anadrüoken
der nächstfolgenden Körper kommen variable Ableitungsiahlen (Indices) vor, für die
man beliebige rationale Zahlen einsetzen kann. Jeder anderen solchen Zahl ent-
spricht eine in der allgemeinen Gestalt den anderen analoge, in den WinkelTOrhält^
Bissen aber Teischiedene Form.
4. TetraJäshexaeder (Pyramidenwfirfel). Die Flächen gehen einer
Achse parallel und schneiden von den beiden anderen Achsen ungleiche
Stficke ab. Dies entspricht dem Flächenausdruck : (a : nta : oo a)
= {-la-.ooa) = (mlO) oder allgemein: (äSO), z. B. (210), (310)
(320) etc. Die 24 von der Symmetrie geforderten Flächen sind in der
Idealform gleichschenklige Dreiecke. Sie sind so gruppiert, daß sie zu
je vieren niedere Pyramiden Über den Flächen
eines Würfels machen, den man sich einbe-
Bchrieben denken kann (Fig. 93). Zwölf gleiche
längere Kanten H sind den Achsen parallel und
liegen genau so gegeneinander, wie die zw5U
Kanten eines Würfels (Fig. 91). 24 andere gleiche
kürzere Kanten P bilden die vierseitigen Pyra-
miden über den Würfelflächen. Acht gleiche
3-1- 3 kantige Ecken E liegen wie die Würfel- p- gg
ecken ; sechs gleiche vierkantige Ecken W bilden
X12 Be^nl&r-vollflSchige Elaue.
die Spitzen der Pyramiden und liegen wie die OktaedereckeD; dnrclt
sie geben die drei Achsen a.
Die Neigungswinkel der FlSchen in den Kanten H und P hingen von der
QiOQe von ffi (resp. von h and k) ab, und nmgekebrt; m (resp. -^) bann ans einem
in S oder P gemessenen FlKcbeawinkel berechnet werden. Fflr alle Werte Ton m
(resp. -j-) bleibt die allgemeine Gestalt des ECrpen dieselbe, nur die relative Habe
der Pyramiden &ndert eich entsprechend den FlBcbenwinkeln.
5. Xkosüetraeäer. Die Flächen schneiden eine Achse in kleinerer,
die beiden anderen in gröSerer, aber gleicher Entfernung, der Ans-
drudt ist also: (a:ma: mä) (m >■ 1) oder -= (— : o : a) ^ (m 11) oder
allgemein (AÄfc) ft > ft, z. B. (211), (311), (322) etc. Die Symmetrie ver-
langt 24 Flächen von dieser Lage an den Achsen. In der idealen Qe-
stalt bilden sie symmetrische Vierecke (Deltoide), welche zu dreien in
den einzelnen Oktanten liegen. Sie schneiden sich in 24 in den
Achsenebcnen gelegenen längeren Eanten 0, den sog. gebrochenen
Ottaederkanten (Fig. 94) und in 24 kürzeren Kanten P, den sog. ge-
brochenen Wtirfelkanten. Die Ecken sind dreierlei: acht dreikantige
Ecken A liegen wie die Würfelecken in der Mitte der Oktanten;
sechs Tierkantige Ecken B liegen wie die Oktaederecken auf den
Achsen, und zwölf 2 + 2 kantige Ecken C liegen in den Achsenebenen
in der Mitte zwischen je zwei Ecken B. Durch B gehen die Achsen.
Mit der Zahl m resp. mit -r- findem eich die Flächenwinkel und damit in
etwas die Gestalt. Die Fig. 94 entspricht dem Anednick (211); Fig. 9ö dem Ana-
drick (311).
Eine gaoE ftboUche Form wie
-■>• Fig. 94 findet man beim Leucit
{Fig. 211], wo man es aber mit
einer pseudoregulären Combina-
tion des qnadratiachen Systems
zu tun hat. Diese Fonn wnrde
früher für ein wirkliches regnl&rea
Ikositetraeder gehalten, welche
Form darnach Lettcifoeder ge-
nannt wnrde (80, 134).
Fig. 94. Fig. 95.
6. Triakisoktaeder (Pyramidenoktaeder). Jede der Flächen schneidet
zwei Achsen gleich, die dritte in größerer Entfernung, der Ansdmck
ist also: (a : a : mä), wo w >■ 1 oder: (m m 1) oder allgemein (hhk),
A> Ä, also z. B. (221), (331), (332) etc. In äer idealen Form (Fig. 96)
sind die Flächen, von denen aach hier der Symmetrie nach 24 vor-
handen sein mflssen, gleichschenklige Dreiecke, welche dreiseitige
niedere Pyramiden über den Flächen des Oktaeders bilden, das man
VolUftchige Kluae. 1]3
sich einbeschriebeD denken kann. Zwölf läng^ere b
Kanten 0 entsprechen in ihrer Lage dorchaus
den zwölf Kanten und sechs 4 + 4kantige Ecken
E den Ecken den Oktaeders. AuSerdem sind
noch 24 gleiche kürzere Pyramidenkanten P nnd
acht 3 kantige Pyramidenecken J von der Lage
der Wörfelecken vorhanden. Die Achsen gehen
durch die Ecken E.
Di« Hüben der PyruniaeD (d. h. die Fl&cheDwinkel ^S- ^'
in P und 0) ändern sich mit der Zahl m (resp. -r-), welche nun aas Jenen Winkeln
berechnen kann, nnd omgekehrt.
7. BexdkiaoUaeder (Achtundvierzigflächner). Die Flächen schneiden
alle Achsen ungleich, der Ausdruck ist also : {ma :na:pa) oder = ( r ' y ' T^
= (hkl), wo A > i > I, z. B. (321), (421) etc. Die Flächen, 48 an der
Zahl, bilden ungleichseitige Dreiecke (Fig. 97), ,„„
welche sich in 24 gleichen Kanten K in den
Achsenebenen (gebrochene Oktaederkanten) nnd in
je 24 Kanten L und M schneiden. In der idealen
Form sind die Kanten M die längsten, L die
kilrzesten. An Ecken sind rorbanden : sechs
4 4-4kantige sog. Oktaederecken E, durch welche
die Achsen gehen, acht 3 -|- 3kantige 0 in der
Mitte der Oktanten (Wttrfelecken) und zwölf Fig. 97.
2 -}- 2kantige G in den Achsenebenen.
Die Fl&chenwinkel in £, L nnd M ändern sich mit m nnd n, reep. mit -j-
nnd y. Hanchmal nnd die Flächen bo grappiert, daO sie en je vieren niedere
Pyramiden anf den Flächen eine« Oranatoedars bilden, mit deaeen Kanten ImI
manchen Werten von m nnd n (resp. h, k, l) die Kanten M EOBammenf allen ; dies
sind die sog. Pyramidengranafoeder. Die Bedingung luerfflr ist; h^=k-{-l, %. B.
{321}, (431), (632) etc.
Andere einfache KOrper als diese sieben sind in der Tollflächigen Klasse des
regulären Syatema nicht mOglich. Weder lassen sich andere Lagen der FlKchen gegen
die Achsen angeben, als jene sieben, noch andere FlächenansdrQcke, welche von jenen
sieben wesentlich verschieden wären nnd nicht durch Mnltiplihation oder Division
der Indicee mit einer geeigneten Zahl anf sie EtuttckgefUhrt weiden könnten. £la
kann also keinen anders gestalteten einfachen EOrper mit den nenn Symmetrieebenen
der genannten Klasse geben. Alle diese sieben KGrper sind anch, teils selbständig,
teils in Kombinationen voTkommeud, an Krystallen tats&chlich beobachtet worden.
Das Eexakisoktaeder ist der flBchenreichste einfache regnläre KOrper nnd auch
der aUgemeisste, als dessen spezielle Fälle die anderen angesehen werden künnen.
So kann man sich e. B. ein Ikoaitetraeder als ein Hexakisoktaeder vorstellen, in
dessen Kanten M die anstoßenden Flächen einen Winkel von 180" machen, d. h.
Baasr, KioeraloclB. 8
114 Beguläres Erystallsystem.
in eine Ebene zusammen fallen ; beim Pyramidenoktaeder fallen die in den Kanten L
zusammenstoßenden Flächen in eine zusammen ; beim Oktaeder alle nm eine Ecke 0
hemmliegenden Flächen etc. Diesen Änderungen entsprechend ändert sich selbst-
verständlich jedesmal der Ausdruck des Hexakisoktaeders und geht in leicht yer-
ständlicher Weise in den des betreffenden speziellen Körpers über. Diese Auffassung
des Zusammenhangs sämtlicher yollflächig-regulärer Formen ist namentlich bei der
Ableitung der hemiedrischen Formen aus jenen oft von Wichtigkeit.
103. Naumannsclie Bezeicliiinng und Übersicht. Nach der
Naumannschen Bezeichnungsweise werden nicht einzelne Flächen einer
einfachen Erystallform, sondern die ganzen Foimen in den Zeichen
(Symbolen) dargestellt Man geht dabei von dem Oktaeder aus. Eine
Oktaederfläche wird im Endpunkt einer Achse a festgehalten und so
nach außen gedreht, daß sie entweder von einer oder von beiden
anderen Achsen größere Stücke abschneidet, als von der ersten. Auf
diese Weise kann man offenbar jede überhaupt mögliche Lage der
Fläche, also die Lage der Flächen für alle oben betrachteten Körper
erhalten. Jedesmal trifft die Fläche die eine Achse, in deren Ende sie
festgehalten wird, in der Entfernung a, die beiden anderen Achsen in
je nach der speziellen Lage der Fläche verschiedenen Entfernungen
gleich oder größer als a. Naumann bezeichnet nun das Oktaeder mit 0
und alle anderen regulären einfachen Formen dadurch mit Hilfe des
Buchstabens 0, daß er die auf die zwei letztgenannten Achsen bezüg-
lichen Ableitungszahlen vor und hinter 0 setzt Eine etwaige Ab-
leitungszahl 1 wird dabei fortgelassen. Die dritte Ableitungszahl,
welche nach dem Obigen stets = 1 ist, braucht als selbstverständlich
nicht geschrieben zu werden. Danach ist allgemein : mOn = a:ma:nay
wo m >> n >> 1 sei; und speziell z. B. SOf = a : 3a : fa; 202 =
a : 2a : 2a; 30 = a : 3a : a oder a:a: 3a; oo02 = a : ooa : 2a oder
a : 2a : oo a etc. und entsprechend : 0 = a:l.a:l.a = a:a:a.
Im folgenden ist eine Übersicht über jene sieben einfachen
Körper des regulären Systems je mit der betreffenden Bezeichnung
nach Miller und Naumann gegeben :
1. Oktaeder: 0 — a:a:a = (111).
2. Würfel: ooOoo = a : oo a : oo a = (100).
3. Granatoeder : ooO = a : a : ooa «= (HO).
4. Tetrakishexaeder : oo On = a :na : ooa oder (ääO)
z. B.: oo02 = a : 2a : ooa = (210).
5. Ikositetraeder : mOm =^ aima: ma oder (hJck) h^k
z. B.: 3 03 = a : 3a : 3a = (311).
6. Triakisoktaeder : mO = a:a:ma oder = {hhk) h'^k
z. B.: iO = a : a : |a = (332).
7. Hexakisoktaeder : fnOn=^a imaina oder (hM) ä >> i > Z
z. B.: 3 0| = a : |a : 3a = (321).
Tollflftchige Kluge.
115
104. Komblnatloiieii. Das allgemeine Über die Kombinationen
ist schon oben (92 S.) gesagt, wo aach bereits einige regulär-Toll-
fi&chige Kombinationen speziell besclirieben worden sind. Danach
wird das folgende leicht vei'Ständlich sein. Die jo den folgenden
Kombinationen vorkommenden einfachen Formen sind anf den Abbil-
dungen mit Naumanngchen Zeichen angegeben (vergl. auch (97)).
Das Oktaeder in Kombination mit dem Würfel stampft dessen
Ecken ab (Fig. 100) and ebenso amgekehrt (Fig. 98). Beide Formen
Fig. 98.
Fig. 99.
Fig. 100.
bilden dieselbe Kombination, bei Fig. 98 ist das Oktaeder, bei Fig. 100
ist der Würfel groß und der Träger der Kombination ; zwischen beiden
steht die in Fig. 99 abgebildete Form dieser selben Kombination,
der sog. Mittelkrystall oder das Knbooktaeder, in der Mitte.
Das Granatoeder stampft am Würfel die Kanten gerade ab (Fig. 101),
nmgekehrt der Würfel am Granatoeder die vierkantigen Ecken (Fig. 102).
Fig. 101.
Fig. 102.
Fig. 103.
Fig. 104.
Änch diese beiden Fignren stellen mithin die gleiche Kombination,
die des Würfels mit dem Granatoeder dar. Das Grematoeder stumpft
anch am Oktaeder die Kanten gerade ab (Fig. 103) und umgekehrt
dieses an jenem die dreikantigen Ek^ken (Fig. 104). Sind Oktaeder,
Fig. 106. Fig. 106, Fig. lOJ.
Wvrfü und Qrancdoeder miteinander kombiniert, so entstehen" die
Formen, welche in Fig. 105 — 107 dargestellt sind. Der Reihe nach
l][g ItepilBrei EiystallBystem.
sind bei ihnen das Granatoeder, das Oktaeder, der Wtlrfel die Träger
der Eombination.
Die Fig. 108 zeigt den Pyramidetucürfel in Kombination mit dem
Würfel Ersterer schärft die Kanten des letzteren zu, letzterer stampft
die Tierkantigen Ecken des ersteren ab. In Fig. 109 ist die Kom-
Kg. 108. Fig. 109. Fig. 110.
bination des Würfels, des Oktaeders, des Granatoeders und eines ^a-
midenoktaeders, etwa 20 (221) dargestellt. Die gegenseitige Lage der
erstgenannten drei Körper ist aus Fig. 106 bekannt; das Pyramiden-
oktaeder scbfirfl im allgemeinen die Oktaederkanten zu, hier stumpft
es dementsprechend die Kombinationskanten zwischen Oktaeder und
Granatoeder ab und zwar notwendig schief (98). Fig, 110 stellt die
Kombination eines Ikosüetraeders mit dem Würfel dar. Die Ecken
des letzteren werden von den Flächen des ersteren von den Flächen aus
zugespitzt. Fig. 111 gibt das Granatoeder, dessen Kanten durch
Fig. 111. Fig. 112. Fig. 113.
das Ikositetraeder 202 (211) gerade abgestumpft werden. Das Hexa-
kisoktaeder 30^(321) schärft die Oranaloederkanten zu nnd stumpft
die aus Fig. 111 bekannten Kombinationskanten zwischen den Flächen
von ooO und 202 schief ab (Fig. 112). Die Würfelechen werden von
den AcMundmereigflächnem, z. B. 402 (421), sechsflächig zugespitzt
(Fig. 113). Schon oben wurde die Kombination des Oktaeders mit
dem Ikositetraeder (Fig. 85) und mit dem Eexakisoktaeder (Fig. 86)
beschrieben.
104a. Kombinationen (FortMtiniig). Qrappieren wir die EombinfttioDen nach
den TrSgern -derselben, ao erhalten wir das folgende: Der Würfel mit abgeatiunpfl«n
Ecken (Fig. 100) ist die Kombination mit dem Oktaedecj mit abgestumpften Kanten
(Fig. 101) die mit dem Granatoeder; mit abgestampften Kanten und Ecken die mit
dem Oktaeder und dem Granatneder (Fig. 107); mit sngeachärften Kanten die mit
Yoim&chige Klasse. 117
eiBem Pyramidenwürfel (Fig. 108) ; mit von den Flächen aus dreiflächig mgespiteten
Ecken (Fig. 110) die mit einem Ikositetraeder ; mit sechsflächig zugespitzten Ecken
die mit einem Hexakisoktaeder (Fig. 113) etc.
Das Oktaeder mit abgestumpften Ecken (Fig. 98) ist kombiniert mit dem Würfel ;
das mit abgestumpften Kanten (Fig. 103) mit dem Granatoeder ; das mit abgestumpften
Kanten und Ecken (Fig. 106) mit dem Würfel und dem Granatoeder; das mit vier-
flächig von den Flächen aus zugespitzten Ecken (Fig. 85) mit einem IkositetraSder;
das mit achtflächig zugespitzten Ecken mit einem Hexakisoktaeder (Fig. 86) etc.
Am Oranottoeder bewirkt der Würfel die Abstumpfung der vierkantigen Ecken
(Fig. 102); das Oktaeder die der dreikantigen Ecken (Fig. 104); die der drei- und
der vierkantigen Ecken gleichzeitig der Würfel mit dem Oktaeder (Fig. 105); die
Abstumpfung der Kanten stellt die Kombination mit dem Ikositetraeder 202 (211)
dar (Fig. 111) und, wenn noch die Kanten zwischen den Flächen des Granatoeders
und dieses Ikositetraeders abgestumpft sind (Fig. 112), dann tritt zu diesen beiden
noch ein Achtundvierzigflächner und zwar ein solcher aus der Gruppe der Pjramiden-
granatoeder. Diese letztere Kombination ist oft am Granat zu beobachten, wo dieser
Achtundvierzigflächner den Ausdruck: 30% (321) zu haben pflegt.
Für die übrigen einfachen regulären Formen ergeben sich nach dem Obigen
die Verhältnisse leicht von selbst.
104 b. Entwieklung regalirer Komblnatioiieii. Die regulären
Eombinationen sind leicht zn entwickeln, d. h. die daran beteiligten
einfachen Formen sind leicht zn bestimmen, wenn deren Anzahl nicht
zu groß ist. Manchmal sind die Erystalle aber sehr kompliziert, so-
fern sich oft nicht nur alle oder doch die meisten der sieben ein-
fachen Formen im allgemeinen miteinander vereinigen, sondern auch
von denen mit veränderlichen Ableitungszahlen m resp. n mehrere
mit verschiedenem Ausdruck also z. B. mehrere Ikositetraeder, mehrere
Pyramidenwürfel etc. nebeneinander vorhanden sind. Dann ist die
Bestimmung der einzelnen Formen unter Umständen schwierig, nament-
lich wenn noch starke Verzerrung dazu tritt. Die Symbole aller
Formen lassen sich dann nicht ohne eingehende Beobachtung der
Zonen am Goniometer und ev. umfangreiche Winkelmessung und Be-
rechnung ermitteln. Handelt es sich aber nur darum, die Zugehörig-
keit der einzelnen Flächen zu der oder jener der einfachen Formen
im allgemeinen aufzusuchen ohne auf die speziellen Werte der Ab-
leitungszahlen m und n einzugehen, dann fuhrt auch in komplizierten
Fällen die Zonenbeobachtung mit bloßem Auge unter Berück-
sichtigung der Symmetrieverhältnisse häufig zum Ziel. Die" Flächen
des Würfels, des Oktaeders und auch des Granatoeders lassen sich,
wenn sie vorhanden sind, meist unschwer an ihrer Zahl und Anord-
nung erkennen, und man kann auch gewöhnlich, selbst wenn sie nicht
zur Ausbildung gelangt sind, was aber bei flächenreichen Krystallen
fast nie der Fall ist, ihre eventuelle Lage angeben. Dann sind
aber auch die drei Achsen bestimmt und aus ihnen folgen die Symbole
der anderen Flächen nach den Symmetrieverhältnissen. Bei solchen
Untersuchungen kann man auch von den folgenden leicht verstand-
118 Regnläres Erystallsystem.
liehen Regeln vorteilhaften Gebrauch machen: Die Ikositetraeder-
flächen liegen zwischen den Flächen des Oktaeders und Würfels und
mit ihnen in derselben Zone. Die Flächen der Pyramidenoktaeder
liegen in derselben Zone, aber zwischen denen des Oktaeders und
Granatoeders. Die Flächen der Pyramidenwürfel liegen zwischen
denen des Würfels und des Granatoeders. Die Flächen der Hexa-
kisoktaMer liegen in keiner dieser Zonen. Diese Beziehungen der
einfachen vollflächig-regulären Formen zueinander werden durch das
folgende Schema übersichtlich dargestellt:
fnO\ ymOm
I \
ooO cxDÖn ooOoo
Aus der Lage der Flächen sieht man auch häufig ohne weiteres,
wie viele von derselben Art vorhanden sein müssen, was die weitere
Bestimmung erleichtert, wenn dadurch nicht schon allein die Ent-
scheidung gegeben ist.
Ganz analoge Betrachtungen führen bei der Entwicklung regulär-
hemiedrischer Kombinationen und solcher anderer Erystallsysteme zum
Ziel. Es soll daher bei ihnen nicht mehr ausführlich darauf einge-
gangen werden.
Beispiele: In der regulären Kombination des Bleiglanzes (Fig. 109) sieht man
ohne weiteres, daß die Flächen 0 dem Oktaeder, cxsOoo dem Würfel nnd ooO
dem Granatoeder angehören. Nach den zuletzt erwähnten Eegeln ist 2 0 ein Pyra-
midenoktaeder, denn die Flächen liegen zwischen denen des Oktaeders nnd Granatoeders
in der Zone derselben, was aus den paraUelen Kanten hervorgeht. Der allgemeine
Ansdmck der Flächen 2 0 ergibt sich auch ans folgender Betrachtung. Die Achsen
stehen senkrecht auf den Wüifelflächen oo 0 oo. Von zweien dieser Achsen muß jede
der Flächen 2 0 gleiche Stücke abschneiden, da sonst die Symmetrie nach den Neben«
symmetrieebenen gestört wäre. Von der dritten Axe muss dieselbe Fläche ihrer
Lage nach ein größeres Stück abschneiden, als auf den beiden anderen, da sie sonst
mit der anstoßenden Oktaederfläche zusammenfaUen oder mit ihr einen einspringen-
den Winkel machen würde. Der Ausdruck der Fläche 2 0 ist danach im allgemeinen:
a:a:ma (m}>l), also der eines Pyramidenoktaeders. Der spezielle Wert der Ab-
leitungszahl m folgt durch Bechnung aus dem Winkel, den eine Fläche 2 0 mit
einer bekannten Fläche des Krystalls, also etwa mit einer Oktaederfläche macht.
Daß die Flächen 2 0 in der Zahl von 24 vorhanden sein müssen, geht aus ihrer
Anordnung hervor: um jede der acht Oktaederflächen liegen ihrer 3; an jeder der
sechs Würfelflächen liegen acht, wobei aber zu bedenken ist, daß jede Fläche 20
gleichzeitig an zwei Würfelflächen angrenzt.
In Fig. 113 a ist ein flächenreicher Krystall von Rotkupfererz abgebildet.
Auf den ersten Blick lassen sich die Flächen p als die des Oktaeders, femer a als
die des Würfels, somit m als die des Granatoeders erkennen. Daß n ein Pyramiden-
oktaeder ist, folgt aus dem eben betrachteten einfacheren Beispiele. Von den Flächen
b schneidet jede der Symmetrie zufolge auf zwei der zu den Flächen a senkrechten
Achsen gleiche Stücke ab und zwar größere als auf der dritten. So schneidet z. B.
Tetnedrieohe Hetniedrie. HQ
die aber p liegende FlSche b von den beiden bomontftlen Achnen gleiche Stflcke ab,
die Dotbwendig grOOer sein nttUseu, als das aof det Tertikalen Achse abgeschnittene.
b hat daher des Ansdmck : ma : ma : a, m ^ 1, ei
ist also ein Ikositetraeder. Dies ergibt sich
auch dsTSDi, daß die FUchen b zwischen den
Wflrfeiatchen a und den OktaederflAchen p in
deren Zone liegen. 6' mni) einem iweiten stnmp-
feren Ikositetraeder angehSren, etwa mit dem
Aosdrack: 303, wenn 6 den Aasdmck 202
hatte. Ähnliche Betracht nngeo xeigen, daß e '
die Flfichen eines PyrsmidenwUrfels dnd: sie
liegen zwischen den Flachen des Wflrfels a and
des Qranaloeders m in deren Zone, de gehen
ihrer Lage nach einer Achse parallel und schneiden
Ton den beiden anderen Achsen ungleiche Stücke
ab, was den Ansdrack ; a : ma : oo a ergeben wttrde.
Die Flachen n, b, b' und e mOssen in der Zahl £^. 113a.
von 24 vorhanden sein. Die Flachen « liegen in
keiner der oben betrachteten Zone, de sind 4Sn]al vorhanden and begrenzen ein
Hexakisobtaeder.
Hemiedrische Klassen.
Es sind dreierlei H^niedrien des regulären Systems mOglich und bekannt, die
durch Verschwinden je einer Gruppe von S^metrieebenen oder beider Gmppen
glrichzeitig ans der voltfl&chigen Klasse abgeleitet werden können.
1. Tetraedrische Heniiedrie, die drei Eanptsjmmetrieebenen verschwinden.
2. Pjritoedrische Hemiedrie, die sechs Nehensymmetrieebenen verschwinden.
3. G;roedriache Heniiedrie, alle Symmetrieebenen verschwinden gleichcdtig.
Nnr die beiden erstgenannten flemledrien sind verbreitet nnd h&nfig; sie
sollen dahn hier allein ebgehender betrachtet werden.
Tetraedriaefi-hemledrisehe (hexakistetraedrische, tetraedrische, geneigt-
fläohig-fiemiedrischej Klasse.
Die drei Hauptsymmetrieebenen sind verschwunden, mit ihnen
die sechs zweiz&hligen (digonalen) Symmetrieachsen nnd das Symmetrie-
centrnm. Gfeblieben sind die sechs Nebensymmetrieebenen, nnd die
vier dreizfthligen (trigonalen) Symmetrieachsen, sowie die drei Symme-
Irieaxen parallel den drei krystallographischen Achsen a; diese sind
nun aber nicht mehr vlerzählig, sondern sie sind zweiz&hlig geworden.
105. Gesetz der tetraedrlschen Heniiedrie. Nach dem Gesetz
der tetraedrischen Hemiedrie verhalten sich die sämtlichen P^lächen
eines nnd desselben Oktauten gleich and die in den abwechselnden
Oktanten verschieden, wie die Schraffierung an dem Hexakisoktaeder
(Fig. 114) zeigt Uan sieht hieraus ohne weiteres, dafi die drei die
Oktanten scheidenden Hanptsynunetrieebenen hier nicht mehr als
solche fon gieren, daffegen bleiben die sechs tlber die Oktanten hinweg-
X30 Begnllres ErjttallsfBtem.
geheoden nad sie symmetrisch teilenden NebensymmetrieebeDen aach
hier noch Symmetrieebenen.
Eine sofort erkennbare Folge
dieses Gesetzes ist auch, daß
alle drei vierzähligen Symme-
trieachsen nnn zweizählig ge-
worden nnd die sechs zweizäh-
UgenSymmetrieachsenvollkom-
pj 1^4 pig 115 men weggefallen sind, während
die vier dreizähligen Symme-
trieachsen auch hier existieren. Endlich mnß das Symmetriecentmm
verschwinden, da zu jeder Elächengmppe die parallele in dem diame-
tral gegenßberliegenden Oktanten verloren geht; die tetraedrische
Hemiedrie ist eine geneigtflächige.
106. Elnfaelie Formen der tetrsedTlBch-hemiedrlschen Klasse.
Jede Hälfte der Flächen einer einfachen vollflächigen Form gibt im
allgemeinen eine neae halbflächige. Die beiden korrelaten hemi-
edrischen Formen sind stets kongruent nnd lassen sich durch Drehung
nm jede der drei Achsen nm 90^ znr Deckung bringen.
Aus jedem HexakisoUaeder entstehen zwei correlate Hexahstetra-
eder (Fig. 116), die man als -|- und — ant«rscheidet Dire Fonn ist
Figr. 116.
die eines Tetraeders, Über dessen vier Flächen sich Pyramiden von je
sechs, nämlich den in den abwechselnden Oktanten erhalten ge-
bliebenen Flächen, erheben. Diese schneiden sich in den abwechselnd
kOrzeren nnd längei-en Kanten M und L, die den erhalten gebliebenen
Kanten entsprechen (Fig. 116, wo das von den schraffierten Flächen
in Fig. 114 begrenzte Heiakistetraeder besonders abgebildet ist). Ton
jeder der beziehungsweise gleichen Kanten M nnd L sind in jedem
der abwechselnden Oktanten drei, im ganzen also zwölf vorhanden.
AuBerdem finden sich noch zwOlf gleiche Kanten N, in denen sich
die vorhandenen Flächen aber die verschwundenen hinweg schneiden.
Die vier 3 + 3kantigen Ecken 0 sind die bestehen gebliebenen Aber
den Mitten der abwechselnden Oktanten. Die sechs Ecken E an den
Tetnedrische Hemiedrie. 121
Enden der Achsen siad nun 2 -|- 2kantig geworden. Änßerdem sind vier
3 4- Skantige Ecken R über den Oktanten mit den Terschwnndenen
Flächen nea entstanden. Die sechs 2 -|- 2 kantigen Ecken E tut-
sprechen in der Lage genau den sechs 4 -j- 4 kantigen Ecken (Fig. 97)
des Hexakisoktaeders. Wie durch die letzteren die Achsen hindurch
geheu, so gehen sie auch beim Hexakistetraeder durch je zwei gegen-
flberliegeude Ecken E. Das Symbol der beiden ans dem Hezakisokta-
eder mOn oder {hkl) nach obigem Gesetz abgeleiteten Hexakistetraeder
ist: -| — s— und jj— oder: + "(ä^) nnd — x(ßl) . x dient nur zur
Andeutung der Hemiedrie; wo diese anderweitig unzweifelhaft ange-
dentet ist, kann x auch wegbleiben. Die Indices der einzelnen Flächen
der beiden korrelaten Hexakistetraeder im Vergleich mit dem Hexa-
kisoktaeder ergeben sich aus Fig. 114 und 115.
Ans den Terhältnissen des Hexakisoktaeders folgen die Flächen-
Terteilnng and die Bezeichnung der tetraedrisch - hemiedrischen
Körper, die aus den anderen regnlären Holoedern sich ableiten lassen,
von selbst
Das Oktaeder 0 (lll) gibt zwei korrelate Tetraeder + -gUnd — -5-
oder -\- x(lll) und — "(^ll)' welche stets von yier gleichseitigen Drei-
ecken begrenzt werden. Diese schneiden sich in den sechs gleichen
Kanten unter Winkeln Ton 70" 32' (den Winkeln, unter denen sich
zwei Flächen des Oktaeders Über eine Ecke hinweg schneiden) und
bilden vier gleiche Ecken. Die Achsen gehen durch die Mitten Ton je
zwei gegenüberliegenden Kanten, welche sich unter 90 <> kreuzen
(Fig. 117 — 119). Die Kauten des einen Tetraeders schneiden in der
Pig. 117. Fig. 118. Fig. 119.
NormalstelluDg die Kanten des korrelaten an den Enden der Achsen
rechtwinklig.
Jedes Jkosiietraeder mOm {hkk) gibt zwei TrvUäd^raeder (Pyra-
midentetraeder): -i-~! oder + x(Wvt) z. B. +^ = -f x(211) und
die entsprechenden negativen Formen der anderen Stellung: 5—
122 Begiil&rea RrjBtdlijsttiii.
oifsc ~K(kU);z.B.— ~ = — x{2h) (Fig. 120). Daneben giebt
Fig. 120.
Fig.121 die Indices der einzelnen Flächen des sclirafflei-ten Triakistetni-
eders nnd im Vergleich mit Fig. 94 anch die des korrelaten. Die Triakis-
^ tetraeder haben die Gestalt eines Tetraeders, Ober
3 ' i dessen Flächen sich niedrige dreiseitige Pyra-
miden erheben. Die sechs langen Kanten Q
liegen genan wie die Kanten eines Tetraeders
nnd je zwei gegenKber liegende kreozen sich wie
dort rechtwinklig. Sie entstehen dnrch den Schnitt
zweier an den Enden der Achsen in einer Tierkan-
tigen Ecke gegenüberliegenden Flächen des Diosi-
tetraeders, wenn die beiden anderen in dieser Ecke
zusammenstellenden Flächen bei der Hemiedrie wegfallen. Die Uitten
der Kanten Q entsprechen somit den vierkantigen Ecken des Ikositetra-
eders; durch sie gehen die Achsen hindurch. Die zwölf gleichen Pjra-
midenkanten P sind die Kanten, in denen sich die bei der Hemiedrie
bleibenden IkositetraederflELchen schneiden. Diese bilden die vier
gleichen dreikantigen Ecken Ä, während in den vier gleichen 3 ■}- 3kan-
tigen Ecken S sechs Flächen ober den verschwindenden Oktanten zn-
sammenstofien.
Jedes Tridkiadktaeder mO{hh]t) giebt zwei DeMoeder (Deltoiddode-
kaeder) : -| — g- oder + ><äAä) nnd g- oder — xQM) ;
Fig. 121.
+ x(221)und-
; 1!. B. -i- -
Fig. 122.
-x(221) (Fig. 122). Diese Figuren in Verbin-
Tetnedriach« Eemiediie.
123
Fig. 123.
dnng mit der Fig. 123, in der eines der Deltoiddodekaeder mit den
IndiceB der Flächen, sowie mit der Bezeiclinniig
gleicher Kanten ond Ekkeu besonders dargesteUt
ist geben unter BerückBichtigung des Torstehenden
die Verhältnisse der Deltoiddodekaeder ohne weitere
Beschreibung.
Die übrigen holoedrischen Körper, der Wörfel,
das Granatoeder und die Pyramidenwürfel, werden
nach dem Gesetz der tetraedrischen Hemiedrie nicht
verändert Da jede ihrer Flächen in zwei Oktanten
zugleich liegt, so müßte, wenn die in dem einen Oktanten liegende
Flficbenhälfte aach Terschwinden würde, sie doch durch die sich ans-
dehnende andere Hälfte derselben Fläche in dem anstoßenden Oktanten
wieder ersetzt werden, wie das z. R Fig. 124 am Granatoeder zeigt (75).
Diese Körper treten also bei den tetraedrischen
Kombinationen mit ihrer ganzen Flächenzahl auf.
Es besteht aber auf diesen Flächen keine Symme-
trie mehr nach den verloren g^angenen Symme-
trieebenen, beim Granatoeder in der Richtung der
großen Diagonalen, wie es z. B. die Ätzflgnren
(200) zeigen. Analog ist es beim Würfel und
Pyramidenwürfel. Fig. 124.
I(y7. Tetraedrische Kombinationen. Nar Formen der tetra-
edrisch-hemiedrischen Klasse vereinigen sich zu solchen Kombinationen.
Hierher gehört aber, anSer dem Tetraeder, Pyramidentetraeder, Del-
toiddodekaeder und Hexakistetraeder auch der Würfel, das Granato-
eder und der Pyramidenwürfel, die ihre Gestalt beibehalten und daher
gleichzeitig der holoedrischen und der tetraedrisch - hemiedrischen
Klasse angehören. Kombinationen entstehen hier wie bei vollflächigen
Krystallen : die Achsen der zusammentretenden einfachen Gestalten sind
parallel. Doch hat man hier die Formen der Stellung nach zu unter-
scheiden, da z. B. das Tetraeder der einen Stellung von dem der an-
deren Stellung wesentlich verschieden ist, wie sie aach bei gleich-
zeitigem Auftreten an demselben KrystaU von physikalisch ver-
schiedenen Flächen begrenzt sind.
Die beiden Tetraeder stump-
fen aneinander die Ecken ab (Fig.
125). Wenn beide ins Gleichge-
wicht treten, so ist ihre Kombina-
tion geometrisch identisch mit dem
Oktaeder; der wesentliche Unter-
schied ist aber der, daß beim
Oktaeder 0 alle Flächen einander
124
Regnläres ErTitallsratem
gleich, bei der Kombination: + -ö - — -ö ^^^'^ ^^^ Flachen + g- tob
den Flächen — -^ verBchieden sind (Fig. 126).
Der Würfel stumpft die
Tetraederkanten ab (Fig. 127),
umgekehrt ein Tetraeder die
abwechselnden Würfelecken
(Fig. 128). Das Granatoeder
spitzt die Tetraedereeken von
den Flachen aus zu (Fig. 129),
nnd umgekehrt stumpft das
Tetraeder die abwechselnden
dreikantigen Ecken des Gra-
natoedera ab (Fig. 130).
Das Tetraeder stumpft am
Pyramidentetraeder der glei-
chen Stellang die Pyramiden-
ecken ab und omgekehrt schärft
das letztere die Kanten des
ersterenzu(Fig.l31). Dagegen
stumpft das Tetraederder einen
Stellung die 3 -|- 3 kantigen
Ecken des Pyramidentetra-
eders der anderen Stellung ab
(Fig. 132). (Weitere Kombina-
tionen siehe bei Blende, Fahl-
erz und Boracit)
Pyritoedrisefie (pentagonal-hemiedrisohe, parallel flächig - hemiedrmhe,
dyakiadodekaedriacfie) Klasse.
Die sechs Nebensymmetrieebenen und die sechs zweizähligea
(digonalen) Symmetrieachsen sind verschwunden. Die drei Hauptsym-
metrieebenen, femer die vier dreizähligen (trigonalen) Symmetrieachsen
nebst dem Symmetriecentrum sind vorbanden ebenso die drei den
tetragonalen der Tollflächigen Formen parallelen Symmetrieachsen, die
aber hier zweizählig geworden sind.
108. Gesetz der pyrltoedrlschen Hemiedrie. Nach dem Gesetz
der pyritoedrischen Hemiedrie verhalten sich in jedem der acht durch
die Achsenebenen (Hauptsymmetrieebenen) bestimmten Oktanten die
Flächen abwechselnd gleich und an der Grenze zweier Oktanten stoßen
sich gleich verhaltende Flächen der beiden letzteren zusammen, wie
Pyritoedrwclie Hemiedrie. 126
es in Fijr. 133 fUr das Hexakisoktaeder durch die schraffierten and nicht
schraMerten Flächen dargestellt ist. Die Folge dieser Flächengruppie-
ning: ist, dafi die drei Hanpt-
gymmetrieefaenen erhalten n
bleiben, während die sechs
Nebensjmmetrieebenen
vegfallen. Ebenso bleiben
die vier dreizähligen Sym-
metrieachsen, die drei vier-
zähligen Symmetrieachsen
weisen zweizählig and die ^^ ^^
sechs zweizähl^en ver-
schwinden. Zn jeder Fläche ist die parallele Gtegenfläche, also fta
die ganze Form ein Symmetriecentrum, vorhanden; die Hemiedrie
ist eine parallelfiächige. Die korrelateo hemiedriscben Formen sind
koDgment and können durch Drehnng am eine Achse am 90" zur
Deckung gebracht werden.
109. Einfache Formen d«T pyrltoedrlaeheD Klasse. Aas jedem
Eexakisoktaeder mOn (Mi) entstehen zwei D^loeder (Dyakisdodekaeder)
(Fig. 135). Beide korrelate Diploeder sind kougraent und können
darch Drehung um eine Achse a um 90" zur Deckang gebracht werden.
Sie werden als + — ö— nnd — pö" oder: + Mhkl) und — n{fchl)
bezeichnet. In Figur 134 (in Yerbindang mit Fig. 97) sind die In-
dices der einzelnen Flächen der Diploeder zu ersehen und ebenso die
Verhältnisse der Kanten und Ecken. Es sind 24 gleiche Kanten T
vorhanden, in denen sich in jedem Oktanten die bleibenden Flächen
aber die verschwundenen hinweg schneiden und die zu je dreien in
jedem Oktanten liegen; ferner zwölf gleiche lange Kanten K und
zwölf gleiche kurze Kanten Kin den Achsenebenen. Die sechs 24- ^kan-
tigen Ecken E liegen auf den Achsen; durch sie gehen die Achsen hin-
darch. Zwischen je zwei Ecken E liegen in den Achsenebenen die
2 -j- 1 + Ikantigen Ecken Ü, nUier bei der einen Ecke E als bei der
^26 Begnlltres KrjataUiyitem.
anderen, nnd die acht dreikantigen Ecken 0 liegen mitten über den
Oktanten. Die Flächen sind in der idealen Fonn unregelmäßige Vier-
ecke mit zwei in einer Ecke zusammenstollenden gleichen Seiten T.
Ans dem Pyramidenwätfel (Fig. 137) kann man zwei koirelate
Pyriioeder (Pentagondodekaeder) ableiten (Fig. 136 nnd 138). Die
Fig. 136. Fig. 137. Pig, 138.
sechs gleichen längeren Kanten W des einen Pyritoedei-s sind anf
den entsprechenden des Gegenkörpers senkrecht. Anch die beiden
korrelaten Pyritoeder können dnrch Drehnng um eine Achse a zar Deckung
gebracht werden. Die zwölf Fünfecke sind nicht regulär, sondern
symmetrisch; die 24 gleichen Kanten X sind von den sechs ebenfalls
gleichen Kanten W, durch deren Mitten die Achsen senkrecht hindurch
gehen, Terschieden, ebenso die acht von drei Kanten X gebildeten
Ecken Q von den zwölf Ecken T, in denen je zwei Kanten X und
eine Kante W zusammenstoßen. Das reguläre Pentagondodekaeder
der Geometrie entspricht nicht dem Gesetz der rationalen Eanten-
schnitte, es ist daher krystallographisch unmöglich und noch nie be-
obachtet worden. Die beiden korrelaten Pyritoeder des Pyramiden-
würfelsooOnsind: +[^^] oder + «(AAO) nnd — n(*ÄO}, z. B.
+ p^| =+ «:(210) und — nr(120). Sie sind wie die Diploeder
parallelflächig.
Alle anderen einfachen regulären Formen außer Hexakisoktaeder
und Pyramidenwürfel ändern ihre Gestalt bei dieser Hemiedrie nicht;
sie treten in Kombinationen mit ihrer vollen
Flächenzahl auf. Ifan überzengt sich davon
leicht, wenn man die holoedrischen Formen als
spezielle Fälle des Hexakisoktaeders auffaßt (102).
Beim Würfel z. B. (Fig. 139) müßten die schraf-
fierten, bleibenden Flftchenteile durch ihre Aus-
dehnung die heim Eintritt der Hemiedrie ver-
p. jgg schwundenen nicht schraffierten Flächenteüe
wieder ersetzen; eine Ändemng der ganzen Form
könnte nicht stattfinden (75).
Fyrit4wdriBclie nnd g;roedrische Hemiedrie.
127
110. Fyritoedrische Eomblnatlonen. Von Eombinationen pyri-
toedrischer Körper sind einige besonders hftnflg. Die Pyritoederflächen
stampfen am Würfel die Kanten ab, aber wegen der Hemiedrie schief
(Fi^. 140); dies ist der Unterschied tod der Kombination des Grana-
toeders nnd Wörfels, wo die Abstumpfnng eine gerade ist (Fig. 101).
Die Würfelääclien stumpfen am Pyritoeder die längeren Kanten W
gerade ab (Fig. 141). Das Oktaeder stumpft am Pyritoeder die drei-
kantigen Ecken Q ab (Fig. 142). Bei einer gewissen Änsdehnnng der
Oktaederflächen bilden sie nnd die Pyritoederflächen Dreiecke, im
ganzen 20, von denen die 8 von Ojlgebildeten gleichseitig, die 12 von
\—n~\ gebildeten gleichschenklig sind ; diese Kombination ist das sog.
IJcosaeder (Fig. 143). Die Pyritoederflächen spitzen am Oktaeder die
Pig. 142.
Fig. 143.
Fig. 144.
Ecken zweifläclug von je zwei gegenüberliegenden Kanten aus zu
(Fig. 144). Fig. 142—144 stellen somit dieselbe Kombination dar,
aber mit verschiedener Ausdehnung der beiden kombinierten einfachen
Formen. Das Diploeder spitzt die Würfelecken dreiseitig, aber schief
zu (Fig. 14Ö) (Tgl. Fig. 113). Einige andere Kombinationen sind noch
beim Schwefelkies (Pyrit), dem fOr diese Hemiedrie typischen Mineral,
und beim Eobaltglanz angegeben nnd abgebildet
Qyroedrisohe (ptagiedrlBohe, pentagon-ikoaitetraediiBohe) Klaaae.
111. Ojrroelrlsek« H«ni«dri«. Bei der gTToedrischen oder plagiedrischen
BemiBdrie TerhaJton uch wie bei der pjritoedrischen in jedem Optanten die ab-
wechtelndeu Fl&cheu gleich. Der Unterschied besteht nur darin, daG in den OktAnten-
gienzeu *ngleiehe FlSchen aneinanderatoQen, nie es Fig. 46b für das Hezakisoktaeder
im Vergleich mit Fig. 44 b oder 136 b eeigt. Infolgedessen fillen alle Symmetrie-
128 Regoläres KrjstallBjitein. Tetartoediie.
«benen und das Sjmmetriecentnim weg. Eh bleiben aber die drei Tierz&hlijiren, di«
vier dreizähligen und die aechs sweiz&hligeii Sfinmetneachsen des Hexakisoktaeden
erh<eD. Atu dem letzteren entstehen zwei enontiomorphe korrelat« Oyrotder oder
Plagieder [anch Pentagon-IbOBitetraeder, Fig. 4Öb und c); olle anderen TotlflSchi^en
regnl&ren Fonnen treten dagegen mit ihrer Tollen Fttcheniahl anf.
Tetartoedriaohe (tetraedrisoh-pentagondodehaedrisohe) Klaaae.
112. Tetnrtoedrle. Die Tetartoedrie des regnULren Sjatema kann ans dor
tetnedrischen oder pjritoedriacben Hemiedrie abgeleitet werden, indem man dnich
abermaligea VerBchwinden der Hälfte der Flachen die noch Torhandenen aecha reap.
drei Sjmmetrieebenen fortfallen läHt. Die einfachen tetartoedriachen Formen kann
man erhalten, indem man anf diejenigen der tetr»edriecben, pyritoedrischen oder
gyroedrischen Hemiedrie daa Gesetz je einer der beiden anderen Hemiedrien an-
wendet. Jedesmal ergibt sich ganc genan dasselbe Beanltat In Fig. 146 iat c B.
Fig. 146.
anf ein Hexakiatetraeder noch das Gesetz der pjritoedriBchen (oder gproedrischen)
Hemiedrie angewendet, indem von den aecha in einem Oktanten Torbandenen Fl&chm
nnr je die abwechaelnden erhalten bleiben, die iwischenliegenden verachwinden.
Dadurch fallen die sechs Symmetrieebenen des Hexakiatetraeders ebenfalls weg und
es iat gar keine mehr vorbanden. Jedea Hexakistetraeder liefert so zwei enanlio-
morphe tetartoedriacbe Formen, die tetraedriaehe Ptntagondodekaedtr genannt
werden. Die Hexakisoktaeder geben also deren Tier, von denen je zwei kongruent
sind. Die Pyramidenvrürfel geben zwei Pyritoeder, das Oktaeder Bwei Tetraeder etc.
Bei tetartoedriachen Kombinationen ist also eine Vereinigung von Tetraedern und Pyri-
toedem an demselben Erystall oder es ist ein getrenntes Auftreten Ton tetraedriachen
Formen an dem einen nnd Ton pjritoedrischen Formen an einem anderen Erjstall
derselben Substanz m^lich, wie es z. B. beim salpeteraanren Blei und Baryum, an
Mineralien beim Ullmannit nnd Langbeinit vorkommt. Bei hemiedriacber Atu-
bildnng wäre dies nicht denkbar.
3. Hexagonalea Syatem.
(Drei' nnd einachsiges, hexagonalea nnd trigonalea, aechggliedrigea und drei-
gliedriges System.)
Im hexagonalen System sind alle diejenigen Krystallklassen ver-
einigt, deren Fonnen sich anf drei gleiche in einer Ebene nnter 60"
gegeneinander geneigte Nebenachsen a nnd eine anf diesen senkrechte
Hexagonales Krystallsystem.
129
vierte von ihnen verschiedene Hauptachse c beziehen lassen. Das
Achsenschema ist demnach:
a:a:a:c; ^a!a = m^; ^a/c = 90^
HS. Achsen des hexagonalen Systems. Die drei gleichen Achsen
a, welche sich unter 60^ schneiden, liegen in einer Ebene (Nebenachsen) ;
die vierte davon verschiedene, die Hauptachse Cj ist anf diesen senk-
recht, c^a. Die zwölf von den Achsenebenen gebildeten Banmab-
schnitte (Dodekanten) sind alle einander gleich. Die in der Ebene
der Nebenachsen liegenden, die Winkel zwischen je zweien derselben
halbierenden Richtungen h werden zuweüen
als Hilfslinien verwendet (Zwischenachsen)
(Fig. 147). Nach den Verhältnissen der
Symmetrie kann man beliebig die Richtungen
a oder b als die der Nebenachsen nehmen,
je die anderen sind dann die Zwischenachsen ;
die Hauptachse ist dabei stets unveränderlich
dieselbe. Sie wii'd stets vertikal gestellt,
so dafi die Ebene der Neben- und Zwischen-
achsen eine horizontale Lage annimmt. Aus
einem passenden Flächenwinkel der Erystalle
läßt sich das Achsenverhältniss a : c berechnen, ^- ^^''•
oder, wenn man a resp. c = 1 setzt, das Achsenverhältniss 1 : c resp. a : 1
(38), d. h. je die andere Achse, c oder a. Alle Achsen winkel sind bekannt.
Das Achsensystem eines hexagonalen Erystalls enthält somit nur ein
unbekanntes Stuck c resp. a.
Jede Fläche, welche an einem hexagonalen Achsensystem auftritt,
schneidet die drei Nebenachsen (z. T. im Unendlichen) in drei auf
einer Geraden liegenden Punkten. Schon durch zwei Schnittpunkte,
z. B. y und x ist aber diese Gerade vollständig bestimmt, der dritte
Schnittpunkt y muß also aus jenen beiden sich ableiten lassen. Man
findet, daß stets für den dritten zwischen -j- und y liegenden Schnitt
y ist: l = h-\-h, also; y = , , ,, somit ist der vollständige Ausdruck
\li*k+l-o
h*k-4
a
a
a
einer beliebigen Fläche an den hexagonalen Achsen : y : fr-rri. • T • ~-
Um alle einzelnen Flächen eines Krystalls in ihrer Lage unzwei-
deutig angeben zu können, muß man die Achsenrichtungen wieder als
+ und — unterscheiden. Nach dem Vorgang von Bravais werden als
die -{-Richtungen die um 120*^ gegeneinander geneigten Äste der Achsen a
Bauer, Mineralogie. ^
130 Hexagonales Erystallsystem.
angenommen, die zwischenliegenden Äste sind — , (Fig. 147), so daß
also immer ein + und — Zweig der Nebenachsen miteinander abwechseln.
Dann bezieht sich aber von den obigen Achsenschnitten einer Fläche stets
der mittlere auf einen Achsenast, welcher den beiden anderen im Vor-
zeichen entgegengesetzt ist; sein Index l muß also negativ sein, wenn die
beiden anderen Indices h und k positiv sind, und umgekehrt. In jedem
hexagonalen Achsenausdruck nach Bravais stehen also für die Neben-
achsen zwei positive und ein negativer oder zwei negative und ein
positiver Index, und es muß mit Berücksichtigung der Vorzeichen
sein: ä-}-ä = — l oder h-\-k-\-l = Oj d. h. die Summe der auf die
drei Nebenachsen bezüglichen Indices ist = 0. Der Ausdruck einer
V V V T71« i. • X 1 "^^ "I"* +öt c , a a a c
beliebigen Fläche ist also : =t- : -f- : -V- ' ~ oder -r-r : -1—7 : =- : —
^ h k l t -\-h +i- ^i %
oder in Millerscher Weise: QJüi) oder auch Qikli), Es erübrigt dann
nur noch, die Indices stets in derselben Reihenfolge auf die drei Neben-
achsen zu bezieheu, welche man zu diesem Zwecke bezüglich ihrer
Richtung, unbeschadet ihrer Gleichwertigkeit, wohl auch als a^, o,, a^
unterscheidet, wobei eine beliebige als die erste, die um 120^ davon
abweichende als die zweite etc. angenommen wird, so wie es Fig. 147
zeigt. Von den Indices in Millerscher Schreibweise bezieht sich der
erste ä stets auf a^, der zweite k auf a^, der dritte l auf Og; der
vierte Index i bezieht sich auf die Hauptachse c. Zur Bezeichnung
der ganzen vollflächigen Eiystallform mit dem Ausdruck Qtkli)
pflegt man im allgemeinen diejenige Fläche zu wählen, bei welcher
Ä > Ä und l = h-\-k (dem absoluten Werte nach ohne Rücksicht auf
das_ Vorzeichen), also z. B. den Ausdruck: (2131), nicht aber etwa:
(1231), welcher Ausdruck eine Fläche derselben einfachen Form dar-
stellt
Vollfläohig hexagonale (dihexagonal-bipyramidale) Klasse.
3 + 3 + 1 Symmetrieebenen, von denen die eine, die Hauptsymme-
tried>ene^ auf der Hauptachse c senkrecht steht, also der Ebene der
Neben- und Zwischenachsen a und b parallel ist Die 3 + 3 anderen
Symmetrieebenen gehen alle durch die Hauptachse c und durch je eine
Nebenachse a, resp. eine Zwischenachse h. Man kann sie danach als
Neben- und Ztoischensymnietrieebenen unterscheiden (Symmetrieebenen
ac resp. bc), sie werden aber meist alle zusammen Nebensymmetrie-
ebenen genannt 3 + 3 + 1 Symmetrieaxen parallel den krystallo-
graphischen Achsen, davon die eine sechszählige parallel der Hauptachse c,
die Hauptsymmetrieaxe ; die 3 + 3 anderen Nebensymmetrieaocen parallel
den Nebenachsen a, resp. den Zwischenachsen b sind zweizählig. Auch hier
kann man zwischen Nd>ensymfnetrieachsen a und Ztvischensymmetrieachsen
Vollflächige Klasse. 131
i nnterscheiden. Symmetriecentrum vorhanden. Die Hanptsymmetrie-
ebene nnd drei gleichwertige Nebeosymmetrieebenen, die sieb unter
dO'* schneiden, sind die Fundamentalflächen des Ächsensystems (Tergl.
(55) und (56) und Fig. 37).
114. Einfache Formen. 1. DiämMoeä«- (dihexagonale Pyramiden,
oder anch Bipyramiden, Sechskantner). Die Flächen schneiden alle
drei Nebenschsen nnglelch nnd treffen die Hauptachse ia einer beliebigen
endlichen Entfemnog. Der Änsdntck ist also : x : -r- ^ ~i '■ ~^ = {^^,
z. B.: ^: o:— ^ : c= (2131). Die Symmetrie erfordert, damit alle
Nebenachsen von der Gesamtheit der Flächen gleich geschnitten werden,
24 Flächen, welche so angeordnet sind, daß sie eine auf der Ebene
der Kebenachsen nach oben and nuten errichtete 24 flächige Doppel-
pyramide bilden (Fig. 148). Dieselbe hat zwölf
gleiche Seiten-, Mittel- oder Randkanten S in
der Ebene der Nebenachsen, die ein sechsfach
symmetrisches, aber nie ein reguläres Zwölfeck
bilden; femer 12 + 12 abwechselnd gleiche End-
oder Polkanten, V und E. Zwei End- oder Pol-
edcen e liegen auf der Hauptachse. 6 4-6 ab-
wechselnd gleiche Seiten-, Mittel- oder Band-
ecken a nnd b liegen in der Ebene der Neben-
achsen auf den Neben- und Zwischenachsen.
Die Bichtiing der Hauptachse ist durch die fj~ 14g
Ecken c gegeben, die Neben- nnd Zwischen-
achsen durch die Ecken o und b, wobei man beliebig die Richtungen
aa und bb als Nebenachsen wählen kann. In jeder Seitenecke a oder b
stofien zwei gleiche Endkanten mit zwei Seitenkanten zusammen.
Bei den Terschiedeneu Körpern dieser Art, die an einem and demBelbea Achsen-
System Torkommen kOnnen und welche bald hoch, bald niedrig sind, treffen aich die
Flächen in den Kanten unter verschiedenen Winkeln, und danach schneiden die
Flächen die Achsen in Terschiedenen Verhältnisaen, d. h. mit verachiedenen Indices,
h, k, i. Diese lassen sich ans jenen Winkeln berechnen nnd nmgekehrt.
Didodekaeder, die flächenreichsten einfachen Formen des heiagonalen Systems,
sind bisher noch nie selbständig, sondern stets nur in Kombinationen beobachtet
worden. Alle flächenänneren Tollflächig-hexagonalen Formen kOnnen als Spezialfälle
dee Didodekaeders betrachtet werden.
3. IMexc^oruüe Prismen (zwölfseitige Prismen). Denkt man sieh
alle Flächen des Didodekaeders aufgerichtet, bis sie der Hauptachse c
parallel werden, so fallen je zwei, welche sich in einer Seitenkante S
(Fig. 148) schneiden, in eine zusammen, die der Hauptachse parallel ist.
■Man erhält dann ein zwölfseitiges Prisma, dessen Querschnitt der von den
132 Heia^nales KryatallBystem.
Seitenkanten 8 des Didodekaeders gebildeten Figur entspricht Der
Ausdruck ist: j-j-zri'-i = (**^°) (^'^- ^*^)- ^'^ Neben- und
Zwischenachsen gehen durch die abwechselnden Kan-
ten, die auf diesen senkrecht, also der Hauptachse c
parallel, und abwechselnd einander gleich sind.
Die Winkel der PriamenMclieiL und damit die Form des
Qnerachnitts Hadem sich mit den ludices h und k. Am gleichen
Axensystem kfinneu viele Eolcher Prismen vorhanden sein, abei
Fig. 149. ^^ keinem ist der Querschnitt ein regnlär iwSlfaeitigper; dieser
ist mit dem Gesetz der rationaJen Axeuscbnitte nicht vereinbar.
Dieses Prisma ist ein Didodekaeder mit anendlich grossem Schnitt der FlKchen
auf der Eanptaxe, an denen daher die Kanten S = 180" geworden sind.
3. Dihexaeder 1. Stellung (heiagonale Pyramiden oder Bipyramiden
1. Stellung, Protopyramiden). DiePlächengehen einer Nebenachse parallel
und schneiden die beiden anderen Nebenachsen gleich; von der Hauptachse
wird ein beliebiges endliches Stück abgeschnitten. Der Ausdruck ist:
J : -J : ~ : 4- = (hOhi) z.B.a: ooa :—aic = (lOll). Es ist eine 6 + 6
flächige Doppelpyramide über der Ebene der Nebenachsen mit sechs
gleichen Seiten-, Mittel-, oder Randkanten S, welche
ein reguläres Sechseck bilden, und zwölf gleichen
End- oder Polkanten K, zwei gleichen End- oder
Polecken c, durch welche die Hauptachse geht, and
sechs gleichen Seiten-, Mittel-, oder Eandecken o,
welche die Nebenachsen bestimmen (Fig 150). Die
Flächen sind in der Idealform gleichschenklige Drei-
ecke. Die Zwisclienachsen gehen durch die Mitten
^' zweier gegenüberliegender Seitenkanten.
An jedem Aiensystem sind viele solche Diheiaeder möglich, die bald hoch,
bald niedrig sind und sich dnrch die Eantenwinkel unterscheiden, von denen die
Indicea abhängen, nnd umgekehrt. Alle Dihexaeder 1. Stellnng kOnnen als Didodeka-
eder angesehen werden, an denen die Endkant«n K= 160° (Fig. 148] sind, so dass also
zwei in K KosammenstoBsende Flächen in ein Nivean fallen.
4. Dihexaeder 3. Stellung (hexagonale Pyramiden oder Bipyramiden
2. Stellung, Deuteropyramiden). Die Fläihen schneiden dieHauptachse; so-
dann die Nebenachsen so, daß von einer ein gewisses Stück, von den beiden,
rechts und links unmittelbar benachbarten gleiche Stücke abgeschnitten
werden. Diese müssen dann doppelt so groS sein, als das auf der
ersten Nebenachse abgeschnittene Stück. Der Ausdruck ist daher:
^:-^:-^: j{h.hM.i), z. B. a:a: -^;c = (U21). DieSymmetrie
erfordert das gleichzeitige Auftreten von zwölf solchen Flächen, welche
genau ebenso gegeneinander liegen, wie beim Dihexaeder 1. Stellang.
VoMächige Klaase. 133
Von diesen sind die Dibezaeder 2. Stellung nicht in der Form,
sondern nnr in der Lage verschieden (Fig. 151), indem nämlich hier
die NebenachseQ a durch die Hitten zweier Seiten-
kanten, die ZwischenaebseD b dnrcb zwei Seitenecken
gehen. Ein Dihexaeder 1. Stellung kann in ein solches
2. Stellang an demselben Ächsensystem übergeführt
werden, wenn man es nm die Hauptachse am 30<* dreht. '
Ein fftr sich allein TorkommeadeB Dihexneder ist an sich
weder erster noch «weiter SteUnng, Es erhält diese Stellnng
ent, wenn man die Nebenachsen gewählt hat, welche man sich
noch Belieben durch die Seitenecken oder die Mitte der Seiten- ^^- ^^ ■
k)uit«n legen kann; im ersten Fall ist der Kürper 1. Steltnng, im cweit«n Fall
a. Stellnng. Der Unterschied wird erst wichtig bei Kombinationen (116). (Vergl.
qnadr. System (132) Nro. 6). Die Dihexaeder 3. Stellung sind Didodekaeder, wo die
Endtanten P^ISO" (Fig. 148).
5. Hexagoncäes Prisma 1. /Teilung (Protoprisma). Denkt man sich
die Flächen eines Dihezaeders 1. Stellung aufgerichtet, bis sie parallel
mit der Hauptachse werden, so entsteht ein sechsseitiges Prisma, dessen
idealer Querschnitt ein regelmflSiges Sechseck ist, wie
die Seiteukanten S des ersten Dihexaeders (Fig. 150).
Die sechs gleichen Kanten sind =^ 120** und gehen der
Hauptachse c parallel; die Nebenachsen a stehen auf
ihnen senkrecht (Fig._JÖ2). Der Flächenansdmck ist:
a : ooa : — a : MC =. (1010). Fi«- ^^a.
6. Hexagmtües Prisma 2. Stellung (Deuteroprisma). Eis steht in
derselben Beziehung zum Dihexaeder 2. Stellung, wie das Prisma
1. Stellang zum Dihexaeder 1. Stellang. Es ist mit dem yorigen voll-
kommen gleichgestaltet, aber um 30" dagegen um die Hauptachse ge-
dreht, so daß die Nebenachsea a auf den Prismen-
fiächen senkrecht stehen (Fig. 153). Achsenausdmck: pr-"| ^ '^
:ooc = a:a: — ^■.<x>c = (1120).
If*^
Für die Cnt«rscheidnng beider Prismen gilt das bei den
Dihezaedem Gesagte. Es sind Dihexaeder mit anendlich langem ^ _
Schnitt anf der Hanptacbee.
7. Die Basis (basisches Pinakoid, Geradendfläche). Ein Parallel-
flächenpaar senkrecht zar Achse c oder parallel der Ebene der Neben-
achsen ; also : ooa : ooo ; ooa : c = (0001) (Fig. 9 links).
Die Baus kann als eine der Pyramiden betrachtet werden, deren Endkouteu
alle = 180° sind, so dali die Schnitte anf den Nebenachsen unendlich groß werden.
Andere vollflSchig-heisgonale einfache Formen als diese sieben sind nicht mög-
lich (102).
115. Nanmaiinsche Bezeichnung und 'Übersicht. Bei der Be-
zeichnung der vollflächigen hexagonalen Formen nach der Methode
134
Hezagonales Krystallsystem.
von Nanmann geht man von demjenigen Dihexaeder 1. Stellung aus,
welches von den Achsen die Einheiten abschneidet, das also den Aus-
druck : a : ooa : — a: c = (1011) hat. Dasselbe wird Hauptdihexaeder
(Grundform, Grundpyramide, primäre Pyramide) genannt und mit P
bezeichnet. Alle anderen an dem durch P gegebenen Achsensystem
möglichen Erystallflächen kann man sich nun so entstanden denken,
dafi man eine Fläche von P im Ende einer Nebenachse a (also im
Abstand a vom Achsenmittelpunkt) festhält und sie sich um diesen
Punkt in die betreffende Lage gedreht denkt, und zwar in der Weise,
daß von der nächstfolgenden Nebenachse ebenfalls ein Stück == a
oder ein größeres Stück als a, auf der Hauptachse aber ein ganz
beliebiges Stück größer oder kleiner als c abgeschnitten wird.
Eine so gedrehte Fläche ist dann in jeder Lage vollkommen be-
stimmt, wenn man noch die von der nächstfolgenden Nebenachse
und von der Hauptachse abgeschnittenen Stücke na und mc kennt,
denn der Schnitt a auf der einen Nebenachse in der Entfernung
a ist ja ein für allemal gegeben. Die Bezeichnung der betreffenden
Krystallform, die von dieser und allen anderen noch von der Sym-
metrie erforderten Flächen begrenzt wird, geschieht nun, indem man
vor das Zeichen P des Hauptdihexaeders die Ableitungszahl m für c
und hinter P die Ableitungs-
zahl n für die andere Neben-
achse a setzt, also mPn =
mc :na: a. Dabei ist m >, =
oder < 1, aber es muß not-
wendig n ^ 1 und < 2 sein,
wie man leicht aus einer Pro-
jektion in der Ebene der Ne-
benachsen sieht (Fig. 154). Von
2^ Naumann sind dabei aber ab-
weichend von Bravais drei un-
mittelbar aufeinanderfolgende
Halbaxen a positiv gedacht
(Fig. 154).
Die verschiedenen einfachen Formen erhalten danach die im
folgenden angegebenen Symbole. Dabei ist nach den Formeln in (113)
Fig. 164.
n
die auf die dritte Nebenachse bezügliche Ableitungszahl «
beiden anderen = n und = 1 sind, wie es hier der Fall ist
n — 1
, wenn die
i. Bidodekaeder: mPn =
na
n^
a : na : mc =
a a m
n — 1 n n
a a a
(Fig. 157, III) in Naumannschen Achsen oder: -r ^-r -H;*
Vollflächige Klasse. 135
= (kkU) in Bravaisschen Achsen ; z. B. 3P} = So : a : ^ : 3e
= a:-^:-^:ciü Naumannachen Achsen, oder = ^ ; o ; — "^ : c
= (2131) in Bravaisschen Achsen.
3. Dihexagonale IVismen: ooPn oder MIO z. B.: ooPJ = (2130).
3. Dihexaeder 1. St. : mP = -xa : a : a : mc (I in Fig. 154) oder (AOÄi)
z. B.: P — (1011) (Haoptdihexaeder); }P = (3032) etc.
4. Bihexaeder^ 2. St. : mF2 = 2a:a:_2a: mc (II in Fig. 164) oder
(A -Ä . 2Ä . i) z. B. : 2P2 = (1121). _
5. Hexagonales Prisma 1. St.: «.P = (1010).
6. Hexagowües Prisma 2. Si. : ooP2 = (1120).
7. Bans: OP =- (0001).
Die Flachen des Prismaa der 1. Stellung: nnd die Basis sind die FnadRinenUl-
flftcben, eine FIBche des Hanptdihexaeders (der Ornndform) P — (1011) ist die Ein-
heitsfläche eines hexagonalen AchsensTstema.
116. Kombinatloneii. Die Flächen p des hesagonalen Prismas
der einen Stellnng stnmpfeD die Kanten des Prismas der anderen
Stellung p* gerade ah {Fig. 155). Die Flächen eioes dihexagonalen
Prismas schärfen die Kanten der hexagonalen Prismen zu oder stampfen
die KombinatioDskanten zwischen den beiden hexagonalen Prismen p
und f* ab. Zuweilen sind beide bexagonale Prismen mit mehreren
Fig. 155. Fig. 166. Fig. 1&7.
dibexagonalen Prismen kombiniert, dann entstehen von so schmalen
Facetten begrenzte vielseitig polygonale Prismen, daß sie auf den
erstes Blick f&r walzenfönnig mnd gehalten werden kSimea (z. B.
beim Beryll). Die Basis schließt die Prismen oben und unten und
bildet mit ihnen langsäulenförmige (Fig. 155) oder dtlnnnadelfönnige and
haarförmige Krystalle, oder aber niedere Tafeln (Fig. 156) oder papier-
dfinne Plättchen, welche Formen alle krystallographisch nicht ver-
schieden sind. Die Endecken der Pyramiden werden durch die Basis
abgestumpft (Fig. 157). Die Flächen d eines stumpferen Dihexaeders
(Fig. 158) spitzen die Endecken eines steileren Dihexaeders D der-
selben Stellung von den Flächen aus zu, nnd umgekehrt: die Flächen
TOD D schärfen die Seitenkanteo von ä zu, so daß beidemale die
Eombinationskaaten Djd den ursprünglichen Seitenkanten d;d nnd DjD
parallel sind. Die Flächen eines Dihexaeders d sind auf die Flächen
]^36 EeiAgonales ErjitallayBtem.
eines hexagonalen Prismas derselben Stellnsg p angesetzt (Fig. 159);
die Flächen p des letzteren stampfen die Seitenkanten des ersteren d
Fig. 158.
Flg. 159.
Fig. 160.
gerade ab ; die Kanten djp stehen aof den Prismenkanten pjp senk-
recht Dagegen sind die Flächen des Dihexaeders der anderen Stellung
d^ anf die Kanten des Prismas p gerade aufgesetzt, und die Flächen
des letzteren stumpfen die Seitenecken des ersteren gerade ab (Fig.
160). Zwei Dihexaeder d und d, von verschiedener Stellung sind so
kombiniert, daß die Flächen des einen entweder die Endecken oder
Fig. 161.
Fig. 162.
Fig. 163.
die Seitenecken des anderen von den Endkanten ans zospitzen oder
dessen Endkanten gerade abstumpfen (Fig. 161—163), je nachdem
die Flächen des Dihexaeders d^ flacher, oder steiler oder genau ebenso
gegen die Achse c geneigt liegen, wie die Endkanten von d.
An dem in Fig. 164 dargestellten Krystall von Beryll sind zwei
^^_^_ ^_^ Dihexaeder p und u der einen, sowie eines s der
anderen Stellung, welches die Endkanten von u
gerade abstumpft, wie man aus der Parallelität
der Kanten s/u an jeder Fläche s sieht; dazu
kommt ein hexagonales Prisma M von derselben
Stellnng wie p und m, ein Didodekaeder k und
die Basis m. Wenn man diesen Kristall auf
Achsen beziehen will, so hat man vollkommen
freie Wahl, welches von den Dihexaedem man als
erster Stellung ansehen will; die gleichliegenden
sonstigen Dihexaeder (resp. Prismen) sind dann ebenfalls erster, die
anderen zweiter Stellung und die Nebenachsen liegen so, daß sie durch
Fig. 164.
Hexagonale und trigonale Elasseiu 137
die Seitenecken der Dihexaeder erster Stellung resp. durch die Kanten
der gleichliegenden Prismen gehen. Hat man p die erste Stellung
gegeben, so ist auch u und M erster, s zweiter Stellung. Die Rich-
tung der Hauptachse ist wie stets den Kanten MjM parallel und die
Nebenachsen schneiden die Kanten MjM senkrecht. Hätte man umge-
kehrt, für 8 die erste Stellung angenommen, so wären P, u und M
zweiter Stellung und die Nebenachsen stünden auf den Flächen M senk-
recht Zur Bestimmung des Achsenverhältnisses kann man wieder ein
beliebiges Dihexaeder erster Stellung, z. B. p als Hauptdihexaeder
wählen, das damit den Ausdruck : a : ooa : — a : c = (1011) erhält. Seine
Flächenwinkel geben dann das Verhältnis a : c. Aus den Neigungen
der Flächen der anderen einfachen Formen (resp. dem Zonenzusammen-
hang (44 ff.)) folgen die Ausdrücke, welche diese an den aus p be-
stimmten Achsen haben. Ebenso hätte man auch u, schließlich aber
auch, bei einer anderen Wahl der Nebenachsen, s als Hauptdihexaeder
wählen können; man hätte dann ein anderes Achsenyerhältnis a : c und
andere Ausdrücke für die anderen einfachen Formen gefunden etc.
Beispiele ToMftchig-hexagonaler Erystalle sind yiel seltener, als solche Ton
hemiedrischen etc. Von Mineralien ist kaum ein anderes, als der soeben beispiels-
weise genannte Beryll zu erwähnen.
Hemiedrische und tetartoedrische Klassen.
Hemiedrien nnd Tetartoedrien gibt es im hexagonalen System nach yer-
schiedenen Gesetzen. Sie sind z. T. viel wichtiger als die holoedrische Klasse, be-
sonders gilt dies von der rhomboedrischen Hemiedrie. Nur die, welche für Mineralien
Ton einiger Bedentang sind, sollen hier betrachtet werden.
117. Hexagonale und trigonale Klassen. Wie aus der obigen
Tabelle (81) zu ersehen, können die teilflächigen hexagonalen Klassen
in zwei Gruppen geteilt werden. In der einen derselben ist wie in
der Yollflächigen Klasse eine sechszählige Hauptsymmetrieachse vor-
handen, in der anderen ist diese infolge der Teilflächigkeit, drei-
zählig geworden. Man hat diese beiden Gruppen wohl auch als be-
sondere Krystallsysteme aufgefaßt und neben dem hexagonalen oder
sechsgliedrigen, dem dann auch die yollflächige Klasse angehört, noch
ein besonderes siebentes, das trigonale oder dreigliedrige unterschieden.
Wir betrachten aber alle diese Formen als Abteilungen des hexa-
gonalen Systems und zwar zunächst die sechsgliedrigen Hemiedrien
und Tetartoedrien mit einer sechszähligen Hauptsymmetrieachse und
hierauf die dreigliedrigen Hemiedrien und Tetartoedrien mit einer
dreizähligen Hauptsymmetrieachse. Hier würde sich dann auch die
ogdoedrische Klasse einreihen, die aber ohne jede Bedeutung und da-
her hier übergangen ist. Für uns würde nur in Betracht kommen:
Sechsgliedrig : Neben der schon betrachteten vollflächigen die voll-
138 . Hexagonales Kryatallsystem.
flächig-hemimorphe, die pyramidal - hemiedrische und die pjrramidal*
hemimorphe Klasse ; Dreigliedrig : die rhomboedrisch - hemiedrische,
die rhomboedrisch-hemimorphe, sowie die rhomboedrisch- und die trape-
zoedrisch-tetartoedrische Klasse.
a) Sechsgliedrige (hexagonale) Klassen.
Die Hauptachse ist eine sechszählige Symmetrieachse. Von ihnen kommen zwar
drei, die vollflächig- hemimorphe, die pyramidal -hemiedrische nnd die pyramidal-
hemimorphe im Mineralreich vor, aber nur die mittlere ist wegen ihres Auftretens
am Apatit von Bedeutung.
l/ollflächig-hemlmorphe ßexagonal-hemimorphe, dibexagonal-pyraigldale)
Klasse.
118. Hemimorphie der Tollflllchig-hexagonalen Krjstalle. Die Krystalle
sind an den beiden Enden der Hauptachse c verschieden ausgebildet, aber jedes Ende
für sich zeigt die Symmetrie der voUflächig-hexagonalen ErystaUe. Die Hanpt-
symmetrieebene ist also weggefallen und damit auch die sechs zweizähligen Symme-
trieachsen in der Ebene der Nebenachsen, sowie das Symmetriecentrum. Geblieben sind
dagegen die sechs Nebeusymmetrieebenen und die sechszählige Symmetrieachse parallel
der Hauptachse c. Was die einzelnen einfachen holoedrischen Formen anlangt, so
zerfallen die Doppelpyramiden (Bipyramiden) also die Didodekaeder und Dihexaeder
in je eine obere und eine untere Hälfte und es entstehen zwölfflächige, resp. sechs-
flächige nach unten oder oben offene Pyramiden, deren Spitzen auf der Hauptachse
liegen. Die Prismen behalten ihre Gestalt bei. Die Basis zerföUt in die beiden
Einzelflächen, von denen die eine fehlt oder Ton der anderen physikalisch verschieden
ist. Die Symbole dieser hemimorphen Formen ergeben sich von selbst aus denen der
vollflächigen. Zwei korrekte Pyramiden unterscheiden sich durch den + resp. —
Schnitt auf der Hauptachse c. So gibt das Didodekaeder mPn (hkli) die beiden zwölf-
seitigen Pyramiden:
0 . — g — {hklt) und u . — q— ' {hkit),
wo 0 und u die Lage oben und unten an der Hauptachse andeuten sollen. Entsprechend
ist es bei den Dihexaedem und der Basis.
Als Beispiele werden genannt : Greenockit, Würtzit, Zinkoxyd (Rotzinkerz) und
Jodsilber,
Pyramidal'hemiedrisohe fhexagonal-bipyramidale) Klasse.
119. Pyramidale Hemledrie. Bei der pyramidalen Hemiedrie
verhalten sich ringsum je die zwei an einer Seitenkante anliegenden
Flächen einander gleich und von den an den anstoßenden Seitenkanten
anliegenden Flächen verschieden, wie es Fig. 165 für das Didode-
kaeder zeigt. Die Folge dieser Flächenverteilung ist, daß alle Nebeu-
symmetrieebenen verschwinden, die Hauptsymmetrieebene aber nicht,
ebenso fallen auch alle sechs ^w^eizähligen Symmetrieachsen in der Rieh-
pyramidale Hemiodrie. 139
tnng der Neben- und der Zwischenacbsen fort, aber die sechszftblige
Haaptsymmetrieachse nnd das Symmetriecentnim
bleiben.
Debnt sich nun je die eine Hälfte der Flächen
des Didodekaeders aus bei gleichzeitigem Ver-
schwinden der anderen, wie es Fig. 166 in der
Projektion auf die Ebene der Nebenachsen zeigt,
so entstehen ans dem Didodekaeder zwei kongruente
korrelate Dihexaeder, denn je zwei abwechselnde
Seitenkanten s (oder s^) mQssen sich über eine pj^ -^q^
zwischenliegende s^ (oder s) stets unter Winkeln von
120" schneiden. Diese Dihexaeder unterscheiden
sich in der allgemeinen Form in nichts von den
beiden Arten von vollflächigen Dihexaedern, sie
sind aber weder erster noch zweiter Stellung. Die
Hauptachse geht zwar auch bei ihnen durch die
beiden Endecken, aber die Nebenachsen gehen
weder durch die Seitenecken , noch durch die pj» jgg.
Mitten der Seitenkanten (Dihexaeder 1. und
2. Stellung), sondern sie treffen die Seitenkanten in irgend einem
anderen Funkt. Sie nehmen daher eine intermediäre Stellung ein und
werden als Dihexaeder (hexagonale Bipyramiden) der ß. Stellung oder
der Zwischenstellung oder auch als Tritopyramiden bezeichnet. Je zwei
korrelate Tritopyramiden sind kongruent und werden als + "i^d —
von einander unterschieden. Sie sind spitzer oder stumpfer je nach
der Gestalt des Didodekaeders, aus dem sie abgeleitet wurden. Hat
letzteres den Ausdruck : mPn (hMi), dann haben die zugehörigen beiden
Dihexaeder 3. Stellung die Ausdrücke:
^[^].im)unA-[^p]nimi)
')■
n ist nur das Zeichen der Hemiedrie und kann, wo kein MiSverständ-
nis möglich ist, wegbleiben.
Betrachtet man nun die übrigen vollflächigen hezagonalen Ge-
stalten als Spezialfälle des Didodekaeders (114), so sieht man leicht,
dafi außer den Didodekaedem nur die dihexagonalen Prismen noch
neue Formen liefern, und zwar hexagonale Prismen der dritten oder
Zwnschenstelhmg (Tritoprismen), indem von den Flächen der dihexa-
gonalen Prismen je die abwechselnden sich ausdehnen und verschwinden
(Fig. 166, WD man sich die Prismenflächen nach den Geraden s und
s, auf der Ebene der Nebenachsen (des Papiers) senkrecht, also parallel
mit der Hauptachse zu denken bat). Alle anderen holoedrischen Formen
ändern ihre Gestalt nach dem Gesetz dieser Hemiedrie nicht, sondern treten
in Kombinationen dieser Hemiedrie mit ihrer ganzen Flächenzahl auf
140 Hexagonales Erystailsystem.
Das Haaptbeispiel fttr die pyramidale Hemiedrie des Hexagonalsystems bildet
der Apatit, Ton welchem ein Krystall Fig. 167 abgebildet ists Zwei Dihexaeder der
einen Stellung x nnd z und zwei der anderen Stellung a
und 8 sind yorbanden, dazu ein Prisma M von der ersteren
und ein solches e von der anderen Stellang. Die Kanten
MJs sind durch u abgestumpft, aber nur einseitig, oben und
unten links von 8 ; diese Flächen u, von denen je zwei sich,
gehörig erweitert, in einer horizontalen Seitenkante schneiden
würden, wie die Zonen [ucu] zeigen, bilden miteinander
ein Dihexaeder der dritten Stellung. Die Flächen c, welche
einseitig die Kanten MJe abstumpfen, büden ein hexago- ^^'
nales Prisma der dritten Stellung (vergl. die Yollflächige Kombination des Beryll,
Fig. 164).
Pyramidal'hemimorphe (hexagonal-pyramidale) Klasse.
120. Pyramidale Hemlmorphie. Bei der Hemimorphie der pyramidalen
Hemiedrie sind die Formen der letzteren (119) in der Richtung der Hauptachse c an
deren beiden Enden verschieden geworden. Infolgedessen ist auch die Hauptsymmetrie-
ebene nebst dem Symmetriecentrum verschwunden; als einziges Symmetrieelement
ist nur die sechszählige Symmetrieachse parallel der Hauptachse c geblieben. Die
Doppelpyramiden (Dihexaeder 1., 2. und 3. Stellung) teilen sich in je zwei korrelate
einseitig offene einfache Pyramiden, deren Spitzen oben und unten auf der Haupt-
achse liegen und deren Ausdrücke sich nur durch das -|~ ^^^ — Vorzeichen der Ab-
leitungszahl i für die Hauptachse unterscheiden. Aus dem Dihexaeder 1. Stellung
(hOhi) entstehen also z. B. die beiden korrekten Teilformen {hOhtj und {hOhi) und
entsprechend bei den übrigen Pyramiden. Die Basis zerfällt in ihre beiden Einzel-
flächen, nur die Prismen behalten ihre Gestalt und Stellung als solche 1., 2. und
3. Stellung bei.
Geht man von der vollflächig hexagonalen Klasse aus, so hat man es hier mit
tetartoedrischen Formen zu tun. Die Didodekaeder mPn oder (hJdi) geben vier
einfache Pyramiden 3. Stellung, zunächst eine -{- und eine — Tritopyramide (119)
und aus beiden entsteht je eine obere und eine untere Hälfte. Danach erhält man,
wenn o und u oben und unten bedeutet, die vier Ausdrücke:
0 . -t- — — oder (hkl%) und o . — — — oder (Mi);
. [mPn! , , -- , rmPn"! , ,_=-=-r.
1* . + — ^ — oder (hklt) und u . — — — oder (M*).
Die Ausdrücke für die aus den Dihexaedem 1. und 2. Stellung und aus der
Basis abgeleiteten, einfachen hemimorphen Gestalten ergeben sich darnach von selbst.
Dem physikalischen Verhalten (Atzfiguren) nach wird der Nephelin hierher
gerechnet.
ß) Dreigliedrige (trigonale) Klassen.
Hauptachse eine dreizählige Symmetrieachse. An Mineralien sind beobachtet die
rhomboedrisch-hemiedrische, die rhomboedrisch-hemimorphe, die trapezoedrisch-tetar-
toedrische und die rhomboedrisch-tetartoedrische Klasse. Besonders wichtig ist die
erste wegen ihres Vorkommens an dem Kalkspat und die dritte, zu welcher der
so verbreitete Quarz gehört.
Bhomboediische Hemiedrie. 141
Rhombaedrisoh-hemiedrisohe (ditrigonal-skalenoedriache) Klasse.
121. Bhomboediische Hemiedrie. Nach dem Gesetz der rhombo-
edrischen Hemiedrie verhalten sich ähnlich wie bei der tetraedrischen
Hemiedrie des regulären Systems (105) alle in einem Raomabschnitt,
hier in einem von der Hanptachse c nnd zwei Nebenachsen a begrenzten
Dodekanten, vorhandenen Flächen einander gleich nnd von denen der
umliegenden Dodekanten verschieden. Setzt man diese Flächenver-
teilung rings um den Ejystall herum konsequent fort, so ist jeder
Dodekant von drei entgegengesetzt sich verhaltenden Dodekanten um-
geben, wie dies in Fig. 169 für das Beispiel des Didodekaeders durch
schraffierte und nicht schraffierte Flächen dargestellt ist. Jeder
Dodekant mit schraffierten Flächen ist umgeben von drei Dodekanten
mit nicht schraffierten, und umgekehrt.
Die Folge dieser Anordnung ist, daß die Hauptsymmetrieebene
der vollflächigen Krystalle als solche wegfällt, und ebenso die drei
abwechselnden, durch die Nebenachsen a gehenden Nebensjrmmetrie-
ebenen, während die drei durch die Zwischenachsen bestimmten Neben-
sjnoimetrieebenen bleiben. Die sechszählige Hauptsymmetrieachse des
Didodekaeders wird dreizählig, die drei den Nebenachsen a parallelen
zweizähligen Symmetrieachsen ändern ihren Charakter nicht, aber die
drei den Zwischenachsen parallelen Symmetrieachsen fallen weg. Das
Symmetriecentrum bleibt, die rhomboedrische Hemiedrie ist eine
parallelflächige. Die Flächenverteilung läßt auch erkennen, daß die
korrelaten Formen nicht enantiomorph, sondern kongruent sind und
durch Drehung um die Hauptachse c um 180® (resp. auch um 60® und
300®) zur Deckung gebracht werden können. Man unterscheidet sie
als -j- ^^d — .
Die rhomboedriach-hemiedrische Klasse ist die wichtigste des hexagonalen
Systems. Ihr gehören die allermeisten nnd zngleich mit die allerwichtigsten hexa-
gonal krystallisierten Mineralien an, mehr als allen anderen hexagonalen Klassen
zusammen. Als Hanptbeispiele sind der Kalkspat nnd die anderen rhomboedrischen
Karbonate, der Eisenglanz^ Korund etc. zn nennen.
122. Einfache Formen der rhomboedrischen Hemiedrie. Diese
entstehen, wenn von den Flächen der holoedrischen Formen, die in
den abwechselnden Dodekanten liegenden Flächen verschwinden und
die übrigen sich ausdehnen, wie es die Flächenschraffierung in Fig.
169 für das DidodeJcaeder zeigt. Denkt man sich alle schraffierten
Flächen ausgedehnt und gleichzeitig alle anderen verschwunden, und
umgekehrt, so entstehen aus diesem zwei korrekte Skdlenoeder (Fig.
168 und 170), begrenzt von je 12 unregelmäßigen Dreiecken, welche
sich in sechs zickzackförmig schief auf- und absteigenden Seiten-,
Mittel- oder Randkanten S (Fig. 168) und in 6 + 6 abwechselnd
142 Hexagonales KrTatallsystem.
gleidien End- oder Polkanten K nnd K^ schneiden. Von diesen
stoßen je 3 + 3 abwechselnd gleiche in jeder der zwei gleichen End-
oder Polecken c zusammen, wäh-
rend sich in jeder der sechs
gleichen Seiten-, Mittel- oder
Randeckea e, die abwechselnd
I höher nnd tiefer liegen, je zwei
gleiche Seitenkanten S nnd je
zwei ungleiche Endkanten K nnd
K^ treffen. An jedem Skaleno-
eder sind in der Normalstellung,
wie sie durch die Beziehung
Fig. 168. Fig. 169. Fig. 170. znm Didodekaeder gegeben, and
wie sie in den Fig. 168 und 170 dargestellt ist, die Endkanten K
nach derjenigen Eichtung gekehrt, nach welcher die Endkanten K^
des Gegenskalenoeders gehen Dud umgekehrt. Die Seitenkanten beider
dnrchkrenzen sich in den Enden der Nebenachsen unter gewissen Winkeln,
welche von den Indices des Didodekaeders abhängen. Beide Skaleno-
eder werden als + nnd — Skalenoeder unterschieden. Sie sind kon-
gruent ; das eine Skalenoeder kann dnrch eine Drehung um die Haupt-
achse um 180° (resp. auch um 60° und 300°) in die Stellung des
anderen, des Gegenskalenoeders, gebracht werden. Die Hauptachse
geht bei allen Skalenoedern durch die beiden Endecken c, ebenso
die Nebenachsen durch die Mitte zweier gegenüberliegender Seiten-
kanten S, die Körper mögen -\- oder — sein. Hier kann man also
die Nebenachsen nicht beliebig wählen, wie im vollfiächigen
System; sie sind hier ebenso bestimmt und fest g^eben, wie die
Hanptachsa Das eine Skalenoeder wird nach der Millerschen
Methode mit dem Ausdruck q QMi) bezeichnet, wo ä > li, das Gegen-
skalenoeder ist dann eQchli).
Nach demselben Gesetz entstehen aus dem Dihexaeder 1. Stdlung
(Fig. 172) zwei korrelate Bhomboeder (Fig. 171 und 173), und zwar
ein 4* und ein — Bhomboeder, eines das Gegenrhomboeder des anderen.
Sie sind in der idealen Gestalt von sechs Rhomben begrenzt, welche
Rhomboedriscbe Hemiedrie. 143
sich in seclis gleichen End- oder Poltanten E, die darch die beiden
Endecken c gehen, und in sechs gleichen zickzackförmig auf- und ab-
steigenden Seiten-, Mittel- oder Kandkanten S schneiden, welche dnrch
di« sechs gleichen Seiten-, Mittel- oder Randecken e gehen. Diese
Seitenkanten verlaufen hier genau so wie bei den Skalenoedem, auch
die Achsen gehen genau so wie dort durch die beiden Endecken und
durch die Mitten von je zwei gegenüberliegenden Seiteukanten. Die
Endkanteu des einen Khomboeders sind in der Normalstellang nach
derselben Seite bin gerichtet, nach welcher die Flächen des Oegen-
rhomboeders gerichtet sind. Die Seitenkanten steigen in beiden in
entgegengesetzten Eichtungen auf und ab, wie bei den Skalenoedem.
Khomboeder und Gegenrhomboeder sind kongruent und können durch
Drehung um die Hauptachse um 180* (resp. auch um 60" und 300")
zur Deckung gebracht werden. Rhomboeder wie Skalenoeder sind
bald spitz, bald stumpf, je nachdem sie von der Hauptachse größere
oder kleinere Stücke abschneiden. Beide sind paraÜelfltLchig. Der
Ausdruck der beiden Rhomboeder nach Miller ist: eQiOhi) und g(OJÄi).
Das Hauptdihexaeder (lOU) zerfällt in die beiden Rhomboeder ^(1011)
und ^0111), von denen das eine das Rattptrhomboeder (primäres Rhombo-
eder), das andere das Gegenrhomboeder im engeren Sinne genannt
wird. Die Achsen werden so angenommen, daß die -|- Rhomboeder
an ihnen den Ausdruck (hOkt), resp. (lOU) erhalten.
Alle übrigen hexagonalen Formen geben nach diesem Gesetz
keine neuen bemiedrischen K&rper, sondern sie treten
in den Kombinationen mit ihrer ganzen Flächenzahl
auf, so namentlich die Dihezaeder 2. Stellung, die
sich dadurch als solche ganz bestimmt charakteri-
sieren und von denen 1. Stellung unterscheiden ; ebenso
die Prismen und die Basis. Für die Dihezaeder
2. Stellung zeigt das die Fig. 174. Die Hälfte jeder
Fläche liegt in dem einen Dodekanten und verschwindet, «
die andere Hälfte im anstoßenden Dodekanten und Fiff- 1'*-
dehnt sich aus, so daß sie die verschwundene Hälfte sofort wieder
ersetzt.
Bei der rhomboedriadieu Hemiedrie nnteTscheiden sich also die beiden Qmppen
TOD Diliexaedeni außer durch ihre Stellan^ nn den Achsen auch noch dadurch weaeot-
lieh voneinander, daO bei der einen Ornppe ein Zerfallen in znei Eboraboeder ein-
tritt, bei der anderen nicht. Uan konnte nnn beliebig: der einen oder anderen
Grnppe die erste Stellnng geben, je die andere hätte dann die 2. Stellung.
Xmem allgemein beobachteten Qebraccb gemlQ erbalten stets die in iwei Bbombo-
eder serfallenden Dibesaeder die 1. Stellnng. Die flBcben aller Bhonboeder ohne
Ausnahme, seien sie -\- oder — , haben daher an den Achsen die 1. Stellnng, so daQ
sie Ewei Nebenachsen in gleicher Entfemong schneiden nud der dritten parallel gehen,
entsprechend dem allgemeinen Ansdrack -. (ÄOÄi) resp. (OÄÄi). Unter dieser Vorani-
setctmg ist anch das Qeseta der rhomboedrischen Hemiedrie in der obigen Form
144 Hexa^onales KiystoUa^Btem.
ansgeBprodieii worden. Bei der entge^engeEetzten Änntthine, bei der die in zwei
Bhomboeder zerfallenden Diheiaeder die 2. Stellnng erhalten wQrden, mttßte die
FasBnng dea GegeUea etwa« anders sein nnd g'leichzeitig würden eich anch die
fitirigen YerhUtnisse entsprechend ändern. Eine BelbstTerständliche Folge obiger An-
nahme ist femer, daü die Nebenachsen nnn in ihrer Lage fest beetimmt sind und
nicht mehr beliebig mit den Zwiechenachsen rertaascht werden kOnnen, wie z. B. in
der Tollfiächigen Elaase.
123. NanmannB Bezeichnung; der rhomboedrlBehen Formen.
Wegen der überwiegenden Wichtigkeit der rhomboedriachen Henüedrie
im Mineralreich und sonst (121) hat Naumann die einfachen Formen
derselheo nicht wie gewöhnlich bei bemiedriscben Körpern, z. B. mit
— g— , bezeichnet, sondern er hat eine besondere anf ihre speziellen
Verhältnisse gegründete Bezeichnungsweise eingeführt. Er gibt den
beiden von dem Dihezaeder mP ableitbaren Bhomboedeni das Zeichen
mB nnd unterscheidet sie als -j- mB und — mB, also z. B., Tom
Hauptdihexaeder P abgeleitet, -|- R (Hauptrhomboeder) und — B
(Gegenrhomboeder), welche von den Achsen die Einheiten abschneiden.
Dann ist:
4- »i-B = "i : «lOg : —«3 : mc =^ p(fMOml)
oder allgemein: ß(ÄOÄ») und _
— mB = — a, : ©oa^ : Og : mc ^ ^{niOml) oder auch
= coOi : Oj : — «g : me = ^(Omml)
oder allgemein: p(ÄOAi) oder auch Q{Ohhi).
Dabei dient q nur dazu, anzudeuten, daß rhomboedrische Gestalten
vorliegen; wo dies anderweitig unzweifelhaft bekannt ist, kann e *nc^
fortbleiben.
Zur Bezeichnung eines Skalenoeders denkt man sich in demselben ein
Bhomboeder einbeschrieben, indem man durch je zwei zusammenstoßende
Seitenkanten eine Ebene legt (Fig. 175). Die Seitenkanten dieses
Ehomboeders fallen dann offenbar mit denen des
Skalenoeders zusammen. Umgekehrt lassen sich an
einem Bhomboeder unendlich viele Skalenoeder an-
bringen, die mit ihm die Seiteukanten gemein haben,
indem man durch alle Seitenkanten Flächen legt, die
von der Hauptachse größere Stücke abschneiden &]s
die Bhomboederflächen. Jedes Skalenoeder läßt sich
demnach aus dem eingeschriebenen Bhomboeder, das
mit ihm die Seitenkanten gemein hat, ableiten, indem
man angibt, ein wievielmal größeres Stück die Skaleno-
^' ederfläcben auf der Hauptachse abschneiden als die
Flächen des Ehomboeders. Hat dieses den Ausdruck +tnB, so
schneidet seine Flache das Stück mc von der Hauptachse ab ; schneiden
Rhomboedrische Hemiedrie. 145
dann die Flächen des Skalenoeders ein »imal größeres Stück ab, das
also = n{mc) ist, wo n > 1, so schreibt man das Zeichen des
Skalenoeders: +mRn. Das Skalenoeder ist dadurch unzweideutig
gegeben.
Dieses Zeichen ist nun ganz anders aufzufassen, als die übrigen Nanmannschen
Zeichen. Hier beziehen sich jetzt beide Zahlen m nnd n auf die Hauptachse. Die
Schnitte auf den Nebenachsen lassen sich nur durch Rechnung aus m und n ermitteln
und umgekehrt. Man hat dazu folgende Formeln:
Soll ein nach Naumann gegebenes Skalenoeder: mRn, für das also m und n
bekannt ist, in den Indices hkli ausgedrückt werden, wo h'^kf d. h. sollen aus m
und n die Indices A, k, l, i bestimmt werden, so erhält man:
2
Ä==n + 1, k = n — 1, i = 2n, i= — » und somit :
2
mRn = (> {hkli) = (> (n + 1, n — 1, — 2 n, — ), z. B.
2E3 = (>(3 + 1,3-1, -2.3, |-) =(,(4261)
und das Gegenskalenoeder:
— 2B3 = (> (2461) oder e (4261).
Ist für das Skalenoeder umgekehrt der Ausdruck ^ {kldi) gegeben, wo A >> fc, und
wird m und n aus h, äc, {, i gesucht, so ist:
h—k , h+k
m= — : — und n = . ,, somit:
% h — k
^{hkli) = — :— B T^T» also z. B. :
_ 4 2 44-2
e (4261) =* -^ — B -7~^ö — ^^- Ebenso wäre das Gegenskalenoeder :
e (2461) =: — 2B3.
124, Mlllersches Aohsensystem für rhomboedrisohe Krygtalle« Die
rhomboedrischen ErystaUformen werden nach dem Vorgang von MiUer nicht selten
auf ein anderes Achsensystem bezogen, das ihren spezieUen Verhältnissen angepaßt
ist und das man als das MiUersche Achsenaystem zu bezeichnen pflegt. Es besteht
aus drei Achsen und ist also trimetrisch, dem aus vier Achsen bestehenden tetra-
metrischen Achsenkreuz der hexagonalen Erystalle gegenüber, das wir oben in der
Weise von Bra/oais benützt haben. Die drei MiUerschen Achsen erhält man, indem
man von einem Bhomboeder, dem sog. Grundrhomboeder, als Grundform ausgeht
und, ganz ähnlich wie im regulären System beim Würfel, durch dessen Mittelpunkt
drei Richtungen legt, die den Kanten paraUel gehen. Die drei Flächen des Bhombo-
eders sind dann die Achsenebenen oder Fundamental-
flächen ; zu ihnen gesellt sich als Einheitsfläche die Basis,
die Ton den drei Achsenrichtungen drei gleiche Stücke
abschneidet. Die drei Achsen sind also einander gleich,
das AchsenyerhältniB ist wie im regulären System =
a:a: a. Aber man hat nicht wie im letzteren drei
gleiche rechte, sondern drei gleiche schiefe Achsen winkel ß,
übereinstimmend mit den Winkeln der Kanten des Grund-
rhomboeders. Die -|- Richtungen der Achsen (-f- a) ent-
sprechen denen von der unteren Endecke des Grund-
rhomboeders nach den drei umliegenden Seitenecken, die
entgegengesetzten Richtungen sind (— a) (Fig. 176). Fig. 176.
Bauer, Mineralogie. 10
X46 Hezufcouales Krystallsystem,
Ein derartiges AchsenBystem besitzt, wie die rhomboedrischen ErjstaUe, drei
sich iii der dreizähligen Symmetrieachse unter 60® schneidende Symmetrieebenen,
und hat auch im übrigen genan dieselben SymmetrieTerhältnisse. Wenn an ihm
eine Fläche in ganz beliebiger Lage auftritt, so daß sie yon allen drei Achsen un-
gleiche Stücke abschneidet, dann hat sie den allgemeinen Ausdruck:
a a a j,
t f 9 ^
wo die drei Indioes t^f,g-\- oder — sein und bei besonderen Lagen der Flächen
spezielle Werte, u. a. den Wert 0, annehmen kOnnen. Im allgemeinsten Fall müssen
der Symmetrie entsprechend, neben der ersteren Fläche {^fg) noch elf andere auf-
treten. Alle zwölf zusammen begrenzen den flächenreichsten rhomboedrisch-hemi«
edrischen Körper, ein Skalenoeder (e/^). Für das korrelate Gegenskalenoeder gelten
andere Lidices e^figi^ die mit jenen nach folgenden Formeln zusammenhängen:
e^='-e + 2f+2g;f, = 2t- f+2g', gt = 2e + 2f--g.
Die Ausdrücke der einfachen rhomboedrischen Formen an den Millerschen
Rhomboederachsen werden wir unten (126) kennen lernen. Hier sollen zunächst die
Formeln angegeben werden, mittels deren man den für die Millerschen Achsen gül-
tigen Flächenausdruck eines Skalenoeders (efg) in einen solchen für das Bravaissche
Achsenkreuz (hkJ%)j oder in einen solchen nach Naumann, mRn^ überführen kann
und umgekehrt.
Es ist dabei immer vorausgesetzt, daß in allen Fällen dasselbe Bhomboeder
als Grundform gilt.
1. Gegeben der Flächenausdruck {efg) für Miüersehe Achsen, wo e^f^g.
Gesucht:
a) der Ausdruck Qikli) derselben Fläche für Bravaissche Achsen.
Es ist:
also:
m = {hld%)={t^f,f--g,g^e,€ + f + g)^
z. B.: (212) = (2—1, 1 + 2, —2 — 2, 2 + 1 — 2) = (1341)
(310)«(3 — 1, 1 — 0, 0 — 3, 3 + 1 + 0) = (2134);
b) der Ausdruck m£» derselben Fläche nach Navmofnn, Man findet:
also:
^ + f+g' t^'^+g'
{efg)=±mBn=^'—^^B '""^
^+f+g t-2f-^g
z. B.: (212) = |^^| B ^^'^-^ = -2B2
(310) - g^iip Q B 3_2^ö - 4" ^•
Wenn das Skalenoeder ein negatives ist, werden die beiden Werte für m und n
negativ; vor den Ausdruck wird dann — gesetzt.
2. Gegeben der Flächenausdruck (hkli) för Bravaissche Achsen. Gesucht der
Ausdruck (efg) derselben Fläche für Millersc?^ Achsen.
Es ergibt sich:
e=:h — i + t; f==1c — Ä + t; g = l — fc + »; also:
(h]di) = (efg) = {h^l + i, k^h + i, Z-Ä + i)
z. B.: (2131) = (2 + 3 + 1, 1 — 2 + 1, - 3 — 1 + 1) = (603) = (201)
(1231)«=(l + 3 + l, 2 — 1 + 1, —3 — 2 + 1) = (524).
Rhomboedriache Hemiedrie.
147
also:
3. Gegeben der Flächenansdruck mBn eines Skalenoeders nacb Naumann. Qe-
sncht der Ansdmck (efg) derselben Form, bezogen auf MiUersohe Achsen. Man hat
erhalten :
a) für positive Skalenoeder + mBn :
e = Bmn + m + 2; /«=— 2(m — 1); ^==i — 3wn + m + 2;
+ wEn = (e/i7) = (3mn + tn + 2, — 2(m — 1), — 3mn + i» + 2),
z. B.: |-Ä5 = (3. |, 5 + 1+2,-2(1— 1), -3.|-.6 + 1- + 2)
fi) für negctüve Skalenoeder —mRn:
c = 3mn--w + 2; /'=2(m + l); p = — 3mn — w + 2;
— wBn = (c/'^) = (3wn — m + 2, 2(m + l), — 3mn — m + 2);
z. B.: — 2B-|- = 3.a.2— 2 + 2, 2(2 + 1), -3.2.^ — 2 + 2)
= (969) = (323).
(Das Zeichen — vor mRn dentet nnr die Gegenstellnng an.)
In der folgenden Tabelle sind nnter gleichzeitiger Berücksichtigong Ton (123)
die Formeln fttr die Umwandlnng der Ausdrücke der Skalenoeder nach Naumann,
Bravais und Miller schematisch zusammengestellt:
also:
Naumann
Bravais
MiUer
1.
-^mRn
— mlin
2.
3.
h—k ^ h+k
: — "- Ji T T
t h — k
ilZ^+9 R c — 9
e + f+9 e-2f+g
n + 1, n — 1, — 2n,
n — 1, n + 1, — 2»,
hkli
2_
m
2^
m
e—fj—gyg—e.e+f+g
3wn+m+2, — 2(m— 1),
— 3mw+m+2
3»in — w + 2, 2(in + l),
— 3mn — m + 2
h — l + i,k^h + i
l^k + i
Dabei ist immer anf die + oder — Stellung der Skalenoeder Bttcksicht zu nehmen.
Bei den anderen einfachen rhomboedrischen Formen geben die Nwumannsehen
Symbole unmittelbar die Achsenschnitte und damit die Braoaisschen Ausdrücke, die
dann nach der obigen Formel in die für die Millerschen trimetrischen Achsen um-
gewandelt werden können. Bei der Überführung yon Bravaisschen Symbolen in
Hiliersehe und umgekehrt sind bei den anderen einfachen Formen als den Skaleno-
edem deren spezieile Indioes in die obigen Formeln einzuführen.
125. tlbersiclit über die einfaclien rhomboedrischen Formen.
Die eiafachen Formen der rhomboedrischen Hemiedrie sind nun die
folgenden :
10*
]^48 Hezagonales Erystallsystem.
1, Skcdenoeder:
a) positive: mRn oder {hkli), (ä>ä) oder (efg);
z. B.:^i?3 = (2134) = (310).
b) negative: — mRn oder (ääK), (ä>ä;) oder (e/g^);
z. B.: —2R2 = (1341) = (212).
2. Dihexaeder (2, Stellung): mP2 oder {h.h.2h.i) oder (e^gr),
(2f=e + gy,
z. B.: 4P2 = (2241) = (715).
5. Bhomboeder:
a) positive^^ -fmÄ oder (hOhi) oder: (eyy) spitzer, resp. (egg)
flacher als jB (lOf 1), (c > flr) ;
z. B.: U = (lOll) = (100).
2E = (2021) = (511); ^Ii = (1012) = (411).
b) negative: —mB oder (Ohhi) oder (c^ spitzer, resp. (eeg)
stumpfer als — -i- JB (0112), (c > gr);
z. B.: — i? = (Olli) = (22l); —jR = (0112) = (HO);
— jR = (0223) = (551) ; — -^ i? = (0115) = (221) ;
4. Dihexagonales Prisma : ooP2 oder (MM)) oder (efg), (e-\'f-\-g = 0).
z. B.: ooPf = (2130) = (5l4).
5. Hexagonales Prisma (1. Stellung): ooJB = (1010) = (211).
6. Hexagonales Prisma (2. SteUung): ooP2 = (1120) = (lOl).
7. Basis: OB = (0001) = (111).
Aach hier lassen sich alle flftchenärmeren einfachen Formen (JS — 7) als spezieUe
Fälle der flächenreichsten, des Skalenoeders auffassen. Das Dihexaeder 2. Stellnng
ist dann ein Skalenoeder mit lauter gleichen Endkanten, dessen Seitenkanten nun
aUe in einer Ebene liegen. Das dihexagonale Prisma ist ein Skalenoeder mit nn-
endlich großem Schnitt auf der Hauptachse, dessen Flächen und Kanten also dieser
parallel geworden sind; je zwei in einer stumpfen Kaute zusammenstoßende Flächen
gehören abwechselnd zum oberen und zum unteren Ende des Erystails. Beim Rhombo-
eder sind je zwei in einer stumpfen Endkante zusammenstoßende Flächen des
Skalenoeders in eine zusammengefallen, die Endkante ist = 180® geworden. Umge-
kehrt kann man sagen, das Skalenoeder ist ein Rhomboeder, dessen Flächen längs
der schiefen Diagonale gebrochen sind und dadurch einen stumpfen Knick erhalten
haben. Das hexagonale Prisma 1. Stellung ist ein Rhomboeder (-f- oder — ) mit
unendlich fernem Schnitt auf der Hauptachse ; die Flächen gehören abwechselnd zum
oberen und zum unteren Ende. Das hexagonale Prisma 2. Stellung ist ein Dihexa-
eder 2. Stellung mit unendlich fernem Schnitt auf der Hauptachse. Die Basis
ist ein Skalenoeder oder Rhomboeder, bei dem alle Endkanten = 180® und daher
alle um eine Endecke herumliegenden Flächen in eine Ebene zusammengefallen sind.
Khomboedrische Hemiedrie.
149
126. Torzelclien der Bhomboeder und Skalenoeder. Je nach-
dem die an einem Achsensystem gleichzeitig auftretenden Rhomboeder
und Skalenoeder -j- oder — sind, haben sie eine verschiedene Stellung
zueinander, wie das in der Hauptsache schon ans den bisherigen Be-
trachtungen hervorgeht Zwei Rhomboeder haben dasselbe Vorzeichen
(sind beide + oder beide — ), wenn ihre Flächen, resp. ihre End-
kanten nach derselben Richtung hin gekehrt sind. Zwei Skalenoeder
haben dasselbe Vorzeichen, wenn sie je ihre stumpfen, resp. ihre
scharfen Endkanten nach derselben Richtung kehren; ihre Zickzack-
kanten steigen dann, wie bei zwei Rhomboedem mit demselben Vor-
zeichen in gleichem Sinne auf und ab. Wendet ein Rhomboeder seine
Endkanten dahin, wohin ein anderes seine Flächen kehrt, so sind sie
beide von verschiedenem Vorzeichen. Dasselbe ist der Fall bei zwei
Skalenoedem, wenn die stumpfen Endkanten des einen nach der Seite
der scharfen Endkanten des anderen liegen. Die Seitenkanten beider
steigen dann in entgegengesetztem Sinne auf und ab. Kehrt ein
Skalenoeder seine stumpfen Endkanten in die Richtung der Flächen,
seine scharfen Endkanten in die Richtung der Endkanten eines Rhombo-
eders, so haben sie beide dasselbe Vorzeichen. Ist aber die Endkante
des Rhomboeders in der Richtung der stumpfen Endkante des Skaleno-
eders, die Flächen des ersteren in der Richtung der scharfen End-
kanten des letzteren gelegen, so sind beide Körper von verschiedenem
Vorzeichen. Das Verhältnis der Seitenkanten beider ergibt sich aus
dem Obigen. Diese Beziehungen gewinnen erst Bedeutung bei den
rhomboedrischen Kombinationen, die wir nun zu betrachten haben.
127. Bhomboedrische Kombinationen. Die Basis h stumpft an
den Skalenoedem und Rhomboedem die Endecken gerade ab (Fig. 177,
wo, wie in Fig. 179, r^ statt
r' zu lesen ist) und schließt
die Prismen oben und unten
senkrecht zu deren Flächen
und Kanten (Fig. 165 und 156).
Ein Rhomboeder r spitzt an
einem Rhomboeder R mit dem-
selben Vorzeichen die End-
ecken von den Flächen aus
dreiflächig zu, wobei r we-
niger steil ist, als R (Fig.
178). Wenn ein Rhomboeder
r^ mit einem solchen r von entgegengesetztem Vorzeichen in Kom-
bination tritt, li^en seine Flächen an den Endkanten des letzteren
und zwar ist das in dreierlei verschiedener Weise möglich. Entweder
Rg. 177.
Fig. 178.
150
Hesagonales KrystaUsyetem.
spitzen die Flächen von r^ die Endecken yon r von den Endkanten
aus dreiflächig zu (Fig. 179, lies r^ statt r'), wenn die Flächen von
r^ weniger steil sind, als die Endkanten von r. Oder das hinzu-
tretende Rhomboeder stumpft die Seitenecken des anderen schief ab,
wenn seine Flächen steiler stehen als die Endkanten des letzteren.
Oder endlich die Flächen von r^ stumpfen die Endkanten von r ge-
rade ab, wenn sie ebenso gegen die Hauptachse geneigt sind, wie die
Endkanten von r (Fig. 180). Das Rhomboeder, dessen Flächen die
Endkanten eines anderen gerade abstumpfen, heißt das iMuckste
stumpfere zu diesem ; umgekehrt dieses letztere, dessen Endkanten von
den Flächen des anderen gerade abgestumpft werden, das nächste
steilere, spitzere oder schärfere; r^ (Fig. 180) ist also das nächste stumpfere
zu r, r das nächste steilere, schärfere oder spitzere zu r^. Das nächste
stumpfere Rhomboeder schneidet bei gleichen Schnitten auf den Neben-
achsen von der Hauptachse ein halb so großes, das nächste spitzere
Rhomboeder ein doppelt so großes Stück ab, als das Rhomboeder, zu
dem sie gehören. Beide müssen das diesem entgegengesetzte Vor-
zeichen haben.
Fig. 179.
Fig. 180.
Fig. 181.
Greht man yon dem Bhomboeder -{- mE = (hOhi), resp. von dem Gegenrhomboeder
— fnB = {Ohhi) aus, dann ist:
Das zugehörige nächste stumpfere Rhomboeder:
m
■— -jc- iJ oder 0,h.h,2i (zu + mE), resp.
m
+ -g-5 oder h.0.h,2i (zu — mJB).
Das zugehörige nächste spitzere Bhomboeder ist:
— 2mi2 oder (O.Ä.Ä.—) = (0.2ä.2ä.») (zu +mÄ), re«p.
T t
+ 2mR oder (Ä.O.Ä.y) = (2Ä.0.2Ä.i) (zu — wlB).
Das zweite stumpfere Rhomboeder stumpft die Endkanten des
nächsten stumpferen gerade ab und im gleichen Sinne spricht man
von einem dritten, vierten etc. stumpferen, und ebenso auch von einem
jsweiten, dritten etc. sMrferen Rhomboeder. Dabei ist jedesmal das
nächstfolgende von anderem Vorzeichen als das ih^ vorhergehende,
während die abwechselnden Glieder einer solchen Reihe gleiche Vor-
Bhomboedrisehe Hemiedrie.
161
zeichen haben. So ist in Fig. 181 ^r^ das nächste stumpfere, 2r^
das nächste schärfere Bhomboeder zu r. Qeht man von 2r^ aus, so
ist r das nächste, ^r^ das zweite stumpfere zu 2^1. Legt man |r, zu
Grunde, so ist r das nächste, 2r^ das zweite spitzere Bhomboeder zu
^Tj. Stets ist 2ri und ^r^ von gleichem Vorzeichen, aber von ent-
gegengesetztem Vorzeichen wie r. Daß r das nächste stumpfere
Bhomboeder zu 2r^ ist, erkennt man daran, daß die zwei Kanten rßr^
zu beiden Seiten von r einander parallel sind, ganz ebenso wie die
beiden Kanten rj^r^^ auf beiden Seiten von ^r^.
Nimmt man r als Grnndfonn (Hauptrhomboeder) E (1011) so wird, entsprechend
den oben angegebenen Ausdrücken:
y n = — y 5 (0112) nnd : 2ri = — 222 (0221).
Ist 2ri die Grundform (Hauptrhomboeder, also: 2ri »»/{(lOll), so erhält man:
r = -|Ä(0li2); i-n=lB(10U).
Ist endlich — —ri die Grundform und =22(1011), so ist:
r =. — 2iJ (0221) ; 2ri = 4B (4041),
wobei selbstrerständlich das Achsenverhältnis jedesmal ein anderes ist. Derartige
Reihen von spiteeren und stumpferen Rhomboedem kommen bei rhomboedrischen
Erystallen nicht selten vor.
Das erste hexagonak Prisma P^ stumpft an jedem Bhomboeder r^
die Seitenecken (Fig. 182), das mveUe hexagonäle Prisma p^ an jedem
Rhomboeder die Seitenkanten gerade ab (Fig. 183 und 184). Um-
gekehrt sind die Flächen der
Rhomboeder auf die Flächen
des ersten Prismas P^, resp.
auf die Kanten des zweiten
Prismas p^ gerade aufgesetzt
und zwar abwechselnd nach
oben und nach unten. Es ist
dabei ganz gleichgültig, ob
die Rhomboeder + oder — sind,
Vig. 182.
Fig. 183.
Fig. 184.
da ja alle Rhomboeder die 1. Stellung an dem Achsensystem haben.
Sind die Flächen des +Rhomboeders r auf die Kanten des zweiten
Prismas abwechselnd nach unten und nach oben aufgesetzt (Fig. 184),
so sind es die Flächen des — Rhomboeders r^ in entgegengesetzter
Weise auf den zwischenliegenden Kanten desselben Prismas {Fig. 183).
Entsprechend verhält es sich bei dem Prisma der 1. Stellung.
Ganz analog ist die Kombination der beiden Prismen mit den
Skalenoedem. Das erste Prisma stumpft die Seitenecken, das zweite
Prisma die Seitenkanten der Skalenoeder ab, ganz gleichgültig, ob
diese -|-,oder — sind.
162
Eexagonalea Errstalbyitem.
Ein Rbomboeder r spitzt die Endecken eines Skalenoeders s
mit demselben Vorzeichen von den stumpfen Endkanten ans drei-
fläcMg zu. (Fig. 186). Wären die beiden Formen von entgegen-
gesetztem Vorzeichen, dann wörde diese Zuspitzung von den schärferen
Endkanten ans geschehen. In anderer Weise kombiniert sich ein
Skalenoeder s mit einem !^omboeder r, indem es die Endkanten des
letzteren znschftrft (Fig. 186). Liegt dabei die stumpfe Endkante s's
des Skalenoeders über der Fläche des Ehomboeders r, wie es in der
Fignr angenommen ist, so haben sie beide dasselbe Vorzeichen. Läge
au dieser Stelle die schärfere Endkante sjs, dann wären beide Körper
yon yerschiedenem Vorzeichen.
Fig. 186.
Fig. 186.
Fig. 187.
Fig. 188.
Li Fig. 187 stumpft das Ehomboeder r^ die schärfere Endkante
des Skalenoeders s ab; beide Formen sind dann von verschiedenem
Vorzeichen. Wären die stumpferen Endkanten des Skalenoeders s
abgestumpft, so würden die Abstumpfungsflächen wieder einem
Rhomboeder, aber einem solchen mit demselben Vorzeichen wie das
Skalenoeder angehören. In Fig. 188 ist eine kompliziertere rbom-
boedrische Kombination abgebildet Die beiden Khomboeder R and r
kehren ihre Flächen nach der Richtung der stumpferen Endkanten
der beiden Skalenoeder S und s, alle vier haben also dasselbe Vor-
zeichen; Pj ist das erste Prisma, seine Flächen stumpfen die Seiten-
ecken des Skalenoeders s ab, über den Flächen P, liegen die Flächen
der Bhomboeder und die Endkanten der Skalenoeder. P^ könnte der
allgemeinen Lage nach auch ein Rhomboeder sein; als Prisma er-
weist es sich dadurch, daß nach der Untersuchung
auf dem Ooniometer alle sechs Flächen in einer Zone
liegen und sich unter Winkeln von 120" schneiden.
Ad dem Fig. 189 abgebildeten Erystall sind zwei
Rhomboeder von verschiedenem Vorzeichen r und r^,
letzteres das nächste stumpfere zu ersterem, wie man
daran sieht, daß die Fläche r^ von den zwei anliegen-
den r in zwei parallelen Kanten geschnitten wird ; ferner
zwei Skaienoedervon verschiedenem Vorzeichen sund*i;
r und s und ebenso r^ und «, sind von demselben Vorzeichen. In einem
Kg. 189.
Rhomboedrische Hemimorphie. 153
solchen Erystall sind alle Achsen der Richtung nach gegeben. Bei
der weiteren krystallographischen Betrachtung pflegt man ein ßhom-
boeder als Hatiptrhomboeder zu wählen, dem man damit den Ausdruck:
-f-jB(lOll) gibt und aus dessen Flächenwinkeln man das dieser An-
nahme entsprechende Achsenyerhältnis a : c berechnet Ist hier r als
Hauptrhomboeder gewählt, so ist r^ = — :^R (0112) (127). Die
Skalenoederausdrücke lassen sich dann aus Zonen oder den Neigungs-
verhältnissen ihrer Flächen berechnen. Jedenfalls ist aber: s =
+ mRn (hMi) und 8^= — m*Rn' {ifh'N). Man hätte aber ganz ebenso
r^ als Hauptrhomboeder mit dem Ausdruck: i?(1011) wählen können,
dann wäre das Verhältnis a:c ein anderes als vorher geworden ; es
wäre dann r das nächste schärfere Rhomboeder zu r^ und r = — 2B
(0221) und die beiden Skalenoeder s und Sj^ müßten ihre Vorzeichen
vertauschen. Die Flächen p^, welche die Seitenkanten der Skalenoeder
8 und Sj^ abstumpfen, gehören unter allen Umständen dem Prisma
2. Stellung an.
Rhomboedmoh'hemimorphe {ditrigonal-pyramidale, hemimorph-
hemiedrische) Klasse,
128. Hemimorphie der rhomboedrischen Hemiedrie. Manche
rhomboedrischen Erystalle sind an den beiden Enden der Hauptachse
verschieden ausgebildet. Es ist Hemimorphismus eingetreten, dessen
Achse die Hauptachse ist (68). Am einen Ende der letzteren finden
sich Flächen von anderer Lage und anderem Ausdruck, eventuell von
anderer Beschaffenheit, als am anderen. Die parallelen Gfegenflächen
sind entweder weggefallen und durch andere ersetzt, oder von-
einander verschieden geworden. Dadurch verschwinden die drei zur
Hauptachse senkrechten zweizähligen Symmetrieachsen in der Rich-
tung der Nebenachsen nebst dem Symmetiiecentrum in den rhombo-
edrischen Erystallen und es bleiben bei den rhomboedrisch-hemi-
morphen als einzige Symmetrieelemente die dreizählige Hauptsymme-
trieachse in der Eichtung der Achse des Hemimorphismus sowie die
drei Nebensymmetrieebenen parallel den Zwischenachsen übrig.
Die einzelnen einfachen rhomboedrischen Formen verhalten sich
dabei folgendermaßen:
Aus den Skcäenoedem -f* niRn oder {hJcii) und — mRn oder {JMi)
werden durch Wegfallen der oberen resp. unteren Hälfte der Flächen
zwei kongruent« korrelate dreifach symmetrische sechsseitige Pyra-
miden, deren Flächen sich wie beim Skalenoeder in 3 -|- 3 abwechselnd
gleichen spitzeren und stumpferen Endkanten schneiden. Sie sind
nach unten resp. oben offen und ihre Spitzen liegen auf dem oberen
positiven resp. dem unteren negativen Aste der Hauptachse c. Da-
154 Hexagonales ErystallBystem.
nach erhalten sie, wenn o nnd u die Lage oben und unten an der
Hauptachse andeuten, die Ausdrücke:
0, -|- mBn oder {Mdi) und u. -|- mBn oder (JMf)
0. — mBn oder (Jchli) und w. — mBn oder QikU).
Ganz entsprechend entstehen aus jedem Bihexaeder 2. Stellung
mP2 oder {h.h,2h.i) zwei nach unten resp. oben offene sechsseitige
Pyramiden mit lauter gleichen Endkanten und mit den Ausdrücken:
0 . mP2 oder {h.h.2h.i) und u . mP2 oder {h.h.2h.t).
Die Bhomhoeder -^-mB oder (ÄÖÄi) und — wiJ oder (0/iÄi) geben
zwei korrelate gleichseitig - dreieckige Pyramiden mit drei gleichen
Endkanten, die ihre Spitzen nach oben resp. nach unten kehren.
Ihre Ausdrücke sind:
0. + mB oder {MM) und w. + mB oder (ÄOä^ und
0. — mB oder (OAÄf) und u, — mB oder (OÄÄi).
Die Basis OB zerfällt in zwei einzelne Flächen ö . OJB « (0001)
und w . 022 = (0001).
Die sswolfseitigen Prismen ooPn oder (AiZO) sind, wie wir gesehen
haben, zu betrachten als Skalenoeder, deren Flächen die Hauptachse
im Unendlichen schneiden (125). Je zwei in einer stumpferen Kante
aneinander liegende Flächen gehören abwechselnd zu dem einen und
dem anderen Ende. Beim Eintritt der Hemimorphie werden diese
beiden Flächenhälften verschieden und das zwölfseitige Prisma zer-
fällt in zwei korrelate dreifach symmetrische sechsseitige Prismen mit
sechs abwechselnd gleichen schärferen und stumpferen Kanten. Es
werden aus dem zwölfseitigen Prisma ooPn oder (hMO) zwei symme-
trisch'Sechsseitige, von denen das eine zu dem oberen» das andere zu
dem unteren Ende zu rechnen ist Beim Hemimorphismus ist meist
nur das eine ausgebildet, das andere mit den zu dem einen Pol ge-
hörigen Flächen verschwunden.
Ganz analog ist das hexagonäle Prisma 1. Stellung ooB == (1010)
als ein Bhomboeder mit unendlich langem Schnitt auf der Hauptachse
zu betrachten; seine Flächen gehören abwechselnd zu dem einen und
zu dem anderen Ende. Das sechsseitige Prisma der 1. Stellung
ooB (1010) zerfällt also bei der Hemimorphie in zwei regulär drei-
seitige, von denen meist nur eines ausgebildet ist
Das hexagonäle Prisma 2. Stellung , oöP2 oder (A.Ä.2Ä.0), das
als ein Dihexaeder 2. Stellung mit unendlich großem Schnitt auf der
Hauptachse anzusehen ist, bleibt allein in seiner Form erhalten und
tritt mit seiner vollen Flächenzahl in die rhomboedrisch-hemimorphen
Kombinationen ein.
Eine solche Kombination bildet der I^^rwaKn-Krystall (Fig. 190). Er ist an
beiden Enden verschieden, jedes Ende zeigt für sich rhomboedrisch-bemiedriscfae
Trapezoedrische Tetartoedrie.
155
n
Fig. 190.
Ansbildnng. An beiden Enden ist dasselbe Ehomboeder P, wie man dnrch die
Gleichheit der Winkel mittels des Goniometers konstatieren kann. Aber die Flächen
P^ oben sind anders beschaffen als die Flächen Pi nnten, es ist
in seine beiden Hälften zerfallen. Hat es den Ansdruck 12(1011),
80 sind die beiden Hälften: P^ (oben): 0.12(1011) nnd P^ (nnten):
ii . B (1011).
Zu P^ tritt oben die Hälfte des nächsten spitzeren Bhomboeders-
0=0. — 2JS (0221) nnd zn Pi unten die Hälfte des nächsten stump-
feren Rhomboeders: n = tt. — -^i2(Oll2). Das Prisma der 1. Stel-
lung l = — ooB (1010) ist nur mit drei Flächen vorhanden, die ein re-
gulär dreiseitiges Prisma bilden; auf seine Flächen und Kanten sind
die Rhomboederfiächen nach oben und unten gerade aufgesetzt Das
Prisma s, das die Kanten des dreiseitigen Prismas l zuschärft, könnte der allgemeinen
Flächenlage nach ein symmetrisch sechsseitiges Prisma, die Hälfte eines zwölfseitigen,
sein, oder aber das Prisma der 2. Stellung ooP2 = {h.h.2h.O), Im ersten Falle
wären nur die abwechselnden Kanten gleich, aber die, in denen die Flächen 8 direkt
zusammenstoßen, verschieden von denen, in welchen sie sich über die Flächen l
hinweg schneiden w&rden. Im zweiten Falle wären alle diese sechs Kanten einander
gleich und ^= 120^ Die Messung mit dem Goniometer zeigt, daß das letztere zu-
trifft; 8 ist also das Prisma der 2. Stellung, l und 8 zusammen bilden ein neun-
seitiges Prisma, das an vielen Turmalinkrystallen zu beobachten ist.
Es sei noch bemerkt, daß die Formen der hier vorliegenden Klasse auch aus
denen anderer hemiedrischen Klassen mit dreizähliger Hauptsymmetrieachse abge-
leitet werden können, z. B. aus denen der trigonalen Hemiedrie (Bl). Die Ab-
leitung aus der rhomboednschen Hemiedrie erscheint aber am natürlichsten und
anschaulichsten.
Trapezoedriach'tetartoedmche (trigonal-trapezoedrische) Klasse.
129. Trapezoedrisclie Tetartoedrie. Bei der trapezoedrischen
Tetartoedrie kann man von den Skalenoedem ausgehen. Es verhalten
sich je zwei in einer Seitenkante des Skalenoeders zusammenstoßende
Flächen einander gleich und von den in den anliegenden Seitenkanten
zusammenstoßenden verschieden, wie es Fig. 191 zeigt. Infolge dieser
Flächengruppierung geht das Symmetriecentrum des Skalenoeders ver-
loren, da zu jeder Fläche die parallele Gegenfläche wegfällt. Ebenso
verschwinden die drei vertikalen Symmetrieebenen. Erhalten bleiben
dagegen die drei horizontalen zweizähligen Symmetrieachsen parallel
den Nebenachsen und die dreizählige vertikale Symmetrieachse parallel
der Hauptachse.
Aus jedem Skalenoeder entstehen durch Verschwinden der
Hälfte der Flächen zwei korrekte Trapeaoeder, begrenzt von
sechs ungleichseitigen Vierecken. Diese schneiden sich in sechs
gleichen Endkanten und in 3 + 3 abwechselnd gleichen Seiten-
kanten, die bei beiden in entgegengesetzter Richtung zickzackformig
Auf- und absteigen. Die beiden von einem Skalenoeder -|-mjBn
156 Heiagonalea EryataUfjBteiii.
(Fig. 191) abgeleiteten Trapezoeder (Fig. 192' und 192'') sind enantio-
morph, sie verhalt«» sich wie die rechte nnd die linke Hand nnd
werden daher als rechte nnd Unke
(r nnd l) unterschieden. Das Gegen-
skalenoeder — mEn liefert aber
ebenfalls zwei als r und / voueiQ'
ander zn unterscheidende enantio-
morphe Trapezoeder, welche wie die
vorigen nicht miteinander znr
Decknng gebracht werden können.
Dagegen ist das rechte resp. linke
Trapezoeder des einen Skaleno-
eders kongruent dem entsprechenden
rechten resp. linken des Gegenskale-
noeders und kann mit diesem durch eine Drehung um die Hauptachse zur
Decknng gebracht werden. Die vier korrelaten Trapezoeder, welche
ein Didodekaeder mPn liefert, werden in folgender Weise bezeichnet:
mPn
-nff nv rnt-yii ■
aus dem + Skalenoeder + mSn ab-
geleitet (beide enantiomorph).
aus dem — Skalenoeder — mBn ab-
geleitet (beide enantiomorph).
Fig. 192a. Fig. 191. Fig. 192b.
1.
+ '
mjrn
—r
oder
f»
(«fO
2.
+ 1
■ 4
oder
C
im
3.
— r
mfl.
■ 4
oder
^
(im
4.
— l
mFn
' 4
oder
e*
(häi)
1 und 3, sowie 2 und 4 sind kongruent ^ dient nur zur Bezeichnung
der Tetartoedrie ; ist diese anderweitig genügend angedeutet, so kann
fx wegbleiben.'
Die Dihexaeäer 2. SteUung mP2 = {h.h.2h.t) z. B. 2P2 (1121)
geben zwei korrelate Trigonoeder (trigonale Pyramiden) fPig. 193):
r^—px (1121) und i.^ — ^ (1121). Die, dihexagondlen J\ismen
geben zwei symmetrisch sechsseitige Prismen und die
hexagonden Prismen 2. SteUvng geben zwei reguläre
dreiseitige Prismen. Auch sie sind als rechts und links
zn unterscheiden. Die speziellen Verhältnisse folgen
leicht aus dem fUr das Trapezoeder and Trigonoeder
angeführten, indem man die Prismen als spezielle
Fälle der Skalenoeder und ßhomboeder betrachtet (128).
Alle anderen rhomboedrischen Formen, die Bhombo-
Fig. 193.
eder, das Prisma 1. SieUung nnd die Basis bleiben unverändert.
Das Hanptbeispiel für die trapezoedriscbe Tetartoedrie ist der Quarz. Er Efiigt
fast eteta (Fig. 194) ein Rhomboeder P nsd daa Gegenrbomboedei z, welche en-
BhomlioedTisctie Tetartoedrie.
157
Fig. 194.
1 der Form nach ein Diheiaeder 1. Stellnng, aber mit abwechselnd phyaikaliach
Terschiedeoen Flttchen [DirhomlHieder] bilden. Die Seitenkanten deaaelben werden
dnioh die stark borizontal gestreiften Flächen des hexagonalen
PrismaÄ 1. SteUnng r gerade abgestumpft. Auf die abwech-
selnden PriBmenkanten sind oben nnd nnten die rhombisch
gestalteten Flächen > eines Trigonoeders, die sog. Rhomben-
flachen, gerade aufgesetzt. Wäre der Erystall rhomboedrisch,
so mttssten die anderen drei Prismenkanten ebenfalls oben
nnd unten solche Flächen s, tragen, wie die dQnn gezeich-
neten Linien zeigen ; diese würden die dick gezeichneten, f ak-
tJMli vorhandenen Flächen s zu einem Diheiaeder 2. Stellang
e^änzen. So aber sind nnr die bei gebsriger ErweiUning
in einer horizontalen Seit«nk&nte des Diheiaedera zn-
sanunenstoBenden dickgezeichneten Flächen s vorhanden,
die dünngezeichneten, die in den anliegenden Seitenkauten
EDSammenstoBen wQrden, fehlen, entsprechend dem Gesetz
der trapezoedrischen Tetartoedrie. AnQerdem sind die Kanten sjr noch durch die
sog. Trapezflfichen x abgestampft, welche ebenfalls nnr an den abwechselnden Kanten
des Prismas r oben sowohl als nnten liegen, jedoch oben nnd unten auf verschiedeueD
Seiten der Kanten r/r. Die Flächen x bilden ein Trapezoeder, welches von den au
den anderen Prismenkanten r/r dflun gezeichneten entsprechend liegenden Flächen Xi
KU einem Skalenoeder ergänzt werden wDrde, wenn der Krjstall rhomboedrisch ana-
gebildet wäre. Die Flächen x, fehlen infolge der Tetartoedrie, aber sie liegen offen-
bar so, daß sie zwei in einer Seitenkante zusammenstoßende Skalenoederflächen
wären, ebenso auch die beiden wirklich Torhaudenen Flächen x. Die hier dick ana-
gezeichneten Flächen s und x liegen am oberen Ende des Prismas rechts von der
Prismenfläche r, wenn die Hanptrbomboederfläche P dem Beschauer zugekehrt ist.
Sie sind die rechten Trapez- nnd Rhorabenflächen und begrenzen ein rechtes Trape-
zoeder resp. Trigonoeder; ein Krygtall, der sie trägt, heißt ein rechter Eiyatall.
Wären autt der dick gezeichneten die dQnn gezeichneten Flächen * und x anagebildet,
so wäre der Erjstall ein linker. Diese Flächen liegen ja im QegensatE zn den anderen
links und begrenzen das zum gleichen Skalenoeder resp. Dihexaeder zweiter Stellung
gebsrige linke Trapezoeder reap. Trigonoeder. Diese Flächenlage steht mit der Er-
scheinung der Cirknlorpolarisadon (247) im ZosammeDbaDg : die rechten (linkai)
Qnarze drehen die FolarisationBebene atets nach rechts (links).
RhomboedriBoh-tetartoedriaohe (rhomboedrisohe) Klaaae.
180. BhoBsboedrisehe Tetartoedrie. Auch hier kann man vom Skalenoeder
ausgehen. An einem solchen werden die abwech-
selnden Flächen verschieden in der Weise, daQ eine
nach oben gerichtete Mäche au einer Seitenkaute
sich mit der nach unten gerichteten Fläche an der
nächstfolgenden Seitenkante gleich verhält ete.
(Fig. 190). Dabei bleibt die vertikale dreizählige
Symmetrieachse nnd das Symmetriecentrum erhalten,
alle Dbrigen Symmetrieelemente des Skalenoeders
fallen weg.
Verschwindet je die eine Hälfte der Flächen
des Sftalenoeders nnter gleichzeitiger Anadehuimg
der anderen, so entstehen zwei korrelate kongru-
ente Bhomboeder, die in der Gestalt in nichte von Fig. 195. Fig. 106.
158 Quadratisches Erystallsystem.
den Rhomboedern der rhomboedrischen Hemiedrie abweichen. Die Nebenachsen
gehen hier aber nicht durch die Mitten zweier gegenüberliegender Seitenkanten,
diese Ehomboeder haben also nicht die Stellung der -{- oder — Bhomboeder
der rhomboedrischen Hemiedrie, sondern sie nehmen eine intermediäre Lage
zwischen beiden ein und werden als Rhömboeder der 3. Stellung oder der Zwischen-
steUung von jenen unterschieden. Aus dem Skalenoeder -f-mEn oder {hkli)
werden die beiden Rhömboeder der Zwischenstellung : {hkli) und (Ikhi) und aus — mBn
oder (khli) die beiden Ehomboeder: (kkli) und (iclhi). Zwei Bhomboeder der zweiten
Stellung entstehen hier aus den Dihexaedern der 2. Stellung. Die aus mP2 oder
{h.h.2h.i) abgeleiteten beiden Bhomboeder haben die Ausdrücke : {h.h.2hA) und
{2h,h.h,i). Jedes dihexagonale Prisma liefert zwei hexagonale Prismen der 3. oder
Zwischenstellung zwischen dem der 1. und der 2. Stellung, mit denen sie in der Form
übereinstimmen. Die übrigen Formen der rhomboedrischen Hemiedrie ändern ihre
Gestalt nicht.
Ein Beispiel dieser Tetartoedrie gibt der Dioptas (Fig. 196). r bildet ein
Bhomboeder, dessen Flächen auf die Kanten des Prismas der 2. Stellung m gerade
aufgesetzt sind, wie die Messung der Winkel ergibt. Die Kanten mir sind nicht
alle, sondern nur abwechselnd oben und unten abgestumpft durch die Flächen 8, die
entsprechend dem Gesetz der rhomboedrischen Tetartoedrie so liegen wie die schraf-
fierten Flächen in Fig. 195. Sie gehören also einem Bhomboeder der Zwischen*
Stellung an.
3. Quadratisches System.
(Viergliedriges oder tetragonales System.)
Das quadratische System umfaßt alle diejenigen Krystallklassen,
deren Formen sich auf drei zueinander senkrechte Achsen beziehen
lassen, von denen zwei (a) gleich und von der dritten (c) verschieden
sind. Man hat also das Achsenschema:
a:a:c; ^ala = ^alc = 90^.
131. Achsen des quadratischen Systems. Die beiden gleichen
Achsen a heißen auch hier die Nebenachsen, die von ihnen ver-
schiedene dritte c die Hauptachse, c ist bald größer, bald kleiner
als a. In dem Achsensystem ist eine einzige unbekannte Größe, das
Achsenverhältnis, a:c enthalten. Aus einem einzigen gemessenen
Flächenwinkel folgt die Achse c, wenn a = l gesetzt wird (resp. a,
wenn c = 1). Es ist eine große Ähnlichkeit mit dem hexagonalen
System vorhanden, das ebenfalls eine Hauptachse hat. Die hexagonalen
Krystalle zeigen aber eine Anordnung nach der Sechszahl (resp. nach
der Dreizahl), die quadratischen dagegen nach der Vierzahl. Auch
in dem quadratischen System werden die den Winkel zwischen zwei
Nebenachsen halbierenden Eichtungen b als Zwischenachsen bezeichnet
Man kann hier gleichfalls diese beiden Kichtungen vertauschen und
die Zwischenachsen als Nebenachsen wählen. Nur werden dann das
Achsenverhältnis a : c und die Ausdrücke der Flächen andere. Durch
die di'ei Achsen werden acht gleiche Oktanten bestimmt. Die Haupt-
Vollflächige Klasse. 159
achse c wird stets aufrecht, eine der Nebenaehsen a auf den Be-
schauer zulaufend gedacht. Die andere Nebenachse geht dann quer
von rechts nach links.
Quadratisch^uollflächige (ditetragonal-bipyramidate) Klasse.
2 + 2 + 1 Symmetrieebenen. Die eine sog. Hauptsymmetrieebene
ist senkrecht zur Hauptachse c, also der Ebene der Nebenachsen a
und der Zwischenachsen b parallel. Die anderen, die 2 + 2 Neben-
symmetrieelenen gehen alle durch die Hauptachse c und durch je eine
Nebenachse a resp. Zwischenachse h (Neben- und Zwischensymmetrie-
ebenen). Von den 2 + 2 + 1 Symmetrieachsen ist eine vierzählige
parallel der Hauptachse c die Hauj)tsymmärieachse\ die anderen 2 + 2,
die Nebensymmetrieachsen, sind sämtlich zweizählig und parallel den
Nebenachsen a resp. den Zwischenachsen b (Neben- und Zwischen-
S3^metrieachsen). Symmetriecentrum vorhanden. Die Hauptsymmetrie-
ebene und zwei zusammengehörige aufeinander senkrechte Neben-
symmetrieebenen bilden die Fundamentalflächen des Achsensystems.
132. Einfaclie Formen. 1. DioJdaeder (Vierkantner, ditetragonale
Pyramide oder Bipyramide). Die Flächen schneiden die drei Achsen
ungleich • t • T • T == (^'0 ; ^ jedem Oktanten sind zwei Flächen,
also im ganzen 16, welche eine doppelt achtseitige Pyramide bilden
(Fig, 197) (88, 89, 90). Durch die zwei Endecken (Polecken) c geht
die Hauptachse; je die vier abwechselnd einander
gleichen Seitenecken (Mittel- oder Randecken) a oder 6
geben die Neben- resp. Zwischenachsen. Alle acht
Seitenkanten (Mittelkanten, Bandkanten) S sind ein-
ander gleich, aber nur die abwechselnden End- (Pol-)
kanten K und JP. Die Flächen der idealen Form sind
unregelmäßige Dreiecke. Die Seitenkanten bilden ein
symmetrisches Achteck; ein reguläres Achteck ist un- Fig. 197.
möglich, da es auf irrationale Indices führen würde.
Diese Körper sind teils hoch nnd spitz, teils niedrig und flach; ihre Gestalt
hängt Yon den Flächenwinkeln ah, welche mit den Indices in mathematischer Be-
ziehung stehen nnd sich ans ihnen herechnen lassen, nnd umgekehrt.
Dioktaeder sind bisher nur in Kombinationen, noch nie selbständig beobachtet
worden. Die flächenärmeren übrigen Formen können als Spezialfälle des Diokta-
eders aufgefasst werden (vergl. (102) und (114)).
2. AchtseUiges (ditetragonales) Prisma. Diese Prismen sind ge-
wissermaßen Dioktaeder mit unendlich großer Hauptachse, deren
Fl&chen und Kanten also der Hauptachse parallel gehen und von
den Nebenachsen verschieden große Stücke abschneiden. Sie haben
Quadratisches EirstAlbyBtem.
somit den Ausdruck:
Ä "Ä ■
- (AM) (Fig. 1
Die auf der Ebene
der Nebenaclisen senkrechten Flächen schneiden die
Ebene der Nebenachsen in derselben Figur, welche die
> Seiteukanten S des Dioktaeders machen, einem symme-
trisehen Achteck, dessen Winkel, die Winkel der Pris-
: menflächeu, sich mit den Indices A und k ändern.
Flg. 198. gjji reguläres Achteck kann anch hier nie entstehen, weil
ea gleichfalls ein irrationales Verhältnis der Abschnitte anf den beiden Neben-
achsen a ergeben würde.
3. Oktaeder 1. Stellung (Protopyramide , tetragonale Bipyramld«
1. Stellung). Die Flächen schneiden beide Nebenachsea gleich; sie
sind : -^ : ^ : y = (AÄZ). Acht kongruente, gleichschenkliche Dreiecke
bilden in der Idealform eine auf der Ebene der Kebenachsen aufge-
setzte Doppelpyramjde mit zwei Endecken (Polecken) c, durch welche
die Hauptachse geht, und vier gleichen Seitenecken (Mittel- oder
Eandecken) a, durch welche die Nebenachsen gehen (Fig. 199). Die
Hauptachse ist entweder länger oder kürzer als die Nebenachsen.
Die vier Seitenkanten (Mittel- oder Eandkanten) aa sind alle gleich,
ebenso die acht Endkanten (Polkanten) ac. Die vier Seitenkanten aa
bilden in der idealen Form ein Quadrat
Alle Oktaeder 1. Stellnag bOnnen als Dioktaeder angesehen werden, in denen
die Endkanten E, ^ 180* sind, in denen also je die beiden in E, aneinander stellenden
FUchen in ein Niveau fallen. Analog ist es bei den anderen einfachen quadratischen
Formen. Diesen Winkeländerangen entsprechend ändern sich dann anch die Fl&chan-
ansdrttcke.
4. Oktaeder 2. Stellung (Deateropyramide, tetragonale Bipyramide
2. Stellung). Deren Flächen gehen einer Nebenachse paraÜel und
haben daher den Ausdruck: ^:ooo:y=(A07). Es entsteht dadurch
ein Körper, der in jeder Beziehung dem vorigen in den allgemeinen
r*"- ^;^ 5:i^
Fig. 199.
Fig. 200.
Fig. 202.
Oestaltungsverhältnissen gleich ist, und sich von ihm nur dnrch die
Lage an den Achsen unterscheidet. Hier geben die Nebenachsea a
durch die Mitten zweier Seitenkanten, die Hauptachse aber ebenfalls
VoUflächige Klasse. 161
durch die beiden Endecken c (Fig. 200). Durch Drehung um 45®
um die Hauptachse c wird ein Oktaeder 2. Stellung in die 1. Stellung
gebracht und umgekehrt.
5. Quadratisches Prisma 1. Stellung (Protoprisma). Seine Flächen
gehen der Achse c parallel und schneiden die beiden Achsen a gleich.
Der Ausdruck ist also: a:a:ooc = (110). Es sind gewissermaßen
Quadratoktaeder 1. Stellung, deren Flächen die Achse c im Unend-
lichen schneiden. Die auf der Ebene der Nebenachsen senkrechten
Flächen stehen auch senkrecht aufeinander, also ist der ideale Quer-
schnitt ein Quadrat (Fig. 201). Die Nebenachsen a schneiden die
Kanten senkrecht
6. Quadratisches Prisma 2. Stellung (Deuteroprisma). Ist der
Gestalt nach gleich dem Prisma 1. Stellung und verhält sich zum
Oktaeder 2. Stellung wie das Prisma 1. Stellung zum Oktaeder
1. Stellung. Die Flächen schneiden eine Nebenachse und sind der
anderen Nebenachse und der Hauptachse parallel; der Ausdruck ist
also : a : ooa : ooc = (100). Die Nebenachsen a stehen auf den Flächen
senkrecht (Fig. 202).
Der Unterschied zwischen den Oktaedern resp. Prismen heider Stellungen tritt
nnr herror, wenn yerschieden gesteUte Körper dieser Art am nftmlichen ErjstaU
komhiniert sind. Man hat die Wahl, welche SteUang man. als die erste bezeichnen
wül; es folgt dann daraas die Lage der Neben- resp. Zwischenachsen, welche,, wenn
man die andere Stellung als die erste wählt, sich vertauschen. Sind an einem
Erystall nur Formen einer Stellung, so sind dieselben an sich weder erster noch
zweiter SteUung; sie werden es erst, wenn man die Nebenachsen in der einen oder
anderen Weise wählt Die Hauptachse hat immer dieselbe Richtung und ist den
Prismenkanten paraUel.
7. Basis (basisches Pinakoid, Geradendfläche). Ein Flächenpaar
senkrecht znr Hauptachse: ooa:ooa:c = (001); genau wie im hexa<
gonalen System (Fig. 203 und 210).
Eine andere Lage und andere Ausdrücke von Flächen am quadratischen Achsen-
kreuz, also andere einfache Formen dieses Systems als obige 7, sind nicht möglich.
Sie entsprechen Nummer für Nummer den analogen hexagonalen Formen (114) und alle
allgemeinen Verhältnisse, welche dort auseinandergesetzt wurden, gelten mut. mut.
auch hier.
133. Naumannsclie Bezeichnung und Übersicht. Für die Be-
zeichnung der Formen nach der Naumannschen Methode geht man
auch hier von dem Oktaeder 1. Stellung aus, das von allen Achsen
die Achseneinheiten abschneidet, dem Hauptoktaeder oder der Grtmd-
form (Grundpyramide oder primäre Pyramide). Man kann dasselbe
aus den sämtlichen am ErystaU möglichen Oktaedern beliebig aus-
wählen. Dasselbe hat den Ausdruck: a:a;c = (111) und wird mitP
bezeichnet. Man kann nun wieder alle anderen quadratischen Formen
daraus ableiten, indem man eine seiner Flächen . im Endpunkt einer
Baner, Hinenlogie. ^1
152 QnadratischM ErjBtallijitem.
Nebenacbse a festhält, so daß diese eine Nebenacbse stets in der Ent-
fernang a TOm ]kDtte)pimkt gracbnitten wird. Dann denkt man sich
die Fläche gedreht, bis sie die gewtknschte Lage hat, in der sie die
Achse c und die andere Achse a im allgemeinen mit den Ableitnngs-
zahlen m (flir c) und h (für a) schneidet, von denen mui stets m vor
and n hinter P setzt. Die Fläche begi'eozt dann mit den nach der
Symmetrie noch anSerdem erforderlichen Flächen die einfache Krystall-
form miVi ^-ainaimc, wo das anf die zweite Nebenachse a bezägllche
» beliebig groß, Jedoch nie < 1 ist, m aber jeden beliebigen rationalen
Wert haben kann. Danach 'hat man folgende Übersicht Über die ein-
fachen Formen des quadratischen Systems:
1. Dioktaeder: mPn =» a : na ; mc oder: (AÜ) A>A,
z. B.: 4P3 = a:3o:4c = (312).
2. Ditetragonale Prismen: ooPn^aina-.aoc oder (M)),
z. B.: oaP2 — a : 2a : a : ooc — (210).
3. Oktaeder i. Stellnng: mP=a:o:»w oder: (ÄW),
z. B.: P=a:a:c = (lll) (Haaptoktaeder) ;
2P-a:a:2c = {221);^P=a:a:^c=(113}.
4. Oktaeder 2. Stellung: »t Jto = o : ooa : mc oder: (A04
z. B.: .P» = o : ooo : c — (101).
5. Quadratisches Prisma l. Stellung: ooP=a:a:ooc = (llO).
6. Qaadratiaches Prisma 2. Stellung: oo2feo = a:ooa:ooc=(100).
7. Basis: OP = ooa:ooa:c = (001).
Die FlKchen des 1. Prinnaa und die Buie sind die Fondameutalilftcheii, die toh
P ^e EinheltBflftchei).
134. Kombinationen. Von KtmännaMmen sind n. a. folgende
wichtig: das Prisma der einen Stellang n stnmpft die Kanten d^
anderen, m, gerade ab (Fig. 203); achtseitige Prismen schärfen die
Fig. 203.
Fig. 204.
Fig. a05.
Fig. 206.
Kanten Ton quadratischen zu oder stampfen die Kombinationskaaten
mjn schief ab. Treten mehrere solche Prismen zusammen aa£ so ent-
st^en auch hier, wie im hezagonalen System, scheinbar walzenflfrmig
nmde Ktystalle (116). Die Basis schlieSt die Prismen oben und onten
VoDOBchige Klaue. 168
wie z. B. iu Flg. 204, wo ein Prisma 1. Stellang m mit der Basis c
kombiniert ist, nnd Fig. 203. Dadurch eutstehen je nach den Um-
stftndeD zam Teil dfinne Tafeln, znm Teil lange prismatische, sowie
dftnne nadel- nnd haarfOrmige Erystalle. Die Kombination (Fig. 204)
ist oft wegen der aasschließlich rechten Winkel in der änSeren Form
ganz dem Wflrfel tlhnlich; aber hier sind die beiden Flächen m von
der Fläche c verschieden, beim Wariel sind alle Flächen einander
gleich ((102), Fig. Ol). An allen quadratischen Oktaedern nnd Diokta-
edem stampft die Basis die Endecken ab (Fig. 210). Prismen stumpfen
an Oktaedern derselben Stellnng die Seitenkanteu (Fig. 206), an
Oktaedern der anderen Stellung die Seitenecken ab (Fig. 206). Treten
zwei verschieden hohe Oktaeder 0 und o derselben Steltong (Fig. 207)
in Kombination, so schärft das hßhere 0 die Seitenkanten des niederen o,
Fig. 207. Fig, 206. Fig. 209. Fig. 210.
und umgekehrt spitzt das niedere o die Endecken des höheren 0 von den
Flächen aus zn. Bei der Kombination eines Oktaeders der einen mit
einem solchen der anderen Stellung, o und o„ werden entweder die
Seitenecken des ersteren zweiflftchig (Fig. 208), oder seine Endecken
vierfl&chig (Fig. 209), beidemal von den Kanten ans zugespitzt, je
nach der Neigung der Flächen und Kanten. Haben die Flächen des
einen Oktaeders o, die gleiche Neigung wie die Endkanten des anderen
0 (Fig. 210), so stumpfen die Flächen von o, die Endkanten von o
gerade ab. Das Oktaeder o, heifit dann das nät^iste stumpfere zu o,
oder umgekehrt: o das nächste schärfen oder apiteere zu o,. Werden
die Endkanten von o, wieder gerade abgestumpft, so entsteht das
zweite stumpfere Oktaeder, ferner das dritte stumpfere etc. Umge-
kehrt gibt es aacb eine Reibe der schärferen Oktaeder, das zwedte,
dritte schärfere etc. (127). Ein niederes Qnadrat-
oktaeder o spitzt an einem spitzeren Diofctaeder i
die Endecken von den abwechselnden Endkanten
aus za , nnd es entsteht dadurch zuweilen eine
dem regnlären Ikositetraeder sehr ähnliche Form
(Fig. 211, Tergl. (80, 102)), das sog. LeucJtoeder. Figrail.
Fig. 212 gibt einen flächenreichen quadratischen Krystall von
Vesuvian. Die Flächen a, m, f bilden lauter parallele Kanten; die
Flächen a und die Flächen m machen je 90* miteinander, es sind
11«
Ig4 Quadratisches Krystallsystem.
also die beiden quadratischen Prismen, was auch unmittelbar aus der
Lage der Symmetrieebenen an dem Krystalle hervorgeht. Hieraus
folgt auch, daß c die Basis sein muß. f ist ein
achtseitiges Prisma. Über a liegen die Okta-
eder u und 0 und über m liegen die Oktaeder
^> 6j Py j« von derselben Stellung mit a und m.
Die Flächen t, y, is, d rechts und links von den
Oktaederflächen sind oben und unten je acht-
mal vorhanden, es sind also Dioktaederflächen.
Tig, 212. Will man nun diesem Krystall Achsen unter-
legen, so steht jedenfalls die Hauptachse senk-
recht zu c; die Nebenachsen gehen der Symmetrie entsprechend ganz
nach Belieben entweder senkrecht zu a oder zu m. Es ist dann ent-
weder m oder a das Prisma 1. Stellung, und es sind entweder t, 6, p
oder aber w, o Oktaeder 1. Stellung. Jedenfalls ist aber o das nächste
stumpfere Oktaeder zu p, da es dessen Endkanten gerade abstumpft,
denn die Kanten olp rechts und links von o sind parallel; femer p
das nächste stumpfere zu u, denn die Kanten pji und ifu rechts und
links von p sind parallel; endlich u das nächste stumpfere zu ft; also
in einer Eeihe: u das nächste stumpfere, p das zweite, o das dritte
stumpfere zu 6; oder: p das nächste, u das zweite, b das dritte
schärfere zu o; oder: o das nächste stumpfere, u das nächste, b das
zweite schärfere Oktaeder zu p, etc., alles ganz unabhängig von der
Achsenwahl. Denkt man sich nun die Nebenachsen senkrecht zu a,
m. a. W. denkt man sich m und damit auch die Oktaeder t, b, p
1. Stellung, so sind a, u, o von der 2. Stellung. Die Achseneinheiten
erhält man für diesen Fall, wenn man beliebig ein Oktaeder 1. Stellung,
z, B. p als Hauptoktaeder annimmt Ans seinen Neigungswinkeln
folgt dann das Achsenverhältnis a : c. Aus Zonenverhältnissen ergeben
sich folgende Ausdrücke für die anderen einfachen Formen: für
p;=P(lll) ist: o = Poo(101), w -= 2P oo (201), 6 = 2P(221) und aus
gemessenen Winkeln t = SP (331). Wählt man aber nun z. B. t als
Hauptoktaeder, dann ist ^ = P(111) und das Achsenverhältnis a:c ist
nun, den Winkeln von t entsprechend, ein anderes, als vorhin; es
wird an diesem Achsensystem: 6 = |P(223) und p = ^P (113) etc.
In beiden Fällen wird wesentlich nur ausgesagt, daß die Schnitte auf
der Hauptachse für die drei Oktaeder p, 6, t, gleiche Schnitte auf den
Nebenachsen vorausgesetzt, sich wie : 1:2:3 verhalten, und diese Be-
ziehung ist von dem Achsenverhältnis a : c unabhängig. Auch b könnte
als Hauptoktaeder gewählt werden, und wenn die Oktaeder u und o
als die der I.Stellung (also die bisherigen Zwischenachsen nun als Neben-
achsen) angenommen würden, auch diese; jedesmal würden die Achsenver-
hältnisse und die Ausdrücke der Oktaeder und Dioktaeder andere sein.
Tetraedriscbe Hemiearie. 155
Hemieärische und Martoedrische Klassen.
YdU heinie4rischeii Klassen sind bei Mineralien lianplsBchlicti twei beobachtet
worden, die tetraedrische und die pyramidale; vielleicht gesellt sich daza nocb eine
tettuloedriscbe , die pjrauiidal-heniimorphe. Nur diese sollen daher hier betrachtet
Tetraedrisch-hemiedrisohe (sphenoidmh-hemiedrisohe, aphenoidiaohe,
tetragonal-shalenoedriache) Klasse.
135. Tetraedrische Hemledrie. Diese entspricht der tetra-
edriechen Hemiedrie des regnläi'en und der rtiomboedrischen Hemiedrie
des hezagonalen Systems: Die sämtlichen Flächen in einem durch die
Ächsenebenen bestimmten Raumabschnitt (Oktanten) verhalten sich
gleich und von denen der umliegenden Raumabschnitte verschieden,
wie es Fig. 213 für das Dioktaeder zeigt. Die Folge davon ist, daß
die Eanptsymmetrieebene und die beiden durch die Nebenachsen a
gehenden Nebensymmetrieebenen verschwinden nnd nur die beiden
durch die Zwischenachsen bestimmten Nebensymmetrieebenen bleiben.
Die vierzählige Symmetrieachse parallel der Hauptachse wird zwei-
zählig, die zweizähligen Symmetrieachsen parallel den Nebenachsen a
bleiben, diejenigen parallel den Zwischeuacbsen b fallen weg und
ebenso das Symmetriecentrum. Zu jeder Fläche verschwindet die
parallele Gegenfläche j die Hemiedrie ist eine geneigtflächige.
Fig. 213. Fig. 213a.
Dehnen sich nun am Dioktaeder die Flächen je zor Hälfte ans,
indem gleichzeitig die anderen verschwinden (Fig. 213), dann erhält
man zwei kongruente, durch Drehung um 90** um die Hauptachse
zur Deckung zu bringende quadratisdie Shaienoeder, als -(- und —
unterschieden, von denen das eine in Fig. 213a abgebildet ist. Jedes
derselben ist von acht ungleichseitig dreieckigen Flächen begrenzt
and bat je vier abwechselnd gleiche Kanten, die oben nnd untea
durch das Ende der Hauptachse e gehen (End- oder Polkanten) und
vier gleiche zickzackfBrmig schief von nnten nach oben gehende
Seiten-, Mittel- oder Kandkanten, durch deren Mitten die Nebenachsen
a gehen. Außerdem sind zwei gleiche 2 -|- 2 kantige End- oder Pol-
Igg Quadratisches Krystallsystem.
ecken auf der Hauptachse und vier gleiche 2 + 14-1 kantige Seiten-,
Mittel- oder Randecken abwechselnd über und unter der Ebene der
Nebenachsen liegend vorhanden. Das Dioktaeder mPn oder (MZ) gibt
diebeidenSkalenoeder:-| — ^ oder x(ÄiZ) und ^oäeTxQi^I),{YeTgl.
fOr die Indices der einzelnen Flächen auch Fig. 197).
Das Oktaeder 1. Stellung gibt zwei Tetraeder (Sphenoide) von
verschiedener Ordnung, ebenfalls als -|- und — zu unterscheiden. Sie
haben zwei gleiche Kanten an den beiden Enden der Hauptachse c,
senkrecht zu dieser (End- oder Polkanten) und sich unter 90® kreuzend,
und vier gleiche Kanten (Seiten-, Mittel- oder Randkanten), länger
oder kürzer als die ersteren, gehen durch die Enden der Nebenachsen
a zickzackförmig auf und ab. In der allgemeinen Gestalt gleichen
sie regulären Tetraedern (Fig. 117 und 119); sie sind aber spitzer
oder stumpfer als diese und die Kanten sind nicht mehr alle einander
gleich, sondern die beiden Endkanten sind von den vier Seitenkanten
verschieden geworden. Aus dem Oktaeder mP oder (hhl) werden die
zwei Tetraeder : + -ö" °^®^ ^ (**^ ^^^ ' ö~ ^^^^ * (**^" ^^^^
solche zwei koirelate Tetraeder sind durch Drehung um 90® um c
zur Deckung zu bringen.
Alle anderen einfachen holoedrischen Formen, besonders die
Oktaeder 2. Stellung, bleiben durch diese Hemiedrie unverändert, und
es ist dadurch, ganz analog wie für die Dihexaeder bei der rhombo-
edrischen Hemiedrie des hexagonalen Systems (122), für solche hemi-
edrischen Krystalle ein absoluter Unterschied zwischen den Oktaedern
der beiden Stellungen gegeben. Das, welches in zwei Tetraeder zer-
fällt, wird immer als dasjenige 1. Stellung angenommen.
Fig. 214 gibt einen Kupferhiesbrystall, welcher diese Hemiedrie
zeigt, p und p^ sind zwei aus demselben Oktaeder abgeleitete korre-
late Tetraeder, zu welchem Oktaeder das Oktaeder
b das nächste stumpfere bilden würde. Infolge der
Hemiedrie sind die Flächen p und jp, voneinander
verschieden, alle acht Flächen des Oktaeders b aber
sind gleich, p und p^ bilden also zusammen der
p. 214 Foi-m nach ein Oktaeder 1., b ein solches 2. Stel-
lung, c ist ein Skalenoeder, dessen zwei Flächen
über p stumpfere Winkel machen als über p^, das also mit p
von demselben Vorzeichen ist. Wenn c ein Skalenoeder ist, sind die
beiden Kanten cjp rechte und links von p nicht notwendig parallel.
Wären sie genau parallel, was in der Figur nur annähernd der Fall ist,
so könnte c auch ein Oktaeder 2, Stellung sein und zwar das nächste
schärfere zu dem von p und p^ gebildeten. Für die Vorzeichen der
Pyramidale Hemiedrie. 167
Tetraeder and Skalenoeder sind hier dieselben Gesichtspunkte maß-
gebend, wie im hexagonalen System bei den entsprechenden Formen,
den Bhomboedem und Skalenoedem.
Pyramidal'hemiedrisohe {tetragonal-bipyramldale, bipyramidale) Kiasse,
136. Pyramidale Hemiedrie. Sie entspricht genau der gleich-
benannten Hemiedrie des Hexagonalsystems (119). Auch hier ver-
halten sich beim flächenreichsten Körper, dem Dioktaeder, die beiden
in einer Seitenkante zusammenstoßenden Flächen einander gleich und
von den in den anliegenden Seitenkanten zusammenstoßenden Flächen
verschieden, wie es in der pyramidalen Hemiedrie des hexagonalen
Systems bei dem Didodekaeder der Fall war (Fig. 165 u. 166). Alle Neben-
symmetrieebenen verschwinden dann, nur die Haupts3rmmetrieebene
bleibt bestehen. Ebenso bleibt nur die vierzählige Hauptsymmetrie-
achse parallel der Hauptachse c, aber keine der Nebens3rmmetrie-
achsen. Zu jeder Fläche ist die parallele Gegenfläche vorhanden,
die Hemiedrie ist eine parallelflächige; es ist ein Symmetriecentrum
vorhanden.
Aus jedem Dioktaeder lassen sich zwei korrelate Quadratoktaeder
ableiten, die ihrer Form nach mit den Quadratoktaedem 1. und
2. Stellung übereinstimmen, sich aber durch eine inter-
mediäre Lage von ihnen unterscheiden, so daß weder
die Neben-, noch die Zwischen achsen durch die Seiten-
ecken gehen. Es sind QuadratoJctaeder von 3. oder
Zunschenstellung oder Trüopyramiden, Analog geben die
achtseitigen Prismen quadratische Prismen von 3. oder
Zwischenstellung oder Tritoprismen. Alle anderen ein-
fachen Formen bleiben unverändert. Eine hierher ge- ^- 215.
hörige Kombination gibt der ScheelithryäaU (Fig. 216). P Oktaeder
1., e 2. Stellung, nächstes stumpferes zu P; h und s Oktaeder von
Zwischenstellung.
Pyramidai'hemimorphe (pyramidale, hemimorph-hemiedrisohe) Klaaee.
a
187. PjraBldale HemlBorphle. Dieser Klasse gehört von HineraUen viel-
leicht das CMbbleierg an, deshalb soll hier knn darauf hingewiesen werden. In den
Formen der pyramidalen Hemiedrie (136) fIlUt anch die Hanptsymmetrieebene nnd
damit zugleich das Symmetriecentmm fort Es sind ErystaUe der pyramidalen He-
miedrie, die an beiden Enden der Hauptachse c verschieden ausgebildet sind. Ftlr
beide Enden bleibt aber die Hauptachse c vierzählige Symmetrieachse. Die quadra-
tischen Oktaeder (Bipyramiden) zerfallen in je zwei nach oben resp. unten offene
quadratische Pyramiden, bei der Basis werden die beiden Flächen verschieden, die
anderen pyramidal-hemiedrischen einfachen Formen behalten ihre Gestalt bei. Hieraus
ergibt sich auch leicht die Form der Kombinationen.
168 Bhombisches Kxystallsystein.
4. Bhombisches System.
(Zweigliedriges System).
Das rhombische Krystallsystem ist der Inbegriflf aller Krystall-
klassen, die auf drei zueinander senkrechte ungleiche Achsen a h c
bezogen werden können. Das Achsenschema ist:
a:6:c; ^alb = blc==-c!a = 90^.
138. Achsen des rhombisehen Systems. Eine der drei Achsen^
beliebig welche, denkt man sich stets aufrecht; sie heißt die VertÜKÜ-
ochse und wird mit c oder c bezeichnet Die größere der beiden
anderen, die nun horizontal sind, heißt die Makrodiagonale oder Makro-
achse^ die kleinere die BrachydiagonaJe oder Brachyachse, Erstere denkt
man sich meist yon rechts nach links gerichtet; nur bei wenigen
Mineralien stellt man aus ganz speziellen Gründen die ErystaJle so,
daß sie von vom nach hinten auf den Beschauer zu läuft. Die
Brachydiagonale geht infolgedessen bei den Erystallen der meisten
Mineralien von vom nach hinten, nur in seltenen Ausnahmefällen von
rechts nach links. Die von rechts nach links gehende Achse, also in
den allermeisten Fällen die Makrodiagonale, heißt die Querachsey die
Yon Yom nach hinten gehende die Längsachse. Letztere wird stets mit
a bezeichnet, die Querachse mit b (oder auch mit ä resp. h).
Ein Achsensystem ist durch das Achsenyerhältnis : a:h:c voll-
kommen gegeben, da alle Achsenwinkel = 90® sind. Es sind zwei
unbekannte Stücke vorhanden, etwa a und c, wenn 6 = 1 gesetzt ist.
Zu ihrer Berechnung sind zwei voneinander unabhängige gemessene
Winkel erforderlich. Die Achsenebenen teilen den Raum in acht
gleiche Oktanten.
Rhomblach'üollfläohige {bipyramidale, rhombisch-bipyramidale) Klasse.
1 + 1 + 1 ■— 3 Symmetrieebenen || den drei Achsenebenen oft, bc
und ac, voneinander verschieden und aufeinander senkrecht. 1 + 1-1-1
= 3 zweizählige Symmetrieachsen || den drei krystallographischen
Achsen a, 6, r, ebenfalls voneinander verschieden und aufeinander
senkrecht, sowie senkrecht zu den drei Symmetrieebenen. S3rmmetrie-
centrum vorhanden. Die Achsenrichtungen und Achsenebenen sind
durch die S3rmmetrie stets unzweideutig gegeben. Die drei Symmetrie-
ebenen sind die Fundamentalflächen.
139. Einfache Formen. 1. Rhombische Oktaeder (Pyramiden;
Bipyramiden). Eine Fläche schneidet im allgemeinen alle drei Achsen
ungleich, daher ist der Ausdruck: -r'-r'-r = Q^ (90). In jedem
Vollflächige Klasse.
169
Fig. 216.
Oktanten muß nach der Symmetrie eine solche Fläche liegen. Diese
acht M&chen bilden einen oktaedrisdien Körper mit sechs Ecken,
von welchen nnr je zwei gegenüberliegende an den l^eiden Enden
derselben Achse einander gleich sind (Fig. 216). Von den zwölf
Kanten sind je vier gleich, welche in einer der
drei Achsenebenen (Hanptschnitte) liegen. Diese
bilden in jeder der Achsenebenen oft, bc und ac
miteinander eine rhombische Fignr (einen rhom-
bischen Schnitt), deren Diagonalen die betreffenden
beiden Achsen sind. Die Flächen sind unregelmäßige
Dreiecke. ^Die Form des Körpers ist je nach
dem Achsenverhältnisse a:b:c und den Indices h, i, l verschieden.
An jedem rhombischen Achsensystem können anendlich viele Oktaeder
vorkommen, deren Gestalt und Flächenwinkel sich mit den Indices
h, ky l ändern.
2. Bhombische Prismen. Die Flächen schneiden zwei Achsen im
Endlichen, die dritte im Unendlichen ; dieser letzteren Achse ist dann
das Prisma resp. dessen Flächen und Kanten parallel. Prismen || der
Achse c heißen Vertikalprismen, Horizontal liegende Prismen || den
Achsen b oder a werden im allgemeinen Damen genannt, und zwar:
Makrodamen oder Querprismen | der Makrodiagonale oder Querachse b ;
Brachydamen oder Längsprismen || der Brachydiagonale oder Längs-
achse a. Alle diese Prismen haben einen rhombischen, von je vier
in einer Achsenebene liegenden Kanten gebildeten Querschnitt^ welcher
je einem der drei rhombischen Hauptschnitte eines Oktaeders entspricht.
Die Prismen können als Oktaeder aufgefaßt werden, deren Flächen
eine der drei Achsen im Unendlichen schneiden.
a b
a. VertikaJprismen. ^ * T * °^ ^ ^^ (hkO). Die vier Kanten in der
Achsenebene ab bilden den rhombischen Querschnitt. An jedem
Achsensystem können viele Vertikalprismen auftreten; die Winkel
derselben hängen außer von den Achsen a und b von dem Verhältnis :
h:k a.\> (Fig« 217). Das Prisma, resp. die Prismenkanten sind der
Yertlkalachse c parallel.
Pig. 217.
Fig. 218.
Fig. 219.
b. Querprismen (Makrodomen), ^loobij (hOl) ; |1 Achse b (Fig. 218).
170 Rhombisches KrystallBystem.
b c
c. Längsprismen (Brachydomen) : °*^^-t'T (ß^)'^ II A.clise a
(Fig. 219). .
Ffir die beiden letzteren Körper gilt alles für das Yertikal-
prisma Gesagte, nur maß man c mit b resp. a und l mit k resp. h ver-
tauschen.
Diese drei Prismen sind keine absolut verschiedenen Krystallformen. Der Cha-
rakter derselben hängt von der Achsenwahl ab und da man beliebig jede Achse als
Vertikalachse nehmen kann, so kann man auch jedes Prisma als Vertikalprisma auf-
fassen; die Prismen in den beiden anderen Bichtangen sind dann Domen.
3. PinaJcoide. Die Flächen schneiden eine Achse und sind den
beiden anderen Achsen parallel; daher sind die Flächen auf jener
ersten Achse senkrecht.
a. Basis (basisches Pinakoid) _LAchse Cj also || a und &, somit:
ooa:oob:c = (001) (Fig. 220).
•»pa
Fig. 220.
b. Mdkropinakoid (Querfläche) _L Achse a, also || b und c, somit:
a:oo6:ooc = (100) (Fig. 221).
c BrachypinaJcoid (Längsfläche) _LAchse b, also || c und a, somit:
ooa : 6 : ooc = (010) (Fig. 222).
Die Unterschiede der Pinakoide sind gleichfaUs keine absoluten; sie hängen
ebenso wie bei den* Prismen von der Achsenwahl ab. Jedes Pinakoid kann je nach
dieser Wahl Basis, Makro- oder Brachypinakoid werden. Sie sind die Fundamental-
flächen des rhombischen Systems.
140. Namnannsehe Bezeiclmiing und Übersicht. Bei der
Naumannschen Bezeichnung der rhombischen Formen geht man eben-
falls von demjenigen Oktaeder (Pyramide Naumanns) aus, dessen Flächen
von den Achsen die Achseneinheiten a, b, c, abschneiden, und die also
die Einheitsflächen darstellen. Dieses Oktaeder wird auch hier das
Hauptoktaeder oder die Grundfarm (primäre Pyramide, Grundpyramide
Naumanns) genannt und mit dem Buchstaben P bezeichnet; es hat
den Ausdruck : P = a:b:c= (111). Auf diese Grundform werden die
anderen einfachen rhombischen Formen in ganz analoger Weise, wie
bei den schon betrachteten Krystallsystemen bezogen (103, 115, 133),
selbstverständlich unter Berücksichtigung der speziellen Verhältnisse
des rhombischen Systems.
Die sämtlichen an einem rhombischen Achsensystem möglicher-
VoUfl&chige Klasse. 171
weise auftretenden Oktaeder zerfallen nach ihren Schnitten auf den
beiden horizontalen Achsen a und b in drei Beihen. Der Schnitt auf
der Yertikalachse c ist hierbei nicht von Einfluß, daher gelten die-
selben drei Eeihen auch für die Vertikalprismen,
bei denen der Schnitt auf c unendlich groß ge-
worden ist. In Fig. 223 sind diese Schnitte in
der Achsenebene ab für einen Oktanten dai^e-
stellty die Flächen selbst gehen an den hier ge-
zogenen Linien nach dem betreffenden Punkt
auf der vertikalstehenden Achse c. Diese drei Fig. 223.
Reihen sind die folgenden.
1. Hauptreihe. Beide horizontale Achsen a und b werden gleich
d. h. mit gleichen Ableitungszahlen geschnitten. Der allgemeine Aus-
druck der Flächen ist dann : ea : e& : ^rc, wo jr = 1 , auch = oo beim
Vertikalprisma. Wenn man die Fläche parallel mit sich nach den
Enden der Achsen a und b verschiebt (I. Fig. 223) erhält man:
a:b: — c = a:b: mc, wo
m «==: — ^ 1, auch =oo.
Die Pyramiden der Hauptreihe unterscheiden sich dann nur durch
die Größe der Ableitungszahl m^ d. h. durch die Länge der Stücke,
die sie auf der Yertikalachse c abschneiden. Sie sind in der Eichtung
der Yertikalachse mehr oder weniger spitz oder stumpf.
2. Makrodiagarude Nebenreü^. Die Makrodiagonale b wird von
den Flächen mit einer größeren Ableitungszahl geschnitten, als die
Brachydiagonale a. Der allgemeine Ausdruck der Flächen ist also :
eaifbigc, wo f^e, ^ = 1, auch = oo.
Legt man die Flächen parallel mit sich durch das Ende der Achse a
(II. Fig. 223), so schneiden sie auf der Makrodiagonale ein Stück > b
ab. Der Flächenausdruck geht dann über in:
a:~b: — c = a:nb: mc, wo
n = — >1 und m = ~^l, auch«»c».
3. Brachydiagonale Nfbenreihe, Die Brachydiagonale a wird mit
einer größeren Ableitungszahl von den Flächen geschnitten, als die
Jtfakrodiagonale b. Der allgemeine Flächenausdruck ist wieder:
eaißigc, aber c>/' und g^l, auch = cjo.
Legt man diese Fläche nun parallel mit sich durch das Ende der
172 Bhombisches Erystallsystem.
Achse b (in. Fig. 223), so schneidet sie auf der Brachydiagonale ein
Stuck > a ab und der Flächenausdruck geht über in :
-7^ a :o : ~ c = na 10 : mc, wo
n = y>>l und m=^^l, auch = oo.
Wird in den beiden letzten Eeihen n = 1, dann gehen sie in die
Hauptreihe über.
Andere Oktaeder (resp. Yertikalprismen) als solche aus diesen
drei Beihen kann es offenbar im rhombischen System nicht geben.
Es können also auch keine anderen Ausdrücke als die erwähnten
vorkommen :
I. Hauptreihe: a\h'.mc
hierher die Grundform: a:6:c,
n. Makrodiagonale Nebenreihe : ainb: nie,
HL Brachydiagonale Nebenreihe: naibimc^
in denen allen eine der beiden auf die horizontalen Achsen a oder b
bezüglichen Ableitungszahlen = 1 ist (in der Hauptreihe beide),
während die andere n größer als 1 (in der Hauptreihe = 1) sein
muß. Die auf die Vertikalachse c bezügliche Ableitungszahl m kann
jeden beliebigen Wert haben; bei den Vertikalprismen wird m = oo.
Aus dem Ausdruck P für die Grundfoim : a:b:c lassen sich nun
die Naumannschen Ausdrücke aller übrigen Oktaeder, sowie die der
Yertikalprismen (und weiterhin auch die aUer übrigen einfachen rhom*
bischen Formen) analog wie im quadratischen und hexagonalen System
ableiten, indem man die Ableitungszahl m vor, n hinter P setzt, so
daß der allgemeine Naumannsche Ausdruck für ein rhombisches Okta-
eder = mPn wäre. Dieses Symbol ist aber zweideutig, denn n bezieht
sich bald auf die Makrodiagonale 6, bald auf die Brachydiagonale a,
je nachdem das Oktaeder der makrodiagonalen oder der brachydiagonalen
Nebenreihe angehört. Diese beiden Seihen werden dadurch unterschieden,
daß man über n (statt dessen manchmal auch über P) das Zeichen der
Länge, — , resp. das Zeichen der Kürze, ^-^, anbringt, je nachdem sich die
Ableitungszahl n auf die Makro- oder auf die Brachydiagonale be-*
zieht Es bedeutet also mPn oder mPn, resp. mPH oder mPn ein
Oktaeder der makrodiagonalen resp. der brachydiagonalen Nebenreihe.
Danach hat man nun fär die einfachen rhombischen Formen fol-
gende Übersicht
1. Oktaeder (Pyramiden, Bipyramiden) :
a) Hauptreihe:
fnP = a:b:mc oder (hhl) {h^T);
z. B. Grundform: P = a : 6 : c = (111) ;
Vollflächige Klasse. 173
2P — a:6:2c = (221);
iP=a: 6:^0 = (113).
b) Makrodiagonale Nebenreihe (Makropyramiden) :
fnBfl = a:nb:mc oder =(M?) (Ä>>t);
z. B. 2P5 = a:36:2c = (623);
P2 = a:26: c = (212).
c) Brachydiagonale Nebenreihe (Brachypyramiden) :
mPn = na:b:mc oder = (hkl) {h < Je)]
z. B. 2P3 = 3a : ft : 2c =- (263);
iP2 = 2a:&:^c = (126).
2. Vertikalprismen:
a) Hauptreihe: ooP = a:6:ooc==(110).
b) Makrodiagonale Nebenreihe (Makroprismen);
ooPn = a:nh:occ oder (Kkff) (A>Ä;);
z. B. ooP2 = a:2b:ooc = (210).
c) Brachydiagonale Nebenreihe (Brachyprismen) :
ooPfi = na:b:ooc oder (hJcO) (A < i) ;
z. B. ocP2 = 2a:6:occ = (120).
Analog ist es bei allen fibrigen einfachen Formen des rhombischen
Systems, deren Flächen man sich gleichfalls dnrch die Enden einer
der horizontalen Achsen a oder b parallel mit sich verschoben denkt:
3. Domen:
a) Makrodomen : mPöo = a:oob:mc oder (hOl) :
z. B. 2P^ = a:oob:2c oder = (201);
P^ = a:oob:c =(101).
b) Brachydomen: mPoo = ooa :b:mc oder (OW);
z. B. 2P5S = ooa:6:2c = (021);
lPoo = ooa :b:^c = (013).
4. Pinakoide:
a) Makropinakoid : ooPoo = a : oo6 : ooc = (100).
b) Brachypinakoid : cjoP5o = ooa:6:ooc = (010).
c) Basisches Pinakoid (Basis): 0P=oca:ooJ:c = (001).
Andere einfache Fonnen als diese sind an einem rhombischen Achsensysteme nn-
mOglich. Die drei Pinakoide geben die Fnndamentalflächen der rhombischen ErystaUe,
eine Fläche des Hanptoktaeders (der Grandform) ist die Einheitsfläche.
141. Kombinatioiieii. Zwei Oktaeder bilden, je nachdem sie die
Achsen schneiden, verschiedene Kombinationen. Sind die auf zwei
Acbsen bezüglichen Indices (Ableitnngszahlen) in beiden Oktaedern
einander gleich, dann spitzt das eine Oktaeder die auf der dritten
Achse liegenden Ecken des anderen so zu, daß die entstehenden
Kombinationskanten mit den in der Ebene der zwei ersten Achsen
174
Rhombiiches Crystallayertea
gelegenen Oktaederkanten parallel sind, z. B. wie in Fig. 224 fftr die
zwei Oktaeder: hJd nnd hh,l. Sind aber zwei oder alle drei Indices
(Ableitangszablen) verscliieden, so sind die Kombinationskanten schief
zn alten Oktaederkanten gerichtet (Fig. 225 fQr die Oktaeder: (hkT)
und (hM)-
Fig. 22Ö.
Fig. 286.
Fig. 224.
Prismen stumpfen an Oktaedern die Kanten ab, oder sie sind
auf diejenigen Kanten der Oktaeder gerade aufgesetzt, welche in der
Ebene der beiden vom Prisma im Endlichen geschnittenen Achsen liegen.
So stnmpft das Prisma (AÄO) die horizontalen Kanten des Oktaeders {hkt)
gerade ab. Hier sind die beiden ersten Indices f&r beide Kßrper
gleich (Fig. 226). Dagegen sind die Flächen des Domas ((ik,l,) anf die
seitlichen Kanten des Oktaeders (hkl) gerade aufgesetzt (Fig. 226);
Fig. 227.
Fig. 228.
Fig. 229.
hier ist k nnd k„ sowie / nnd l, verschieden. Prismen von derselben
Lf^e schärfen ihre Kanten gegenseitig zu, wie die beiden Tertikai-
prismen (hkO) und (Ä^O) (Fig. 227). Prismen von verschiedener Lage,
z. B. die beiden Domen hOl nnd Ok,l, geben einen oktaedrischen KSrper
(Fig. 228) mit einem in der Ebene der beiden Achsen, denen die Domen
parallel gehen, gelegenen oblongen Schnitt, ein sog. Oblongi^taeder, das
^
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Fig. 230.
Fig. 231.
Fig. 282.
natfirlich keine einfache Form, sondern eine Kombination ist. Pinakoide
schließen entweder Prismen beiderseitig, z. B. bei dem Hakrodoma mit
Lftngsflftche (010) (Fig. 229) oder dem vertikalen rhombischen Prisma
(AM) mit Basis (001) (Fig. 230) ; oder sie stampfen zwei gegen&bet^
Vollflächige EJMse. 175
liegende Kanten gerade ab, wie die Längsflftche (010) am Vertikal-
prisma (MO) (Fig. 230). An Oktaedern stampfen sie je zwei gegen-
überliegende Ecken gerade ab (Fig. 231). Alle drei Pinakoide geben
ein oblonges Prisma mit Basis (Fig. 232), das sich vom quadratischen
Prisma mit Basis and vom Würfel nur dadurch unterscheidet, daß
alle Flächenpaare verschieden sind, während beim Würfel alle drei
gleich, beim quadratischen Prisma zwei gleich sind ; aufeinander senk-
recht sind sie bei allen dreien (134).
In Fig. 233 ist ein komplizierterer rhombischer
Erystall, dem Topas zugehörig, abgebildet. Die Achsen-
richtungen sind durch die Symmetrieebenen gegeben,
deren Verlauf unmittelbar ins Auge f&Ut. Die Achse,
welche parallel der Kante der Prismen M und l ver-
läuft, soll die Yertikalachse c sein, M und l sind Fig. 23a
dann Vertikalprismen und P ist die Basis, n ist
ein Doma, o, s und x sind Oktaeder, und zwar haben o und
8 mit M teilweise gleiche Indizes, denn die Flächen M, o, s, P
liegen in einer Zone (schneiden sich in parallelen Kanten). Ist
o = hkl^ so ist 8 = hkl, und Jf=A^. Zur Bestimmung des Achsen-
verhältnisses wählt man eines der vorhandenen Oktaeder als Haupt-
oktaeder, z. B. 0, dann ist o = P (111), und das Achsenverhältnis
a:b:c ergibt sich aus den Neigungswinkeln der Flächen o; if ist
= ooP (110) und n ist ein Brachydoma, denn das Prisma Jfcf hat seinen
stumpfen Winkel vom, auf seiner scharfen seitlichen Kante ist die
Fläche n gerade aufgesetzt, also geht n in der Tat der Brachydiagonale
parallel, «ist = a : 6 : y c (/ > 1) und zwar = ^P = (112), und x =
(AM) und Z = WO wo Ä < Ar. Die Indices für die Flächen : s, x^ n und l
folgen meist aus den Neigungswinkeln, da der Zonenzusammenhang hier
vielfach unterbrochen ist; doch liegt x in der Zone [oxn] und l in der
Zone [üäx]. Man hätte auch s als Hauptoktaeder nehmen können,
oder Xy jedesmal hätte sich ein anderes Achsenverhältnis aibic und
damit andere Indices f&r die anderen abgeleiteten Flächen ergeben.
Statt der Kante MjM hätte man aber auch eine andere Achse als
Vertikalachse wählen können, z. B. die Kante des Prismas n (oder die
Kante Pln\ das dann Vertikalprisma z. B. = oo P (HO) geworden wäre.
Da die Flächen n sich aber P in einem stumpfen Winkel schneiden,
so müßte P in diesem Fall Makropinakoid sein , also : P «= oo P öo
(100) und M und l wären Brachydomen; o, «, x wären nach wie vor
Oktaeder. Je nach dem Achsenverhältnis a:b:c kann n aber auch
einen anderen Ausdniek als (HO) erhalten, P kann dann auch Brachy-
pinakoid werden, und damit werden dann M und l Makrodomen.
176 Rhombisches Erystallsystem. Hemiedrie.
Hemiedrische Klassen.
Von solchen sind zwei möglich, die auch beide im Mineralreich vertreten sind.
Rhombisch'hemimorphe (rhombisch-pyramidale) Klasse.
142. Bhombisclie Hemimorphie. Die Erystalle sind an beiden
Enden einer der drei krystallographischen Achsen verschieden; sie
werden nach dieser Achse, der Achse des Hemimorphismus , polar.
An jedem Ende derselben herrscht noch die Symmetrie des rhombischen
Systems, aber zu jeder Fläche des einen Endes sind die parallelen
Gegenflächen am anderen Ende weggefallen, oder sie sind von jenen
physikalisch verschieden geworden. Eine der drei Symmetrieebenen,
und zwar diejenige senkrecht zur Achse des Hemimorphismus ist also
weggefallen, die beiden anderen, die durch diese Achse hindurch gehen,
existieren noch. Von den drei zweizähligen Symmetrieachsen ist nur
noch die mit der Achse des Hemimorphismus parallele vorhanden.
Ein Symmetriecentrum besteht nicht mehr.
Die Achse des Hemimorphismus wird meist als Vertikalachse c auf-
recht gestellt, so daß an den Krystallen eine Verschiedenheit zwischen
oben und unten vorhanden ist. Aus den Oktaedern werden dann
zwei nach unten resp. nach oben offene rhombische Pyramiden, deren
Spitzen auf dem oberen (-f) resp. unteren ( — ) Aste der Achse c liegen,
und die man wie diese als obere und untere mit den Zeichen o und u
unterscheiden kann. Das Oktaeder mFn {hJcl) gibt z. ß. die beiden
hemimorphen Hälften o . mPn (hkl) und u . mPn (hU).
Die Vertikalprismen behalten ihre Gestalt bei. Die Domen zer-
fallen in eine obere positive und in eine untere negative dachförmige
Hälfte (Hemidoma), die nach unten resp. nach oben geöffnet sind. Das
Makrodoma mPöö (hOl) gibt z. B. die beiden Hälften o . mPöö (hOl) und
u . mPoö(ÄOQ, das Brachydoma wPoo(OW) gibt o . mPo6 (Ofe?) und u . mPSo
(0kl). Das basische Pinakoid OP (001) zerfällt in die beiden Einzel-
flächen o.OP(OOl) und w.0P(001), während die der Achse des Hemi-
morphismus parallelen Pinakoide, das Makro- und das
Brachypinakoid unverändert bleiben.
Als Beispiel des Hemimorphismus im rhombischen System
haben wir schon oben (68) einen KrystaJl von Kieselzinkerz kennen
gelernt. Ein anderes Beispiel liefert der Struvit^ dessen Formen
JJig. ^&k, ^^y^ Yig^ 234 ohne weiteres klar sind.
Rhombisch'hemiedrische (rhombisch-bisphenoidische) Klasse.
143. Bhombisehe Hemiedrie« Diese Hemiedrie des rhombischen Systems
entspricht ganz der tetraedrischen Hemiedrie der quadratischen und der regulären
Krystalle und wird daher auch hier wohl die tetraedrische Hemiedrie genannt. Die
sämtlichen in einem Oktanten liegenden Flächen jeder einfachen Form verhalten sich
Monoklines Erystallsystem.
177
gleich md Ton denen in den umliegenden Oktanten verschieden. Daher fallen die
drei Symmetrieebenen nnd das Symmetriecentmm weg, aber die drei aufeinander
senkrechten zweizähligen Symmetrieachsen parallel den krystallographischen Achsen
a, b und c bleiben als die einzigen Symmetrieelemente erhalten. Aus jedem Oktaeder
werden zwei rhombisehe Tetraeder oder Sphenoide (Fig. 236), die von Tier nngleich-
schenkligen Dreiecken begrenzt werden. Die beiden
gegenüberliegenden Kanten schneiden sich hier nicht
mehr rechtwinklige sondern unter den schiefen Win-
keln der Oktaederkanten in den drei Hauptschnitten.
Korrelate Tetraeder können also nicht durch Drehung
zur Deckung gebracht werden, sie sind enantiomorph.
Alle anderen einfachen Formen außer den Oktaedern
ändern ihre Gestalt nicht.
Diese Hemiedrie trifft man u. a. beim Bittersalz
(Fig. 236), wo ein rhombisches Yertikalprisma (110)
mit einem Tetraeder (111) kombiniert ist, dessen Fl&chen auf die Prismenflächen
abwechselnd nach oben und nach unten gerade angesetzt sind.
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ita
Fig. 236.
Fig. 236.
Monoklines System.
(KlinorhombiBches, monosymmetrisehes, zwei- und eingliedriges System).
Im monoklinen System sind alle diejenigen Erystallklassen ver-
einigt, die sieh auf drei angleiche Achsen beziehen lassen, welche sich
in zwei rechten nnd einem schiefen Winkel schneiden. Das Achsen-
schema ist:
a:6:c; -^a/6 = J/c = 90®; ^alc = ß.
144. Achsen des monoklinen Systems. Eine der drei Achsen
steht auf den beiden anderen senkrecht. Sie wird mit b bezeichnet
und geht bei der gewöhnlichen Anfstellung quer yon rechts nach
links. Man nennt sie die Querachse^ die Orthodiagonale oder Orthoachse
oder die Symmetrieachse, Von den beiden anderen schief gegen-
einander geneigten wird die eine, beliebig welche, aufrecht gestellt;
es ist die Vertikalachse c. Die zweite, a, geht dann schief von vom
nach hinten; sie wird als Längsachse, Klinodiagonale oder Klinoachse
bezeichnet. Die Achsenebene oc, die fcLr das Achsensystem Symmetrie-
ebene ist» läuft dann gerade auf den Beschauer zu. Das Achsen-
system wird dabei in den meisten Fällen so orientiert, daß der
stumpfe Winkel ajc = ß der beiden schiefen Achsen a und c nach
vom gekehrt ist (Fig. 57). Die beiden anderen Achsenwinkel a;b = y
und c:b ==> a sind Rechte. Das Schema eines monoklinen Achsen-
systems ist also:
a:b:c; -^ a/6 = J/c = 90® ; ^ajc^ß.
Hierin sind die beiden Winkel ajb und bic als Rechte bekannt, es
bleiben also noch drei unbekannte Stücke übrig : das Achsenverhältnis,
also z. B., wenn 6 = 1 gesetzt wird, a und c, sowie der Winkel ajc = ß.
Bauer, Mineralogie. 12
178 Monoklines Ej^ystallsystem.
Diese drei Unbekannten können aus drei an dem betreffenden Krystall
gemessenen voneinander unabhängigen Winkeln berechnet werden.
Achse a kann >6 oder <ii sein.
Die drei Achsenebenen bilden acht Oktanten, die zu vier und vier
einander gleich sind: je zwei in der Achsenebene ajc aneinander-
stoßende und die beiden diametral gegenüberliegenden. Die eine
Gruppe von vier Oktanten enthält den stumpfen Winkel (+ a)lc = /?,
die andere den spitzen Nebenwinkel ( — a)/c = ß' = 180 — ß (stumpfe
und spitze Oktanten).
Monohlin-üollflächige (prismatische) Klasse,
145. Allgemeine TerhUtnisse der holoedrisehen Klasse. Es
ist außer einem Symmetriecentrum eine Symmetrieebene und eine auf
dieser senkrechte zweizählige Symmetrieachse vorhanden. Mit letzterer
muß die Orthodiagonale, mit der Symmetrieebene die Achsenebene a/c
parallel sein. Bei der gewöhnlichen Aufstellung der monoklinen
Krystalle ist es also so, daß die Symmetrieebene auf den Beschauer
zuläuft, während die Symmetrieachse quer von rechts nach links geht.
Die voUflächig-monoklinen Krystalle sind dann rechts und links gleich
ausgebildet, aber nicht mehr wie im rhombischen System auch vorn
und hinten, da eine entsprechende Symmetrieebene fehlt.
Wenn an einem monoklinen Achsensystem eine Fläche -r-y-T
= hJcl auftritt, die von allen drei Achsen endliche Werte abschneidet,
so erfordert die Symmetrie nur noch das Auftreten einer zweiten
gleichen und gleichliegenden Fläche auf der anderen Seite der
Symmetrieebene :
h — Je l
Diese beiden Flächen mit ihren parallelen Gegenflächen begrenzen
ein Prisma von rhombischem Querschnitt, das sich von einem Prisma
des rhombischen Systems in der Form durch nichts unterscheidet, das
aber schief an den Achsen liegt und dessen vier Flächen im all-
gemeinen in die vier gleichen stumpfen resp. spitzen Oktanten fallen.
Geht man von den vier oberen um + c herumliegenden Oktanten aus,
so kann man diese beiden Arten von schiefen Prismen als vordere
und hintere unterscheiden. Sie sind charakterisiert durch ihren
Schnitt auf den Achsenästen 4-a und — a, also durch die Ausdrücke:
VVl = ^f^ und -^:|:| = (ÄAO.
(yorderes schiefes Prisma) (hinteres schiefes Prisma).
Ein rhombisches Prisma ist die flächenreichste einfache Form
Monoklines Kiystallsystem.
179
des monoklinen Systems. Es kann verschiedene besondere Lagen an
den Achsen haben, wodurch seine Indices gewisse spezieUe Werte
erhalten. Dadurch, daß der vordere Prismenwinkel = 180® wird, wo-
mit je zwei Flächen in ein Niveau fallen, entstehen aus den Prismen
neue spezielle Formen, die nur von einer Fläche und ihrer parallelen
Gegenfläche begrenzt sind : Pinakoide, die der Orthodiagonale parallel
laufen. Wird die seitliche Prismenkante = 180®, so entsteht jederzeit
das Pinakoid senkrecht zur Orthodiagonale (parallel mit der Symme-
trieebene). Da die einfachen Formen des monoklinen Systems, Prismen
und Pinakoide, alle offen sind, so müssen sämtliche monoklinen Krystalle
Kombinationen darstellen.
146. Einfache Formen. 1. Prismen. Der allgemeinste FaU ist
der, den wir schon betrachtet haben (145), wo die Flächen die drei
Achsen ungleich und im Endlichen schneiden. Dies sind die schiefen
Prismen, die auch nach ihrem ausgezeichneten Vorkommen am Augit
als augitartige Paare, oder, weil sie in Kombination mit einem zweiten
Prisma eine Pyramide geben, Hemipyramiden genannt werden. Eine
spezielle Lage an dem Achsensystem erhalten die Prismen, wenn sie
entweder der Vertikalachse c oder der Klinodiagonale a parallel
gehen. Dies sind die Vertikalprismen resp. die Jlorizontalprismen,
die auch den Namen Klinodomen erhalten haben. Danach können an
einem monoklinen Achsensystem folgende Prismen auftreten:
a. Schiefe Prismen (Hemipyramiden, augitartige Paare). Bei ihnen
tritt nach der Lage an der Achse a der Unterschied zwischen vorn
und hinten ein (145). Man unterscheidet danach vordere und hintere
schiefe Prismen, von denen man, unnattirlicherweise, nach dem Vor-
gange von Naumann die ersteren, die an + « anliegen, als negative,
die letzteren an — a als positive Hemipyramiden zu bezeichnen pflegt.
Danach hat man:
vordere schief e Prism/en (vordere augitartige Paare, — Hemipyramiden):
|:-|:| = (ÄÄZ) (Fig. 237).
<fO
Fig. 238.
Fig. 239.
Fig. 240.
hmtere schiefe Prismen (hintere augitartige Paare, -j- Hemipyramiden):
_^:^:| = (MZ) (Fig. 238).
12*
180
Monoklines EjrystaUBjstem.
Liegen die Prismen den Achsen c oder a parallel, dann kann
lelbstverständlicli der Unterschied zwischen vom und hinten nicht zur
Oeltong kommen. Man hat dann:
b. VerUhalprismen, parallel der Vertikalachse c (Fig. 239). Ihr
Ausdruck ist : ^ : -r- : ooc = (ÄiO).
c. HorizofiMprismen (Klinodomen), parallel zur Klinodiagonale a
b c
(Fig. 240) mit dem Ausdruck : ooa : -r- : y = (OM).
Diese drei Arten Yon Prismen sind nicht absolut voneinander yerscMeden ;
ihr spezieller Charakter hängt von der Wahl der Achsen a und c ab und ändert nch
mit dieser. Ein Vertikalprisma wird zum Klinodoma, wenn man die bisher als
Vertikalachse betrachtete Richtung als Elinoachse, oder zu einem schiefen Prisma,
wenn man eine andere in der Symmetrieebene liegende Kante als Achse c annimmt,
was man jederzeit tan kann etc.
2. Querpinakoide. Flächenpaare parallel der Orthodiagonale b,
also senkrecht zur Symmetrieebene (Achsenebene ac). Es sind ge-
wissermaßen Prismen, deren vorderer Winkel = 180® ist und deren
Flächen längs der vorderen in der Symmetrieebene liegenden Kante
in eine zusammengefallen sind. In derselben Weise wie bei den
Prismen kann man dann auch hier drei verschiedene Lagen an den
Achsen a und c unterscheiden:
a. Schiefendflächen (Hemidomen, Orthodomen, Hemiorthodomen, da
zwei zusammen eine domatische Form parallel der Orthodiagonale
geben). Sie entsprechen den schiefen Prismen und haben den all-
gemeinen Ausdruck ' it-^'t- J® nachdem sie an den Achsen vom
oder hinten liegen, zerfallen sie in
vordere Schiefendflächen (negative Hemidomen):
jioob :j = {m) (Fig. 241) und
hintere ScMefendflächen (positive Hemidomen):
-^-^:oob:j = (hOl) (Fig. 242).
UL^m.
Fig. 242.
Fig. 243.
Fig. 244.
b. Querfläche (Orthopinakoid); den Achsen b und c parallel.
a:oob:ooc = (100) (Fig. 243). Entspricht den Vertikalprismen.
Monoklines Krystallsystem. IgX
c. Geradendfläche (Basis) ; den Achsen a und b parallel, ooaioohic
= (001) (Fig. 244). Entspricht den Klinodomen.
Anch bei diesen drei Formen h&ngt wie bei den Prismen der spezieUe Charakter
Ton der Wahl der Achsen a nnd c ab; ihr Unterschied ist wieder kein absoluter.
5. ifl^njFs/locÄß(Klinopinakoid); senkrecht zur Achse ^ «i^« ^
6, also der S. E. ac parallel, oo a : 6 : ooc = (010) (Fig. ^
245). Entspricht einem Prisma, an dem der seitliche /itf —
Winkel = 180 «ist. V ** i
Dieses Pinakoid unterscheidet sich absolut von den Qner- ^^J a^
pinakoiden, seine Stellung ist von der Wahl der Achsen a und c
ganz unabhängig, mit denen es parallel geht, diese Achsen mögen in der S. E,
gewählt sein wie sie wollen. Das Elinopinakoid bleibt bei jeder Achsenwahl ein
solches und ändert seinen Charakter niemals.
Andere einfache Formen als die genannten sind im monoklinen System un-
möglich. Weder ist eine andere Flächenlage denkbar, als in diesen Formen, noch
ein wesentlich anderer Flächenausdruck, der sich nicht auf die obigen zurückführen ließe.
Die Basis, die Längsfiäche und die Querfläche sind die Fundamentalflächen des
Achsensystems, eine Hemipyramidenfläche dient als Einheitsfläche.
147. Namnannsche Bezeidmnng und Übersicht. Die Naumann-
sehe Bezeichnung der monoklinen Formen ist ganz ähnlich der der
rhombischen , nur hat man hier stets statt der Brachy- und Makro-
diagonale, die Elino- und Orthodiagonale zu setzen. Ganz ebenso wie
im rhombischen System werden auch hier drei Reihen der Pyramiden
(hier Hemipyramiden) und der Vertikalpiismen unterschieden, die man
die Hauptreihe, die orthodiagonale und die klinodiagonale Nebenreihe
nennt. Man geht auch hier von denjenigen Formen der Hauptreihe
aus, deren Flächen von der Achse die Achseneinheiten abschneiden.
Dies sind die beiden schiefen Prismen: das negative: -f-a:6:c und
das positive: — a:ft:c, die zusammen die Grundform (Grundpyramide,
primäre Pyramide) bilden. Naumann bezeichnet nun das vordere schiefe
Prisma ( — Hemipyramide) : +a:6:c mit — P, das hintere schiefe
Prisma (-j-Hemipyramide) : — a :h:c mit +^- Alle Pyramiden mit anderen
Ableitungszahlen als 1 werden nun wieder in der Weise ausgedrückt,
daß man die Ableitungszahl m für die Vertikalachse c vor P, die Ab-
leitungszahl n 5 1 fär die Achse a oder b hinter P schreibt. Je nach-
dem sich n auf die Orthodiagonale b oder die Klinodiagonale a be-
zieht (orthodiagonale oder klinodiagonale Nebenreihe) wird P gerade
oder schief durchstrichen oder auch wohl über das n ein horizontaler
oder schiefer Strich gesetzt. Der allgemeine Naumannsche Ausdruck
einer beliebigen Hemipyramide (eines beliebigen schiefen Prismas) wäre
demnach :
Orthodiagonale Nel)enreihe: +wPyi oder wPfl = +a:«6:mc.
KÜDodiagonale Nebenreihe: +wP» oder mPn = +na:b:inc.
In der Hasptreihe ist n = l, also: +mP==+a:6:mc.
182 Monoklines Erystallsystem.
Bei den Vertikalprismen hat man dieselben drei Reihen, aber der
Unterschied der negativen oder positiven Formen fällt hier weg, da
die hinteren Flächen die parallelen Gegenflächen der vorderen, also
zu diesen selbstverständlich zugehörig sind.
Danach hat man die folgende Übersicht über die einfachen mono-
klinen holoedrischen Formen:
1. Prismen und zwar:
a. Schiefe Prismen (Hemipyramiden) :
a, Hauptreihe:
vordere schiefe Pr. ( — Hemipyr.) : — mP ^^-^a-.himc od. QM).
hintere schiefe Pr. (-f- Hemipyr.) : + mP = — a:h:mc od. (hM).
hierher die Grundform : — P='^a:b:c = (111) und -|- P = — a.b:c
= (111).
ferner z. B.: — 2P=a:6:2c = (221); + iP= — a:6:-^c = (113).
ß, Orthodiagonale Nebenreihe:
vord. schiefe Pr. ( — Hemipyr.): — »??Pn = a:n6:mc od. Qikl)h'^k.
hint. schiefe Pr. (+ Hemipyr.): -f-wPn = — a:nb:mc od. (äAZ)ä>>ä:.
z. B.: — 2P3 = a:36:2c = (623); + P2 = — a:26:c = (212).
y. KlinodiagoncHe Nebenreihe:
vord. schiefe Pr. ( — Hemipyr.) : — mlS!n = na : 6 : mc od. (hkl) h<^k
hint. schiefe Pr. (+ Hemipyr.): -^-m^n^i — naibimc od, (ää?)ä<[ä;.
b. Vertikalprismen:
a. Hauptreihe: ooP = a:6:ooc = (110).
ß, OtÜl N. E.: o6Pn = a:nb:coc oder (ä«))A>ä-.
z. B.: c»P2 = a : 2ö : ooc == (210).
y. Klinod.N.E.: o6Sn = naib:ooc oder (hkO)h<:ik
z. B.: ooP^ = ^:6:ooc = (230).
c. Klinodomen: m^oo = ooa:b:mc oder (OW).
z. B.: 2Poo = ooa : ft : 2c = (021).
Ä QuerpincJcoide : \
a. Schiefendfläehen (Hemidomen) und zwar:
vordere Schiefendfl. ( — Hemid.): — mPoo oder (AO/),
z. B. — Poo(lOl); — ^oo = (102); etc.
hintere Schiefendfl.(4- Hemid.) : +mPoo oder (äOQ,
z. B. Poo = (101) ; poo = (302) ; etc.
b. Querfläche (Orthopinakoid) : c»Poo = (100).
c. Basis (Geradendfläche): 0P=(001). 1
5. Längsflüche (Klinopinakoid) : oo5oo = (010). |
i
148. Kombinationen. Die Kombinationen dieser einfachen Formen
kann man sich leicht vorstellen. Ein vorderes und hinteres schiefes
Prisma geben ein monoklines Oktaeder (Pyramide) (Fig. 246, 247), wo
Monoklines Erystallsjstem.
183
bei den idealen Formen die Achse h zwar stets durch die zwei seit-
lichen Ecken gehen mnß, die Achsen a und c gehen aber nicht not-
Fig. 246.
Fig. 247.
Fig. 248.
r-m«c
Fig. 249.
Fig. 250.
wendig durch die anderen Ecken (Fig. 246). Eine Schiefendfläche
(ÄjO/i) ist auf die vordere, in der Syrametrieebene gelegene Kante eines
Prismas, z. B. eines Vertikalprismas (^0) gerade, aber schief zu den
Prismenkanten- und -flächen aufgesetzt (Fig. 248). Das Klinopinakoid
(010) und zwei Querpinakoide z. B. (hOl) und (100) geben ein oblonges
Prisma mit schiefer Endfläche (Fig. 249). In dem monoklinen Feldspat-
IrystaU (Fig. 250) geht die Symmetrie-
ebene durch die Kanten T/T senk-
recht über die Flächen P, k, x, y hin-
weg, und verläuft parallel mit der
Fläche M\ notwendig müssen P, t, x, y
auf M senkrecht sein, sonst wäre ja
keine Symmetrie rechts und links von
der mit -M" parallelen Symmetrieebene ; der Krystall wäre nicht monoklin.
Die Symmetrieachse h steht senkrecht auf üf, M ist stets das Klinopina-
koid (Längsfläche) ooPoo (010). Achse h ist mit den Flächen P, x, y, Je,
also mit Kanten Pjx etc. parallel, die Flächen P, x, y. Je sind somit
Querpinakoide. Die Flächen T, ebenso n und o bilden Prismen.
Wählt man nun T als Vertikalprisma ooP (110), dann wird die
Kante T/T (|| TjM) Vertikalachse c und Je wird Querfläche (Orthopinakoid)
ooPoo(lOO). Wählt man ferner die Kantenrichtung P/n ( 1 1 Jtf/n) • als
Achse a, dann ist P als Basis = OP (001) und n wird ein Klinodoma
mSoo oder (fiJcl) und o ein hinteres schiefes Prisma oder eine -f-Hemi-
pyramide. x und y sind hintere Schiefendflächen oder +Hemidomen:
+ mPoo oder (ÄOf). Nimmt man nun an, daß z. B. die Hemipyramide o
einen bestimmten Ausdruck, etwa (111) habe und zieht z. B. die drei
unabhängigen gemessenen Flächenwinkel ojo, njn und P/Ä in Betracht,
so ergibt sich das Achsenverhältnis a:h:c durch Rechnung. ^ ß kann
dann als ^PfJc direkt gemessen werden. Die Indices der anderen
Flächen folgen ebenfalls aus deren Neigungswinkeln oder aus den
Zonenverhältnissen. Würde man für o oder T andere Ausdrücke zu
Grunde legen, so würde man andere Werte für das Achsensystem
und auch fär die Indices der übrigen Flächen finden. Statt T kann
Xg4 Monoklines Krystallsystem.
tnan aber auch n oder o etc. als Vertikalprisma auffassen; man
könnte eine oder die andere || h verlaufende Fläche als Basis etc.
wählen und würde dadurch wieder andere Achsensysteme erhalten,
welche alle dem Krystall im allgemeinen gleich gut zu Grunde gelegt
werden können.
Hemiedrische Klassen,
Es Bind zwei hemiedrische Klassen möglich, indem das eine Mal die Symmetrie-
achse, das andere Mal die Symmetrieebene nnd beide Male gleichzeitig das Symmetrie-
centnun verschwindet
Monoklin-hemiedrisohe (domatische) Klasse.
149« Monokline Heniedrie« An jedem Prisma (schiefen Prisma, Vertikalprisma,
Elinodoma) bleiben nnr die beiden in der Symmetrieebene zusammenstoßenden Flächen
einander gleich, die beiden parallelen Gegenflächen werden Ton diesen verschieden
nnd entsprechend bei den anderen einfachen monoklinen Formen, die man dabei als
spezielle Fälle der Prismen betrachtet. Die Symmetrieebene bleibt dann bestehen,
aber die Symmetrieachse nnd das Symmetriecentmm fallen weg. Die sämtlichen
Prismen geben dann je zwei korrekte Hemiprismen, die sich durch eine Drehnng
um 180^ nm die Orthoachse znr Deckung bringen lassen nnd die als vordere nnd
hintere (resp. obere nnd untere) unterschieden werden können. Die Pinakoide parallel
der Orthodiagonale zeriallen je in eine vordere und eine hintere (obere und untere)
Einzelfläche. Das Elinopinakoid tritt stets mit seinen beiden Flächen auf. Der
Skokzit ist ein Beispiel dieser Hemiedrie.
Mono/ilin-hemimorphe (monoklin-sphenoidfsche) Klasse.
ISO, MoBokllne Hemimorphie. Die Erystalle sind in der Bichtung der Ortho«
diagonale hemimorph geworden; diese ist Achse der Hemimorphie, an ihren beiden
Enden ist die Ausbildung verschieden. Von jedem Prisma sind die beiden am Ende der
Symmetrieachse zusammenstoßenden Flächen einander gleich und von den parallelen
Gegenflächen am anderen Ende verschieden und entsprechend bei den anderen ein-
fachen monoklinen Formen. Die Symmetrieebene ist weggefaUen und damit gleich-
zeitig das Symmetriecentrum ; die Symmetrieachse ist als einziges Symmetrieelement
erhalten geblieben. Die Prismen zerfallen in je zwei rechts und links liegende
enantiomorphe Hemiprismen (Sphenoide) und das Elinopinakoid in die beiden
Einzelflächen, während die Pinakoide parallel der Orthodiagonale alle mit ihren
beiden Flächen auftreten. Beispiele: Milchzucker, Rohrzucker, Weinsäure. Ein
hierher gehöriges Mineral ist noch nicht bekannt geworden.
6. TriUines System.
(Klinorhomboidisches, asymmetrisches, eingliedriges System).
Es umfaßt alle diejenigen Erystalle, die auf drei ungleiche sich
anter drei verschiedenen schiefen Winkeln schneidende Achsen a, b, c
bez(^en werden können. Das Achsenschema ist also:
a:b:c; ^ blc = a^ c^a = /?, ajb = y.
Trikliues Erystallsystem. 185
Wir haben hier den allgemeinsten Fall, daß fünf unbekannte
Größen in dem Achsensystem vorhanden sind; die drei Achsenwinkel
und zwei Achsen (die dritte z. B. ft = 1 gesetzt). Es sind also zur
Bestimmung des Achsensystems fünf voneinander unabhängige Winkel
zu messen (38).
151. Achsen des triklinen Systems. Die drei ungleichen Achsen
a, &, c schneiden sich unter den ungleichen und schiefen Winkeln
a!b = y, bjc = a, c/a = ß. Sie bestimmen acht Oktanten, von welchen
jeder nur dem diametral gegenüberliegenden gleich ist. Eine der
Achsen denkt man sich aufrecht und nennt sie die Vertikalachse c^
die beiden anderen a (Brachydiagonale, Brachyachse oder Längsachse,
von vom nach hinten) und b (Makrodiagonale, Makroachse oder Quer-
achse, von rechts nach links) verhalten sich wie im rhombischen
System. Man stellt die Krystalle gerne so auf, daß die Winkel a, ß, y
im vorderen, oberen, rechten Oktanten stumpf sind.
Trihlin-uollflächige (pinakoidale) Klasse.
152. Triklin - vollflächige (pinakoidale) Klasse. Keine Sym-
metrieebene und keine Symmetrieachse, sondern nur noch ein Sym-
metriecentrum. Da die Flächen nicht mehr zu gewissen Ebenen
symmetrisch angeordnet sind, so ist zu jeder nur ihre parallele und
gleiche Gegenfläche mit Notwendigkeit vorhanden und bildet mit dieser
zusammen eine einfache Krystallform, die einzige, die es gibt, ein
Flächenpaar. Der ganze Kry stall wird umgrenzt von solchen
Flächenpaaren, welche nur dem Gesetz der rationalen Achsenschnitte
unterworfen sind, er ist also stets eine Kombination. Je drei beliebige
Kantenrichtungen können, wenn sie nicht in einer Ebene liegen, als
Achsen angenommen werden. An solchen haben dann die Krystallflächen
(Flächenpaare) eine bestimmte Lage, und danach werden sie mit ver-
schiedenen Namen belegt Viertelpyramiden (Tetartopy ramiden) schneiden
alle drei Achsen. Ihrer vier, die in einer Ecke zusammenstoßen,
geben eine vollständige Pyramide. Hemiprismen schneiden a und &
und gehen c parallel ; Hemidamen schneiden a und c, resp. b und c und
gehen mit 6, resp. mit a parallel. Sie sind als Makro- und Brachy-
domen (Quer- und Längsprismen) zu unterscheiden. Je zwei solche
derselben Achse parallele Flächenpaare geben ein Prisma resp. ein
Doma. Pinakaide gehen den Achsenebenen parallel und bilden die
Fundamentalflächen des Achsensystems. Dies alles gilt aber immer
nur für ein ganz bestimmtes Achsensystem. Nimmt man andere Kanten
zu Achsen, so können die Flächen an dem neuen Achsensystem eine
ganz andere Lage und damit andere Namen haben; die Hemiprismen
können Pinakoide, die Viertelpyramiden Hemidomen etc. werden, so
186 Triklines Eürystallsystem.
daß also keinerlei absoluter Unterschied zwischen diesen Flächen-
paaren vorhanden ist.
152 a. Nanmannsclie Bezeichnung und Übersicht. Nach der
Nanmannschen Methode wird eine Fläche, welche von den Achsen die
Einheiten abschneidet (die Einheitsfläche) mit P bezeichnet. Dieses
P kann nun in irgend einem der vier vorderen Oktanten liegen, also
oben rechts oder links, oder unten rechts oder links; die parallelen
Gegenflächen liegen dann in den vier hinteren Oktanten. Um die
Lage in einem der vorderen Oktanten anzudeuten, wird an dem P oben
oder unten, rechts oder links ein Akzent ' angebracht, so daß P' eine
Fläche a:h:c ist, welche in dem vorderen Oktanten oben rechts liegt ;
also wenn der hintere Zweig von a, der linke von h und d^r untere von c
negativ sind :P=a:6:c = (111) ;,P=a:— 6: — c = (111) etc. Andere
Achsenschnitte als in der Einheit werden durch Ableitungszahlen m
vor P und n hinter P angegeben, genau wie im rhombischen System.
Erstere, ml^lj, beziehen sich immer auf die Achse c, letztere, « (^ 1),
auf 6 oder a, je nachdem sie mit der speziellen Bezeichnung — oder
^-^ versehen sind (140). Dies entspricht ganz einer makrodiagonalen
(n) und einer brachydiagonalen {fi) Nebenreihe, die neben der Haupt-
reihe (n = 1) hier ganz in derselben Weise bei den Pyramiden und Ver-
tikalprismen unterschieden werden können, wie im rhombischen System.
Die Flächen von Hemiprismen und Hemidomen liegen gleichzeitig in
zwei vorderen Oktanten, die ebenfalls durch Akzente an P in ent-
sprechender Weise bezeichnet werden. Bei den drei Pinakoiden, die
gleichzeitig in vier Oktanten liegen, ist eine solche Unterscheidung
durch Akzente überflüssig ; hier ist das Naumannsche Symbol für sich
schon unzweideutig.
Demnach hat man über die an triklinen Krystallen vorkommen-
den einfachen Formen die folgende Übersicht, wo a, b, c die Haupt-
reihe resp. die makro- und die brachydiagonale Nebenreihe bezeichnen :
1. Viertelpyramiden (Tetartopyramiden) :
oben rechts : a) mP* ^^a.bimc oder (hM) Ih = A
b) wP'n = a:nh:mc oder (hU) {h > k).
c) mP*n =na:b:mc oder (hkl) {h < Ä).
oben links : a) niT =a: — b:mc oder (hhl).
b) mTn = a: — nbimc oder (hM) (h > Je),
c) ni'Pfi = na: — bimc oder {hM) (ä <[ Je).
unten rechts : a) mP, =a:b: — mc oder QiJiT),
b) mlfn = a:nb: — mc oder (ä/J) (ä >> Je).
c) mP,fi = na:b: — mc oder (Äi/) (A < Je).
Triklines Krystallsystem. 187
unten links : a) m,P =a: — h: — mc oder (IM).
b) fn,Pn = a: — nb: — mc oder (hkl) (h > Je).
c) m^fi = i\a: — 6 : — mc oder QM) (h <[ k).
z. B. 3P' = (331); 'P=(lll); 2P,2(211); i,P3 = (136).
Die vier Flächen P\ P, i?, ,P begrenzen miteinander die Grund-
form, der man das Zeichen /P/ geben könnte.
2. Hemiprismen und Hemidomen:
rechte Hemiprismen:
a) ooi?' = (110); b) ool^n oder (ä*0) (Ä>i;); c) ooP/n oder (ääO) (A<ä)
linke Hemiprismen:
a) oo,P = (110) ; b) oo/P/i_oder (hlO) (h > ä) ; c) oo/Ptt oder (AÄO) (A < Je)
z. B. ooij'2 = (210); oo/P3 = (130) etc.
obere Makrodoraen: mP^ oder (äOO z. B.: 2P'to = (201).
untere Makrodomen : m,P^ oder (fiOT) z. B. : i,i?öö = (103).
rechte Brachydomen : m,P*oo oder (OiZ) z. B. : 2,P'oo = (021).
linke Brachydomen : m'^^ oder (OJcl) z. B. : ^'iJoS == (013).
3, PinaJcoide:
Makropinakoid (Querfläche): ooPöo = (100).
Brachypinakoid (Längsfläche) : ooPäo = (010).
basisches Pinakoid (Basis) : OP = (001).
Beispiel« Wählt man in dem Fig. 251 als Beispiel einer triklinen Kombina-
tion dargesteUten ErystaU von Kupfervitriol die Kanten T/n, TjP nnd MjF als
Achsen c, &, a, dann ist T, Mj F der Reihe nach Quer- und ^^r->,»^
Längsfläche und Basis (Fundamentalflächen). n ist ein linkes, /x V^^^X
r ein rechtes Hemiprisma; v ein rechtes Brachydoma; 8 ist eine
rechte obere Hemipyramide ; tr, g, o sind rechte untere, und p
ist eine linke untere Hemipyramide. Irgend eine der Viertel-
Pyramiden wäre dabei die Einheitsfläche. Wäre dagegen wieder
Tjn Vertikalachse, aber njF als Makro- und vjr als Brachy-
diagonale genommen, so wäre n die Quer- und r die Längs-
fläche; F wäre ein vorderes oberes Makrodoma, p die Basis, M pig. 251.
und T zwei Hemiprismen etc., und so wäre für jede andere
Achsenwahl die Bezeichnung der Flächen eine andere. Die Neigungswinkel der
Flächen geben jedesmal die Achsenlängen und -Winkel. Die Symbole der einzelnen
Flächen, welche an jedem speziellen Achsensystem andere werden, folgen aus den
Zonen, oder ebenfalls aus gemessenen Winkeln.
Trihlin-hemiedmohe (asymmetrische, hemipinalioidale, pediale) Klasse.
153» Trikline Hemiedirie« Hemiedrie kommt im triklinen System an Mine-
ralien nach unseren bisherigen Erfahrungen nicht vor, wohl aber an künstlichen
Krystallen. Jedes Flächenpaar zerfällt in zwei Einzelflächen. Jede Fläche ist von
allen anderen, auch von den etwa noch vorhandenen parallelen Gegenflächen, ver-
schieden und bildet für sich allein eine einfache Krystallform. Da zu den einzelnen
Flächen die parallelen Gegenflächen entweder fehlen oder verschieden geworden sind,
Igg PirallelverwachiDng.
so ist hier anch das letzte Sjmiinetnedement, diu Sjminetriecentmin yerscbwimden;
die Erystftlle sind vollkommen asjmmetrüch.
E. aesetsmäTsige Verwachsung der Erystalle.
Parallel Terwachsnng.
154. FarallelTerwachsnng. Ki-ystalle derselben Snbstanz findet
man znveilen vollkommen parallel miteinander verwacbsen, d. h. so,
daß die physikalisch gleichen Eichtungen in beiden Individuen
parallel sind (5). Dann sind die Achsen des einen Individuums
parallel den entsprechenden Achsen des anderen und damit auch die
Begrenzangselemente des einen parallel den entjiprechenden Begren-
zungselementen des anderen Individuums. So findet man z. B. häufig
# reguläre Oktaeder von Alaun in der Fig. 252 dar-
gestellten Weise verwachsen. Es entstehen dabei
einspringende Winkel, die so beschaffen sind, daS
je eine Fläche derselben an einem Individuum
parallel einer Fläche am anderen Individuum ist,
also hier z. B. an dem einspringenden Winkel aJcC^
die Flächen a, || a\, a', || o, etc. Diese Art der
Parallelverwachsnng ist sehr häufig und es sind
Fig. 252. hierauf sehr viele einspringende Winkel an Krystall-
individuen zurückzuführen ; letztere haben ja sonst lauter ausspringende
Winkel (12). Durch solche Parallelverwachsung entstehen zuweilen
eigentttmliche Gebilde, wie z. B. die sog. Scepterquarze»
bei welchen auf einem langen dfinnen Quarzsäulchen ein
kurzer dicker Qaarzkrystall aufgesetzt ist (Fig. 253) etc.
(vei^l. auch 172).
Nicht selten ist eine grofie Anzahl einzelner kleinerer
Individuen parallel verwachsen und diese bilden dann
einen größeren Krystall, der zuweilen eine ganz ander©
Form zeigt, als die kleinen Einzelkrjställchen , aus
^' welchen er aufgebaut ist, und welche auch wohl als
Subindtviäuen bezeichnet werden. So findet man zuweilen Oktaeder
von Flußspat, welche von lauter untereinander parallelen Würfelchen
gebildet sind, deren Ecken alle im Niveau der Flächen des Oktaedere
liegen, so daß dadurch die Gestalt des letzteren, aber von lauter
Schemflächen begrenzt, hervorgebracht wird (Fig. 254). Ebenso findet
man vielfach rhomboedrisch oder skalenoedrisch begrenzte Ealkspat-
krystalle, welche aus kleinen Ehomboederchen, zuweHen von derselben
Zwil]ing:irerwacb8iuig. 189
Form wie die von ihnen gebildeten groSen Rbomboeder, oder ans
andere gestalteteo SabindiTiduen zusammengesetzt erscheinen. Man
bringt diese Erscheinungen in Znsammenhang mit dem allmählichen
Wachstam der Eiystalle, das dnrch Auflagerung neuer Substanz auf
der Oberfläche der alten vor sich geht, und nennt sie Wackslums-
ersi^nungm. Auch bezeichnet man wohl das ganze Gebiet der hier-
her gehörigen Erscheinungen mit dem Namen Kry^aUcteJctontk, um den
Aufbau der Krystalle aas den Snbindividaen anzudeuten. Die Sub-
individnen sind übrigens nicht immer groß nnd einzeln deutlich er-
kennbar und von den anderen deutlich nnterscheidbar. Die durch ihre
Verwachsung gebildeten größeren Krystalle zeigen häufig eigentüm-
liche Oberflächenerscheinimgen (drusig, fazettiert, parkettiert etc.) (17ö).
Fig. 254. Fig. 266. (Nach Q. Tsctiennak.) Fig. 256.
Häufig kommt es vor, daß kleine Eryställcheo, welche einen
.größeren Erystall zusammensetzen, nicht vollkommen, sondern nur
annähernd parallel (hypoparallel) miteinander verwachsen. Dann sind
die Flächen der so gebildeten größeren Krystalle nicht eben, sondern
-mehr oder weniger stark gekrümmt. Auf diese Weise entstehen x. B.
die sattelförmig gekrümmten Flächen der Ehomboeder des Braunspats
und anderer Mineralien (Fig. 255), femer Gruppen, wie z. B. die sog.
garbenftrmigen Krystalle des Desmin (Fig. 256), wo von der Mitte
eine Anzahl prismenförmiger Krystalle in nahezu paralleler Richtung,
aber doch etwas divergierend, nach oben und unten ausstrahlen, so
daß in der Mitte eine Einschnürung entsteht, und anderes ähnliches
mehr. Doch dürfen nicht ohne weiteres alle krummen Flächen auf
diese Weise erklärt werden ((116), (134)).
Sadebeck, Angewandte Erystallographie. Berlin 1876 pag. Iö6ff.
ZwilllngsverwaehBnng.
(Yergl. Sadebeck, Angewandte KrystaUottraplüe. 1876. Tscbennak, Min. nnd
petr. Hitteilnngen II, 499. 1879. BrSgger, Zeitschr, £. Kiyst. 16. 1890. 24. Klein,
Über Zwillingsverbiudnngen nnd Verzemuigen, 1868. Liebiscb, Zeitschr, 1. Kryrt.
2. 1677 pag. 74; Bd.' 4. 1879 pag. 201).
190 Zwülingsfläcbe.
155. Zwillinge. Erystallindiyidaen derselben Sabstanz kommen
nicht nur in paralleler, sondern auch in nichtparalleler Stellung, aber
in ganz bestimmter, krystallographisch gesetzmäßiger Weise mitein-
ander verwachsen vor. Letztere Verwachsungen nennt man ZtmUmge.
Wenige Fälle ausgenommen, besteht die Gesetzmäßigkeit darin, daß
die zwei Individuen, welche den Zwilling bilden, zu einer an beiden
in gleicher Weise krystallonomisch deflnierbaren Ebene symmetrisch
(umgekehrt) liegen. Diese Ebene heißt die Zwillingsfläche (Zw. FL),
die Normale derselben die ZmUingsachse (Zw. A.). Die Begrenzungs-
elemente des ersten Individuums auf der einen Seite der Zwillings-
fläche entsprechen gleichen Begrenzungselementen des zweiten auf der
anderen Seite. Die Zwillingsfläche halbiert die Winkel der sich
symmetrisch gegenüberliegenden Flächen und Kanten und liegt in
Zonen, die ununterbrochen über den ganzen Zwilling hinweg gehen,
so daß dadurch ihr Ausdruck sich nicht selten ohne weiteres ergibt.
Die symmetrische Lage beider Individuen tritt oft auf den ersten
Blick hervor, ist aber auch häufig durch Verzerrung, durch die Art
ihrer Ausbildung und Verwachsung etc. versteckt und dann schwierig
und nicht ohne sorgfaltiges Studium zu konstatieren. Dreht man das
eine Individuum eines solchen Zwillings um die Zwillingsachse um
180^ herum, so wird es dem anderen Individuum parallel, und um-
gekehrt: Sind beide Individuen parallel und dreht man das eine um
180** um die Zwillingsachse, so kommt es in die Zwillingsstellung
gegen das andere. In den verschwindend wenigen Fällen, in denen
die beiden Individuen eines Zwillings nicht gegen eine Ebene sym-
metrisch liegen (166), wo also keine Zwillingsfläche existiert, ist
wenigstens eine Linie vorhanden, welche die angegebene Eigenschaft
der Zwillingsachse hat, und welche man daher auch hier als Zwillings-
achse bezeichnet.
Die Zwillingsfläche ist in den meisten Fällen eine wirklich vor-
handene oder eine mögliche Krystallfläche beider Individuen und zwar
ist es stets in beiden Individuen eine Fläche derselben einfachen Form,
sie ist in beiden gleichnamig, z. B. bei regulären Krystallen vielfach
eine Oktaederfläche, bei Aragonitkrystallen eine Fläche des Vertikal-
prismas ooP (110) etc. Ist die Zwillingsfläche als Krystallfläche aus-
gebildet, dann ist sie in beiden Individuen parallel und daran als
Zwillingsfläche meist ohne weiteres leicht erkennbar. Ist sie nicht
als Krystallfläche vorhanden, so ist häufig eine eingehende Unter-
suchung am Goniometer nötig. Als Zwillingsfläche kann im all^'
gemeinen jede Fläche eines Krystalls auftreten, doch kann niemals die
Zwillingsfläche einer Symmetrieebene desselben parallel sein. Denn,
wenn zwei Individuen symmetrisch zu einer in beiden gleichartigen
Symmetrieebene verwachsen sind, sind sie stets parallel und nicht in
Zwillingsgesetz. IQX
Zwillingsstellung gegeneinander. Wenn das eine Individuum aus der
Parallelstellung heraus um eine Achse senkiaBcht zu einer Symmetrie-
ebene um 180*^ gedreht wird, so ist es immer wieder dem anderen
Individuum parallel Für den Fall, daß die Zwillingsfläche parallel
mit einer Krystallfläche ist, ist die Zwillingsachse meist entweder einer
wirklich vorhandenen oder einer möglichen Krystallkante parallel und
zwar wieder derselben Kante in beiden Individuen. Die Richtung der
Zw. A. entspricht aber auch zuweilen keiner möglichen Kantenrichtung
in den Einzelkrystallen. Selten, besonders bei den Zwillingen trikliner
Krystalle vorkommend, sind die Fälle, in denen die Zwillingsfläche
keiner möglichen Fläche der Individuen parallel ist In diesem Falle
ist dann entweder die Zwülingsachse wie vorhin einer in beiden Indi-
viduen gleichartigen Kante parallel; oder auch sie ist einer Kante
nicht parallel, läßt sich aber kiystallonomisch so definieren, daß sie
in einer beiden Individuen gemeinsamen Fläche auf einer ebenfalls
beiden gemeinsamen Kante derselben Fläche senkrecht steht.
Durch die Angabe der Zwillingsfläche oder -achse ist der
Zwilling unzweideutig bestimmt. Man nennt diese Angabe das
Ztvüüngsgesetjs.
Häufig sind die beiden Zwillingsindividuen nach der Zwillings-
fläche miteinander verwachsen, in vielen Fällen geschieht dies auch
nach einer anderen Fläche. Von der Zwillingsfläche ist also die
Verumhsungsfläche zu unterscheiden. Sie ist nicht selten an ein-
springenden Winkeln zu erkennen. Wenn die Verwachsungsfläche
der Zwillingsfläche parallel ist, ist das Zwillingsgesetz meist leicht
zu erkennen, indem rechts und links von ihr gleiche Begrenzungs-
elemente beider Individuen sich unmittelbar gegenüberliegen. Wenn
beide Flächen nicht miteinander übereinstimmen, können verschiedene
Verhältnisse eintreten. Die Verwachsungsfläche ist dann oft auf der
Zwillingsfläche senkrecht; man muß sich dann hüten, sie für die letztere
zu nehmen. In sehr vielen Fällen ist sie aber auch anders gerichtet.
Sie ist dann entweder noch mehr oder weniger eben, oder kann
auch einen ganz unebenen Verlauf nehmen; sie kann sehr stark ge-
krümmt sein und sogar aus mehreren getrennten Teilen bestehen.
Bei solch komplizierter Verwachsung ist das Zwillingsgesetz meist
nicht mehr ohne weiteres erkennbar und es bedaif dann gleichfalls
einer eingehenden gonlometrischen Untersuchung, um zu flnden, zu
welcher Fläche oder zu welcher Achse die beiden Individuen sym-
metrisch liegen, d. h. welches die Zwillingsfläche oder die Zwillings-
achse isty mit anderen Worten das ZwiUingsgesetz zu bestimmen.
Die in den folgenden Paragraphen angeführten Beispiele werden
das Qesagte und noch weitere Verhältnisse der Zwillingskrystalle er-
läutern.
192
Zwillinge.
Beispiele. 156. Ein einfaches Beispiel einer Zwillingsbildnng
bietet der in Fig. 257 nnd 258 dargestellte Augührystall^ bei dem der
Augenschein lehrt, daß er ans zwei monoklinen Individuen von der
Form der Fig. 259 zusammengesetzt ist, an welchen T ein vertikales
Prisma, M die Längsfläche, K die Querfläche und o ein schiefes Prisma
(augitartiges Paar) darstellen. Die Grenze beider Individuen wird
deutlich markiert durch die einspringenden Kanten der Flächen o
und Q. Die nähere Untersuchung lehrt, daß die Flächen K {K und Z) in
beiden Individuen parallel sind und daß KooK in einer Zone liegen,
da die Kanten Klo und Kjo den einspringenden Kanten ojo parallel
laufen. Somit ist die beiden Individuen gemeinsame Fläche, die Zwillings-
fläche, zu der sie beide symmetrisch liegen, in diesem Fall parallel
mit der Querfläche K. Rechts und links von dieser in Fig. 257 auf
M gestrichelt dargestellten Fläche ist alles, Flächen, Kanten und
Ecken, in beiden Individuen gleich. Das Zwillingsgesetz würde also
hier lauten: „Zwillingsfläche ist die Querfläche Jl^, oder man sagt
auch: „Beide Individuen haben die Querfläche K gemein und liegen
Fig. 258.
Fig. 269.
Fig. 260.
umgekehrt (d. h. zu Z^ symmetrisch)". Die Zwillingsfläche ist hier
auch zugleich die Verwachsungsfläche.
Man kann nun auch mit Hilfe der auf der Zwillingsfläche senk-
rechten Zwillingsachse zu einer klaren Vorstellung über die gegen-
seitige Lage der Individuen im Zwilling gelangen und das Zwillings-
gesetz auch mit Hilfe dieser Achse angeben. Denkt man sich nämlich
beide Individuen dieses Zwillings erst in vollkommen paralleler Stellung
nebeneinander liegend, so daß sie sich in der Fläche iT, welche
Zwillingsfläche sein soll, berühren (Fig. 260), so kann man sich offen-
bar den Zwilling dadurch entstanden denken, daß man das eine Indi-
viduum (mit den unterstrichenen Flächenbuchstaben) um eine Achse
senkrecht zu f um 180^ herumdreht. Berührten sich vor der Drehung
beide Individuen nach der Fläche K^ so ist dies auch nachher noch
der Fall ; und wie vorher, so werden sich hier auch nachher die Um-
risse von K in beiden Individuen vollkommen decken. Statt der nach
oben links liegenden stumpfen Ecke wird aber durch die Drehung die
scharfe von unten nach oben gebracht werden etc., und es entsteht
die in Fig. 258 dargestellte Verwachsung. Diese unterscheidet sich
offenbar in keinem wesentlichen Punkt von dem in Fig. 257 dar-
Zwillinge. 193
gestellten Zwilling. Die einzige Abweichung ist nur die, daß im
einen Fall (Fig. 258) die beiden Individuen ganz vollständig vorhanden
sind, während im anderen Fall (Fig. 257) nur Stücke derselben den
Zwilling bilden. Es ist aber eine sehr häufig vorkommende Erschei-
nung, daß an einem Zwilling die beiden Individuen in der Richtung
der ZwilliDgsachse stark verkürzt erscheinen, so daß man besser die
in der Natur tatsächlich beobachtete Form des Zwillings erhält, wenn
man ein Individuum durch eine Schnittfläche parallel mit der Zwillings-
fläche (senkrecht zur Zwillingsachse) halbiert und die eine Hälfte, die
nun wie die andere für sich ein Individuum darstellt, gegen die andere
um 180® verdreht. Mit Hilfe der Zwillingsachse wird das Zwillings-
gesetz so ausgesprochen: „Zwillingsachse senkrecht zu K^^ wobei die
Drehung um 180® selbstverständlich ist, oder : „beide Individuen haben
K gemein und sind in K (um eine Achse senkrecht zu K) um 180®
verdreht". Wegen dieser Drehung um einen halben Kreisumfang
heißen solche Zwillinge auch wohl Hemitropieen.
Selbstverständlich ist die Idee der Drehung des einen Individuums nur eine
geometrische Abstraktion, um sich die gegenseitige Lage der beiden Individuen im
Zwilling klar zu machen. An eine Entstehung der Zwillinge in der Natur auf diese
Weise wird wohl niemand denken.
Im vorliegenden Beispiel war die Zwillingsfläche eine tatsächlich
vorhandene ErystaUfläche, dagegen ist die Zwillingsachse, also die
Normale zur Querfläche, wie die spezielle Betrachtung der mono-
klinen Erystalle zeigt, keiner krystaUographisch möglichen Kante der
Individuen parallel.
157. Betrachten wir jetzt den in Fig. 261 dargestellten Krystall,
der z. B. bei dem regulären Sodalüh vorkommt, so flnden wir, daß
derselbe von sechs in einer Zone liegenden Trapezen
mit abwechselnd langen und kurzen Parallelkanten
und aus je drei beiderseits auf die kurzen Trapez-
kanten aufgesetzten Bhomben begrenzt ist, welch
letztere sich aber nicht parallel gegenüberliegen,
wie das die Trapeze tun. Sowohl die trapez- als die
rhombenformigen Flächen schneiden sich unter 120^
Hier sieht man nun keine einspringenden Winkel, ^^' ^^^•
aber ebenso wie diese vorher, deutet hier der Mangel an gegenseitiger
Parallelität bei den Bhombenflächen auf Zwillingsbildung hin. Man
sieht in der Tat leicht, daß sich dieser Krystall nach einer strich-
punktiert angegebenen, auf den Parallelkanten der Trapeze senk-
rechten Ebene in zwei symmetrische Hälften teilen läßt, deren jede in
iI^*en wesentlichen Beziehungen, in den Winkeln etc. einem halben
Granatoeder entspricht. Jene Ebene ist also hier Zwillingsfläche. Weil
sie auf den sechs parallelen Kanten der beiden granatoedrischen Einzel-
Baner, Mineralogie. ^^
1Ö4 ZwiUiBge.
iadividueu senkrecht steht, muß sie offenbar, parallel mit sich selbst
verschoben, die rechts und links liegenden dreikantigen Ecken gerade
abstumpfen, wie die punktierten Dreiecke andeuten; sie ist also in
beiden Granatoedern eine Oktaederfläche. Die Zwillingsachse ist hiei-
parallel mit den sechs parallelen Kanten der Trapeze, d. h. parallel
mit den Granatoederkanten. Dreht man die eine Hälfte des Krystalls
um 180^ um eine solche Achse, so erhält man ein vollständig regel-
rechtes Granatoeder. Aus einem solchen kann man sich umgekehrt
den Zwilling entstanden denken, wenn man das Granatoeder senk-
recht zu sechs parallelen Kanten halbiert und die beiden Hälften
gegeneinander um 180® in der Halbierungsebene (d. h. um eine jener
sechs Kanten als Achse) verdreht. Hier ist die Zwülingsfläche zwar
auch eine Krystallfläche, aber nur eine mögliche, nicht eine wirklich
vorhandene Ebenso ist aber auch gleichzeitig die Zwillingsachse
eine Kante und zwar eine tatsächlich existierende, in beiden Individuen
gleichnamige, eine Grauatoederkante. Auch diese Granatoederzwillinge
sind häufig stark v^kürzt, nicht selten so stark, daß von den sechs
Fläche senkrecht zu der Zwillingsfläche nichts oder fast nichts mehr
übrig ist und der Zwilling aus einer, über einer gemeinsamen, gleichseitig
dreieckigen Basis errichtetenDoppelpyramide besteht (z..B. beimDiamant).
158. Ein Beispiel eines Zwillings, bei dem zwax die Zwillingsachse,
aber nicht die Zwillingsfläche krystallonomisch möglich ist, liefert der
trikline Feldspat (Albit oder Anorthit) (Fig. 262). Zwei Krystalle»
gebildet von den vertikalen Prismenflächen T und ?, der Basis P und
der Längsfläche M und zuweilen auch der hier nur gestrichelt an-
gedeuteten Qu€a:*fläche K, sind mit d^ Basis P so verwachsen,, daii T
Fig. 268. Fig. 268.
und l einspringende Winkel machen und da£ die Kanten PjK und
PjK beid^ Individuen parallel sind. Die Kanten PIM und PfM fallen
daj^: nicht aiifeinander, sondern schneiden sich rechts und links unter
sehr spiten, Winkeln ; M und M machen sehr stumpfe einerseits aus-,
anA^rseitQ. einsprinkgende Winkel. Daß P hier nicht Symmetrieebene^
ist^ si^ht. man^ so&rt, die Anordnung beider Individuen symmetrisch
ZU: einßF Bben^ tritt dagegen hervor, wenn man: das obere Individuum
pai^lel mit. sich so neben das untere, verschiebt, daß^ in der neuen
Lage die Fl$cheo P und P zusammenfallen und . die Kanten JE/P und
KfP paralW sißd (Fig. 26S^.
Zwillinge.
195
Man kann dann eine mit KjP und KjP parallele Linie bbb^b^ un-
unterbrochen über P und P hinziehen, und die Anordnung der stumpfen
und spitzen Winkel der Flächen an beiden Individuen in Verbindung
mit der Flächenverteilung selbst zeigt, daß in dieser Lage beide
Individuen symmetrisch sind zu einer Ebene, die senkrecht zu bb^
(Kante PIK) den schmalen keilförmigen Raum zwischen ihnen halbiert,
welcher der Kreuzung der Kanten PjM und PIM bei der ursprfing'-
lichen, in Fig. 262 dargestellten Lage entspricht. Diese Halbierungs-
ebene ist also hier Zwillingsfläche. Sie ist keine krystallonomisch
mögliche Fläche, dagegen ist die Zwillingsachse 66*, wie erwähnt, der
Kante PjK in beiden Individuen parallel, also eine mögliche (oder
faktisch vorhandene) Kante derselben. Dreht man das eine Indi-
viduum um die Zwillingsachse 66* um 180® herum, so wird es dem
anderen vollkommen parallel. Hier hat man auch zugleich ein Bei-
spiel daffir, daß die beiden Individuen nicht mit der Zwillingsfläche,
sondern mit einer auf dieser senkrechten Fläche miteinander ver-
wachsen sind.
Zwillinge, bei denen sowoU Zwillingsebene, als Zv^ingsacbse keine krystallo-
nomiscb mOglicben Flächen resp. Kanten sind, sind zu selten, als daß hier ein Bei-
spiel daf&r elrforderlich wäre. Sie finden sich n. a. gleichfaUs beim triklinen AnortMt.
15Ö. Übrigens lassen sich viele Zwillinge auf mehr als nur eine
einzige Weise erklären, d. h. es laßt sich auf mehrfache Weise die
Art der Verbindung der Individuen krystallographisch definieren;
das Zwillingsgesetz kann in verschiedener Fassung ausgesprochen
werden. So findet man sehr häufig einen Zwilling des moÄoklinen
OrihöklaSj den sog. Karlsbader Zwilling, in dem zwei Individuen, be-
grenzt von den Prismenflächen T, der Längsfläche M und der vorderlen
und hinteren Schiefendfläche P und y, in der Fig. 264 und 265 an-
gegebenen Weise vereinigt sind. Beide
Individuen sind zwar nach der Fläche
JfcT verwachsen, diese ist al)er nicht Zwil-
lingsfläche, zu der beide Individuen
symmetrisch liegen, und kann auch gar
nicht Zwillingsfläche sein (155), da sie
in beiden Individuen Symmetrieeberie ist.
Z'willingsfläche ist die auf M senkrechte,
hier nicht gezeichnete Querfläche Jt, welche die stumpfe Kante T/T jedes
einzelnen Individuums und ebenso die Kante T/ T des Zwillings gerade
abstumpfen Würdö. Die Vei-^achsungSfläche M ist also hier glfeich&lls
attf der ZwiMingsfläche senkrecht' (Fig. 264), oder sie hat, wie in
Fig. 265, wo die beiden Individuen etwas" ineinander hineingewachsen
sind, einerf uaregeKnäßigen, jedoch M naheliegendeti Verlauf Die"
Normale zu K (d; hv eine in M atrf' der Kante \2li/jP senkrechte; ate'^
13*
Fig: 264.
Fig. 265.
196 Zwillingsgrenze.
Erystallkante unmögliche Linie) ist die Zwillingsachse. Wenn man
das eine Individuum um diese Achse um 180^ herumdreht, so werden
beide Individuen parallel, und umgekehrt, wenn man eines aus der
ParaUelstellung beider ebenso herausdreht, so entsteht der Zwilling.
Derselbe entsteht aber ganz ebenso, wenn man das eine Individuum
aus der Parallelstellung heraus um 180® um die Kante MjT dreht.
Letztere ist dann Zwillingsachse; sie ist auf der anderen Zwillings-
achse senkrecht. Eine zu ihr senkrechte Ebene, welche übrigens
krystallonomisch unmöglich ist, wäre Zwillingsfläche; auch zu ihr
liegen beide Individuen symmetrisch. Diese zweite Zwillingsfläche ist
auf der ersterwähnten K senkrecht. Während bei der obigen Deutung
die Zwillingsfläche eine mögliche Erystallfläche K, die Achse dagegen
eine krystallonomisch unmögliche, jedoch in der angegebenen Weise
definierbare Richtung war, ist es hier umgekehrt: die Zwillingsachse
ist eine Eantenrichtung, die Zwillingsfläche ist als Erystallfläche un-
möglich. Auch den oben betrachteten Augitzwilling (Fig. 257) kann
man ganz genau in derselben Weise wie hier nach dem Gesetze er-
klären: Zwillingsachse die Vertikalkante MjT oder TjK
160. Zwillingsgrenze. Die Verwachsungsfläche beider Zwülings-
individuen und der Verlauf dieser Fläche auf der äußeren Begrenzung
des Zwillingskrystalls, die sog. Zwillingsgrenze oder Ztoülingsnakt, ist
an den Zwillingskrystallen manchmal auf den ersten Blick zu er-
kennen, manchmal liegt sie auch mehr versteckt. Ersteres ist nament-
lich dann der Fall, wenn die Flächen der beiden Individuen an der
Grenze einspringende Winkel bilden, wie z. B. bei dem oben be-
schriebenen Augitzwilling und bei dem häufig vorkommenden
Zwilling zweier regulärer Oktaeder des Spinells und anderer Mine-
ralien nach der Oktaederfläche (Fig. 266), welche hier gleichzeitig
Verwachsungsfläche und Zwillingsebene ist, etc. Es ist dasselbe Ge-
j< setz wie in Fig. 261: Zwillingsfläche die Oktaeder-
y7 \v fläche. Der Unterschied liegt allein in der Begrenzung
y/y ,//^^ der Individuen, die dort eine dodekaedrische, hier
H'""~'/y // ^^^ oktaedrische ist. Ein Zwilling dieser letzteren
O.^ //^\ // Art (Fig. 266), bei dem zwei Oktaeder mit einer
^vf \ V Oktaederfläche als Zwillingsfläche verwachsen sind,
^^ heißt nach dem Vorkommen am Spinell Spindhwilling,
Fig. 266. g^y^jj Yfenn er an einem anderen Mineral auftritt.
Die einspringenden Winkel an Zwillingen unterscheiden sich von
den einspringenden Winkeln parallel verwachsener Individuen (154)
wesentlich dadurch, daß bei letzteren immer eine Fläche rechts von
der einspringenden Kante einer solchen links parallel ist (Fig. 252);
bei Zwillingen flndet dies nicht statt. Solche einspringenden Winkel
Verwachsnngsfläche. 197
fehlen, wie wir schon (157) nnd Fig. 261 gesehen haben, häufig ganz.
Dann gibt zuweilen die sog. federartige Streifung (Fiederstreifung)
den Verlauf der Grenze an. Geht nämlich die Zwillingsgrenze über eine
beide Individuen des Zwillings in ununterbrochener Fortsetzung be-
grenzende Fläche am Zwillingskrystall hin, so ist nicht selten eine
etwaige Streifung dieser Fläche rechts und links von der Grenze
schief, aber beiderseits symmetrisch zu derselben gestellt
(Fig. 267. Harmotom). Ähnliche federartige Streifung kommt
indessen manchmal auch bei einfachen Erystallen (Chabasit,
Glimmer etc.) vor. Statt ihrer deuten zuweilen abwechselnd
matte und glänzende Partien derselben Fläche die Zwillings-
bildung an (166); öfters ist auch die über beiden Indivi-
duen gemeinsame Flächen hinlaufende Zwillingsgi'enze j.^^^~^7
etwas eingekerbt. Bei manchen Zwillingen ist ein solches
äußeres Zeichen für die Erkennung der Zwillingsfläche überhaupt
nicht mehr vorhanden, wie z. B. bei dem oben beschriebenen
Granatoederzwilling (Fig. 261), wo nur noch der Mangel paralleler
Gegenflächen an beiden Enden des Krystalls auf Zwülingsbildung
hindeutet, ihn aber nicht mit Sicherheit beweist, da auch durch
Hemiedrie etc. geneigtflächige Krystalle entstehen. In derartigen
Fällen ist es überhaupt oft schwierig, und es ist die genaueste Unter-
suchung erforderlich, um zu erkennen, ob man es mit einem Zwilling
oder einem einfachen Krystall zu tun hat. Dann sind die Blätter-
brüche oft wichtig, die bei einem Zwilling nicht mehr alle ununter-
brochen durch den ganzen Erystall hindurch gehen, sondern an der
Zwillingsgrenze mitten im Krystall plötzlich aufhören und jenseits
derselben in anderer Richtung weiterlaufen, entsprechend der Spal-
tungsrichtung im zweiten Individuum, wie beim Sodalith, Feldspat,
Kalkspat (5). Bei nicht regulären Krystallen f Qhrt die Untersuchung
im polarisierten Licht oft leicht zum Ziel (256).
161. Terwaehsungsfläclie. DieZusammensetzungs-(yerwachsungs-)
fläche ist, wie wir gesehen haben, häufig eine ganz ebene Fläche.
Sie ist entweder parallel mit der Zwillingsebene (Spinellzwilling,
Fig. 266, Augitzwilling, Fig. 257) oder senkrecht darauf (Fig. 262
und 264). Ist die Verwachsungsfläche eben, so ist die Zwillingsgrenze
eine aus einzelnen geradlinigen Stücken zusammengesetzte ebene poly-
gonale Figur (Fig. 266). Ist die Zusammensetzungsfläche etwas wellig
gekrümmt, so ist die Grenze ebenfalls wellig hin- und hergebogen,
wie z. B. häufig bei den Karlsbader Zwillingen des Orthoklases
Fig. 268, die sich von den in Fig. 264 abgebildeten nur dadurch
unterscheiden, daß statt der hinteren Schiefendflächen y die etwas
weniger steilen Flächen x vorhanden sind. Weicht die Verwachsungs-
fläche noch stärker von der Ebene ab, so wird die Grenze ziemlich
198
JDxtapoBition. Penetration.
.kompliziert, so dafi die beidea Individaea z. T. förmlich einander
durchdringen, indem Torsprilnge des einen Individnams in Yer-
tiefungen des anderen eingreifen, vie
dies bei vielen nach demselben Giesetz
gebildeten Orthoklaskrystallen (Fig.
265) oder dem Zwilling von Flußspat-
Würfeln (Fig. 269) mit der Oktaeder-
fiäcbe als Zwillingsääcbe der Fall ist.
Diese stecken so ineinander, daß die
Flg. 268. Fig. 269. Ecken des einen Individuums ans den
Flächen des anderen naseni^rmig hervorrageD.
162. Juxtapositlon und Penetration. Häufig hOrt ein Indivi-
duum nicht an der Verwachsnngsfläche auf, in der es sich mit dem
anderen Individuum berührt, sondern beide wachsen darüber hinaus
fort und durchkreuzen sich vollständig, so daß zwei sich unter irgend
einem Winkel durchschneidende ebene oder auch häufig komplizierte
krnmme Verwachsnngsflächen entstehen. Dies zeigt z. B. der Stauro-
lithkrystall (Fig. 270). Solche Zwillinge werden als Durchkreueungs-
oder PenetraiiORSetcillinge von den Berührungs- oder
JttxtapositionsgwnlHngen unterschieden, an denen sich die
, Individuen nach einer Fläche mehr oder weniger innig
I berühren. Zu den Penetrationszwillingen gehört u. a.
f auch der Flußapatzwilling (Fig. 269), während der Ortho-
klaszwilling (Fig. 268), der Spinellzwilling (Fig. 266)
and der Augitzwilling (Fig. 257) Justapositionszwillinge
^«- ^- sind.
Zwei Individuen derselben Substanz können nach demselben
Zwillingsgesetz bald Juztapositions-, bald Penetrationszwillinge bilden.
So ist z. B. der Quarzzwilling Fig. 275 und der lilg. 276 demselben
Gesetz unterworfen, aber der eine ist durch Juztaposition, der andere
dnrch Penetration entstanden.
163. ZwiUlnge hemiedrischer Kristalle. Bei hemiedrischen
Eiystallen werden die Verhältnisse der Zwillingsblldung oft etwas
modifiziert. So gilt zuweilen bei derartigen Zwil-
lingMi die Symmetrie nach der Zw. Fl. nur noch in
Bezug auf die Form der Zwillinge, nicht mehr in
Bezug auf die physikalische BeschafTenbeit der
Flächen. Bei der der tetraedrisch - hemiedrischen
Klasse des regulären Systems uigeh&rigen ZinJAlende
kommen Zwillinge vor (Fig. 271), welche ganz ebenso
Fig. 271. gestaltet sind wie die Spinellzwillinge (Fig. 266).
Während aber bei den Spinellzwillingen in der ZwiJiiugsgreaze an allen
Zwillinge hemiedriBcher Kryat&lle. \gQ
Kanten zwei gleiohe Flachen znsammenstoflen, treffen eich beim Blende^
Zwilling, dessen IndiTiduen eine Kombination beider koiTelaten Tetraeder
darstellen, zwei infolge der Hemiedrie verschieden gewordene PlScfaen.
M. a. W. die Flächen des einen Tetraeders + ■=■ am einen Individnnm
etofien in der ZwUling^renze überall aof Flächen des Gegentetraeders
— -a-Ava. anderen nnd umgekehrt, wie die Schrafflerang und Signierung
in Figor 271 zeigt.
164. ZwUlbige mit pwallcAen Aehs«». Bei sämtlichen bisher
betrachtete Zwillingen waren die Achsen beider Individuen ver-
si^ieden gerichtet und lagen zur Zwillingsfläche in derselben W^e
eiouider symmetrisch gegenüber, wie die äuflere Begrenzung der Indi-
viduen (Zwillinge mit gmeifften Achsen). Eemiedrische Krjstalle (and
teilflächige überhaupt) bilden abu* zuweilen eigentümli^e Zwillinge,
hei welchen die beiden Individuen mit paraiiden Achsen vereinigt
sind. Ein derartiger Zwilling ist Fig. 272 dargestellt, wo zwei ßhom-
boeder von K(äk3pat in dieser Weise zwillingsartig aneinander liegen.
Die Basis ist hier ZwUlings- und Terwacbsnngsfiäche zugleich.
Zwillinge mit parallelen Achsen bilden u. a. auch hemimorpbe
Erystalle, wie z. B. das Kieaelsinkerg (Fig. 645). Bei rollflächigen
Formen kann selbstverständlich eine Zwillingsbildnng mit parallelen
Achsen nicht vorkommen; parallele Achsen bedingen bei ihnen einoi
vollkommenen Parallelismus auch der äußeren Begrenzung.
165. E^iunrngszwininge. Zwei gleiche hemiedrische Krystalle
wachsen in Zwillingsstellnng mit parallelen Achsen nicht immer in
der Weise aneinander, wie es Fig. 272 zeigt Häufig dorchdringen sie
sieh in dieser gegenseitigen Stellung vollständig und bilden Fene-
Fig. 272. ng. 273. tig. 274.
trationszwillinge, bei denen die Ek^eo des einen Individunms nasen-
f&rmig ans den Flftchen des anderen herausragen, wie dies iü Fig. 273
ftr zwei Tetraeder und Fig. 274 für zwei Pyritoeder gezeichnet Ist.
Man kann auch hier den Zwilling durch Drehnng um eine Achse oder
durch Angabe der ZwÜiingsfl&che erklären, gegen welche beide lödi-
200
Erg;fliuniig8z willing^e .
Tidnen der GestAlt nach synuDetriscli liefen. Zweckmäßiger und au-
schalllicher scheint ea aber, hier zu sagen: beide Individnen haben
alle Äcbsenrichtnngen gemein, aber die Raamabschnitte mit den sich
ansdetmeoden Flächen des einen Individnnrns liegen so wie die ßaum-
abschnitte mit den verschwundenen Flächen des anderen; die durch
die Hemiedrie angleich gewordenen Oktanten beider Individuen haben
die gleiche Lage. Bei genauerer Betrachtung sieht man, daß durch
eine solche Zwillingsbildung diejenigen Symmetrieebenen am Zwilling
wiederhergestellt werden, welche bei der Hemiedrie in jedem einzelnen
Individuum verschwunden sind. Denkt man sich die auf den einzelnen
Flächen aufsitzenden naseoartigen Hervorrf^ngen weg, so erhält man
die entsprechenden vollflächigen £Crper, deren Kanten mit den ein-
springenden Kanten dieser Zwillinge zusammenfallen. Die beiden
hemiedrischen Formen ergänzen sich also in diesen Zwillingen gewisser-
maßen zn der zngehürigen vollflächigen Gestalt: die beiden Tetraeder
znm Oktaeder (Fig. 273), die beiden Pyritoeder zum PyramidenwOrfel
(Fig. 274). Zwillinge dieser Art werden daher anch Ergäruungs-
etoiUinge genannt.
160. Zwillinge eaantlomorpfaer Krystalle. Zwillinge mit pa-
rallelen Achsen liefert uns u. a. auch der der trapezoedrischen Te-
tartoedrie des hexagonalen Systems zagehörige Quare. Aus ihnen sind
gleichzeitig die aUgemeinen Verhältnisse der Zwillinge enantiomorpher
Krystalle mit parallelen Achsen zu erkennen. In Fig. 275 sind zwei
von dem Prisma r, dem größeren (und meist glänzenden) Rhomboeder
P und dem kleineren (und meist mat-
ten) Gegeorhomboeder s begrenzte
Individaen so nach einer Fläche r
verwachsen, daß die Prismenkanten
r/r resp. rjr in beiden parallel sind
und daß die Flächen n des einen
Individuums den Flächen P des
anderen der Lage nach entsprechen
nnd umgekehrt. In beiden Indivi-
duen haben dann die Achsen die-
Die Individuen sind aber nicht parallel, sondern in
Fig. 275.
Fig. 276.
selbe Bichtung.
ZwUlingsstellung und zwar in der Weise, daß das eine um eine Achse
senkrecht zu einer Prismenfläche r um 180° gegen das andere ver-
dreht erscheint So lange an den Krystallen nur die genannten
Flächen ausgebildet sind, haben sie die Symmetrie der rhomboedrischen
Hemiedrie. Sie liegen symmetrisch zn der gemeinsamen Fläche r, die
hier Zwillingsfläche ist Dies zeigt auch die Fig. 277, I und I^ wo
zwei solche Qnarzkrystalle in dieser ZwUlingsstellung mit vertikal
Zwillinge enantioiDorpher Erystalle. 201
stehender Hauptachse abgebildet sind (die Flächen s sind vorläufig
wegzudenken).
Zu den Flächen P, /s und r treten nun aber nicht selten noch
die Ehombenflächen s und ebenso Trapezflächen x ((129), Fig. 194), die
in den einfachen Individuen auf die abwechselnden Prismenkanten
oben und unten aufgesetzt sind und an den zwischenliegenden
fehlen und die den speziell tetartoedrischen enantiomorphen Formen,
Trigonoedern und Trapezoedem, angehören. An den beiden in Zwillings-
stellung befindlichen Quarzkrystallen Fig. 277 I und II sind die
Shomben- (Trigonoeder-) flächen s ausgebildet, durch welche sie einen
ausgesprochen tetartoedrischen Charakter erhalten haben.
Gleichzeitig hat aber auch die Symmetrie nach einer Fläche r
aufgehört; r ist nicht mehr Zwillingsfläche, aber eine Gerade senk-
recht zu r ist immer noch Zwillingsachse. Durch Drehung um eine
solche um 180^ kann ein Individuum aus der Parallelstellung heraus
in die Zwillingsstellung gebracht werden. Man kann dieselbe gegen*
seitige Stellung beider Individuen auch durch Drehung um 180** um
die Hauptachse c erhalten, so daß also auch c als Zwillingsachse an-
gesehen werden kann. Aber die darauf senkrechte Fläche, die der
Basis entsprechen wiirde, ist gleichfalls keine Zwillingsfläche ; auch zu
ihr liegen die beiden Individuen im Zwillinge nicht symmetrisch. Es
gibt nach dem Auftreten der enantimorphen Formen überhaupt keine
Ebene mehr, zu der dies der Fall wäre. Ganz allgemein ist bei jeder
derartigen Zwillingsverwachsung von gleichartigen enantiomorphen
Formen (also von zwei rechten oder zwei linken Individuen) mit
parallelen Achsen wohl eine Zwillingsachse vorhanden, um die das
eine Individuum in die Zwillingsstellung gedreht werden kann. Es
ist aber keine Zwillingsfläche denkbar, zu der beide Individuen des
Zwillings symmetrisch liegen.
Derselbe ZwiUing kann aber noch in anderer Weise auftreten, so daß er von
einem einfachen QnarzkrystaU sich auf den ersten Blick gar nicht unterscheiden läßt
(Fig. 276). Hier treten außer den Flächen r, P und z noch die Bhombenflächen 8
und die Trapezflächen x auf. Bei genauerer Betrachtung sieht man an einem
solchen Zwilling, daß die abwechselnden Bhomboederflächeu P und z nicht gleich-
mäßig matt und glänzend sind, sondern daß auf derselben Fläche matte und glänzende
SteUen miteinander in scharfer Umgrenzung abwechseln. Dabei stoßen in den End-
kanten ausnahmslos glänzende Flächenelemente einerseits mit matten andererseits
zusammen, und wo eine Linie, welche auf einer Fläche matte und glänzende SteUen
voneinander trennt, eine Endkante trifft und überschreitet, da wechselt auf beiden
in dieser Endkante zusammenstoßenden Flächen die Beschaffenheit: ist unter dieser
Grenze die Fläche links glänzend und rechts matt, so ist über der Grenze die Fläche
rechts glänzend, links matt und umgekehrt. Außerdem sieht man auch, daß hier
die Flächen 8 und x nicht mehr nach der Kegel an den abwechselnden Prismen-
kanten rjr oben und unten vorkommen und an den zwischenliegenden fehlen, sondern
daß sie ganz regeUos verteilt sind. Dies aUes ist die Folge einer innigen Durch-
dringung zweier nach dem obigen Gesetz verwachsener gleichartiger Quarzindividuen.
202
Zwillinge enantiomorpher KryBtalie.
Von dieser Verwachsung kann man sich anf folgende Weise eine Vorstellung maehen :
die beiden Individuen I und II (Fig. 277), befinden sich gegeneinander in der oben
angegebenen und Fig. 275 abgebildeten Zwillingsstellung. Schneidet man aus dem einen
Individuum I Stücke längs der beliebigen durch die krummen Linien angedeuteten
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Fig. 277.
Flächen heraus und setzt dafür ganz gleiche Stücke des anderen Individuums H
ein, welche aus diesem nach den entsprechenden Flächen herausgeschnitten wurden,
so entsteht der Zwilling III (resp. Fig. 276), der offenbar in allem Wesentlichen mit
dem in Fig. 275 abgebildeten Übereinstimmt, nur daO hier die Verwachsungsflächen
ganz unregelmäßig sind. Derselbe unterscheidet sich in der Tat von einem ein-
fachen Elrystall der Gestalt nach nur durch die unregelmäßige Verteilung der
Flächen s und x, und auch dieser Unterschied fällt an Erystallen fort, an welchen,
wk in Fig. 275, diese Flächen nicht ausgebildet sind. Die Ungleichmäßigkeit der
Verteilung von s (und x) entsteht dadurch, daß statt einer jeden ausgeschnittenen
Ecke mit 8 (und x) eine solche eingesetzt ist, wo s (und x) fehlen (rechts am Zwilling TU)
und umgekehrt (links), wie die Vergleichung von I und n zeigt. Da dies in ganz
willkürlicher Weise geschehen kann, so wird die Verteilung der Flächen 8 xmd x am
Zwilling ganz regellos. Ganz ähnlich erklärt sick auch die Abwechslimg matter und
glänzender Stellen, den Flächenstttcken z und P entsprechend, auf einer und derselben
Fläche der dihexaediischen Begrenzung. Solche Zwillinge sind zuerst an Krystafien
aus dem Dauphin6 beobachtet worden, sie heißen daher auch wohl Dcuu^hinSer
ZwÜlinge.
Symmetrisch zu einer Ebene und zwar hier zu der des zweiten
hexagonalen Prismas liegen aber wieder die beiden Individuen, wenn
diese ungleichartig sind, wenn also ein rechter und ein linker Quarz-
krystall mit parallelen Achsen verwachsen (Fig. 278). Je die Flächen
P und die Flächen a der beiden Individuen fallen dann
zusammen. Die beiden Individuen lassen sich nun aber
nicht durch Drehung um eine Achse, etwa die Hauptachse
oder irgend eine andere, in ihre gegenseitige Lage bringwi.
Diese Verwachsung ist zuerst an brasilianischen ErystaUen
beobachtet, daher der Name brasilianische Ztcülinge. Hier
wie bei allen solchen Verwachsungen ungleichartiger enantio-
morpher Krystalle (d. h. eines rechten und eines linken) ist
im Gegensatz zu der Verwachsung gleichartiger Formen, wohl eine
Symmetrieebene, aber keine Symmetrieachse vorhanden, wie man sich
durch ein analoges Schema wie in Fig. 277 leicht klar machen kann.
Fig. 278 stellt einen Penetrationszwilling dieser Art dar.
Eine solche Form (Fig. 278) könnte übrigens auch dadurch entstehen, daß an
einem Qoai-zkrystall das rechte und linke Trapezoeder desselben Skalenoeders gleioh-
zeitig auftreten. Den Zwilling unterscheidet man aber hier leicht auf optischem
Fig. 278.
Fortgesetete Zwülingsbildang. 203
Wege, da beide Individuen die Polarisationsebene in yerscMedener Bichtong dreben,
80 daß auch unter Umständen Airjsche Spiralen entstehen (247). Am einfachen
Erystall und am Dauphin^er Zwilling kann etwas derartiges nicht beobachtet werden.
Mittels der Ätzfignren (200) und der Untersuchung der pyroelektrischen Verhältnisse
(270) ist diese Unterscheidung ebenfalls möglich.
167. Fortgesetzte Zwillingsbildung. Im vorhergehendeD waren
immer nur zwei Individuen zu einem Zwilling verwachsen. Die
Zwillingsbildung kann aber noch weiter gehen, indem sich nach dem-
selben Gesetz, oder nach einem anderen an ein zweites Individuum
ein drittes, an dieses ein viertes etc. anschließt. Derartige Bil-
dungen nennt man dann Drülmge, Vierlinge etc., allgemein VieUinge,
Wir betrachten zunächst die fortgesetzte Zwillingsbildung nach dem-
selben Gesetz, d. h. nach Zwillingsflächen, die alle derselben ein-
fachen Form angehören.
Diese Verwachsung kann auf zweierlei Weise geschehen: einmal
indem die Zwillingsfläche (resp. Achse), nach welcher das dritte an
das zweite Individuum angewachsen ist, parallel läuft mit der Zwillings-
fläche (resp. Achse), nach welcher die Verwachsung des zweiten und
ersten Individuums stattgefunden hat, und so fort für alle anderen
Individuen. In diesem Fall ist die Verwachsung aller Individuen
eine reihenförmige (polysynthetische). Oder aber die Zwillingsfläche
(resp. Zwillingsachse) des zweiten und dritten Individuums hat nicht
dieselbe Richtung, wie die Zwillingsfläche (resp. Zwillingsachse) des
ersten und zweiten Individuums, sie ist einer anderen Fläche derselben
einfachen Erystallform parallel, der die erste Zwillingsfläche angehört.
In diesem Falle ist dann die Verwachsung aller Individuen eine
hreisformige (cyklische).
168. Polysynthetische Zwilliiigsbildiuig. Ist z. B. ein Zwilling
gebildet von den zwei rhombischen Prismen 1 und 2 (im Querschnitt
dargestellt, so daß die Flächen auf der Ebene des Papiers senkrecht
sind) (Fig. 279), deren Zwillings- und Verwachsungsfläche die gemein-
same Prismenfläche ist, so kann an die dieser
Zwillingsfläche parallelen anderen Prismenfläche
des zweiten Individuums ein drittes zwillings-
artig anwachsen, an dieses ebenso ein viertes,
f&nftes etc., immer je zwei benachbarte in pig. 279.
ZwiUingsstellnng und stets nach derselben
Zwillingsfläche, so daß alle Zwillings- und Verwachsungsflächen der
Beihe einander parallel sind und die Zwillingsachse stets dieselbe
Richtung hat. Dann muß, wie leicht zu sehen, das dritte Individuum
mit dem ersten parallel sein, das f&nfte mit dem dritten etc., ebenso
auch das zweite, vierte etc., kurz, es mfissen alle Individuen mit un-
geraden und alle mit geraden Nummern je untereinander parallel und
204 PoljBynthelische ZwUlingsbildnng.
zQ den entgegengesetzten in Zwillingsstellung sein. In Zwillingsstellnng
sind die anmittelbar benachbarten, in Parallelstellung die abwechselnden
Individuen. Solche häufig vorkommenden reihenfönnig wiederholten
Zwillingsverwacbsungen heißen polysyntbeiische Zwillinge (Wieder-
holnngszwillinge). Ihre spezielle Ausbüdung ist Terschiedeu: hänfig
sind es nur drei ludividnen, von denen das mittlere nicht selten als
papierdünne Lamelle parallel der Zwülingsfläcbe in ein gr5ßeres Indi-
viduum eingeschoben erscheint (Fig. 280, 281); dies kommt z. B. bei
manchen Krystallen des Aragmit vor. Besondei-s wichtig sind
Zwillinge dieser Art, bei denen viele solche dünne Lamellen zwillings-
artig in ein größeres Individuum eingewachsen sind oder wo der
ganze Krystall aus einer außerordentlich großen Zahl derartiger
Lamellen aufgebaut ist, wie bei den trtklinen Feldspaten (Plagioklasen).
Diese Krystalle sind rhomboidische Prismen T und l mit schiefer
Abstumpfung der scharfen seitlichen Kanten durch die Längsfläcbe M,
mit einer auf die stumpfe vordere Kante Tß schief aufgesetzten End-
fläche -P (Fig. 506), so daß FjM = 94* resp. 86", und einer ent-
Fig. 280. Fi«. 281. Fig. 282. Fig. 283.
sprechenden hinteren schiefen Endfläche x resp. y. Das hier am
häufigsten vorkommeDde Zwillingsgesetz Ist das, wonach die Individuen
die Fläche M gemein haben und umgekehrt liegen (Albitgesetz). Beim
Zwilling müssen dann an dem unteren Ende die beiden scharfen, an
dem oberen die beiden stumpfen Winkel PjM in der Zwillingsgrenze
zusammenstoßen. Am letzteren Ende machen die beiden Flächen P
einen einspringenden Winkel FjP von 188* längs den Kanten PjM
and FjM (Fig. 282). Wächst an das zweite Individuum ein drittes
nach demselben Gesetz, so legt sich neben den einspringenden Winkel
PjF nun ein ausspringender FIP von 172*, während am anderen
Ende ein einspringender Winkel entsteht, und beim Anwachsen noch
weiterer Individuen bilden sich parallel mit der Kante FjM immer
wieder neue abwechselnd ein- und ausspringende Kanten der Flächen
P und P zweier aneinander stoßender Individuen (Fig. 283). Werden
diese nun durch Zusammenrücken der Flächen M papierartjg dünn,
lamellenfSrmig, so folgen die aus- und einspringenden Kanten sehr dicht
aufeinander, und das Ganze macht dann den Eindruck, als wäre eine
einheitliche Fläche P vorhanden, auf welcher eine Streifung ganz
Cyklische ZwiUingsbildnng.
205
geradlinig in der Eichtang der Kante PjM hinläuft. Eine derartige
Streifung wird ZtviUingsstreifung (Zwillingsriefung) genannt.
169. Cyklische Zwillingsbildung. Ist die Verwachsung eine
kreisförmige, dann kann im allgemeinen kein Individuum der Reihe
einem anderen mehr parallel sein. Die auf diese Weise gebildeten
cyMischen Zwillinge werden auch wohl Wendezwillinge genannt. Dabei
wachsen die rhombischen Prismen, die wir auch hier als Beispiele
benützen wollen, so aneinander, daß die Zwillingsfläche zwischen 2
und 3 diejenige Prismen fläche ist, welche bei der Verwachsung von
1 und 2 nicht Zwillingsfläche war (Fig. 284). Die drei Individuen
liegen dann alle um einen gemeinsamen Mittelpunkt herum und bilden
einen Drilling. Da der Prismenwinkel nicht genau gleich 120 ^ ist,
so bleibt zwischen dem ersten und dritten Individuum ein kleiner
keilförmiger Raum. Dieser wird aber ausgefüllt durch Ausdehnung
dar beiden Individuen 1 und 3, die dann längs einer unregelmäßig
verlaufenden Fläche aneinander stoßen. ZuweUen wächst an das zweite
Individuum ein drittes, gleichzeitig aber an das erste nach der
anderen Fläche ein viertes an (Fig. 285), einen Vierling bildend,
1I7»4«'
104*4»'
|2SQ^
Fig. 284.
Fig. 285.
Fig. 286.
Fig. 287. Fig. 288.
wobei sich dann die Individuen 3 und 4 nur unvollständig entwickeln
können; auch sie stoßen dann nach einer unregelmäßigen Grenzfläche
aneinander. Eine noch größere Anzahl von Individuen kann cyklisch
verwachsen, wenn die scharfe Prismenkante nach dem gemeinsamen
Mittelpunkt des so gebildeten Viellings gewendet ist (Fig. 286, wo
s^chs Individuen einen Sechsling bilden). Auch bei solchen Ver-
wachsungen bleibt, je nach der Größe des Prismenwinkels, zwischen
dem ersten und letzten Individuum ein kleiner keilförmiger Zwischen-
raum (wie Fig. 284), oder es hindern sich das erste und letzte Indi-
viduum an der vollständigen Ausbildung (Fig. 285); davon ist aber
hier der Einfachheit wegen abgesehen. Häuflg sind bei solchen
Sechslingen die nach außen gekehrten scharfen Kanten sehr stark
abgestumpft, so daß die Abstumpfungsflächen, die an jedem einzelnen
Individuum Brachypinakoide sind, an den Zwillingsgrenzen aneinander
stoßen (Fig. 286). Es entstehen dann häufig scheinbar regelmäßig
sechsseitige Prismen, bei denen aber ebensowenig wie bei den in
Fig. 284 und 285 abgebildeten alle Gegenflächen streng parallel und
die Winkel genau = 120® sind.
206
Cykliscfae Zwillingsbildung.
Lidessen können solche sechsfache Verwachsungen wie Fig. 286
auch in etwas anderer Weise gebildet sein. Es kommt nämlich auch
bei diesen Bildungen vor, daß die Individuen, über die Zwillings-
grenze hinaus sich fortsetzend, Penetrationszwillinge bilden (162).
Sind zunächst die drei Individuen 1, 2, 3 (Fig. 286) in der ange-
gebenen Weise miteinander verwachsen und setzen sich dieselben
über den gemeinsamen Mittelpunkt hinaus fort, so daß 4 die Fort-*
Setzung von 1, 5 von 2, 6 von 3 ist, so entsteht eine ganz ähnliche
Bildung wie jener Sechsling. Es müssen aber dann hier zwei dia-
metral gegenüberliegende keilförmige Zwischenräume zwischen 1 und
6 und 3 und 4 entstehen, die indessen auch hier stets, durch Fort-
wachsen der Individuen bis zur gegenseitigen Berührung, ausgefüllt
sind. Ob ein solcher durch Juxtaposition gebildeter Sechsling oder
ein durch Penetration gebildeter Drilling vorliegt, ist im konkreten
Fall oft schwer zu erkennen. Eine Entscheidung ist möglich durch
Messung der Prismenwinkel oder durch Beobachtung des Verhaltens im
polarisierten Licht (256). Eine andere Art von Penetration ist noch
Fig, 287 abgebildet, wo in ein großes Individuum 1 zwei kleinere 2
und 3 rechts und links keilförmig eingeschoben sind, beide über den
Mittelpunkt hinweg zusammengehörig, aber beide Hälften 2 resp. 3
sich gar nicht berührend. Verhältnisse wie die der Fig. 286 kommeri
z. B. beim Witherit vor, die der anderen genannten Figuren beim
Araganit. Hier ist zuweilen noch eine andere Art dieser cyklischen
Verwachsung zu beobachten, nach welcher in ein großes Individuum
nach beiden Prismenflächen Zwillingslamellen eingeschoben sind
(Fig. 288), nicht bloß nach einer wie in Fig. 280 und 281.
Nicht immer liegen alle cyklisch verwachsenen Individuen eines Viel-
lings um einen gemeinsamen Punkt herum, sondern sie bilden zuweilen
einen mehr oder weniger geöffneten Kreis. So gibt es quadratische
Prismen von Rtdil, welche nach einer Oktaederfläche zwillingsartig
verwachsen sind (Fig. 289). An das vom 1. Individuum abgdcehrte
Ende des 2. heftet sich ein 3. mit einer anderen Fläche desselben
Oktaeders als Zwillingsfläche,
daran in derselben Weise ein 4.
und so fort. Diese Aneinander-
reihung kann so vor sich gehetf,
daß die Hauptachsen aller Indi-
viduen in einer Ebene liegen
(Fig. 289); oder es kann auch
^- ^^- ^- 2^- so geschehen, daß nur die Achsen
der Individuen 1 und 2, 2 und 3 etc. je in einer Ebene liegen, daß
aber diese Ebenen nicht zusammenfallen, so daß die Individuen
zickzackförmig hin und her gebogen erscheinen (Fig. 290).
Doppels wiliinge. Himeeie. 207
170. DoppelzwitllD^re. Zuweilen koniiiit es auch vor, daB ein
aoB zwei Individnen nfich einem gewissen Gesetz gebildeter Zwilling
mit einem zweiten gleich gebaaten Zwilling dei-selben Substanz nach
einem anderen Gesetz verwachsen ist. Die Fläche, zu der die beiden
Zwillinge symmetrisch liegen, gehört hier im Gegensatz zom bisherigen,
einer anderen einfachen Krystallform an, als die Zwillingsflfichen jedes
einzelnen Zwillings. Es entstehen dann DoppehtmSinffe oder Zwillinge
höherer Ordnung, in denen jeder der beiden Zwillinge sich verhält,
wie die beiden Individuen in einem gewöhnlichen Zwilling. So findet
man nicht selten, daS beim AJlnt Zwillinge zweier, dem Albitgesetz
gemftS, nach M verwaclisener Individuen, wie sie oben beschrieben
worden (Fig. 282), so verbunden sind, daß sie wieder eine Fläche M
gemein haben, daneben auch eine Kaute Mil (oder MjT), daß aber der
eine Zwilling seine Hinterseite mit den Flächen x (oder y) nach vorn
wendet, also nach derselben Seite, nach welcher der andere
Zwilling seine Vordei-seite mit den Flächen P kehrt (Fig.
291). Der eine Zwillingskrystall kommt aus seiner Farallel-
stellung mit dem anderen in die Stellung, die er am Dop<
pelzwilling hat, wenn man ihn um 180 <* um die Kante
Tjl ^= MjT dreht, welche somit für den Doppelrwilling ^
Zwillingsachse ist Die damuf senkrechte Fläche ist seine p. ^^
Zwillingaflädie; sie ist hier krystallonomisch unmöglich.
171. Mimest«. DieFolge der symmetrischen Verwachsnng einzelner
Individuen in den Zwillingen ist, daß die letzteren häufig eine höhere
Symmetrie zeigen, als die ersteren, aus denen sie zusammengesetzt
sind. So zeigt z. B. der gewj^hnliche Albitzwilling (Fig. 282), gebildet
von zwei triklinen Individnen, Symmetrie nach einer Ebene Jf, also
die Symmetrie numokliner Krystalle. Während aber hier der ein-
springende Winkel auf P deutlich die Zwillingsbildung zeigt, gibt es
andere Uinlidie Verwachsungen, wo nor ausspringende Winkel tot-
handen sind, wie' z. B. an dem Erystall von HarmaUm (Fig. ^17),
welcher aus zwei durcheinander hindurch gewachsenen monc^linen
lodividaui besteht Darch diese Verwachsung hat der Zwilling die
ein^riaigenden Kant» verloren und die Symmetrie rhombischer Kry-
stalle angenommen. Solche Zwillinge kann man leicht für rhomtusche,
ei^tkcfae Krystalle halten und hat dies auch beim Harmotom in der
Tat' luge getan, bis eine g^iaue, namenitieh optische, Untersuchung
des vrirklichen Sachverhalt klarstellte.
In den genannt«! b^den Fällen ist die Symmetrie des Zwillings
gun genau die des höber symmetrisdien Krystallsystems, in anderen
FiUen ist dies dagegen nnr ^nähwnd der Fall. So gibt es z. B. KrystaUe
dca- rhoiBbisdieit Aragmit (Fig. 285), w^he ^n seheiBber r^ehnftfligr
208 Mimesie.
sechsseitiges Prisma bilden, das aber nicht lauter gleiche Kanten von
120^ sondern solche von 127« 40', 116<> 10' und 104« 40' hat und
welches aus vier rhombischen Prismen in der in der Figur angedeuteten
Weise cyklisch verwachsen ist: 4,1; 1,2; 2,3 sind in Zwillingsstellung,
4,3 grenzen unregelmäßig aneinander. Ahnlich bildet der rhombische
Alstonü durch Zwillingsbildung scheinbar hexagonale Dihexaeder,
und nur genaue Untersuchung der Winkel und der optischen Ver-
hältnisse (256) zeigt, daß man es hier mit einer Verwachsung rhom-
bischer Krystalle zu tun hat.
Wenn die Zwillingsbildung einfach ist, wie in den bisher be-
trachteten Beispielen, wird die Symmetrie nur wenig gehoben, da nur
eine oder doch nur wenige Symmetrieebenen neu hinzutreten. Ver-
einigt sich aber eine größere Anzahl von Individuen durch cyklische
Verwachsung nach einem oder mehreren Gesetzen, dann kann sich die
Zahl der Symmetrieebenen so vermehi*en, daß eine bedeutende Stei-
gerung der Symmetrie des Zwillingsstocks gegenüber derjenigen der
einzelnen Individuen stattfindet. Ist damit eine Fortwachsung der
Individuen über den gemeinschaftlichen Mittelpunkt hinaus verbunden,
so daß die sämtlichen einspringenden Winkel in den Zwillingsgrenzen
dadurch verschwinden, so ahmt der komplizierte Zwilling in zahl-
reichen Fällen Formen einfacher KrystaUe von weit höherer Sym-
metrie täuschend nach. Ein Beispiel hierfür liefert uns ebenfalls der
Harmotom, Wie wir bei der speziellen Betrachtung dieses Minerals
unten sehen werden, sind häufig Zwillinge wie Fig. 267 zu kompli-
zierten Doppelzwillingen (Zwölflingen) verbunden, welche sehr nahe
die Gestalt des Rhombendodekaeders besitzen und so die Symmetrie
des regulär-vollflächigen Systems zeigen. Die Zahl der Symmetrie-
ebenen ist dabei von einer bei einem Individuum auf neun in dem von
zwölf Individuen gebildeten Zwillingsstock gewachsen. Voraussetzung
hierbei ist stets, daß die Individuen niederer Symmetrie Winkel be-
sitzen, die den Winkeln der durch die Zwillingsbildung nachgeahmten
Formen höherer Symmetrie so nahe wie möglich entsprechen. So
schneiden sich zwei Prismenflächen beim Harmotom unter 120** 1'.
Es sind dieselben Flächen, die beim Zwölf ling die Flächen, und deren
Kanten die Kanten des scheinbar einfachen Rhombendodekaeders
bilden ; bei einem wirklichen regulären Rhombendodekaeder ist dieser
Winkel genau = 120 ^. Solche scheinbar einfache und einheitlich
gebaute Krystalle, die durch derartige mehr oder weniger komplizierte
Zwillingsbildung Formen höherer Symmetrie annehmen oder nach-
ahmen, nennt man mimetische, die Erscheinung selbst Mimesie, Mi-
metisch ist also z. B. der KrystaU von Harmotom (Fig. 267), der wie
ein rhombischer einfacher Krystall aussieht und das erwähnte Rhomben-
dodekaeder, das an manchen anderen Krystallen desselben Minerals
Nachahmende Gestalten. 209
auftritt. Nicht mimetisch ist der Zwilling von Älbit (Fig. 237), dessen
einspringende Winkel ihn sofort als nicht einfach, als Zwilling, er-
kennen lassen.
Bei manchen Mineralien, z. B. beim Harmotom, ist es sicher, daß
ihre, höhere Symmetrie zeigenden, scheinbar einfachen Krystalle in
der Tat mehr oder weniger komplizierte Zwillingsbildungen der er-
wähnten Art darstellen, daß sie also mimetisch sind. Bei anderen
Mineralien ist es jedoch zweifelhaft, ob ihren Krystallen die Eigenschaft
der Mimesie zukommt^ oder ob sie tatsächlich die höhere Symmetrie
besitzen. So nehmen manche Mineralogen an, daß die quadratischen
Formen des Apophyllit aus monoklinen, die rhomboedrischen Formen
des Chabasü aus triklinen Individuen zwillingsartig aufgebaut und
also nur mimetisch-quadratisch resp. mimetisch-rhomboedrisch seien.
Der Grund, warum man diese Krystalle nach dem Vorgang von
MäUard (Explication des ph6nomönes optiques anomaux 1877) in der
angedeuteten Weise auffaßt, ist der, daß sie gewisse Erscheinungen,
kleine Winkelunterschiede, Blätterbrüche, und besonders gewisse op-
tische Eigenschaften etc. zeigen, welche sich nicht mit dem Krystall-
system der höheren Symmetrie direkt vereinigen lassen, dagegen un-
gezwungen mit der niedrigen Symmetrie der verwachsenen Einzel-
individuen. So sind viele Apophyllitkrystalle (nicht alle) optisch zwei-
achsig, ebenso viele Chabasitkrystalle, während sie dem quadratischen
resp. rhomboedrischen System entsprechend einachsig sein müßten etc.
Die Untersuchungen hierüber sind aber noch nicht abgeschlossen, und
solche mimetischen Krystalle werden durchaus nicht von allen Mine-
ralogen in der angedeuteten Weise aufgefaßt. Viele halten den
Apophyllit wirklich für quadratisch und den Chabasit wirklich für
rhomboedrisch etc. und erklären jene mit der höheren Symmetrie
nicht zu vereinbarenden Erscheinungen, namentlich die optischen, durch
Störungen, welche die Krystalle bei ihrer Bildung oder später erlitten
haben, um so mehr, als man ganz ähnliche abweichende Erscheinungen
an sicher quadratischen, rhomboedrischen etc. Krystallen beliebig
künstlich nachmachen kann.
(Vergl. (257) optische Anomalien; ferner Tschermak^ Ztschr. d. deutsch, geol.
Ges, Bd. 31. 1879. pag. 637; Becke, Chabasit; Rumpfe Apophyllit etc.) Vergleiche
auch Boracit, Leucit, Granat, Perowskit etc., wo aber z. T. noch andere Verhältnisse
mit zn berücksichtigen sind. Siehe auch Grenzformen (80).
172. Nachahmende Gestalten. Dnrch teils paralleles , teils
zwillingsartiges, allerdings häufig nicht immer ganz vollkommen regel-
mäßiges Verwachsen kleiner Kryställchen entstehen zuweilen eigen-
tümliche Krystallaggregate , welche namentlich bei den gediegenen
Metallen eine Rolle spielen. Sie werden mit allerlei organischen oder
anderen Gebilden verglichen, deren Gestalt sie nachahmen und nach
Bauer, Mineralogie. ^^
210 Nachahmende Oeatalteii.
denen sie benannt werden. Sie werden deswegen (Dbrigens mit
einigen anderen Formen) unter der Bezeichnung der „naclialimenden
Gestalten" zusammengefaßt
Wenn kleine ErystäUchen mit ihren diametral gegenüberliegen-
den Ecken, Kanten oder Flächen in einer Reihe parallel aneinander
wachsen, so z. B. kleine Oktaederchen gediegenen Silbers mit ibren
Ecken, so entstehen tanggezogene Erystallstrahlen, welche teils ganz
gerade, teils anch mehr oder weniger stark gebogen Bind. Die einzelnen
KrystSllcheu einer solchen Reihe sind vielfach ganz scharf aasgebildet,
häufig sind sie auch stark gerundet, und schließlich gibt es solche
Strahlen, wo jede Spur von Kanten und Ecken verschwunden ist, so
daß müde droht- oder kaarförmige Gebilde vorliegen. Diese, mit den
scharf aaskrystallisierten durch alle möglichen Übergänge verbunden
und also nicht wesentlich in der Bildnng von ihnen verschieden, sind
meistens stark gekrümmt, die feinen Haare des gediegenen Silbers
sind sogar zuweilen in dichte Ballen zusammengerollt und ineinander
verschlangen. Derartige Bildungen werden moosförmig genannt Manch-
mal haben solche Drähte eine ziemlich erhebliche Dicke; sie sind dann
oft einfach gebogen wie Eberzähne and werden daher ebenfalls als
Zähne bezeichnet; oft sind sie anch stärker gekrfimmt und sogar
pfropfenzieherfbrmig eingerollt. Zahnförmige und ähnliche Gestalten
bildet nnter den Metallen besonders das Silber, Übrigens auch bei-
spielsweise das Steinsalz.
Krystallstrahlen wie die oben genannten darchkrenzen sich nun
nicht selten. Dies geschieht häufig in einer Ebene, wobei sie Winkel
von 60" und von 90" mitein-
ander machen; es entstehen
dann sog. (2etuirät$cA« Bildungen
(vergl. auch 188), welche be-
1 sonders bei dem gediegenen
Knpfer nud anderen regulär
krystallisierten Metallen ans-
\ gezeichnet zu beobachten sind
^ (Fig. 292) : mehr oder weniger
dicke Sti-ahlen schneiden sich
i nnter 60" und bilden in der
Ebene ein mehr oder weniger
I dichtes Maschenwerk. Diese
krystallisierten Dendriten sind
aber fast durchweg so gebaut,
daß sie einen Zwilling bilden,
dessen Zwillings- und Ver-
^^' *^ wacbsnugsebene parallel der
Verwachsung ungleichartigeT Erystalle. 211
Fläche der Hanpterstreckung des Maschenwerks durch dasselbe hindurch-
geht. Die obere Hälfte dieses letzteren bildet ein trotz des maschigen
Baues einheitliches von dem Würfel a, dem Oktaeder o und dem Rhomben-
dodekaeder d begrenztes Individuum, ebenso die untere, aber diese
beiden Hälften sind Zwillinge nach der erwähnten Fläche, die einer
Oktaederfläche parallel geht. Die Maschen sind zuweilen sehr eng,
die Zwischenräume zwischen den einzelnen Strahlen verschwinden
häufig ganz und es entstehen Bleche^ besonders ausgezeichnet beim
gediegenen Gold. Solche Bleche sind ganz in derselben Weise ge-
baut, wie die erwähnten Dendriten, die obere und untere Hälfte sind
in Zwillingsstellung zueinander : die Hauptausdehnungsfläche des Blechs
ist Zwillingsfläche, die das Blech in zwei halb so dicke Hälften teilt.
Bei dem regulären Gold sind die Flächen des Blechs parallel einer
Oktaederfläche. Vielfach sind auf ihnen die einzelnen miteinander ver-
wachsenen Individuen durch regelmäßige Dreiecke und die Zwillings-
stellung der oberen Hälfte zur unteren durch deren gegenseitige
(parallele) Lage auf der Ober- und Unterseite angedeutet
Durchkreuzen sich die Strahlen nach mehreren Richtungen, welche
nicht alle einer Ebene angehören, so geschieht dies entweder, wie
z. B. beim gediegenen Silber, in der Art, daß von einzelnen Punkten
eines Hauptstammes Seitenäste unter 90** oder 60^ ausstrahlen, von
welchen wieder in ähnlicher Weise kleinere Zweige abgehen können.
Dies sind die regelmäßig baumförmigen Bildungen. Oder die in drei
oder mehr Raumrichtungen durcheinander gewachsenen Strahlen bilden
ein mehr oder weniger dichtes räumliches Maschengewebe, wie beim
Speiskobalt, Bleiglanz, Gediegen Wismuth etc. Solche Bildungen nennt
man gestrickt oder GitterhrysiaXle.
Yerwachsang ungleichartiger Krystalle.
173. Verwachsung nngleichartlger Mineralien. Zuweilen verwachsen auch
Erystalle von yerschiedenen Substanzen, deren Zusammensetzung und KrystaUform
gar keine Beziehungen zueinander erkennen lassen, in regelmäßiger, krystallo-
graphisch definierbarer Weise miteinander, und die häufige Wiederholung der Ver-
wachsung von Erystallen zweier bestimmter Substanzen in stets gleicher Art zeigt,
daß man es nicht mit einer zufälligen, sondern mit einer gesetzmäßigen Erscheinung
zu tun hat. Die Gesetzmäßigkeit pflegt darin zu bestehen, daß die beiden Erystalle
bestimmte Flächen, und in diesen bestimmte Eanten gemein haben, oder daß diese
Eanten sich rechtwinklig kreuzen.
Ein Beispiel hierzu bildet der trikline langprismatische Cyanit und der rhom-
bische, ebeufidls langsäulenförmige Staurolith, Stets liegt bei dieser Verwachsung
der Staurolithkrystall so auf dem Cyanit, daß seine Flächen o (Fig. 17) mit der
Hauptspaltungsfläche des letzteren und bei beiden die langen Prismenkanten paraUel
sind. Auf vielen rhomboedrischen EisenglanzkrystaUen sind quadratische Butü'
hrystaüe so aufwachsen, daß dieselben mit einer Fläche des Prismas 2. SteUung
auf der Basis des Eisenglanzes liegen, und zwar mit ihrer Hauptachse senkrecht zu
14*
212 Habitus der Krystalle.
den Kanten dieser Basis gegen die flächen des nächsten stumpferen Bhomboeders.
Ähnliche gesetzmäßige Verwachsungen zeigen noch Quarz und Kalkspat, Fahlerz
und Kupferkies etc. (Sadebeck, Angew. Krystallographie 1876 pag. 244 ff.) Eine
andere gesetzmäßige Verwachsung ungleichartig zusammengesetzter Krystalle ist
die isomorphe Fortwachsung (288).
F. Beschaffenheit und Ausbildung der Krystalle.
Wir betrachten hier die allgemeinen Verhältnisse der Krystallformen , der
KrystaLlf ächen und der inneren Beschaffenheit der Krystalle namentlich in ihrer
Abweichung von dem oben Torausgesetzten idealen Zustande, sowie die Art und
Weise des Auftretens der Mineralien in der Natur und der dadurch bedingten Aus-
bildung der Krystalle.
174. Habitns. Die Krystalle haben nur selten ihre ideale Form
(24). Die meisten weichen infolge der verschiedenen Größe gleich-
artiger Flächen hiervon mehr oder weniger stark ab; sie sind ver-
zerrt.
Durch die besondere Art der Ausbildung der Krystallflächen
nach relativer Größe und Gestalt wird ganz allgemein der Habitus
der Krystalle hervorgebracht, wobei aber allerdings auch oft Zwillings-
bildung und anderes eine EoUe spielen. Der Habitus ist eine niclit
ganz unwichtige Eigenschaft. Er ist mehr oder weniger von der Art
der Entstehung der Krystalle abhängig und kehrt daher bei ein und
demselben Mineral unter den gleichen Bildungsumständen vielfach in
tibereinstimmender Weise wieder, während unter abweichenden Be-
dingungen ein anderer Habitus zur Entwicklung gelangt. Bei der
Beschreibung des Habitus werden leicht verständliche Ausdrücke be-
nutzt, wie: prismatisch oder säulig, nadeiförmig, spießig und haar-
förmig; plattig oder taflig, blättchenförmig, pyramidenförmig etc.
Eine und dieselbe Krystallform kann, wie wir schon oben bei der
Betrachtung der hexagonalen und quadratischen Formen gesehen haben,
sehr verschiedenen Habitus zeigen. Ein hexagonales Prisma mit der
Basis kann säulig, nadel- oder haarför'mig, taflig oder blättchenförmig
ausgebildet sein, je nachdem die Prismen dick oder dünn und die Basis-
flächen weit voneinander entfernt sind, oder einander nahe liegen. —
Ein quadratisches Oktaeder mit der Basis zeigt pyi^amidenförmigen
Habitus, wenn die Endecken nur wenig, dagegen taf ligen oder blättchen-
förmigen Habitus, wenn sie stark bis sehr stark abgestumpft sind, so
daß von den Pyramidenflächen schließlich nur äußerst schmale Streifen
übrig bleiben. Ähnliche Verschiedenheiten in der Ausbildung können
Beschaffenheit der Erystallfi&cheiL 213
bei anderen Erystallformen vorkommen. Umgekehrt kann aber auch
derselbe Habitus bei der verschiedenartigsten, krystallographischen
Begrenzung wiederkehren. Eine Nadel kann ein hezagonales, quadra-
tisches oder ein anderes Prisma von langer und dunner Gestalt^ eine
Tafel eine hexagonale oder quadratische Pyramide oder irgend ein
Prisma mit nahe beieinander liegenden Basisflächen darstellen etc.
Wenn man Erystalle als Nädelchen, Täfelchen, Blättchen etc. be-
schreibt, so ist das vollkommen unbestimmt. Es wird damit nur etwas
über den verhältnismäßig gleichgültigen Habitus, aber nichts über die
sehr viel wichtigere eigentliche Krystallform ausgesagt Eine und
dieselbe Substanz kann unter gewissen Umständen Nädelchen, unter
anderen Umständen Blättchen bilden und doch jedesmal krystallogra*
phisch genau dieselbe Begrenzung haben.
Durch die verschiedene Ausbildung gleicher Flächen bei der Ver-
zerrung wird eine ganz andere Symmetrie, und zwar eine niedrigere
nachgeahmt, als sie dem Krystall eigentlich zukommt Umgekehrt
kann durch das Gleichwerden der Form krystallographisch ungleicher
Flächen die Symmetrie scheinbar erhöht werden. Ein Würfel kann
scheinbar quadratisch und rhombisch werden, wenn die Parallelflächen
verschiedene Entfernung voneinander haben. Ein reguläres Oktaeder,
bei dem zwei gegenüberliegende Flächen nahe zusammen oder weit
auseinander rücken, bildet ein scheinbares Bhomboeder mit der Basis.
Granatoeder geben, in der Richtung einer vierzähligen Sjrmmetrie-
achse verkürzt oder verlängert, eine scheinbar quadratische, in der
Richtung einer dreizähligen Symmetrieachse verkürzt oder verlängert
eine scheinbar rhomboedrische Kombination etc. Ein Würfel kann
daher regulären, quadratischen oder rhombischen, ein Oktaeder regu-
lären oder rhomboedrischen, ein Granatoeder regulären, quadratischen
oder rhomboedrischen, alle auch u. a. einen ganz unregelmäßigen Habitus
annehmen etc. Die in der Idealform gleichen Winkel und die Flächen-
beschaffenheit bleiben dabei jedoch selbstverständlich immer dieselben,
so daß man daran, auch bei Verzerrung zu ganz symmetrielosen
Formen, die richtigen Symmetrieverhältnisse zu erkennen vermag,
wenn schon oft nur durch eingehendes und mühevolles goniometrisches
Studium.
Einen gewissen Einfloß anf den Habitos der ErystaUe hat auch das Euweilen
zn beobachtende yoUkommen gesetzlose Fehlen einzelner von den der Symmetrie
nach eigentlich za erwartenden Flächen. Anch diese Erscheinung wird zuweilen
Meroedrie genannt (63).
175. Krystallflachen. Die Krystallflächen sind, wie schon oben
erwähnt wurde (8), kaum jemals vollkommen eben und glatt. Am
meisten ist dies noch bei kleinen aufgewachsenen Krystallen der Fall,
welche daher auch zu goniometrischen Messungen am geeignetsten sind.
214 Beschaffenheit der Krystallflächen.
Abweichungen von der Ebenheit, also krumme Flächen und da-
mit auch krumme Kanten, kommen nicht so gar häufig vor; die ge-
krümmten Flächen sind meist konvex, seltener konkay. So ist es
beim Diamant, der fast ausschließlich krumme Begrenzungsflächen hat ;
nur die an ihm vorkommenden Oktaederflächen sind stets eben. We-
niger häufig finden sich krumme konvexe Flächen an Gypskrystallen,
die zuweilen linsenförmig gerundet aussehen. Eigentümlich sind die
sog. geflossenen Krystalle, deren Flächen und Kanten so abgerundet
sind, wie wenn sie eine oberfiächliche Schmelzung erlitten hätten (was
aber nicht immer der Fall ist); so bei manchen Krystallen des Apatit,
des Augit^ der Hornblende, des Bleiglanzes etc. Namentlich die in
Eontaktzonen (302) im kömigen Kalk eingewachsenen Krystalle zeigen
häufig diese Erscheinung.
Vielfach ist die Flächenkrümmung nur eine scheinbare; die
Flächen sind aus einer größeren Anzahl von kleinen ebenen Flächen-
elementen zusammengesetzt, welche annähernd aber nicht ganz voll-
kommen in ein Niveau fallen. Dies ist einmal der Fall, wenn eine
größere Anzahl von kleinen ebenflächigen Krystallen in nicht voll-
kommen paralleler (hypoparalleler) Stellung miteinander verwachsen.
So entstehen z. B. die krummen Flächen der sattelförmigen Braun-
spatkrystalle (Fig. 265), ebenso diejenigen des kugeligen Prehnits, des
garbenförmigen Desmins (Fig. 256) und mancher Bergkrystalle. In
anderer Weise wird die scheinbare BjrümmuDg dadurch hervorgebracht,
daß an völlig einheitlich gebauten Krystallen in einer Zone zahlreiche
sehr schmale Flächen auftreten, welche zusammen den Eindruck einer
kontinuierlichen cylinderförmigen Krümmung hervorbringen, z. B. beim
hexagonalen Beryll (116), beim quadratischen Vesuvian (134).
Abweichungen von der vollkommenen Glätte bei in ihrer Haupt-
erstreckung ebenen Flächen, d. h. das Auftreten kleiner Rauhigkeiten
auf in der Hauptsache ebenen Flächen ist häufiger, als die Krümmung.
Nach der speziellen Beschaffenheit unterscheidet man : Drüsige Flächen,
viele kleine von anders gerichteten Flächen begrenzte Krystallecken
sitzen auf den Flächen auf. Solche drusige Flächen sind z. B.
die Flächen der aus parallelen Würfelchen verwachsenen okta-
edrischen FlußspatkrystaUe (Fig. 254). Bei rauhen Flächen sind
diese kleinen Erhabenheiten scharfkantig und eckig, aber unregelmäßig
begrenzt. Diese Unregelmäßigkeiten sind vielfach sehr fein und dann
die Flächen stets matt. Kömige Flächen sind von kleinen rundlichen
Erhabenheiten bedeckt. Manche Flächen tragen wenige regelmäßig
gestaltete größere Erhabenheiten ; so die Dihexaederfiächen des Quarzes
vielfach flache gerundet dreiseitige Schuppen {schuppige Flächen) etc.
Auf manchen Flächen sitzen in großer Zahl und dicht nebeneinander
kleine sehr niedrige Pyramiden, begrenzt von Seitenflächen, welche von
Beschaffenheit der KrystaUfiächen. 215
jenen Flächen nur um sehr kleine Winkel abweichen (vizinale Flächen,
176), und an den Ecken parallel mit der betr. Fläche sehr breit ab-
gestumpft. Solche Flächen heißen parkettiert oder facettiert; sie finden
sich am Zinnstein, Vesuvian etc.
Besonders hänfig bemerkt man auf den Erystallflächen eine mehr
oder weniger regelmäßige Streifung oder Biefung, Sie ist teils fein,
teils dick und grob, geradlinig oder auch wohl gebogen und krumm,
und verläuft auf den Flächen meist in einer ganz bestimmten Sich-
tung, so z. B. auf den Würfelflächen des Schwefelkieses parallel den
Wurfelkanten, auf den Prismenflächen des Quarzes senkrecht zu den
Prismenkanten und parallel den Kanten zu den Rhomboederflächen etc.
Seltener ist es, daß auf einer Fläche in mehreren Richtungen Streifen
gehen, die sich dann aber meist nicht schneiden, sondern längs einer
geraden Linie zusammenstoßen und eine federartige Streifung bilden.
Diese findet sich vorzugsweise bei Zwillingen (160), aber auch bei
einfachen Erystallen (Glimmer, Chabasit). Die Streifen sind oft durch .
auf den Flächen aufsitzende, feine, langgezogene Erhabenheiten ge-
bildet, besonders die nicht ganz geradlinige Streifung. Nicht selten
entsteht die Streifung aber auch dadurch, daß zwei Flächen vielfach
wiederholt treppenförmig (oscillatorisch) miteinander abwechseln, so
z. B. beim Quarz die Prismenfiächen und die darüber liegenden
Rhomboederflächen. Je niederer und kleiner die Treppen sind, desto
feiner die Streifung, die nach ihrer Entstehung als Kombinations'
streifung bezeichnet wird. Diese treppenförmige Abwechslung von
Flächen bringt zuweilen stark gestreifte Scheinflächen hervor. So
findet man die Schiefendflächen P und x an manchen Feldspat-
krystallen (Adular) derart miteinander oscillatorisch vielfach ab-
wechselnd, daß aUe dadurch entstehenden Kanten in eine Ebene
fallen, welche dann als eine scheinbare, in der Richtung dieser
Kanten stark gestreifte Fläche an dem Krystall sich darstellt.
Aber nicht nur durch Erhabenheiten wird die Glätte und Eben-
heit der Krystallflächen gestört, sondern auch durch Vertieftmgen, In
viele Flächen sind kleine mehr oder weniger regelmäßige Vertiefungen
eingesenkt, zuweilen von ganz ebenen kleinen Flächenelementen be-
grenzt, die sich in scharfen nach innen gerichteten Kanten und Ecken
schneiden und die ganz bestimmten Krystallflächen parallel gehen.
Zuweilen werden diese Vertiefungen aber auch von ganz unregel-
mäßigen Flächen gebildet, besonders wenn sie größer sind. Es sind
dies wahrscheinlich zum Teil nicht ursprüngliche Unregelmäßig-
keiten, sondern sie sind durch die korrodierende Tätigkeit des
Wassers und anderer Agentien später eingeätzt, es sind natürliche
Ätzfiguren (200). Sind die Vertiefungen der Flächen zahlreich,
groß, unregelmäßig, scharfkantig und eckig, wenn auch nicht
216 Vudnale Flächen. Erystallskelette.
gerade ebenflächig begrenzt, so heißt die Fläche eerfressen (zerfressene
Krystalle).
Eine eigentümliche Art von Rauhigkeit zeigen die Krystalle
mancher Mineralien dadurch, daß ihre Flächen mit oft staubförmig
feinen Teilchen einer fremden Substanz bedeckt sind. Dabei herrscht
nicht selten die Gesetzmäßigkeit, daß auch hierin die gleichwertigen
Flächen eines Erystalls sich gleich und von den anderen verschieden
verhalten. Manche Flächen sind in dieser Weise bestäubt, andere an
demselben Erystall nicht. So sind an zahlreichen Erystallen des
alpinen Adulars (vgl. Fig. 496) die Flächen des Klinopinakoids M
und des Prismas z mit grünem Chloritstaub überzogen, die anderen
Flächen nicht etc.
176. Tlsinale Flftehen* Eine eigentümliche Erscheinung, welche die Be-
sch&tfenheit der Erystallflächen vieler Mineralien zuweilen beeinflaßt, sind die sog.
vizinalen Flächen. Diese Erscheinung besteht darin, daß eine Fläche, welche nach
ihrer Lage gegen die anderen Flächen einen durch einfache Indices bestimmten
Ausdruck zu haben scheint, nach mehreren über sie hinweggehenden sehr stumpfen
geraden Kanten gebrochen oder geknickt ist und dadurch in eine Anzahl von Flächen-
stücken zerfällt, welche miteinander und mit der Fläche, welche auf den ersten
Blick allein vorhanden zu sein scheint, sehr stumpfe Winkel machen. Diese Flächen-
stücke sind vizinal zu der großen scheinbaren Gesamtfläche, der zuweilen eine der
Facetten genau parallel geht, zuweilen auch nicht. Diese Teilflächen liegen oft in be-
stimmten Zonen und haben rationale Indices, sind also echte ErystaUflächen, die
Ausdrücke sind aber sehr kompliziert. So sieht man z. B. an Adularkrystallen häuflg
die Prismenflächen T durch solche stumpfe Kanten abgeteilt. Es ist nicht mehr die
Fläche T mit dem Ausdruck ooP (110) rechts und links von der Querfläche K
vorhanden, sondern in dem Fig. 293 als Beispiel gezeichneten Fall
sind statt T die diesem sehr nahe liegenden Flächen | = 43 . 42 . 1 ;
S = 71 . 70 . 1 etc. vorhanden. Eine dieser Facetten ist auch genau
mit T paraUel und hat also den Ausdruck: r=110. Eine ähn-
liche Erscheinung etwas anderer Art ist mit dem Namen Polyedrie
Fig. 293. belegt worden. (Websky, Ztschr. d. deutsch, geol. Ges. Bd. 15, 1863,
pag. 677. A. Scacchi, ibid. pag. 16.)
177. Krystallskelette. Eine eigentümliche Beschaffenheit nimmt
oft die Oberfläche der Krystalle an, wenn beim Wachstum derselben
die neue Substanz sich vorzugsweise an einzelnen Stellen anhäuft.
Geschieht dies an den Kanten, so ist die Folge, daß die Flächen nach
ihrer Mitte hin vertieft erscheinen (Quarz). Ist diese Anhäufung an
den Kanten so regelmäßig, daß die Vertiefung nach dem Innern der
Flächen in ebenflächigen und geradlinigen Treppen erfolgt, wie z. B.
nicht selten am Bleiglanz, dann heißt die Fläche kastenförmig vertieft
Zuweilen ist die Einsenknng der Fläche nur gering und seicht, zu-
weilen ist die Substanz des KrystaUs so sehr an den Kanten koncen-
triert, daß von den Flächen aus tiefe Höhlungen oft bis zum Krystall-
mittelpunkt reichen. Dann ist der Krystall durch die Kanten ge-
Krystallschalen. ZonarstniktiLr. 217
wissermaßen nur im umriß angedeutet, aber die Umrisse sind nicht
mit Masse ausgefüllt. Solche Bildungen heißen KrystcdlsMette (Berg-
krystall; Bleiglanz). Einsenkungen der Krystallflächen werden übrigens
auch zuweilen durch teilweise Wegführung der Substanz aus dem
Krystall hervorgebracht; so sind z. B.bei den in Malachit verwandelten
Krystallen von Rotkupfererz aus Chessy bei Lyon die Flächen in der
Mitte vertieft, weil bei der Umwandlung mehr Substanz weg- als zu-
geführt wurde, so daß die entstehende Verbindung (der Malachit) den
durch die Kanten des Rotkupfererzkrystalls im Umriß angegebenen
Raum nicht mehr völlig ausfüllen konnte.
Häuft sich die Masse mehr auf den Flächen an, so sind diese
in ihrer Mitte erhöht, und an den Kanten sind infolgedessen die
Krystalle vertieft — eingekerbte Kanten — . Solche beobachtet man
bei manchen Quarzen, beim Rotkupfererz, Gold, Silber etc. (siehe da-
gegen die infolge von Zwillingsbildung eingekerbten Kanten des
Diamaut).
178. Krystallschalen. Sehr verbreitet ist der schalige Aufbau
vieler Krystalle, der die Folge der allmählichen, z. T. sogar einer
intermittierenden Bildung ist. Häufig ist nur der Kern von der
Hülle verschieden, wie bei den amerikanischen Turmalinen, wo eine
äußere grüne Schicht eine innere rote Partie umgibt Oft liegen
aber auch einzelne dünnere Schichten parallel der äußeren poly-
edrischen Umgrenzung in größerer Anzahl übereinander. Diese
hängen meist fest zusammen, sie treten aber auf dem Bruch der
Krystalle deutlich hervor, wenn sie kleine Unterschiede im Aussehen,
also in Farbe, Durchsichtigkeit etc. erkennen lassen (ZonarstruUur).
So ist es z. B. bei den Krystallen des gemeinen Quarzes, die häufig
aus einer sehr großen Zahl solcher dünnen Lagen aufgebaut sind
Bei manchen Mineralien tritt die Schichtenbildung erst bei der Ver-
witterung deutlich hervor oder bei künstlichem Anätzen der Brnch-
flächen. Bei manchen anderen Krystallen sind die Schichten nament-
lich in der Farbe so verschieden, daß sie auf den ersten Blick und
mit größter Deutlichkeit ins Auge fallen, so bei manchen Amethysten,
in denen vielfach einzelne Lagen weißen Quarzes parallel mit den
äußeren E[rystallflächen eingeschaltet sind. Manchmal trägt ein
Kemkrystall nur Ecken desselben Minerals von anderer Farbe, z. B.
gibt es violette Würfel von Flußspat mit weißen Ecken etc. Sehr
deutlich tritt diese allmähliche Bildung der Krystalle hervor, wenn
die Oberfläche eines im Innern steckenden Kernes mit einer dünnen
Schicht eines anders gefärbten fremden Minerals bedeckt ist. So findet
man nicht selten Bergkrystalle, in denen ein kleinerer Bergkrystall-
kem steckt, dessen Rhomboederflächen mit Ghloritstaub bedeckt sind.
218 Sandührstniktiir.
SO daß ein kleines grfines, der äußeren Begrenzung paralleles Dihexa-
eder durch die äußere wasserhelle Substanz durchscheint. Am deut-
lichsten wird aber der Aufbau aus einzelnen Schichten, wenn diese
nicht fest zusammenhängen, sondern nur lose übereinander liegen und
sich voneinander abheben lassen, wie z. B. bei dem sog. Eappenquarz,
bei manchen E[rystaUen von Epidot^ Vesuvian, Wolframit etc.
Als eine häufige Erscheinung zeigt sich die Schalenbildung (Zonar-
struktur) der Mineralien unter dem Mikroskop. Die Leucite, Feld-
spate, Granaten, Augite etc. in den Gesteinen erweisen sich häufig
als aus einzelnen dünnen Schichten aufgebaut, welche sich koncentrisch
um einen centralen Kern herumlagem und die in ihrer äußeren Form
mehr oder weniger vollkommen mit dem Kern und miteinander über-
einstimmen.
Die Schalenbildung kommt dadurch zu stände, daß bei der Ent-
stehung der ErystaUe das Wachstum durch Ablagerung immer neuer
Schichten auf der jeweiligen Oberfläche erfolgt Sind diese Schichten
alle vollkommen gleichartig und wird der Bildungsprozeß in keiner
Weise gestört oder gar unterbrochen, dann sind sie einzeln nicht be-
merkbar; derErystall erscheint vollkommen homogen und zusammen-
hängend. Ändert sich dagegen während des Prozesses die Lösung
oder der Schmelzfluß, worin der Krystall wächst, dann werden auch
die neugebildeten Schichten von den älteren Teilen des Krystalls ver-
schieden sein können und sich in Farbe, Durchsichtigkeit etc., kurz
im ganzen Aussehen und z. T. auch in ihren physikalischen Eigen-
schaften von der letzteren mehr oder weniger deutlich abheben.
Tritt eine solche Änderung nur einmal ein, dann ist ein Kern von
einer davon abweichenden Hülle umgeben. Geschieht dies öfter, dann
entspricht jeder einzelnen Änderung eine in ihrer Beschaffenheit von
der benachbarten verschiedene Schicht und umgekehrt Tritt eine
Unterbrechung im Wachstum ein, wächst der Krystall nicht stetig,
sondern intermittierend, und bedeckt sich dabei die Oberfläche des-
selben mit einer noch so dünnen Schicht einer fremden Substanz, so
hängen die neugebildeten Schichten vielfach nicht mehr fest an ihrer
Unterlage und lassen sich nun kappenförmig von dem Kern abheben.
179. Sanduhrstruktnr. Die Ablagerung der neuen Substanz bei
der Vergrößerung eines Krystalls geht von dessen Flächen aus. Über
jeder Fläche schreitet das Wachstum in der erwähnten Weise weiter.
Die neuen Schichten über jeder Fläche werden immer größer und
ausgedehnter und grenzen in den Kanten und Ecken an die zu den
benachbarten Flächen gehörigen gleichalteu Schichten. Der ganze
Krystall kann so als zusammengesetzt aus einer der Anzahl seiner
Flächen entsprechenden Zahl von Pyramiden gedacht werden, deren
EiiiBchlttBse.
219
Fig. 294.
Spitzen im Krystallmittelpnnkt liegen, deren Basis die betr. Fläche ist
und die sich nach außen allmählich immer mehr vergrößern und er-
weitem (Fig. 294). Sie werden danach als AmoachS'
Pyramiden oder Anwachskegel bezeichnet. Wie die Krystall-
flächen in ihrer Beschaffenheit verschieden sein können
(8), so können u. U. auch die zu ihnen gehörigen An-
wachskegel in ihrer Beschaffenheit und in ihrem Aus-
sehen, besonders in der Färbung, verschieden werden.
Die sich gleichzeitig ablagernden Schichten sind dann
auch nicht mehr rings um den Erystall herum einander
gleich, sondern von den anstoßenden über den benach-
barten Flächen etwas verschieden. Die Folge eines
derartigen Aufbaues aus verschiedenen Anwachskegeln
ist dann nicht selten eine Struktur des Erystalls, die sich, wie
Fig. 294 deutlich zeigt, mit der einer Sanduhr vergleichen läßt
und die danach als Sanduhrstruktur bezeichnet wird. Sie kann beim
Chiastolith, bei manchen Augiten und auch bei sonstigen Mineralien
beobachtet werden.
ISO. Einschlüsse. Auch die Eigenschaft der Homogenität ist
bei den Krystallen oft nur unvollkommen ausgebildet. Dies zeigt
schon der soeben betrachtete schalige Aufbau vieler derselben. Noch
größer ist jedoch die Störung der gleichmäßigen Beschaffenheit durch
die Anwesenheit fremder Substanzen im Innern der Erystalle, die
man als MnsMüsse (Interpositionen) bezeichnet und die beim Wachs-
tum der Erystalle in diesen eingehüllt wurden. Sie können fest,
flüssig oder gasförmig sein. Zwischen ihnen ist die Substanz des
umhüllenden Erystalls, des sog. Wirts, vollkommen homogen, aber die
Homogenität des ganzen Gebildes wird durch ihre Anwesenheit mehr
oder weniger beeinträchtigt. Sie finden sich häufig nur vereinzelt,
oft sind sie aber auch in beträchtlicher Zahl vorhanden und in manchen
Fällen bilden sie sogar einen größeren Teil des Ganzen, als der Wirt.
Sie sind entweder regellos durch den ganzen Erystall zerstreut oder
auf einzelne Stellen beschränkt. Häufig sind sie auch in einer ge-
wissen Gesetzmäßigkeit in demselben angeordnet: mehr nach der Mitte
oder mehr nach der Peripherie hin angehäuft, oder in Schichten, die
durch einschlußarme oder -freie Schichten voneinander getrennt sind,
oder in zusammenhängenden Schwärmen, die den Erystall durch-
ziehen etc. Manchmal sind sie schon mit bloßem Auge deutlich zu
sehen, sehr viel häufiger sind sie jedoch mikroskopisch klein und nur
in bis zur Durchsichtigkeit dünn geschliffenen Platten der betreffenden
Mineralien, sog. Dünnschliffen, unter dem Mikroskope erkennbar.
181. Feste Elnschlttsse. Die festen Einschlüsse sind teils amorph,
teils krystallisiert Amorph sind sie hauptsächlich in solchen Mine-
220 Feste Einschlüsse.
ralien, welche die aus fearigem Fluß erstarrten Lavagesteine zu-
sammensetzen und denen daher ebenfalls eine derartige Entstehung
zuzuschreiben ist. Es ist hier glasartig erstarrte Gesteinsmasse,
welche nicht Zeit hatte, sich bei der Festwerdung des Ganzen in
Krystallen auszubilden. Feldspate, Leucite, Quarze etc. aus Basalten,
Trachyten, Lipariten, Felsitporphyren etc. zeigen solche Einschlüsse,
nicht selten in mehr oder weniger großer Zahl. Die einzelnen Ein-
schlüsse sind mikroskopisch klein, erreichen aber auch zuweilen eine
erhebliche Größe. Manchmal haben sie die Gestalt, welche die äußere
Begrenzung des umgebenden Krystalls zeigt (Glaseinschlüsse von der
Form des Wirts). In diesem sind sie auch in einzelnen Fällen in
irgend einer regelmäßigen Weise eingelagert z. B. in Zonen parallel
mit der äußeren Begrenzung etc. Solche Glaseinschlüsse sind sichere
Beweise für die Erstarrung der betr. Mineralien und Gesteine aus
dem Schmelzfluß, also für ihre vulkanische Entstehung.
Häufiger sind Einschlüsse von Krystallen in anderen Krystallen.
Die Formen der Einschlüsse sind verschieden. Nicht selten sind es
lange Prismen z. B. von Strahlstein, oder Eutil, oder Turmalin etc.,
besonders im Bergkrystall, welche manchmal mit einem Ende aus
diesem mehr oder weniger weit hervorragen. In anderen Fällen sind
es dünne Plättchen und Schüppchen, wie z. B. die Eisenglanz- oder
Goethitschuppen in dem Oligoklas (sog. Sonnenstein) von Tvedestrand
in Norwegen, in welchem alle diese Schüppchen parallel mit der
Hauptspaltungsfläche des Oligoklas eingewachsen sind. Auch im
Camallit findet man solche dünnen roten Schüppchen. Kömchen von
Magneteisen, Quarz etc. trifft man in vielen Mineralien,
Sind die eingeschlossenen Kryställchen sehr klein und nur noch
unter dem Mikroskop erkennbar, so nennt man sie Mihrolithen, Man
spricht so von Augit-, Nephelin- etc. Mikrolithen, doch sind diese
kleinen Gebilde oft ihrer mineralogischen Natur nach nicht sicher be-
stimmbar. Auch die Mikrolithen sind zuweilen in regelmäßiger Weise
in den Krystallen eingewachsen, so z. B. die Eisenglanzschuppen in
dem oben erwähnten Sonnenstein, Magneteisenkörnchen in Flächen
parallel mit den Kry stallflächen des einschließenden Leucits; in manchen
Glimmern findet man in drei unter 60® gegeneinander geneigten
Kichtungen parallel den Hauptblätterbrüchen sehr dünne Nädelchen
eines anderen Minerals in zahlloser Menge eingelagert, welche den
Asterismus (264) dieser Glimmer hervorbringen etc. Nicht ungewöhn-
lich ist eine Verteilung in einzelnen Schichten, die durch einschluß-
freie, reine Schichten voneinander getrennt sind.
Die Zahl der eingeschlossenen Kryställchen ist manchmal gering,
manchmal sehr groß, so daß nicht selten der ganze an sich farblose
und durchsichtige Wirt von ihnen scheinbar gleichmäßig getrübt und
Flüssigkeitseinschlfisse. 221
gefärbt erscheint. So ist der schon erwähnte Gamallit durch die
Eisenglanz- oder Goethiteinschlüsse rot, der Sonnenstein erhält dnrch
diese Schüppchen einen eigentümlichen rötlichen Lichtschein, mancher
Bergkrystall wird durch Einschluß massenhafter staubartiger Chlorit-
partikelchen dunkelgrün; ebenso wird mancher Quarz grün durch
Strahlsteinnädelchen etc. Ist aber die Zahl der Einschlüsse auch oft
sehr groß, so ist wegen der äußersten Kleinheit oder Dünne derselben
ihre Masse doch gering. So beträgt z. B. im Sonnenstein der Oehalt
an Fe^O^ nur ca, ^U^U^ trotzdem die Eisenoxydschüppchen so zahl-
reich eingewachsen sind, daß sie den roten Schiller in dem Mineral
erzeugen können, aber diese Plättchen sind eben äußerst dünn. Viel-
fach ist die Masse der Einschlüsse allerdings größer, am größten
wohl bei dem sog. krystallisierten Sandstein von Fontainebleau : Kalk-
spatkrystalle mit eingeschlossenen Sandkörnern, welche ca. -/b ^^^
ganzen Masse der Krystalle ausmachen ; ähnlich die zu rosenähnlichen
Gruppen verbundenen Schwerspatkrystalle von Eockenberg bei Butz-
bach in Oberhessen.
(Söchting, Seyffert, Leonhard und Blum, Einschlüsse von Mineralien in krystaUi-
sierten Mineralien. Haarlem 1854. Yergl. auch die in (3) angeführten Werke über
die mikroskop. Verhältnisse der Mineralien, bes. von y. Lasanlx, Rosenbusch and
Zirkel, auch in Bezug auf den nächsten Abschnitt.)
182. Flttssigkeltselnschlüsse. Man findet in den Mineralien
vielfach Hohlräume, welche selten ganz, meist nur teilweise mit einer
Flüssigkeit erfüllt sind. Namentlich in mikroskopischer Kleinheit sind
solche Einschlüsse sehr häufig, besonders im Quarz, Olivin und noch
in vielen anderen Mineralien. Sie finden sich teils einzeln, teils in
größerer Zahl nebeneinander, vielfach gleichmäßig durch den Wirt
zerstreut, oder stellenweise angehäuft, oder in zusammenhängenden
Zügen oder Schwärmen gruppiert, endlich auch ganz unregelmäßig
verteilt. Indessen sind solche Einschlüsse von makroskopischen
Größen, die mit bloßem Auge beobachtet werden können, gleichfalls
nicht selten, so z. B. im Quarz von Poretta bei Bologna, in manchen
Steinsalzkrystallen und anderen aus wäßriger Lösung gebildeten
Mineralien. Am größten sind die Flüssigkeitseinschlüsse wohl beim
sog. EnhydroSj einem Ghalcedon, der als dünne Hülle linsenförmig
rundliche halb mit Flüssigkeit erfüllte Hohlräume, oft von mehreren
Eubikcentimetem Inhalt, umschließt. Sind solche Hohlräume nicht
ganz mit der Flüssigkeit erfüllt , so steht in ihnen an der höchsten
Stelle eine Luft- oder Gasblase, die sich beim Neigen des Stückes
hin- und herbewegt, eine sog. Libelle, An dieser wird die flüssige
Natur eines solchen Einsclüusses oft am sichersten erkannt. Dies
ist auch unter dem Mikroskop möglich, wo man die Libellen häufig
ohne erkennbaren äußeren Anlaß lebhaft hin und her zittern und
222 Gasförmige Einschlttsse.
schwanken sieht. Die Flussigkeitseinschlflsse sind oft von einfach
rundlicher Form, nicht selten aber auf das komplizierteste nach allen
Richtangen verästelt und schlauchförmig verzweigt. Gar nicht un-
gewöhnlich sind sie aber auch von regelmäßig ebenen Flächen parallel
der äußeren Begrenzung des Wirts begrenzt; auch sie haben nicht
selten die Form des Wirts, wie z. B. in manchen Quarzen, besonders
schön in manchen Steinsalzkrystallen etc. Die eingeschlossene Flüssig-
keit ist von verschiedener Natur, bald fast reines Wasser, bald NaCl-
Lösung, bald flüssige Kohlensäure etc. Meist hat sie die Beschaifen-
heit der nach der Ausbildung der Erystalle übrig gebliebenen Mutter-
lauge.
183. Gasförmige Elnschlfisse. Neben den Flüssigkeitseinschlüssen,
vielfach aber auch ganz anabhängig und getrennt von ihnen trifft
man leere Einschlüsse, d. h. solche, die nur von einem Gas oder einem
Dampf erfüllt sind. Derartige Einschlüsse werden daher auch wohl
Gasporen oder Dampfporen genannt. Ihre Form ist meist rundlich,
gewöhnlich einfach, selten kompliziert verzweigt und verästelt wie
bei den Flüssigkeitseinschlüssen. Nicht ungewöhnlich haben auch
sie die Form des Wirts, wie z. B. in den Bergkrystallen von Middle-
ville, New York, wo sie bis 3 mm groß werden. Sie bilden dann die
sog. negativen Krystalle, von denen man aber in derselben Weise
auch bei Flüssigkeitseinschlüsaen von der Form des Wirts spricht.
Außer im Quarz sind solche leere negative Erystalle ganz besonders
auch im Gips, im Topas und im Eis beobachtet worden. Wie die
Flüssigkeitseinschlüsse, so sind auch die Dampfporen meist mikro-
skopisch klein, nicht selten aber auch mit bloßem Auge zu sehen;
wie diese sind auch sie, bald einzeln, bald reichlicher und in ähn-
licher Verteilung vorhanden. Es ist meistens Wasserdampf, Kohlen-
wasserstoff, Kohlensäure, Stickstoff und Sauerstoff. Manchmal sind
diese Gase unter einem höheren Druck in den Hohlräumen ein-
geschlossen, wie dies das sog. Knistersalz von Wieliczka zeigt. Dies
ist ein Steinsalz mit zahlreichen Einschlüssen von Sumpfgas und Stick-
stoff. Bringt man davon ein Stück ins Wasser, dann werden die
Hüllen, welche die Einschlüsse umgeben, von diesem aufgelöst und
daher immer dünner, bis das hochgespannte Gas die einschließenden
Wände des Steinsalzes, unter Erregung deutlicher Töne sprengt Bei
dem ganzen Lösungsprozeß hört man daher fortdauernd ein knisterndes
Geräusch und sieht gleichzeitig Gasblasen in großer Menge aufsteigen
und entweichen.
184. Ansbildung der Krystalle. Die in der Natur vorkommenden
Krystalle finden sich in zweierlei Weise ausgebildet: einmal ringsum
mit allen von der Symmetiie erforderten Flächen ausgestattet^ sodann
Eing^ewachsene ErystaUe. 223
an einer Stelle mehr oder weniger verkflmmert oder verstümmelt.
Dies hängt auf das Engste mit der Art nnd Weise des Vorkommens
nnd der Bildung der Krystalle zusammen. Bingsum vollständig aus-
gebildet sind diese, wenn sie sich in einer weichen und nachgiebigen
Umgebung schwebend oder schwimmend entwickelt haben, in der sie
später nach Festwerdnng des Ganzen eingebettet liegen (eingewachsene
KfTfstaUe). Unvollständig sind sie, wenn sie im freien Raum auf einer
Unterlage sitzend entstanden sind, von der aus sie mit ihrem freien
Ende in diesen leeren Raum hineinragen (aufgewachsene Krystalle),
Manche Mineralien finden sich nur eingewachsen (Boracit); manche
nur aufgewachsen (Kalkspat); manche andere endlich, und zwar die
meisten, bald in der einen, bald in der anderen Weise, je nach der
speziellen Art ihrer Entstehung.
185. Eingewachsene Krystalle. Die eingewachsenen Krystalle
finden sich zum Teil nur vereinzelt in der sie umgebenden Masse
(Grundmasse, Muttergestein), zum Teil sind sie darin in größerer Zahl
vorhanden; man nennt dies dann auch wohl eingesprengt. Sind sehr
viele kleine KrystäUchen (oder derbe Kömchen) eines Minerals in
einem anderen Mineral oder in einem Gesteine eingesprengt, so sagt
man, das letztere Mineral oder Gestein sei mit dem ersteren Mineral
imprägniert. Eingewachsene Krystalle, wie z. B. Feldspat und Quarz
im Porphyr, Granat im Glimmerschiefer, Magneteisen im Chlorit-
schiefer, Schwefelkies im Tonschiefer etc. sind rundum vollkommen
ausgdnldet, zu jeder Fläche, Kante und Ecke ist das parallele Gegen-
stück vorhanden, aber die Flächen sind infolge der innigen Berührung
mit der Umgebung meist matt, sogar rauh. Diese Krystalle müssen
sich in einer nachgiebigen Masse (meist ist es ein Schmelzfluß)
schwimmend oder schwebend gebildet haben, sonst hätten sie sich
nicht nach allen Richtungen hin in der Hauptsache ungehindert ent-
wickeln können.
Die eingewachsenen Krystalle liegen entweder getrennt und ohne
Znsammenhang in der Grundmasse, wie z. B. der Granat im Glimmer-
schiefer etc., oder sie sind zu mehreren miteinander verwachsen. Der-
artige aus mehreren Krystallen bestehende, in einer Grundmasse ein-
gelagerte Zusammenhäufungen nennt msn KrystaUgruppen-^ sie können
die verschiedenartigste Gestalt haben, sind aber meist kugel- oder
knollenförmig. Solche Gruppen bildet z. B. der Gips im Ton, die
Kupferlasur von Chessy ebenfalls im Ton etc. Mehr oder weniger
zahlreiche Krystallspitzen, jede einem der zusammengewachsenen Indi-
viduen angehörig, ragen an ihrer Oberfläche weiter oder weniger weit
hervor. Werden diese Individuen kleiner, resp. die polyedrische Be-
grenzung der aus der Oberfläche der Gruppe herausragenden Krystall-
224 Aufgewachsene Erystalle.
spitzen anregelmäßig, unyoUkomnien and nndeatlich, so nähern sich
die Grappen immer mehr krystallinischen Aggregaten mit randlicher
Oberfläche (187).
186. Anfgewachsene Krystalle. Die aufgewachsenen Erystalle
sitzen an dem einen Ende mit einer mehr oder weniger aasgedehnten
Fläche, der Ansatzstelle, aaf der Unterlage anf und ragen mit dem
anderen Ende frei in einen Hohlraam hinein. Die Ansatzstelle ist
oft nnr klein, manchmal aber anch sehr aasgedehnt Nimmt man
einen solchen Krystall von der Unterlage ab, so ist er an der Ansatz-
stelle unvollständig ausgeMdet, da hier sich natürlich keine Flächen
entwickeln konnten. Man kann aber, wie wir schon gesehen haben,
ein solches Krystallbruchstück nach den Gesetzen der Symmetrie und
des Flächenparallelismas meist leicht ergänzen (8). Die Flächen der
anfgewachsenen KiystaUe sind meist glatt und glänzend und daher
zur krystallographischen Untersuchung mit dem Goniometer besonders
geeignet, trotz ihrer UnvoUständigkeit.
Selten sieht man einen einzelnen Krystall aufgewachsen, meist
sind mehrere vereinigt und bilden eine Drtise (Krystalldruse, z. B.
Kalkspat-, Bleiglanz- etc. Druse). Wenn die Krystalle der Druse sehr
klein sind und gi'ößere Flächen der Unterlage bedecken, so spricht
man wohl von einem Rasen. Die einzelnen Krystalle einer solchen
Druse sind meist ganz regellos gegeneinander gestellt, zuweilen zeigen
sie aber doch eine gewisse Begelmäßigkeit in der Anordnung; man
nennt dies dann wohl einen KrystaUstock, So sind manchmal, aber
selten, alle Krystalle einer Druse parallel, oder sie konvergieren alle
nach einem Punkte, wobei sie entweder langprismenförmig (z. B.
Natrolith) oder dünn tafelförmig sind (Eisenglanz bei den sog. Eisen*
rosen der Alpen), oder die Krystalle bilden dünne Tafeln, welche
fächerförmig von einer allen gemeinsamen Linie ausstrahlen (wie z. B.
der sog. kammförmige Schwerspat). Dabei entstehen nicht selten
ziemlich regelmäßige kugelige oder ellipsoidische Gebilde; oder es
sind tropfsteinartige Zapfen, deren einzelne Krystalle senkrecht zur
Achse der Zapfen nach allen Richtungen radial hinausragen. Andere
solche Gruppierungen kommen noch vor, welche in leicht verständ-
licher Weise durch Vergleich mit bekannten Gegenständen von cha-
rakteristischer Gestalt beschrieben werden, so garbenförmig (154),
rutenförmig etc. Rosettenförmig angeordnet nennt man eine Anzahl
von meist kleinen, dünnen und lang gezogenen Krystallen, welche
alle, auf einer ebenen Unterlage aufgewachsen, radial von einem
Centrum ausstrahlen (Wavellit, Kobaltblüte) etc.
Die Krystalle der Drusen sind oft groß und lang, z. B. beim
Quarz, oft sind sie nur kurz und niedrig, z. B. beim Schwefelkies.
AnfgewachMiie Erjertalle. ^5
Zuweilen werden die Krystalle sehr klein und bilden nur eine dfinne
Haut, welche auf größere Erstreckung Gesteine und Mineralien über-
zieht. Solche Häute werden v. a. vom Quarz gebildet, der auf diese
Weise die von ihm flbei*zogenen Mineralien förmlich abgießt und ab-
formt
Die Gestalt der Drusen hängt ab von derjenigen ihrer Unter-
lage. Ist diese nahezu eben, wie z. B. die Wand einer Spalte im Ge-
birge, so ist auch die Druse eben und meist stark ausgedehnt. Sitzt
sie auf der runden Wand eines kleinen Hohlraums im Gestein, so ist
auch die Druse rund, wie z. B. die sog. Mandeln (300, 301). Indessen
sind solche runden Drusenräume nicht immer klein, sondern zuweilen
von gewaltigem Umfang, wie z. B. die sog. Erystallkeller in den
Alpen, deren Wände mit centnerschweren Quarzkrystallen besetzt sind.
Die Unterlage der deutlich ausgebildeten Krystalle ist entweder mit
dem aufsitzenden Mineral gleichartig oder nicht Ersteres ist der Fall,
wenn z. B. Quarzkrystalle auf derbem Quarz sitzen, letzteres, wenn
Flußspatkrystalle auf Sandstein, Ealkspatkrystalle auf Granit auf-
gewachsen sind, oder bei den Mineralien in den Mandeln (300). Im
ersteren Fall ist die herausragende Erystallspitze häufig die direkte
Fortsetzung eines individualisierten Stücks der die Unterlage bildenden
derben Masse, welche sich mit deutlichen Flächen nach außen hin aus
Mangel an Platz nicht ausbilden konnte, sondern nur nach innen in
den leeren Drusenraum hinein. Sehr häufig beobachtet man so, daß
in großen derben Massen eines Minerals auf Hohlräumen dasselbe
Mineral in drusenförmig aufgewachsenen Krystallen ausgebildet ist,
welche letztere sich unregelmäßig begrenzt in die derbe Masse hin-
ein fortsetzen, wie z. B. Bleiglanzkrystalle auf Drusen im derben
Bleiglanz etc.
Manchmal ist ein Mineral in Fonn einer dünnen ausgebreiteten, zusammen-
hängenden oder aach pnlverförmigen Decke oder eines sehr dünnen Häntchens anf
der Oberfläche eines anderen Minerals abgelagert, z. B. eine dünne Haut von Bot-
gültigerz, Glaserz etc., oder ein feiner Staub von Pharmakolith. Man nennt dies
einen Anflug. — Zuweilen bilden sich einzelne Krystalle oder ein feines Mehl auf
der Oberfläche eines Minerals durch chemische Umwandlung oder teilweise Auflösung
und Wiederabsatz des letzteren, z. B. Kobaltblüte auf Speiskobalt, Steinsalz auf dem
Boden von Salzsteppen etc.; man nennt dies eine ÄMshluhimg oder Efflorescenz.
187. Derbe Aggregate. Krystalle mit regehnäßigen Flächen
können nnr dann entstehen, wenn die Umstände, welche bei der
Bildung herrschten, dazu günstig sind. Ist dies nicht der Fall, bilden
sich z. B. gleichzeitig viele Krystalle auf beschränktem Baum, oder
ist die Substanz zwar fähig zu krystallisieren, aber nicht, regelmäßige
Krystalle zu bilden, wie z. B. der Brauneisenstein, so entstehen un-
regelmäßig begrenzte, derbe (6) Krystallindividuen und durch Zu-
Baaer, Mineralogie. ^^
226 Bethe Aggregate.
sammenhäafang von vielen solchen die sog. derien oder hrystdllinischen
Aggregate.
Die Individuen, welche diese Aggregate bilden, nennt man die
Zusammensdetmgssiücke derselben. Sie haben sehr verschiedene Größe.
Je nachdem man sie noch mit bloBem Auge oder erst mit dem Mikro-
skop erkennen und von den benachbarten unterscheiden kann, nennt
man die Aggregate phanerohrystaUinisch resp. mihrokrystaUimsch oder
hrypiokrystaUinisch oder meist dicht. Sie sind aber auch von sehr ver-
schiedener Gestalt und in mehr oder weniger regelmäßiger Weise mit-
einander verbunden; danach ergeben sich die StnMurformen der
Aggregate.
Sind die Zusammensetzungsstücke eines Aggregats isometrisch,
d. h. nach allen Seiten ziemlich gleichmäßig ausgedehnt, so heißt die
Struktur Mmig^ und man unterscheidet nach der abnehmenden Größe
des Korns groß-, grob-, mittel-, und feinkörnig (Kalkspat als Marmor,
Augit, Magneteisen etc.). Dichte (krypto- oder mikrokrystallinische)
kömige Aggregate bildet u. a. der Kalkspat als Kalkstein, der Blei-
glanz als Bleischweif etc.
Sind die Zusammensetzungsstücke dünn und tafelförmig, so nennt
man das Aggregat schalig, und zwar je nach der Form und Größe
der Schalen: geradschalig (Apophyllit, Kalkspat), nicht mit Blätter-
bruch zu verwechseln (194) ; krummschalig (Eisenglanz, Achat, Arsen) ;
femer dick- und dünnschalig; parallel- und verworrenschalig etc.
Besteht die ganze Masse aus einzelnen kleinen und dünnen Blättchen,
so heißt das Aggregat schuppig (Glimmer). Auch schalige und schuppige
Massen können dicht werden.
Sind die Zusammensetzungsstücke nur nach einer Eichtung ausge-
dehnt, so heißt das Aggregat stenglig oder auch wohl strahMg wenn
sie dick, fasrig wenn sie sehr fein sind. Man unterscheidet nach der
Größe der Stengel dick- und dünnstenglige, sowie kurz- und lang-
stenglige Aggegrate; nach ihrer Anordnung: parallelstenglig und
-strahlig, excentrisch- oder radial-stenglig und -strahlig, oder ver-
worrenstenglig und -strahlig. Dieselben unterschiede gelten für fas-
rige Aggregate. Stenglig ist der Pyknit, mancher Kalkspat etc.,
fasrig mancher Gips, ebenso mancher Kalkspat etc. Manche ver-
worrenfasrige Mineralien sind auch dicht, z. B. der Nephrit
Zuweilen sind die Zdsammensetzungsstücke eines Aggregats gleich-
zeitig auf mehrere verschiedene Arten miteinander verbunden, so daß
zunächst kleinere Teile in einer bestimmten Weise zu größeren Zu-
sammensetzungsstücken (höherer Ordnung) vereinigt sind, die dann,
auf eine andere Art verbunden, das Aggregat bilden (mehrfache Zu-
sammensetzung, doppelte Struktur). So ist z. B. der Achat fasrig
dicht und zugleich schalig. Mikroskopisch kleine Kömchen bilden
Derbe Aggregate. 227
beim Arsen dünne krnmme Schichten oder Schalen, welche in viel-
facher Wiederholung übereinander liegen. Manche Vorkommnisse des
Eoteisensteins sind schalig und fasrig; einzelne krumme Schalen liegen
übereinander, jede aus radial zu den koncentrischen Schalenoberflächen
gestellten Fasern bestehend. Dieselben beiden Strukturformen geben
auch die Struktur der OoUthe oder Pisölithe (z. B. Erbsenstein, Eogen-
stein). Diese bestehen ganz aus zusammengehäuften Engeln; die
Kugeln sind koncentrischschalig, jede einzelne Schale ist radial-
fasrig.
Manchmal sind solche Aggregate in bestimmter regelmäßiger
Weise nach außen abgegrenzt. Besonders häufig beobachtet man
rundliche Knollen, die zuweilen fast regelmäßig kugelförmig werden
(Wawellit) oder die auch eine cylindrische, röhrenförmige, pilzförmige,
nierenförmige, traubige etc. Gestalt haben. Nierenförmig nennt man
solche Knollen, wenn sie aus einzelnen Abschnitten großer Kugeln,
iratMg, wenn sie aus vielen kleinen Kugeln verwachsen scheinen
(Brauneisenstein, Psilomelan). Die rundliche Oberfläche ist oft voll-
kommen glatt, zuweilen auch rauh durch hervorstehende Krystall-
spitzchen, die mehr oder weniger deutlich zur Ei*scheinung kommen
können und welche dann den Übergang zu den Krystallgruppen und
-drusen herstellen (185, 186). Solche runde, nierige und traubige
Aggregate sind sehr häufig im Innern radialfasrig, doch auch nicht
selten körnig, dicht oder von anderer Struktur.
Diese rundlichen Massen sind teils auf einer Unterlage auf-
gewachsen, teils sind sie eingewachsen in gleicher Weise wie aus-
gebildete Krystalle. Aufgewachsen sind z. B. die radialfasrigen
Kugeln des Wawellits, die ebenfalls radialfasrigen traubigen Massen
des Sphärosiderits auf Hohlräumen im Basalt etc. Zu den auf-
gewachsenen Aggregaten dieser Art gehört der Glaskopf. Man ver-
steht darunter radialfasrige Mineralien mit einer runden (nieren-
förmigen oder traubigen) Oberfläche, parallel mit welcher im Innern
schalige Absonderungs- und Verwachsungsflächen verlaufen. Diese
doppelte Strukturform flndet sich besonders bei einigen Eisenerzen,
welche man durch ein Beiwort näher bezeichnet (roter, brauner Glas-
kopf etc.). Krystallinische Aggregate mit rundlicher Oberfläche bilden
auch die krustenförmigen Überzüge, welche häufig z. B. aus Kalk-
spat durch Sickerwasser auf große Erstreckung hin gebildet werden
{Sinter, speziell Kalksinter); ebenso die aus tropfendem Wasser ab-
gelagerten zapfenförmigen Tropfsteine (Stalaktiten), welche mit solchen
Sinterkrusten oft in Verbindung stehen. Viele lösliche Mineralien
bilden derartige Krusten und Stalaktiten: Vitriole, Steinsalz etc., be-
sonders aber, wie erwähnt, Kalkspat. Sie sind im Innern teils kömig,
teils radialstrahlig und -fasrig von der Achse des Zapfens aus, und
15^
228 Derbe Aggregate.
nieht selten auch parallel der Zapfenoberfläche schalig. Endlich seien
hier die vielfach verästelten, sog. zackigen Gebilde der runden dAnnen
Stengel der Eisenblflte, einer Abart des Aragonits, erwähnt.
Eingewachsene rundliche Knollen von ähnlicher Form und Be-
schaffenheit (Konkretionen, vergl. auch (299)) bildet vielfach der
Schwefelkies im Ton (der übrigens auch in ganz gleicher Weise auf-
gewachsen vorkommt) und manche andere Mineralien. Sie unter-
scheiden sich nur durch den Mangel regelmäßiger äußerer Begren-
zung der einzelnen Individuen von den bei der Betrachtung der
eingewachsenen Krystalle (185) erwähnten ähnlich gestalteten Ag-
gregaten.
Die Zusammensetzungsstücke der Aggregate sind zum Teil sehr
fest miteinander verwachsen, z. B. die Kalkspathkömer im Marmor,
zum Teil sind sie locker und lose und lassen sich durch Drücken in
der Hand trennen, z. B. der kömige Augit (Kokkolith), oder sie lassen
sich zwischen den Fingern zu Pulver zerreiben (Kreide). Ersteres ist
"der Fall, wenn die Grenzen der Zusammensetzungsstücke gegen-
"^inander (die Zusammensetzungsflächen) kompliziert sind und in-
einander eingreifen, letzteres, wenn die einzelnen Stücke nach fast
ebenen Flächen zusammenstoßen oder doch so, daß nicht weit hervor-
ragende Teile des einen Korns in entsprechende Vertiefungen des
anderen hineinragen. Daher sind namentlich schalige und fasrige
Aggregate in der Richtung der Schalen und Fasern häufig leicht zu
trennen. Beim Arsen z. B. lassen sich sogar vielfach einzelne Schalen
voneinander abheben. Beim roten Glaskopf sieht man ^dielfach fast
ebene Trennungsflächen in der ungefähren Richtung der radial ver-
laufenden Fasern durch die Masse hindurchgehen. Diese Flächen sind
ganz glänzend und glatt und machen daher auf den ersten Blick den
Eindruck von Krystallflächen. Davon ist aber keine Rede, die Flächen
liegen unregelmäßig gegeneinander und die zwischen den einzelnen
Flächen liegenden keilförmigen Stücke bilden nicht je ein Krystall-
individuum, sondern ein radial fasriges Aggregat. Derartige Flächen
sind nur Scheinflächen.
188. Formen der amorphen Minerallen. Die amorphen Mine-
ralien zeigen zuweilen, trotzdem ihnen an sich gar keine regel-
mäßige Gestalt zukommt^ ähnliche Formen wie die krystallinischen
Aggregate. So findet man solche Körper häufig in Form von runden
Knollen eingewachsen (Opal als Menilit) oder aufgewachsen (Opal
als Hyalith); schön traubig beim letzteren und beim PsUomelan; auch
bilden sie ausgedehnte sinterartige Krusten und Überzüge. Man findet
zwar hier dieselben nierenförmigen und traubigen etc. Oberflächen wie
bei jenen krystallinischen Aggregaten, aber keine Spur von innerer
Formen der amorphen Mineralien. 229
fasriger, kömiger etCw Struktur, die stets ein Anzeichen von Krystalli-
sation ist. Auch tropfsteinartige Gestalten finden sich. Vor allem
sind aber die Dendriten zu erwähnen, braune oder schwarze moos-
0
oder baumfSrmige Anfluge von Eisen- und Manganerzen, welche aus
Lösungen abgeschieden wurden, die infolge der Kapillarität auf ganz
engen Spalten sich in dieser eigentttmlichen Weise ausgebreitet haben.
Man findet die Dendriten nur auf den Wänden solcher ganz engen
Spalten, kann auch den Prozeß kunstlich nachahmen. (Dendritische
Bildungen anderer Art, aus Erystallen zusammengesetzt, haben wir
oben schon kennen gelernt (172)).
n. Abschnitt.
Mineralphysik.
Die Mineralphysik hat die Anfgahe, die physikalischen Eigenschaften der Mine-
ralien soweit zn erforschen, als es zu deren Charakterisiernng, zu ihrer Erkennung und
Unterscheidung notwendig ist. Wichtig ist dahei die Beziehung der physikalischen
zu anderen Eigenschaften, hesonders zur Krystallform und zur chemischen Zusammen-
setzung. Sofern die Zahl der amorphen Mineralsuhstanzen den krystaUisierten gegen-
üher fast verschwindet, handelt es sich hier hauptsächlich um die physikalische
Beschaffenheit krystallisierter EOrper. Die Mineralphysik ist somit in dem oben be-
zeichneten Umfang beinahe identisch mit Erystallphysik.
Vergl. hierzu außer den eingangs genannten Werken: Wüttner, Lehrbuch der
Experimentalphysik, letzte Aufl. FouiUet-MiäUi'f Lehrbuch der Physik (neueste
Auflage, bearbeitet Ton Pfaundler). Beer, Einleitung in die höhere Optik (2. Aufl.,
bearbeitet Ton V. t. Lang). Lommel, Das Wesen des Lichts. Badicke, Handbuch
der höheren Optik. Bület, Trait6 d'optique physique. Verdetf Oeuvres compl^tes.
Merschelj Vom Licht (übersetzt von Schmidt). Brewster, A treatise on optics.
Voigt, Die fundamentalen physikalischen Eigenschaften der Erystalle, und manche
andere Lehr- und Handbücher der Physik und einzelner Zweige derselben, be-
sonders der Optik. Besonders hervorzuheben sind die der Erystallphysik speziell
gewidmeten Werke von Chroth, Liebisch, Linck, Mallard, Schrauf und Soret
(siehe (3) B). (Neu erschienen: Becker, Erystalloptik.)
189. Hauptgesetz der Erystallphysik. Die physikalischen
Eigenschaften der Mineralien stehen z. T. zu der Struktur derselben
in keiner Beziehung, wie z. B. das spezifische Gewicht ; z. T. sind sie
von der Struktur abhängig. Diese letzteren Eigenschaften hängen
in bestimmter gesetzmäßiger Weise mit den Sichtungen zusammen,
nach welchen sie in den Krystallen beobachtet werden, und stehen
daher in der engsten Beziehung mit der Krystallform ; so die optischen
und thermischen Eigenschaften, die Verhältnisse der Kohäsion etc.
Amorphe Mineralien verhalten sich nach allen Richtungen physikalisch
gleich, krystallisierte im allgemeinen verschieden. In einfachen Kry-
stallen (Individuen) sind jedoch stets parallele Richtungen physikalisch
von derselben Beschaffenheit, weshalb es gleichgültig ist, an welcher
Stelle eines Krystalls man dessen physikalische Untersuchung vor-
Hauptgeaetz der Erystallphysik. 231
Bimmt. Es gilt hier aber auch femer durchaus das Gesetz : Kryställo-
grapkisch gleiche Richtungen verhatten sich in jeder BedAwng physikalisch
gleich, so daß also die krystallographischen Symmetrieebenen auch in
Beziehung auf die physikalischen Eigenschaften solche sind.
Bezflglich der Umkehrung dieses Hauptsatzes der Erystallphysik
hat man zwei Gruppen von Eigenschaften zu unterscheiden. Für
die eine Gruppe, in die vorzugsweise die Eohäsion und alles
was damit zusammenhängt, ferner das Wachstum der Erystalle und
ihr Widerstand gegen die Auflösung (chemische Kohäsion) und endlich
die Pyroelektrizität gehören, gilt auch die ümkehrung ganz allgemein :
Alle hrystaHographisch verschiedenen Richtungen sind auch physikalisch
verschieden. Die Symmetrie ist hier in physikalischer Hinsicht genau
dieselbe wie fftr die Krystallform. Für diese Gruppe von Eigen-
schaften sind alle Erystalle anisotrop und unterscheiden sich dadurch
von den amorphen Substanzen, die in diesem Sinne allein isotrop
sind (4).
Für die optischen, thermischen und magnetischen Eigenschaften
und für die Leitung der Elektiizität sind zwar in den meisten Fällen
die krystaliographisch verschiedenen Richtungen ebenfalls physikalisch
verschieden, aber dies gilt hier nicht mehr allgemein; es gibt auch
Fälle, in denen dies nicht mehr zutrifft. So sind namentlich sämtliche
Bichtungen eines regulären Erystalls in optischer etc. Beziehung ein-
ander gleich, während dies in krystallographischer Beziehung keines-
wegs der Fall ist. Der Würfelkante entspricht z, B. eine krystalio-
graphisch andere Richtung, als der Würfelflächendiagonale; Licht-
schwingungen nach diesen beiden Richtungen bewegen sich aber mit
ganz gleicher Geschwindigkeit, die Wärmeleitung und die Leitung für
die Elektrizität sind in beiden Richtungen dieselben etc.
In Bezug auf die zweite Gruppe physikalischer Eigenschaften
unterscheidet sich ein regulärer Erystall nicht mehr von einem
amorphen Eörper; er ist isotrop wie letzterer. Seine physikalische
Symmetrie ist für diese Eigenschaften höher, die Zahl der Symmetrie-
ebenen größer, als für die Erystallform. Dasselbe ist auch bei allen
Erystallen mit einer Hauptachse der Fall. Bei ihnen verhalten sich
alle zur Hauptachse gleich geneigten, namentlich also auch alle auf
der Hauptachse senkrechten Richtungen einander physikalisch gleich
und von allen Richtungen mit anderen Neigungen zur Hauptachse
verschieden. Bei Erystallen des rhombischen, monoklinen und triklinen
Systems sind auch für diese zweite Gruppe von Eigenschaften alle
krystaliographisch verschiedenwertigen Richtungen physikalisch gleich-
falls verschieden; die physikalische Symmetrie stimmt mit der krystallo-
graphischen vollkommen überein. (Vergl. Sohnke, Entwicklung einer Theorie
der ErystaUstroktar 1879.)
232 SpeEiÜBcbes Gewicht
Der innige Zusammenhang der physikalischen Eigenschafben mit
der Erystallform ermöglicht es oft, ans der ph3rsikalischen Beschaffen-
heit eines Krystalls allein seine Zugehörigkeit zu dem oder jenem
Krystallsystem mit Sicherheit abzuleiten. Man ist darauf sogar aus-
schließlich angewiesen, wenn die regelmäßige äußere Form fehlt; und
wenn sie mangelhaft ausgebildet ist, wird eine Ergänzung und Kon-
trolle der krystallographischen Untersuchung durch die physikalische
stets wünschenswert sein. Die Ermittlung der physikalischen Eigen-
schaften der Krystalle stellt daher nicht nur an sich, sondern auch
aus dem genannten Grunde eine der wichtigsten Aufgaben des Mine-
ralogen dar. Von besonderer Bedeutung sind hierbei für die Praxis
(neben dem spezifischen Gewicht) das optische Verhalten, sowie die
mechanische und chemische Eohäsion (Spaltbarkeit und Ätzflguren)
Wir werden im folgenden die einzelnen physikalischen Eigenschaften
in ihren Beziehungen zu den Mineralien, soweit es für die Mineralogie
nötig ist, mehr oder weniger eingehend betrachten.
Spezifisches Gewicht.
190. Spezifisehes Gewicht. Das spejrifische Oewickt eines Minerals
ist die Zahl, welche angibt, wievielmal schwerer ein gewisses Volumen
desselben ist, als dasselbe Volumen Wasser. Sie ist konstant for alle
Stücke einer und derselben Spezies, aber die Mineralien unterscheiden
sich voneinander in Bezug hierauf bedeutend. Die spezifischen Ge-
wichte sind daher zur Charakterisierung der einzelnen Mineralspezies
von großer Wichtigkeit Das höchste spezifische Gewicht (G.) ist bei
dem natürlich vorkommenden Iridium beobachtet worden: G. = 22,8^
woran sich die Gewichte der anderen schweren Metalle und die von
deren Verbindungen anschließen. Eines der schwersten Mineralien,
welche kein schweres Metall enthalten, ist der Zirkon, G. = 4,6—4,7.
Diejenigen Mineralien, welche am massenhaftesten vorkommen, welche
also in der Zusammensetzung der festen Erdkruste die bedeutendste
EoUe spielen, haben ein viel geringeres spez. Gewicht: Quarz und
Feldspat 2,65; Kalkspat 2,7; Hornblende 3,0 und Augit 3,3. Diese
niederen Zahlen sind mit Bücksicht auf das hohe spezifische Gewicht
der ganzen Erde, welches etwa 5,5 beträgt, sehr auffallend, um so
mehr, als sogar die schwersten in größeren Mengen in der Erdkruste
vorhandenen Mineralien, Eisenglanz, Magneteisen etc., nur spezifische
Gewichte von 5 — 57« haben. Noch geringer als die genannten Ge-
wichte ist das des Gypses (2,3) und der meisten wasserhaltigen Silikate,
des Schwefels, des Graphits etc. An der untersten Stufe stehen die
Mineralien organischen Ursprungs, die Harze, Naphta, Asphalt etc.,
deren spezifische Gewichte zwischen 1,4 und 0,5 schwanken. Die ge-
Spezifisches Gewicht. Eohäsioii. 233
ringste Zahl, welche überhaupt angegeben wird, ist die für den
Pyropissit von Halle, dessen 6. = 0,49—0,52. Es ist aber nur wegen
zahlreicher innerer Poren so niedrig.
Das spezifische Gewicht eines Minerals wird an gr(SOeren Stttcken in bekannter
Weise mittels der hydrostatischen Wage bestimmt. Genauer ist in vielen Fällen
die Bestimmung an gri^blichem Pulver mittels des Pyknometers, Dies ist ein kleines
dünnwandiges Glasflftschchen mit einem weit herausragenden sorgfältig eingeriebenen
Glasstöpsel, der in seiner Achse von einem feinen langen Kanal durchzogen ist.
Bei der Gewichtsbestimmung wird zuerst das absolute (Gewicht p der Substanz
ermittelt. Dann wird das Pyknometer mit destilliertem Wasser gefttUt, so daß das-
selbe in dem Kanal des Stöpsels bis an den oberen Rand geht und das Ganze ge-
wogen. Das Gewicht sei » a. Endlich wird die Substanz vom Gewicht p in das
Fläschchen geworfen, wodurch ein Teil des Wassers verdrängt wird, und dafür
gesorgt, daß nach dem Aufsetzen des Stöpsels das Wassemiveau wieder genau das
obere Ende desselben erreicht; dann sei das Gewicht des Ganzen ^6. Nun ist
P'\'a — h das Gewicht des durch die Substanz verdrängten Wassers, und man hat:
6r.= — — £- — -. Die an der Substanz adhärierende Luft ist durch Auskochen oder
unter der Luftpumpe zu entfernen und die Temperatur etc. in bekannter Weise zu
berücksichtigen.
In neuerer Zeit wird das spezifische Gewicht von Mineralien auch durch Ein-
tauchen in Flüssigkeiten ermittelt, deren spezifisches Gewicht man durch Verdünnen
oder Koncentrieren genau dem des Minerals gleich macht, das dann darin eben noch
schwimmt. Das Abwägen eines bestimmten Volumens der Flüssigkeit gibt das
spezifische Gewicht. Bequemer erhält man es mittels der WestphäUcheti Wage, die
am einen Ende des Balkens einen gläsernen Senkkörper trägt, der in die Flüssigkeit
eintaucht; durch Auflegen von Gewichten auf derselben Seite, die dann das spezi-
fische (Gewicht ergeben, wird die Wage wieder zum Einspielen gebracht Zu der-
artigen Untersuchungen sind Flüssigkeiten von besonders hohem spezifischen Gewicht
am geeignetsten, so eine Lösung von Kaliumquecksilbeijodid (Thouletsche Lösung)
oder von borwolframsaurem Cadmium (Kleinsche Lösung), Methylenjodid etc. Diese
Flüssigkeiten eignen sich namentlich auch zur Trennung von lockeren Mineral-
gemengen nach dem spezifischen Gewicht in ihre einzelnen Bestandteile.
Verschiedene Stücke eines und desselben Minerals geben nicht
selten etwas verschiedene Zahlen f&r G. Dies hängt anßer mit kleinen
Messnngsfehlem hauptsächlich mit den Verunreinigungen zusammen,
welche die Mineralien als mechanische Verunreinigungen und als iso-
morphe Beimischungen (180. 289) enthalten.
{Kohlrausehf Praktische Regeln zur Bestimmung des spezifischen Gewichts 1866.
Webgky, Mineral. Studien, L: Die Mineralspezies nach den für das spezifische Ge-
wicht gefundenen Werten 1868. CHseviuSf Methode der Bestimmung des spezifischen
Gewichts. Diss. Bonn 1883. Ooldschmidt, Verwendbarkeit einer Kaliumquecksilber-
jodidlösung bei mineral. Untersuchungen. Diss. Heidelberg 1881. R. Brauns^ Über
die Verwendbarkeit des Methylenjodids etc. N. Jahrb. f. Min. 1886, II, 72; 1888,
I, 263.)
Kohäsion.
lOl. KohteioD« Die Kohäsion ist diejenige Eigenschaft der
Mineralien, vermöge deren sie einer Trennung oder Verschiebung
234 Elastirit&t.
ihrer Teilchen Widerstand entgegensetzen. Die Kräfte, welche den
Zusammenhalt der kleinsten Teile der Körper bedingen, werden all-
gemein die Köhäsianskräfte genannt Auf ihnen beruhen u. a. die
Aggregatzustände, von welchen hier aber nur der feste von Bedeutung
ist. Je nach der speziellen Beschaffenheit der Kohäsion verhalten sich
die Mineralien verschieden gegen äußere Einwirkungen, welche auf
eine Trennung oder Verschiebung der kleinsten Teilchen oder auf eine
Gestaltungsänderung des vorliegenden Stücks gerichtet sind. Wir
haben danach die Elastizität, die Spaltbarkeit, die Zersprengbarkeit,
die Gleitflächen, die Härte und die Tenazität, endlich auch die
chemische Kohäsion, den Widerstand gegen Auflösung, d. h. die Ätz-
figuren als spezielle Äußerungsformen der Kohäsion kennen zu lernen.
192. Elastizität. Unter Elastmtät versteht man die Eigenschaft
der Mineralien, einer Gestalts- und Volumenänderung einen Wider-
stand entgegenzusetzen. Je größer dieser Widerstand ist, je größer
also die äußeren Krafteinwirkungen sein müssen, um eine solche
Änderung herbeizuführen, desto größer ist die Elastizität des be-
treffenden Körpers; je leichter die Änderung vor sich geht, desto
geringer ist sie. Demnach ist also Stahl im physikalischen Sinne
elastischer als Kautschuk. Sind die Änderungen nicht zu groß, so
nimmt der Körper nach dem Aufhören der äußeren Kraftwirkungen
seine ursprüngliche Form und Größe wieder an. Gehen sie über einen
bestimmten Betrag hinaus, so ist dies nicht mehr der Fall; die
kleinsten Teile nehmen dann eine neue stabile Gleichgewichtslage ein,
man sagt, die Elastizitätsgrenze ist überschritten.
Die Elastizität innerhalb der Elastizitätsgrenze wird gemessen
durch den ElastiaüätsTcoeffisienten (Dehnungskoeffizienten). Derselbe
gibt das Verhältnis der Verlängerung oder Verkürzung eines Stabes
zu der Kraft an, welche die Verlängerung oder Verkürzung hervor-
gebracht hat. Er sagt aus, wie groß das Gewicht sein muß, aus-
gedrückt in Grammen, das quadratische Stäbe von 1 Dmm Quer-
schnitt auf das Doppelte ihrer Länge auszudehnen oder auf die Hälfte
ihrer Länge zusammenzudrücken im stände wäre, vorausgesetzt, daß
dabei die Elastizitätsgrenze nicht überschritten würde. Je größer der
Elastizitätskoefflzient, um so größer die Elastizität. Bestimmt wird
derselbe durch Beobachtung der Ausdehnung, der Kompression oder
der Biegung von Stäbchen des betreffenden Minerals von bekannten
Dimensionen unter dem Einfluß bekannter Gewichte.
Dabei stellt sich heraus, daß man bei einem amorphen Körper
stets denselben Elastizitätskoefflzienten findet, wie auch die Richtung
sein mag, in welcher das Stäbchen aus dem Stück herausgeschnitten
ist. Anders bei Krystallen, bei denen nur dann gleiche Elastizitätskoeffi-
Brach. Spaltbarkeit. 235
zienten erhalten werden, wenn alle entsprechenden Dimensionen der
Stäbchen parallel oder sonst krystallographisch gleich gerichtet sind.
In allen anderen F&Ilen erh< man verschiedene Elastizitätskoeffl-
zienten. Die Elastizität ist also nach sämtlichen krystallographisch
gleichwertigen Bichtangen eines Krystalls dieselbe, nach anderen
Bichtnngen hat sie einen anderen Wert, ganz wie es dem Haupt-
gesetz der Krystallphysik und seiner Umkehrung entspricht (189):
Sehr genau ist in dieser Beziehung a. A. das Tegviü&reSteinsaUs untersucht. Stäbchen
parallel den Würfelkanten (senkrecht zu den Wttrfelflftchen) ergaben gleiche Zahlen,
der Koeffizient ist =4170000 gr; Stäbchen senkrecht zu den Granatoederflächen
geben: 3403000 gr, und solche senkrecht zu den Oktaederflächen: 3186000 gr.
Ähnliche Beziehungen gab auch der rhomboedrisch krystallisierte Kalkspat. In
der Richtung der drei Endkanten des Hauptrhomboeders ist der Elastizitätskoeffizient
derselbe, aber größer als der in der Richtung der kleinen Diagonale der Haupt-
rhomboederflächen, bei denen wieder untereinander Gleichheit herrscht. ( Voigt, Unter-
suchungen über die Elastizitätsverhältnisse des Steinsalzes, Diss. Königsberg 1874
und Pogg. Ann. Erg. Bd. 7 pag. 177. Baumgarten (Kalkspat), Pogg. Ann. Bd. 162
pag. 369. Coromilas. Diss. Tübmgen 1877 etc.)
193. Brach. Die Formen der Bruchflächen, welche die Mineralien
beim Zerschlagen oder Zerreißen erhalten, sind für dieselben vielfach
charakteristisch. Sie sind entweder regelmäßig ebenflächig {BlMter-
hrüche) (194), oder unregelmäßig. Diese unregelmäßigen Formen der
Bmchflächen nennt man kurz den Bruch der Mineralien. Man unter-
scheidet in dieser Beziehung:
1. MuscKligen Bruch. Die eine Bruchfläche ist rundlich erhaben,
die andere entsprechend ebenso vertieft, ähnlich wie das Innere einer
Muschelschale, und auf der Bruchfläche gehen von der Ansatzstelle
des Hammers koncentrische Runzeln aus wie die Anwachsstreifen auf
einer solchen. Die Vertiefungen sind groß oder klein, flach oder tief;
man unterscheidet danach: groß- und klein-, flach- und tiefmuschligen
Bruch. Sehr vollkommen großmuschlig ist z. B. der Bruch des Feuer-
steins. 2. Unebener Bruch verläuft in den kleinmuschligen (Kalkstein,
Schwefelkies). 3. Ebener Bruch (Jaspis). 4. SpUUriger Bruch. Auf
den Bruchflächen sind halblosgerissene Splitter hängen geblieben,
welche sich als hellere Stellen auf dem dunkleren Hintergrunde ab-
heben (Homstein). Es ist der GegensatSs zum glatten Bruch, bei dem
dies nicht der Fall ist. 5. Hackiger Bruch, bei geschmeidigen Metallen.
6. Erdiger Bruch bei erdigen Mineralien (Kreide, Tripel etc.) Der
Bruch hängt vielfach in bestimmter Weise mit der Struktur des be-
treffenden Minerals zusammen.
194. Blätterbraeh. Zerschlägt man einen Kalkspat-Krystall, so
zerbricht derselbe stets nach vollkommen ebenen Bruchflächen, welche
man Blätterbrüche oder Elätterdurchgänge oder auch wohl Spaltungs-
296 Spaltbarkeit
flächen nennt, da man sie vielfach durch Spalten mit einem Meißel
darstellt. In gleicher Weise zerbrechen Krystalle von Steinsalz, Blei-
glanz, Flußspat etc. nach ebenen Flächen, während Quarz, Granat
und andere Mineralien etwas ähnliches nicht deutlich beobachten
lassen.
Die Leichtigkeit der Herstellung der Blätterdurchgänge ist bei
verschiedenen Mineralien und bei einem und demselben Mineral in
verschiedenen Richtungen eine sehr verschiedene. Manchmal ent-
stehen sie schon beim unregelmäßigen Schlag (Kalkspat) oder durch
Zerreißen (Glimmer); manchmal nur wenn man einen scharfen Meißel
in der geeigneten Richtung in das Mineral eintreibt; manchmal erhält
man sie überhaupt nur mehr zufallig, aber kaum, wenn man sie mit
Absicht darzustellen sucht. Je leichter die Darstellung ist, desto
regelmäßiger, ebener und glatter, kurz desto vollkommener sind die
erhaltenen Flächen. Je schwieriger jene vor sich geht, desto unvoll-
kommener, unterbrochener und rauher sind dieselben, so daß nur ein-
zelne vollkommen ebene Flächenteilchen, die aber alle in einer Rich-
tung liegen, mit umfangreicheren unebenen Stellen des Bruchs ab-
wechseln. Ein derartiger Blätterbruch ist dann auf den ersten Blick
sehr ähnlich dem gewöhnlichen unregelmäßigen, unebenen Bruch, aber
dieser letztere ist durchaus uneben und enthält gar keine ebenen
Flächenelemente mehr. Die Existenz von solchen erkennt man an
auf ihnen reflektierten vollkommen regelmäßigen Spiegelbildern, welche
auf unebenem Bruch nicht entstehen können. Man unterscheidet ver-
schiedene Grade der Vollkommenheit der Spaltbarkeit: dieselbe ist
vollkommen z. B. beim Kalkspat, Glimmer, Gips etc., ziemlich voll-
kommen z. B. beim Flußspat, Rutil (in der Richtung der Prismen-
flächen) etc.; deutlich z. B. beim Augit, Kryolith etc.; ziemlich deut-
lich z. B. beim Nephelin, Skapolith etc. und undeutlich z. B. beim
Granat, Fahlerz etc. Spuren von Blätterbrüchen fehlen wohl bei
keinem Krystall.
Diese ebenen Trennungsflächen, die Blätterbrüche, gehen stets
(wirklichen oder möglichen) Flächen der betreffenden Krystalle parallel,
und zwar bei allen Krystallen einer jeden hier in Betracht kommen-
den Mineralspezies stets den* Flächen derselben einfachen Krystall-
form. Parallel mit den sämtlichen krystallographisch gleichwertigen
Flächen einer solchen einfachen Form geht die Spaltbarkeit auch
stets mit derselben Leichtigkeit und Vollkommenheit vor sich. So
sind die Blätterbrüche des Kalkspats den Flächen eines Rhomboeders
mit dem Endkantenwinkel von 105^ 5', die des Steinsalzes und
Bleiglanzes den Flächen des Würfels, die des Flußspats denen
des Oktaeders parallel. Es gilt demnach das Gesetz: Geht einer
Fläche ein Blätterbruch parallel, so geht auch allen anderen ihr
Spaltbarbeit. 237
gleichen Flächen ein solcher parallel, und zwar ein gleich leicht dar-
stellbarer. Zuweilen gehen auch krystallographisch verschiedenen
Flächen eines ErystaUs Blätterbrüche parallel, wie z. B. beim Schwer-
spat Dann sind zwar alle diejenigen, welche gleichen Flächen ent-
sprechen, auch gleich leicht darstellbar, aber solche, welche zu ver-
schiedenen Flächen gehören, lassen sich verschieden leicht herstellen.
Allgemein kann man also sagen: Gleichwertige Flächen eines Krystalls
verhalten sich bezttglich der Spaltbarkeit einander gleich, verschieden-
wertige verschieden.
Die einfachen ErystaUformen, parallel mit deren Flächen Blätterbrüche von
mehr oder weniger großer Vollkommenheit beobachtet worden sind, sind die
folgenden :
Regtdärta System. Würfel (Steinsalz); Oktaeder (Flnfispat); Granatoeder
(Blende).
Hexagonales System. Dihexaeder (Pyromorphit) ; hexagonales Prisma (Zinnober) ;
Bhomboeder (Kalkspat); Basis (Beryll).
Quadratisches System. Oktaeder (Scheelit); qnadr. Prisma (Butil); Basis
(Apophyllit).
Rhombisches System. Oktaeder (Schwefel); Prisma (Schwerspat); Pinakoid
(Schwerspat, Topas).
Monoklifies System. Prisma (Hornblende); Längsfläche (Gips); parallel mit
der Achse b (Glimmer, Orthoklas).
TriMines System. (Plagioklas.)
An den Blätterbrüchen der verschiedenen Mineralien kann man sich ebensogut
krystallographisch orientieren, wie an den ursprünglichen Begrenznngsflächen. Man
kann mit ihrer Hilfe auch vielfach Individaen von Zwillingen unterscheiden. In
ersteren gehen die Spaltungsflächen durch die ganze Masse ununterbrochen hindurch ;
in letzteren (aber auch in Aggregaten) gehen sie bis zur Grenze der Individuen, um
jenseits derselben in anderer Richtung weiter zu laufen. Außerdem ist die Spaltbar-
keit eine charakteristische Eigenschaft, die in allen Exemplaren einer Spezies in
derselben Weise wiederkehrt. Sie kann daher zur Bestimmung und Unterscheidung
der Mineralien dienen und ist hierzu ihrer im allgemeinen leichten Erkennbarkeit
wegen sogar ganz besonders wichtig. Man sieht hieraus, daß die Spaltbarkeit eine
Eigenschaft von ganz hervorragender Bedeutung bei dem Studium der Mine-
ralien ist.
Gehen durch ein Mineral Blätterbrüche (Bl. Br.) nach mehr als
zwei nicht in einer Zone liegenden Flächen, so kann man aus ihm ringsum
ebenflächig begrenzte sog. Spaltungsstücke herausspalten, welche die
Gestalt derjenigen einfachen Krystallform haben, mit deren Flächen
die Bl. Br. parallel gehen. So gibt es z. B. beim Kalkspat rhombo-
edrische, beim Flußspat oktaedrische, beim Steinsalz hexaedrische
Spaltungsstiicke. Man muß sich hüten, solche mit echten Krystallen
zu verwechseln (6).
Ihrem physikalischen Charakter nach sind die Blätterbioiche
Flächen, senkrecht zu welchen die absolute Festigkeit des be-
treffenden Minerals ein Minimum, d. h. kleiner ist» als nach allen
unmittelbar benachbarten Richtungen. Die Krystalle lassen sich somit
238 Spaltbarkeit
senkrecht zu diesen Flächen mit einem Minimum von Kraft aus-
einander reißen. Aus dem Verhalten der Erystalle bezüglich der
Spaltbarkeit ergibt sich das Gesetz, daß die Festigkeit nach gleich-
wertigen Richtungen dieselbe, nach verschiedenwertigen Richtungen
eine verschiedene ist, wie man durch direkte Versuche u. a. am Stein-
salz auch zahlenmäßig festgestellt hat. Da die Blätterbrüche auf
Eohäsions-(Festigkeits-)unterschieden beruhen, so können amorphe
Substanzen keine solchen Erscheinungen zeigen, denn bei ihnen ist
die Eohäsion (Festigkeit) nach allen Richtungen dieselbe (4). Blätter-
brüche sind daher stets ein Beweis für Krystallisation. Je rascher die
Festigkeit von der Richtung eines Minimums nach den benachbarten
Richtungen hin zunimmt, desto vollkommener ist im allgemeinen die
Spaltbarkeit. In einem vollkommen intakten Krystall ist von der Spalt-
barkeit äußerlich nichts zu bemerken. Hat er aber durch eine mecha-
nische Einwirkung schon eine Veränderung erlitten, dann ist sie viel-
fach an geradlinigen Rissen (Spaltungsrissen) zu erkennen und man
sieht auf diesen das lebhafte Farbenspiel des Irisierens (264) und eine
eigentümliche Art des Glanzes, den Perlmutterglanz (258), was beides
für vollkommene Spaltung charakteristisch ist.
Die Blätterbrüche sind demnach keine präexistierenden Flächen
leichtester Trennbarkeit von bestimmter Lage; es sind Richtungen
von dem angegebenen physikalischen Charakter. Die leichte Teilung
ist nicht auf gewisse Stellen im Krystall beschränkt, sondern unter
Anwendung der geeigneten Hilfsmittel an jedem Punkt in der be-
treflfenden Richtung ausführbar. Dadurch unterscheiden sich spalt-
bare (blättrige) Mineralien von sog. geradschaligen Aggregaten (187),
welche aus einzelnen , oft sehr dünnen parallelflächig begrenzten
Lamellen verwachsen sind. Hier findet eine leichte Trennung nur
nach den Flächen statt, in denen sich zwei solche Platten beruhigen,
nicht aber auch durch deren Mitte hindurch. Die Möglichkeit der
ebenflächigen Teilung ist demnach hier eine endliche, durch die Zahl
der übereinander liegenden Lamellen bedingte. Bei spaltbaren Mine-
ralien dagegen ist sie unbegrenzt; jedes Spaltungsplättchen läßt sich
wieder weiter spalten, bis die Unzulänglichkeit der mechanischen
Hilfsmittel eine Grenze setzt. Scheinbare Spaltbarkeit entsteht auch
dadurch, daß einem Krystall in einer Richtung zahlreiche äußerst
dünne Plättchen einer fremden Substanz eingewachsen sind. Nach dieser
Richtung findet dann leicht eine ebenflächige Trennung statt, ohne
daß sie einer Fläche geringster Kohäsion entsprechen würde, z. B.
beim rhombischen Hypersthen nach der Querfläche. Man> pflegt dann
von ebener oder schäliger Absonderung zu sprechen.
(Für Spaltbarkeit siehe q. a.: Sohrike, Ztschr. f. Kryst Bd. 13. 1887. pag. 214;
Viola, N. Jahrb. f. Min. etc. 1902. I. pag. 9; Sadebeck, Über die Teilbarkeit der
Krystalle. Berlin 1876.)
GldtflächeB. 239
195. GleltflSehen. Wie es in den Erystallen Flächen der ge-
längsten absoluten Festigkeit gibt^ parallel mit welchen durch Spaltung
die Blätterbrüche dargestellt werden können, so existieren auch Minima
der Festigkeit anderer Art nach anderen Flächen, in deren Bichtung
ebene Trennungsflächen durch andere mechanische Prozesse als durch
Spaltung hergestellt werden können, während durch Spaltung dies
nicht möglich ist.
Preßt man einen Steinsalzw&rfel w (Fig. 295) senk- ^^^^
recht zu zwei gegenüberliegenden Würfelkanten v (welche
man zweckmäßig durch Abfeilen gerade abstumpft), so j^
erfolgt eine Trennung des Würfels in zwei Stücke nach
ganz ebenen und glatten Flächen, welche der durch
die beiden Kanten v gehenden Granatoederfläche g ^. ^^
parallel sind. Diese Trennungsflächen sind dadurch
entstanden, daß infolge nie ganz zu vermeidender Unregelmäßig-
keiten des Drucks die beiden Hälften in der Richtung der Pfeile
gegeneinander verschoben worden sind, und man hat daher in
dieser Granatoederfläche eine Fläche leichtester Verschiebbarkeit
•oder leichtesten Gleitens, eine sog. Gleitfläche (Gleitbruch) zu
sehen. Jeder Granatoederfläche des Steinsalzes geht eine Gleit-
fläche parallel, alle lassen sich mit gleicher Leichtigkeit dar-
stellen, und zwar so leicht, daß man zuweilen an Steinsalzstücken
solche granatoedrischen Gleitflächen von natürlicher Entstehung in-
folge des Gebirgsdrucks sieht, die ganz ebenso glatt und glänzend
sind, wie Blätterbrüche. Durch keinen anderen mechanischen Prozess
als durch das Verschieben lassen sich diese Flächen herstellen, also
namentlich nicht durch Spalten, während man umgekehii; eine ebene
Trennungsfläche parallel den Würfelflächen des Steinsalzes nie durch
Abschieben erhalten kann. Man sieht hieraus, daß hier zwei ganz
verschiedene Erscheinungen vorliegen. Gleitflächen sowohl wie Blätter-
brüche sind wohl Flächen, nach denen eine Trennung der kleinsten
Teilchen der Krystalle mit der größten Leichtigkeit, mit der ge-
ringsten Kraft bewerkstelligt werden kann. Der Unterschied liegt
darin, das beim Spalten die trennenden Kräfte senkrecht, beim Ab-
schieben parallel zu den dabei entstehenden Trennungsflächen gehen.
Auf der Existenz von Gleitflächen beruht bei manchen Mineralien,
z. B. dem Gips, Glimmer, Antimonglanz etc., die Erscheinung, daß
ihre KrystaUe z. T. eine deutliche Biegung, ja eine sehr starke
Krümmung zeigen. Für die Gleitflächen und die ihnen entsprechende
Gleitfestigkeit gilt genau dieselbe Gesetzmäßigkeit wie fui* die Blätter-
brüche. Auch sie sind auf Krystalle beschränkt und ein Beweis für
Krystallisation.
Ähnliche aber etwas kompliziertere Erscheinungen als das Stein-
240 Gleitflftchen.
salz^ dem der Bleiglanz in dieser Beziehung vollkommen gleicht, zeigt der
Kalkspat. Feilt man an zwei gegenüberliegenden Seitenecken E eines
rhomboedrischen Spaltnngsstücks B Flächen an
parallel zu zwei Flächen des ersten hexagonalen
Prismas und preßt in der Bichtung der Pfeile
(Fig. 296), so entsteht zunächst eine eingeschaltete
Zwillingslamelle zwischen r und r^y welche in der
FiiT^e Richtung einer Fläche des nächsten stumpferen
Rhomboeders — ^B (0112) verläuft. Wird der
Druck vermehrt, so findet eine Trennung des Rhomboeders in zwei Stucke
längs einer solchen Fläche — ^jR statt, welche also ebenfalls eine
Gleitfläche ist. Hier geht aber nun der Trennung in der Nähe der
nachmaligen Trennungsfläche eine Umlagerung der Moleküle in eine
Zwillingsstellung voraus, für welche ebendieselbe Fläche Zwillings-
fläche ist (Druckzwillinge). Diese Umlagerung scheint vor der durch
die Schiebung bewirkten völligen Trennung immer dann vor sich zu
gehen, wenn die betreffende Gleitfläche überhaupt Zwillingsfläche sein
kann, wenn sie also keine Symmetrieebene ist (155), so z. B. außer
beim Kalkspat auch beim Glimmer, Cyanit etc. Beim Steinsalz etc.
dagegen kann die Gleitfläche parallel der Granatoederfläche, da sie einer
Symmetrieebene entspricht, nicht Zwillingsfläche sein ; hier findet also
eine solche vorläufige Umlagerung nicht statt, sondern sofort die Trennung.
Nach dieser Methode lassen sich in einem Eaikspatkrystall durch Pressen leicht
ZwillingsIameUeu herstellen. Aber auch dnrch natürliche Vorgänge sind solche viel*
fach entstanden. EalkspatkrystaUe, die dem Gebirgsdruck ausgesetzt gewesen sind,
enthalten Lamellen nach den Flächen des nächsten stumpferen Rhomboeders stets in
größerer Anzahl, so daß ihre Flächen (Blätterbrüche) mit feinen geradlinigen Streifen
parallel der großen Diagonale der Spaltnngsflächen bedeckt sind, die durchaus auf
eine natürliche Pressung zurückgeführt werden müssen.
Noch deutlicher als durch diese Zwillingslamellen zeigt sich die Umlagerung
durch das Verfahren von Baumhatier^ bei dem ein ganzes Stück eines großen Kalkspat-
krystalls durch Druck zu letzterem in Zwillingsstellung nach demselben Gesetz ge-
„1 bracht werden kann. Setzt man (Fig. 297) auf einer stumpfen
~ Kante Ee eines Spaltungsrhomboeders von Kalkspat in M nahe
bei der stumpfen Ecke E ein Messer senkrecht zu der Kante auf,
und drückt dasselbe in den Krystall hinein, so wird die bei £
liegende stumpfe Ecke infolge der leichten Verschiebbarkeit der
p. oQ« Teilchen in der Richtung der Fläche r nach rechts gedrängt.
* E kommt nach E^ und das rechts liegende verschobene Stück
befindet sich gegen das Ganze in Zwillingsstellung, wobei wieder die Fläche r des
nächsten stumpferen Rhomboeders, welche die Kante Eie abstumpfen würde, Zwil-
lingsfläche ist. Die stumpfe Ecke E verwandelt sich dabei in die scharfe JSJK
(i2eu«cA, Pogg. Ann. 132 pag. 441. 1867. Sitzungsber. Berl. Ak. 1872. Bauer,
Zeitschr. deutsch, geol. Ges. 1878 p. 283. Baumhauer, Zeitschr. Kryst. Bd. HL 588,
1879. Bauer, N. Jahrb. Min. etc. 1882, I. Bd. 138. Müyge, ibid. 1883, I. Bd. 32,
U. Bd. 13; 1884, I. Bd. 60 und 216 und an anderen Orten der Jahrg. 1883 u. 1884.
Miiggt, N. Jahrb. f. Min. etc. 1898, I, pag. 71. Coromüas, Diss., Tübingen 1877.)
EOrnerprobe. Härte. 241
196. KOmerprobe. Eine eigentümliche Methode, Gleitf ächen und Blätter-
brfiche darsnstellen, besteht darin, eine stampfe Stahlspitze, z. B. eine Schneider-
n&hnadel oder einen Körner, wie ihn die Metallarbeiter verwenden, durch einen
leichten Schlag in das Mineral einzutreiben. Für härtere Mineralien hat man anch
eine Diamantspitze angewendet. Dabei entstehen in bestimmten Richtungen knrze,
mit jenen Trennnngsflächen parallele Sprünge, welche auf der Fläche, auf welcher
die Spitze aufgesetzt war, ein fttr das Mineral charakteristisches Liniensystem hervor-
bringen. Diese Linien heißen ScMaglinien^ zusammen bilden sie die Schlagfigur,
Setzt man den Körner auf eine Steinsalzspaltnngsfläche auf, so entstehen sechs von
dem Angriffspunkt ausgehende und den Granatoederflächen parallel verlaufende
Spalten, also den Gleitflächen entsprechend, und ebenso kann man die Gleitflächen
auch beim Gips, Kalkspat etc. auf diesem Wege mittels der sog. Kömerprobe sichtbar
machen. Legt man eine dünne Glimmerplatte (siehe Glimmer) auf eine elastische
Unterlage, so bekommt man durch die Kömerprobe einen sechsstrahligen Stern, der
aber einem System von Blätterbrüchen, nicht von Gleitflächen entspricht. Drückt
man dagegen langsam auf ein solches GHmmerblättchen mit einem vom gerundeten
Stift, so entsteht ein anderer sechsstrahliger Stem, der gegen den ersteren um 30®
verdreht ist und dessen Strahlen Gleitflächen des Glimmers entsprechen (Drucklinien,
Druckpgur). Die Kömerprobe ist für die krystallographische Orientierung in un-
regelmäßig begrenzten Mineralien z. B. gerade beim Glimmer nicht ohne Wichtig-
keit. Ob dabei in den verschiedenen Mineralien jeweilig Spaltungs- oder Gleitflächen
hervorgebracht werden, hängt von den speziellen Kohäsionsverhältnissen des be-
treffenden Minerals ab, ist aber für diesen praktischen Zweck gleichgültig.
{Bausch, Pogg. Ann. 132 pag. 441; 136 pag. ^130 u. 632. 1868. Bauer,
Pogg. Ann. 138. 1869 pag. 337. Zeitschr. d. deutsch, geol. Ges. 1874 pag. 138.
Mugge, N. Jahrb. f. Min. etc. 1884, I, pag. 63. YergL auch die Lit in (195).)
197. Hftrte. Die Härte ist die Eigenschaft der Mineralien, dem
Eindringen einer Spitze eines fi'emden Körpers einen Wideratand ent-
gegenzusetzen. Ist die Spitze härter, so dringt sie bei einem gewissen
Druck in das Mineral ein; dasselbe wird geritzt, und zwar um so
leichter, je größer der Unterschied der Härte ist. Ist das Mineral
härter als die Spitze, so gleitet letztere ohne einzudringen darüber
weg. Es ist nicht möglich, die in dieser Weise aufgefaßte Härte so
einfach zu definieren, wie die Elastizität, die Spaltbarkeit und die
Gleitung, da sie auf komplizierte Art von allen Äußerungen der
Eohäsion abhängt Aber wie alle mit der letzteren zusammen-
hängenden Eigenschaften ändert auch sie sich in krystallisierten
Substanzen gesetzmäßig (189) mit der Bichtung. Gleichzeitig ist sie
eine wichtige charakteristische Eigenschaft der Mineralien und wird
daher auch praktisch zum Erkennen und Unterscheiden der ein-
zelnen Spezies vielfach verwendet.
Zu diesem letzteren Zweck vergleicht man die Härte des be-
treffenden Minerals mit der Härte von zehn bestimmten verschieden
harten und vom ersten bis zum zehnten allmählich an Härte zu-
nehmenden Mineralien, die von Möhs nach den praktischen Bedürf-
nissen der Mineralogie zweckmäßig ausgewählt worden sind und welche
die Mohssche Härteskala bilden. Die Glieder derselben repräsentieren
Bauer» Mineralogie. 16
242 Härte.
die Härtegrade. Diese zehn fiir die einzelnen Härtegrade typischen
Glieder der Härteskala sind vom weichsten zum härtesten:
1. Talk; 2. Gips; 3. Kalkspat; 4. Flußspat; 5. Apatit; 6. Feld-
spat; 7. Quarz; 8. Topas; 9. Korund; 10. Diamant
Der Talk ist das weichste, der Diamant das härteste der be-
kannten Mineralien; innerhalb dieser Skala müssen also die übrigen
alle liegen.
Man bestimmt die Härte der Mineralien in Graden der stets
vorrätig zu haltenden Skala, indem man mit einer spitzigen Stelle
der Mineralien derselben von Nr. 1 anfangend und der Eeihe nach
zu den härteren fortschreitend über eine möglichst glatte und aus-
gedehnte Fläche des zu untersuchenden Minerals hinfährt, bis bei
irgend einem, z. B. dem 4. Gliede der Skala, ein Ritzen erfolgt. Dann
ist das zu untersuchende Mineral weicher als dieses letztere. Ist es
genau so hart wie das vorhergehende, also das 3. Glied der Skala
war, durch welches noch kein Ritzen hervorgebracht wurde, so findet
auch kein Ritzen statt, wenn man umgekehrt über dieses letztere mit
dem zu untersuchenden Mineral hinstreicht. Erhält man jedoch hierbei
eine Einwirkung, so ist das Mineral des dritten Härtegrades weicher
als das zu untersuchende, und die Härte des letzteren liegt zwischen
der des 3. und 4. Gliedes der Skala. Man sagt im ersten Fall, das
Mineral hat den dritten Härtegrad (H. = 3); im anderen Fall ist
H.«»3 — 4 oder =3Va. Weitere Unterabteilungen lassen sich zwar
schwer, aber immerhin zuweilen noch mit einiger Sicherheit fest-
stellen: H. = 3 Vi oder 3*/4. Hierdurch soll aber nur ausgedrückt
werden, daß die Härte des zu untersuchenden Minerals näher beim
dritten resp. beim vierten Härtegrad liegt.
Annähernden Aufschluß üher die Härte der Mineralien gehen folgende Be*-
merkungen. Mineralien des .1. Härtegrades fühlen sich fettig an (Graphit, Talk);
die des zweiten lassen sich noch mit dem Fingernagel ritzen, nicht mehr aher die
des dritten; bis £. = 4 leicht mit einem Messer ritzbar, 5 schon nicht mehr gut,
aber mit einer harten Feile. Für gewöhnliches Fensterglas ist ziemlich genau
^. = 5; Mineralien, welche Fensterglas ritzen, haben also mindestens etwas mehr
als H.s^b, Von B.,^1 an geben die Mineralien am Stahl reichliche Funken, z. B.
Quarz. Härter als Quarz sind nur einige wenige Mineralien, meist Edelsteine
(Edelsteinhärte), denen allen weit voran der Diamant.
Die Mohssche Methode der Härtebestimmnng ist zwar praktisch von hohem
Wert, aber doch zu wenig genau, als daß die Gesetze der Verteilung der Härte an
den KrystaUen nach ihr könnten ermittelt werden. Dies ist nur bei sehr großen
Härtedifferenzen der FaU, z. B. beim Cyanit, wo an verschiedenen Stellen die Härte
zwischen den Graden 4 Vs und 7 schwankt, und in wenigen anderen Fällen, in denen aber
immer die unterschiede weit geringer sind, als beim Cyanit. Bei dem rhomboedrisch
krystallisierenden Kalkspat findet man z. B., daß die Härte am größten ist auf den
Flächen des ersten Prismas, am kleinsten auf den Flächen des Hauptrhomboeders
(Spaltungsrhomboeders) in der Richtung der kleinen Diagonale von der Seitenecke
zu der Endecke; in der umgekehrten Richtung, von der Endecke zur Seitenecke,
Härte. 248
geht auf derselben Fläche das Ritzen schwieriger von statten. Dieser Unterschied
entspricht der krystallographischen Verschiedenheit der beiden Richtungen längs
der kleinen Diagonale; längs der großen Diagonale ist wie krystallographischi so
auch in Bezug auf die Härte kein Unterschied, ob man Ton rechts nach links geht
oder entgegengesetzt: beide Endpunkte sind Seitenecken, also gleichwertig.
Die Möglichkeit solcher größerer Differenzen an demselben Krystall ist bei der
Härtebestimmung mittels der Mohsschen Skala stets im Auge zu behalten, tn den
meisten Fällen zeigen aber die Krystalle dabei überall ziemlich dieselbe Härte, da ge-
ringere Unterschiede bei diesen verhältnismäßig rohen Versuchen nicht mehr hervor-
treten ; es ist die charakteriatische Härte des Minerals, die durch den Mohsschen Härte-
grad angegeben wird. Handelt et sich aber darum, behufs Ermittlung der Änderung der
Härte auf der Oberfläche eines Krystalls auch die feineren Unterschiede festzustellen,
so hat man zu diesen genaueren Untersuchungen besondere Instrumente, sog. Skkro-
meter, zu benützen. Diese ermöglichen das Messen der Kraft, die nötig ist, um eine
Spitze von Stahl oder Diamant eben noch in das Mineral eindringen zu lassen, wenn
dieselbe in einer bestimmten Richtung über eine ebene Fläche desselben hinweg-
gezogen wird. Die Spitze wird solange mit Gewichten beschwert, bis sie bei ihrem
Wege eben noch einen Ritz hervorbringt, und diese Gewichte werden als Maß der
Härte betrachtet, gleiches Material der Spitze vorausgesetzt. Auf diese Weise hat
man ermittelt, daß die Krystalle in krystallographisch gleichen Richtungen stets
dieselbe Härte haben; ob die Härte in ungleichen Richtungen stets verschieden ist,
ist noch unsicher, da eben auch das Skierometer ganz kleine Unterschiede nicht mehr
angibt; doch ist dies durchaus wahrscheinlich.
Die Härte auf jeder Fläche kann graphisch mittels der sog. Härtekurve da-
durch dargestellt werden, daß man die zum Ritzen in jeder Richtung nötigen Ge-
wichte als Radien in dieser Richtung von einem gemeinsamen Mittelpunkt aus auf-
trägt und die Endpunkte dieser Radien miteinander durch eine Linie verbindet. Die
Härtekurven stellen die Verteilung der Härte in den verschiedenen Richtungen jeder
Kjystallfläche unmittelbar anschaulich dar. Ihre Symmetrie ist stets dieselbe wie
die der Fläche, auf der sie liegen. Amorphe Substanzen haben nach allen Rich-
tungen die gleiche Härte, die Härtekurven sind demnach bei ihnen stets
Kreise. Härteunterschiede an homogenen Körpern beweisen, daß letztere krystalli-
siert sind.
Vermittelst des Skierometers hat man auch die Härtegrade der Mohsschen
Skala miteinander verglichen und gefunden, daß zwischen ihnen keineswegs gleiche
Härteunterschiede liegen. Als allgemeines Vergleichsobjekt diente das Gußeisen,
dessen mit dem Skierometer gemessene Härte = 1000 Einheiten (Gewichtseinheiten)
gesetzt wurde. Dann ergaben sich die Härten anderer Objekte gemessen mit dem
Skierometer einerseits und anderseits mit der Mohsschen Härteskala:
Stabeisen 948 Einheiten = 5 Grad.
Platin
376
n
= 4-4'/,
Kupfer
301
n
= 2V,-3
SUber
208
n
= 2'/.-3
Gold
167
n
= 2V.-3
Wismuth
52
n
= 2".
Zinn
27
n
<=2
Blei
16
n
= 1'/.
n
Hieraus sieht man, daß innerhalb des Mohsschen Härteintervalls 2»/2— 3 Sklero*
meterhärten von 167 bis 301 Einheiten mit einer Differenz = 134 Einheiten liegen
und daß die Härteunterschiede zwischen den Mohsschen Graden in der Tat recht
erheblich verschieden sind. Es stellen sich folgende Differenzen heraus:
16*
244 Härte. Zenprengbarkeit
Zwischen IVt und 2 Grad 11 Einheiten.
„ 2 „ 2V. „ 26 „
„ 2V« , 3 „ 249 „
, 3 „ 4V. „ 74 „
n ^V« »6 »673 „
Dnrch die genauere Härteuntersnchung mittels des Skierometers sind anch
Begehungen zwischen der Härte und SpcUtbarkeit (194) konstatiert worden. Nur
deutlich spaltbare Erystalle zeigen auch deutliche Härteunterschiede, und zwar findet
man die geringste Härte auf den Flächen, die den Blätterbrüchen parallel gehen,
die grüßte auf denen, die zu diesen senkrecht sind. Ist ein Blätterbruch senkrecht
zu einer Erjstallfläche, so findet man auf ihr in der Richtung des Blätterbruchs die
geringste, senkrecht dazu die größte Härte. Ist ein Blätterbruch schief zu einer
Krystallfiäche, so daß er mit ihr einerseits eine spitze, anderseits eine stumpfe Kante
bildet, so ist auf einer Linie senkrecht zu diesen beiden Kanten auf der Fläche die
größte Härte zu finden, wenn man die Spitze von der Mitte nach der spitzen, die
geringste, wenn man sie nach der stumpfen E^ante bewegt. Hier ist also ebenfalls
auf einer Linie in beiden entgegengesetzten Bichtungen yerschiedene Härte und dies
ist immer dann der Fall, wenn die beiden Enden dieser Linie krystallog^phisch un-
gleichartig sind. Sind mehrere Blätterbrttche vorhanden, so summieren sich ihre
Wirkungen auf der betreffenden Fläche. Ist nur eine einzig^ deutliche Spaltungs-
richtung vorhanden, so sind auf ihr keine deutlichen Härtennt6rschiede zu beobachten.
Solche Härteunterschiede an einem und demselben Krystall sind den Edelstein-
schleifem längst bekannt. Diese haben z. B. die Erfahrung gemacht, daß sich der
Diamant auf den Oktaederflächen viel leichter schleift, als auf den Wtlrfelflächen,
daß erstere also erheblich weicher sind, als letztere. Schleifversuche sind auch
schon zu vergleichenden Bestimmungen der Härte ganzer Flächen benützt worden
und man hat auch besondere Instrumente dafür konstruiert (Usometer). Doch hat
diese Methode bis jetzt für die praktischen Zwecke der Mineralogie noch keine Be-
deutung erlangt, ebensowenig wie der Pfaffsche Begriff der „absoluten Härte** in
einer linearen Richtung und der „mittleren Härte** einer Fläche und der Bestimmung
der letzteren durch das Mesosklerometer. Dasselbe gilt auch für die von Hertz ein-
geführte streng wissenschaftliche Definition des Begriffs der Härte in einem anderen
Sinne, als dem obigen, nämlich als der Elastizitätsgrenze eines Körpers bei der
Berührung einer ebenen Fläche desselben mit einer kugelförmigen Fläche eines
anderen Körpers. (Verhandlgn. d. pbys. Ges. Beriin 1^, pag. 67, sowie Auerbach,
Ann. d. Phys. Bd. 43, 1891,. pag. 61 Bd. 4ß, 1892, pag. 262 u. 277; Bd. 58, 1896,
pag. 357.) Hiervon soll daher hier nicht weiter die Rede sein.
{Exner, Untersuchungen über die Härte an Krystallflächen 1873. Franz, Pogg.
Ann. Bd. 80, 18ö0, pag. 37. Grailich und Pekarek, Sitzgsber. Wien. Akad. 13 Bd.
1854, pag. 410. Pfaff, Sitzgsber. München. Akad. 1883, pag. 55 u. 372, 1884, pag. 226
(Mesosklerometer). Bosival, Verhandlgn. k. k. geol. Reichsanst. Wien. 1896 Nr. 17
u. 18. Jannettaz, Association fran^se pour Tavancement des sdences. Aug. 1895
(Usometer).)
198. Zersprengbarkeit« Von der Härte im allgemeinen verschieden ist die
Zersprengbarkeit der Mineralien, die größere oder geringere Leichtigkeit, mit der
durch Hammerschläge Stücke losgelöst werden können. Manche Mineralien sind
zwischen den Fingern zerreiblich, lockere Massen, z. B. Kreide. Leicht zersprengbar
ist z. B. Schwefel, Feuerstein etc., schwer zersprengbar (fest^ zähe) z. B. Nephrit.
Diese Eigenschaft scheint mit der Tenazität (199) und d^ Struktur in naher Beziehung
zu stehen, l^pröde Mineralien sind häufig leichter zersprengbar als milde, dehnbare
Tenazität. AtEfig^nren. 246
lassen sich überhaupt nicht mehr in Stücke zerschlagen. Besonders fest und z&he
sind gewisse yerworren fasrige Aggregate, wie z. B. der Nephrit, der sich viel
schwieriger zertrümmern l&ßt, als kiystallisierte Hornblenden, zn denen er als Varie-
tät gehört Auch die verschiedenen Varietäten des Quarzes zeigen sich in Bezug
auf Zersprengbarkeit sehr verschieden, was ebenfalls mit Strukturverhältnissen zu«
sammenhängen dürfte. Jedenfalls sind nicht immer härtere Mineralien auch schwerer
zersprenghar (fester), als weichere.
199. Tenazltat Unter Tenazität versteht man das auf der
Eohäsion beruhende Verhalten der Mineralien gewissen besonderen
äußeren mechanischen Einwirkungen gegenüber. Es zeigen sich dabei
mancherlei charakteristische Eigenschaften, die für das Erkennen und
Unterscheiden der Mineralkörper von Bedeutung sind und die man
daher mit besonderen Namen belegt hat.
Spröde heißen solche Mineralien, von denen das beim Einritzen
mit dem Messer erzeugte Pulver unter Geräusch weggeschleudert
wird (Feldspat, Blende etc., überhaupt die Mehrzahl der Mineralien).
Müde sind solche, bei welchen das Pulver neben der durch das Eitzen
entstandenen Einne ruhig liegen bleibt (Speckstein, Graphit etc.). An
manchen Mineralien entsteht beim Eitzen überhaupt kein Pulver,
sondern nur eine vertiefte Einne. Von solchen kann man am Eande
Spähne abschneiden. Zerbrechen diese auf dem Amboß beim Schlagen
mit dem Hammer, so ist das Mineral geschmeidig (z. B. Kupferglanz);
zerbrechen sie nicht, sondern lassen sie sich zu einer Platte hämmern,
so heißt das Mineral dehnbar (duktil) (edle Metalle); doch wird
zwischen dehnbar und geschmeidig nicht immer scharf unterschieden.
Mineralien, welche sich in dünnen Platten umbiegen lassen, heißen
biegsam^ und zwar elastisch biegsam, wenn sie nach Aufhören der
Wirkung der biegenden Kräfte ihre ursprüngliche Gestalt wieder an-
nehmen (Glimmer) ; gemein biegsam^ wenn sie dauernd gebogen bleiben
(Chlorit). Manche Mineralien sind nach gewissen Eichtungen biegsam,
nach anderen brechen sie ohne Biegung durch, z. B. Gips.
200. Atzflgruren. In nahem Zusammenhang mit den bisher be-
trachteten Verhältnissen der Kohäsion steht das Verhalten der Mine-
ralien gegen den Einfluß von Lösungsmitteln, durch welche die sog.
Ätafiguten hervorgebracht werden. Diese sind mehr oder weniger
regelmäßig geradlinig, scharfkantig und -eckig begrenzte Ver-
tiefungen auf den Flächen der Mineralien. Sie entstehen, wenn man
die Krystallflächen kurze Zeit mit einem passenden gasförmigen oder
flussigen Lösungsmittel in Berührung bringt. Diese Figuren folgen
mit ihrer Symmetrie genau der Symmetrie der Krystalle, auf denen
sie gebildet werden. Sie werden begrenzt von kleinen Flächen, den
Auflachen, welche parallel mit möglichen Krystallflächen in das Innere
des Krystalls hineingehen. Die Ätzflächen liegen in bestimmten Zonen,
246
Ätzfiguren.
den Ätzeonen des betreffenden Krystalls. Alle gleichen Flächen eines
Krystalls tragen cet. par. stets die gleichen Ätzflguren, und die
anf jeder Fläche befindlichen Figuren sind untereinander parallel und
haben stets dieselbe Symmetrie, wie die betreffende Fläche selbst.
Treten die Ätzfiguren dicht zusammen, so daß sie sich berühren, so
lassen sie zwischen sich regelmäßig ebenflächig begrenzte Erhaben-
heiten, die man Ätzhügel nennt und die gleichfalls dieselbe Symmetrie
zeigen müssen, wie die Flächen, auf denen sie sitzen.
So haben die drei rhomboedrischen Spaltlingsflächen des Kalkspats durch Ätzen
mit HCl Figuren von der Fig. 298 abgebildeten Form, welche symmetrisch znr
kleinen Diagonale dieser Flächen liegen: rechts und links gleich, oben und unten
Terschieden ausgebildet. Eine Glimmerplatte erhält durch Ätzen mit HFl Ätzein-
drücke, welche nur zur kleinen Diagonale der natürlichen rhomblBchen Spaltungs-
plättchen symmetrisch sind, nicht aber zur großen, ganz der monoklinen Erystalli-
sation des Glimmers entsprechend (Fig. 299). Die Ätzflguren auf den Pinakoidflächen
A A.
;•
A
Fig. 298.
Fig. 299.
Fig. 300.
Fig. 301
des Schwerspats sind der rhombischen Symmetrie entsprechend stets nach zwei auf-
einander senkrechten Richtungen symmetrisch. Auf einer Prismenfläche von Apatit
sind sie der pyramidalen Hemiedrie entsprechend oben und unten gleich, rechts und
links verschieden (Fig. 300). Auf der Querfläche von Kieselzinkerz sind sie endlich
rechts und links gleich, aber dem Hemimorphismus nach der aufrecht stehenden
Achse entsprechend oben und unten verschieden (Fig. 301) etc.
Wegen der Übereinstimmung der Symmetrie der Ätzfiguren mit
der des betreffenden Krystalls, resp. der betreffenden Krystallfläche
kann man aus ersterer auf letztere, also auf die Zugehörigkeit zu der
oder jener Krystallklasse schließen. Man stellt zu diesem Zweck viel-
fach an den Mineralien solche Figuren dar. Diese üntersuchungs-
methode hat sogar neuerer Zeit eine erhebliche Wichtigkeit erlangt,
und die Kiystallisation mancher Mineralien ist durch sie erst richtig
erkannt worden. So hat z. B. die Gestalt der Ätzeindrücke auf den
Spaltungsflächen des Glimmers zuerst auf die Vermutung geführt^ daß
derselbe monoklin sei, und niclit rhombisch, wie man früher geglaubt
hatte. Die Ätzflguren an dem seiner äußeren Begrenzung nach
scheinbar hexagonal- vollflächigen Nephelin haben gezeigt, daß er mit
Wahrscheinlichkeit pyramidal-hemiedrisch und zugleich hemimorph ist,
also der pyramidal hemimorphen Klasse angehört Beim Quara kann
man an den Ätzflguren die beiden korrelaten Rhomboeder voneinander
unterscheiden und erkennen, daß er trapezoedrisch-tetartoedrisch sein
muß. Auch für die Erforschung von Zmllingen bieten die Ätzflguren
Ätzfi^ren. 247
ein gutes Hilfsmittel durch ihre symmetrische Lage zur Zwillings-
grenze statt der durchweg parallelen über die ganze Fläche weg;
daher eignen sie sich auch vorzüglich zur Untersuchung des Baues
mimetischer (171) Krystalle.
Die voUkommene Übereinstimmung der Symmetrie der Ätzfignren mit derjenigen
der Fläcbe, an! der sie liegen, zeigt, daß die Ätznng, der Angriff der KrystaUe durch
Lösungsmittel, nach krystallographisch gleichen Richtungen gleich, nach yerschieden-
wertigen verschieden leicht vorwärts schreitet. Durch die LOsung wird der Zu-
sammenhang der kleinsten Teilchen der KrystaUe auf chemischem Wege aufgehoben.
Die Ätzfiguren geben uns also einen Einblick in die chemische Kohäsion der
•KrystaUe und zwar sind die Atzflächen solche Flächenrichtungen, senkrecht zu
denen die Auflösung am schwierigsten fortschreitet; senkrecht zu ihnen gehen Rich-
tungen der größten chemischen Kohäsion. Fftr letztere gelten also in ihren Be-
ziehungen zur Krystallform dieselben Gesetzmäßigkeiten, wie fRr die mechanische
Kohäsion. Daß auf gleichwertigen Flächen eines Krystalls die Lösung mit gleicher
Leichtigkeit, auf verschieden wertigen in zuweilen sehr stark verschiedenem Maße
einwirkt, kann man auch direkt zahlenmäßig nachweisen. Auf den vollkommen
spaltbaren Rhomboederflächen R von Kalkspat (CaCO^) wird durch HCl unter
gleichen Umständen siebenmal so viel CO^ entwickelt, als auf der Basis OR.
Krystalle des rhombischen Äragonit (gleichfaUs CaCO^), werden auf den Prismen-
flächen viel leichter von HCl angegriffen als auf der Längsfläche. HF wirkt auf
die Frismenflächen beim Qitarz (StO«) viel schwieriger ein, als auf die Endflächen
etc. Immer verhalten sich dabei aber gleichwertige Flächen ganz gleich, also alle
Rhomboederflächen R des Kalkspats, alle Prismenflächen des Quarzes etc. Auf
amorphen Mineralien können niemals regelmäßig ebenflächige Atzfiguren entstehen.
Bei ihnen dringt die Auflösung stets nach allen Richtungen gleich leicht in die
Substanz ein.
Auch wenn nicht einzelne Krystallflächen, sondern ganze KrystaUe mit einem
Lösungsmittel behandelt werden, tritt die genannte Gesetzmäßigkeit deutlich hervor.
Der Angriff erfolgt dabei häufig besonders an den Kauten und es entstehen an ihrer
Stelle Flächen, sog. Frärosionsflächen. Dabei verhalten sich stets gleiche Kanten
gleich etc. Behandelt man z. B. einen Quarzkrystall mit HF, so werden dadurch
die abwechselnden Kanten F/z, sowie die Kanten FjF, Fjs und r/z abgestumpft,
j^anz wie es der trapezoedrischen Tetartoedrie des Minerals entspricht (siehe die Be-
schreibung des Quarzes). Nicht minder beweisend sind Versuche an Kugeln, die
aus Krystallen herausgeschnitten sind. Diese nehmen in einem Lösungsmittel all-
mählich eine der Symmetrie der betreffenden Substanz entsprechende Form an.
Kalkspatkugeln erhalten nach längerem Liegen in HCl rhomboedrische Formen etc.
Die Ät^eindrtlcke sind im allgemeinen um so schärfer, je kleiner sie sind und
durch je kürzere Einwirkung des Lösungsmittels sie entstanden sind. Einige Augen-
bUcke der Einwirkung des letzteren genügen vielfach. Verlängert man die Ein^
Wirkung, so werden die Figuren groß, aber unregelmäßig und verschwommen.
Manchmal sind sie von mikroskopischer EUeinheit und werden dann gerne in Hausen-
blasenabdrücken der Flächen beobachtet. Ihre spezielle Gestalt auf einem Mineral
hängt z. T. von der Natur und von der Koncentration des Lösungsmittels ab, aber
für aUe Lösungsmittel sind die Verhältnisse der Symmetrie so, wie wir sie oben
kennen gelernt haben. Als gasförmiges Lösungsmittel dient u. a. der Sauerstoff,
so beim Glühen eines oxydierbaren Körpers, z. B. des Diamants, an der Luft.
Viele kleine Ätzfiguren auf einer Fläche beeinflussen die Reflexion des Lichts
auf dieser. Die Folge davon ist häufig eine charakteristische Art von Glanz, den
man Krystalldamast genannt hat, sowie eigentümlich gestaltete Reflexbilder
248 Verwittenmg. Yerst&abuiig. OptiBche Eigenschaften.
einer Lichtflamme, die Lichtfiffuren, die gleichfalls in derselben Weise symmetrisch
gestaltet sind, wie die Flächen, auf denen sie erscheinen.
Viele Mineralien (Kalkspat, Flußspat, Qnarz, Topas, Schwerspat etc.) zeigen
nicht selten natürliche Ätzfignren, hervorgebracht durch die Gebirgsfeuchtigkeit und
andere natttrliche Einflüsse. Dieselben sind meist groß und ihre Begrenzung ist
unregelm&ßig und undeutlich. Durch längeres Andauern solcher natürlicher Atzung
werden die Krystalle nicht selten ganz zerfressen (korrodiert) und gleichen dann
Krystallskeletten (177).
(Leydolt, Sitzungsber. Wiener Akad. Bd. 15. 1865. pag. 59 und 19. 1855. pag. 70;
Baumhauer, Zusammenfassung zahlreicher Arbeiten in : die Resultate der Atzmethode
in der krystallographischen Forschung, 1894; ExncTf Sitzungsber. Wiener Akad. 69.
pag. 6; Birschwald, Fogg. An. Bd. 137. 1869. pag. 248; G. Rose, Sitzungsber.
Berl. Akad. 1872. pag. 520; Tschermak, Min. u. petr. Mittig. Bd. 4. 1882. pag. 99;
Becke, ibid. Bd. 5. 1883. pag. 457; 6. 1886. pag. 237; 7. 1886. pag. 200; 8. 1887.
pag. 239; 9. 1888. pag. 1; Bamberg, Geol. Foren i. Stockholm FörhandL, Bd. 12.
1890. pag. 617; Bd. 17. 1895. pag. 53 u. 453; und noch viele andere Aufsätze, die
z. T. noch bei der Beschreibung der einzelnen Mineralien genannt werden sollen.)
200 a. Terwittenmg. Terstäabiing« Mit der chemischen Eohäsion hängt
auch der Wasserverlust zusammen, den manche Ersrstalle schon bei niederer Tempe-
ratur erleiden und der einen Teil der Verwltterungsprozesse (310) bildet. Man hat
die Erscheinung auch wohl als Verstaubung bezeichnet. Der Vorgang beginnt zu-
weilen wie die Auflösung (200) von einzelnen Punkten der Oberfläche und schreitet
Ton hier aus allmählich vorwärts, bis das ganze Stück entwässert und gleichzeitig
in ein trübes Pulver zerfallen ist. Um die Anfangsstellen bilden sich zunächst rund-
liche, halbkugelfBrmig oder ellipsoidisch erscheinende mit diesem trüben Pulver er-
füllte Vertiefungen, die sog. VeruntterungseUipsoide, die erst punktförmig klein sind
und allmählich immer größer werden, bis sie sich berühren und schließlich die ganze
Krystalloberfläche bedecken. Bei Entfernung des Pulvers sieht man in ihnen zu-
weilen deutliche ebene Begrenzungsflächen, so daß sie der Form nach ganz den Ätz-
figuren entsprechen. Sie sind dann auch denselben Gesetzmäßigkeiten unterworfen,
wie diese. An künstlichen Erystallen von Alaun, Eupfer- und Eisenvitriol etc. ent-
stehen die Verwitterungsellipsoide sehr häufig. An eigentlichen Mineralien ist es
seltener der Fall, doch lassen sie sich an ihnen zuweilen künstlich herstellen, wie
z. B. am Gips durch vorsichtiges Erwärmen.
(Pape, Fogg, An. 124. pag. 329 und 125. 1865. 513; Sohrücey Zeitschr. f. Eryst
Bd. 4. 1880. 225; Blasius, ibid. Bd. 10. 1885. pag. 221; Bouman, Min. Mag.
Nr. 58. 1900. pag. 353.)
Opttsche Eigenschaften.
Von allen physikalischen Eigenschaften sind die optischen diejenigen, deren Be-
ziehungen zur Erystallform am eingehendsten studiert und am leichtesten und ein-
fachsten, wenigstens an durchsichtigen Erystallen, zu konstatieren sind. Sie dienen
daher vielfach zur Kontrolle der krystallographischen Untersuchungen unvollkommen
ausgebildeter Erystalle und erlauben sogar häufig die Erkennung des Erystall-
Systems an solchen, die gar keine regelmäßigen Formen mehr erkennen lassen. Die
optischen Verhältnisse sind somit von besonderer Wichtigkeit und sollen daher ein?
gehender besprochen werden, als die anderen physikalischen Eigenschaften.
201. Isotrop. Anisotrop. In Bezag auf die Art der Fort-
pflanzung einer im Innern einer Substanz erregten Lichtbewegung
unterscheidet man in optischer Hinsicht zwei Klassen von Körpern:
Isotrope Medien. 249
1. Isotr&pe. Bei ihnen hat der Äther nach allen Blchtnngen hin
dieselbe Elastizität ; das Licht pflanzt sich daher nach allen Richtungen
mit derselben Geschwindigkeit fort (Gase, Flüssigkeiten, amorphe
Körper, reguläre Krystalle).
2. Anisotrope (heterotrope). Bei diesen ändert sich die Elasti*
zität des Äthers mit der Richtung, die Fortpflanzungsgeschwindigkeit
des Lichts ist also für Schwingungen nach verschiedenen Richtungen
verschieden. (Alle Krystalle außer den regulären.)
202. Welle. Strahl. Eine in einem beliebigen Punkt im Innern
einer Substanz erregte Lichtbewegung pflanzt sich durch die Quer-
schwingungen des Äthers nach allen Seiten fort, und in jedem ein-
zelnen Moment ist die Bewegung in jeder Richtung bis zu einem
bestimmten Punkt gelangt. Die Fläche, welche alle diese Punkte
verbindet, heißt die WeVerifiäche (Strahlenfläche) der Substanz. Der
erregte Punkt ist der Mittelpunkt derselben, ihre Gestalt ist die
nämliche für alle Exemplare derselben Substanz und in jedem ein-
zelnen Stück für jeden Punkt desselben als Mittelpunkt. Alle auf der
Wellenfläche liegenden Punkte befinden sich im gleichen Schwin-
gnngszustand. Die gerade Fortpflanzungsrichtung vom Gentrum der
Wellenfläche nach einem Punkt derselben heißt ein Strahl. Die
Richtung der Wellenfläche in diesem Punkt wird durch die Tangential-
ebene derselben gegeben. Das vom Mittelpunkt auf diese Tangential-
ebene gefällte Lot ist die WeOennormale, sie gibt die Richtung an,
in welcher die Welle an dem betreffenden Punkt vorwärts schreitet.
Strahlen nach benachbarten Punkten der Wellenfläche divergieren
unter einem gewissen Winkel, welcher um so kleiner ist, je weiter
sich die Welle vorwärts bewegt hat. Ist die Welle unendlich weit
fortgeschritten, so werden diese Strahlen parallel und das betreffende
Stück der Wellenfläche wird eben. Eine ebene Welle besteht also
aus einem Bündel paralleler Strahlen.
Sehr weit entfernte LichtqneUen, z. B. die Sonne oder anch entfernte terrestri-
sche Lichtquellen, liefern sehr annähernd parallele Lichtstrahlen; die Kollimatoren
sind zur Herstellung yon Bündeln paralleler Lichtstrahlen bestimmte Instrumente
(siehe Beleuchtnngsfemrohr des Goniometers etc. (16)).
Isotrope Medien.
Verhalten sich nach aUen Richtungen optisch gleich. In regulären Erystallen
ist also jede krystallographische Symmetrieebene auch eine für die optischen Ver-
hältnisse, aber nicht umgekehrt. Jede beliebige Ebene ist eine Symmetrieebene für
die letzteren. Die optische Symmetrie, bestimmt durch unendlich yiele Symmetrie-
ebenen, ist demnach höher als die krystallographische.
aOS. Fortpflanznngsgeschwindigkeit. Da in isotropen Sab-
stanzen die Fortpflanzungsgeschwindigkeit des Lichts nach allen
250 Isotrope Medien.
Richtungen dieselbe ist, so ist die Wellenfläche eine Kugel und die
Strahlen fallen stets mit den entsprechenden Wellennormalen zu-
sammen, denn die Eugelfläche ist ja in jedem Punkte senkrecht zum
betreffenden Eadius.
Die Fortpflanzungsgeschwindigkeit v einer in einem isotropen
Medium sich fortpflanzenden ebenen Welle geht nach der Formel:
t; = 1/ — vor sich, wo e die Elastizität des Äthers und d die Dichte
djsselben bedeutet. Nach der Annahme von Fresnel ist in allen
isotropen Substanzen die Elastizität des Äthers die gleiche, seine
Dichte d dagegen in verschiedenen Substanzen verschieden. Man
unterscheidet danach optisch mehr oder weniger dichte Körper. In
dichteren Substanzen pflanzt sich das Licht langsamer fort als in
dünneren, z. B. ist Wasser (!; = 225000 Kilometer) dichter als Luft
{v = 300 000 Kilometer). Alle Mineralien sind optisch dichter als Luft
204. Reflexion. Trifft eine ebene Welle die ebene Grenzfläche
zweier durchsichtiger isotroper Körper, z. B. von Luft und Steinsalz,
unter irgend einem Winkel, so dringt ein Teil der Welle in die
zweite Substanz ein, der andere Teil wird an der Grenzfläche in das
erste Mittel zurückgeworfen (reflektiert). Die Reflexion geht nach
dem bekannten Gesetze in der Art vor sich, daß die Normale der
reflektierten Welle in der Einfallsebene liegt und mit dem Einfalls-
lot denselben Winkel macht wie die Normale der einfallenden Welle,
und dasselbe gilt auch für die einzelnen Strahlen der beiden ebenen
Wellen. Hierauf beruht das Reflexionsgoniometer (14), das übrigens
auch zur Messung der Flächenwinkel an anisotropen Krystallen be-
nutzt werden kann, da auch die Reflexion einer aus Luft einfallenden
Lichtwelle an Flächen anisotroper Krystalle nach demselben Gesetz
vor sich geht.
Die Reflexion des Lichts geht in voller Gesetzmäßigkeit nur vor sich, wenn
die reflektierende Fläche Yollkommen eben und glatt ist. In diesem Fall entsteht
von einem gespiegelten Objekt, z. B. von einer Lichtflamme, ein scharfes und rich-
tiges Bild. Unregelmäßigkeiten der Flächen veranlassen Störungen im Zustande-
kommen der Bilder. So wird z. B. durch eine Flächenkrümmung das Spiegelbild in
der Eichtung der Krümmung auseinander gezogen; auf rauhen Flächen entstehen
nur undeutlich umgrenzte Spiegelbilder. Zerfällt eine Fläche in mehrere nicht voll-
kommen parallele Facetten, so gibt jede Facette ein besonderes Spiegelbild, die
Fläche reflektiert dann mehrere Bilder desselben Objekts etc. Durch derartige Un-
regelmäßigkeiten wird die Genauigkeit der Winkelmessung mit dem Reflexions-
goniometer vielfach sehr beeinträchtigt.
Durch gewisse bestimmte Unregelmäßigkeiten der Erystallflächen werden viel-
fach eigentümlich gestaltete, von der Beschaffenheit der Flächen abhängige Reflex-
bilder von Lichtflammen (sog. Lichtfiguren) erzeugt, die man namentlich auch oft
auf durch Ätzen künstlich matt gemachten Kryatallflächen beobachtet, und welche
in derselben Weise symmetrisch gestaltet sind, wie die Erystallflächen selbst (200).
Reflexion. Refraktion. 251
205. Refraktion. Der Teil einer an der ebenen Grenze zweier
isotroper Medien in schiefer Richtung ankommenden ebenen Welle,
welcher in das zweite Medium eindringt, wird dabei aus seiner
ursprünglichen Eichtung abgelenkt (gebrochen), er erleidet eine
Refraktion. Diese findet nicht statt, wenn die ankommende Welle
senkrecht einfällt; in diesem Fall geht die Welle im zweiten Medium
in der ursprünglichen Richtung weiter. Bei jeder Refraktion liegt
dem Brechungsgesetze zufolge die Normale der einfallenden und die
der gebrochenen Welle oder, was hier dasselbe ist, der einfallende
und der gebrochene Strahl in der Einfalls- l|
ebene. Macht die Normale der einfallen-
den ebenen Welle (der einfallende Strahl) AO
(Fig. 302) mit dem Einfallslot LL^ (der Nor-
male zur Grenzfläche MM) den Einfallswinkel
i und die Normale der gebrochenen ebenen
Welle (der gebrochene Strahl) OC den Brechungswinkel r, so ist stets :
• •
— — = n, wo n eine konstante von dem Einfallswinkel i unabhängige
stn r ^ ° °
Zahl ist, die der Brechungshoeffisfient (Brechungsindex) der zweiten
Substanz Z>, gegen die andere L heißt. Er ist abhängig von der
Natur der beiden Medien und von der Farbe (Schwingungsdauer oder
Wellenlänge) des angewendeten Lichts. Man pflegt den Brechungs-
koefflzienten meist anzugeben für den Fall, daß das erste Medium
Luft ist, und wenn von dem Brechungskoefflzienten einer Substanz
ohne speziellere Angabe die Rede ist, so meint man stets diesen. Der
absolute Brechungskoeffijsietd einer Substanz ist dagegen derjenige,
welcher sich beim Übergang des Lichts aus einem luftleeren Raum
(aus dem freien Äther) in diese ergibt.
Die Brechnngskoeffizienten der Mineralien Bind alle ^ 1 ; sie schwanken bei
isotropen zwischen : n = 1,3305 (Wasser) und n = 2,849 (Rotkupfererz). Werte,
welche sich der 2 nähern oder sie gar überschreiten, sind nicht sehr häufig.
Sind Vj und r, die Fortpflanzungsgeschwindigkeiten des Lichts
im ersten und zweiten Medium, so ist: n=-. — = — . So ist z. B.
800000
der Brechungskoefftzient von Wasser gegen Luft: ^ = ööTooö ^^ ^'^^
= "0- ca. und da v« =— , so ist auch: 225000 = — ttk — = -^-i
3 * n' 4/3 4
Wenn das erste Medium wieder Luft ist und wenn die Fortpflanzungs-
geschwindigkeit des Lichtes in der Luft : r^ = 1 gesetzt wird, dann
ist
: n = — oder t?2 = — , d. h. der Berechnungskoefflzient ist der
v^ n
reziproke Wert der Fortpflanzungsgeschwindigkeit des Lichts im
zweiten Medium, und umgekehrt.
252 Isotrope Medien.
Aus der Formel: n = —. — = -i ergeben sich die speziellen Ver-
«n r t?2 ®
hältnisse der Brechung, je nachdem das Licht ans einem optisch
dttnneren in ein dichteres Medium übergeht oder umgekehrt Ist das
erste Medium das dünnere, dann ist v, ^t;,, also n^l und i'^r.
Der gebrochene Strahl OC liegt dem Einfallslot näher, als der ein-
fallende OA, das Licht wird nach dem Einfallslot hin gebrochen
(Fig. 302). Ist umgekehrt das erste Medium das dichtere, dann ist
^i<*^9> somit w<l und i<r. Der gebrochene Strahl OC liegt von
dem Einfallslot femer, als der einfallende OA, das Licht wird von
dem Einfallslot weggebrochen (Fig. 303). Wenn beide Medien gleich
dicht sind, findet beim Übergang überhaupt keine Ablenkung statt
Ist beim Übergang von einem Medium A in ein zweites B der
Brechungskoeffizient =.n, dann ist er beim umgekehrten Übergang
von -B in -4 = —, und wenn das Licht von A aus den Weg AOG
durchläuft (Fig. 302, 303), dann durchläuft es von C ausgehend den-
selben Weg COAj aber in umgekehrter Richtung.
Je größer der Unterschied der Dichte in beiden Medien ist, desto
größer ist der Brechungsindex. Haben zwei Substanzen verschiedene
BrechungskoeMzienten gegen Luft (oder eine beliebige andere dritte
isotrope Substanz), dann ist nach der Formel n = — die Substanz
mit dem größeren Brechungskoeffizienten die dichtere, und umgekehrt.
206. Dispersion. Der Brechungskoeffizient ist von der Farbe
d. h. von der Wellenlänge des Lichts abhängig und also nur durch
Angabe der Art des Lichts vollkommen bestimmt Er ist am kleinsten
für rotes, am größten für violettes Licht Eine Welle roten Lichts
wird ceteris paribus weniger stark abgelenkt, als eine Welle violetten
Lichts. Fällt ein Bündel weißer Lichtstrahlen ein, so wird es bei
der Brechung zerlegt und die verschieden stark abgelenkten roten
bis violetten Strahlen folgen in ununterbrochener Eeihe nebeneinander.
Diese Erscheinung heißt die Farbeneerstreuvmg oder Dispersion, Je
mehr sich dabei die roten von den violetten Strahlen entfernen,
desto stärker ist die Dispersion. Diese wird durch die Differenz
der Brechungskoeffizienten für rotes und violettes Licht gemessen
(vergl. 209).
Nach Cauchy mid die Abhängigkeit der absoluten Brechnngskoeffizienten n
einer Substanz ron der Farbe des betreffenden Lichts (WeUenlänge A im freien Äther)
ausgedrückt durch die Formel :»» = « + ^ , wo a und ß zwei von der Natur der
Substanz abhängige konstante Koeffizienten sind. Kennt man n einer Substanz für
zwei Terschiedene Farben (fttr zwei Werte von X), so erhält man zwei spezieUe
Dispersion. Polarisation. Planparallele Platte. 253
Gleichimgen, welche «und ß ergeben. Mit deren Hilfe läßt sich dann ans der
Formel fttr jedes weitere X (jede andere Farbe) der zugehörige Brechnngskoeffisient
n berechnen.
207. Polarlsatioii. Wenn an der ebenen Grenzfläche zweier
dnrchsichtigen isotropen Medien einfallendes Licht teils reflektiert^
teils gebrochen wird, so sind diese beiden Teile des einfallenden
Lichts, der reflektierte nnd der gebrochene, polarisiert, und zwar
senkrecht zueinander; das reflektierte Licht in der Einfallsebene, das
gebrochene in einer darauf senkrechten. Die Schwingungen des re*
flektierten Lichts gehen also (nach Fresnel) senkrecht, die des ge-
brochenen Lichts parallel mit der Einfallsebene vor sich. Bei den
meisten Einfallswinkeln ist jedoch die Polarisation im reflektierten
Lichte nur eine teilweise, es ist dem polarisierten Licht
natürliches beigemischt. Vollständig flndet die Polari-
sation des reflektierten und des gebrochenen Lichts
nur statt, wenn die reflektierten Strahlen OB auf den
gebrochenen OG senkrecht stehen (Fig. 304). In diesem
Fall ist r = 90<> — i, also: ^^' ^•
sin i-=n «in ra=w sin (90® — i) =n cos % oder: n = ^ ♦.
Der Einfallswinkel i, welcher diese Gleichung befriedigt, bei
welchem also vollständige Polarisation des reflektierten Lichts statt-
findet, heißt der Pölarisationsmnkel der betreffenden Substanz. Er ist
z. B. für Glas =54V/, fttr Diamant =68<> 1' flir Licht von mittlerer
Brechbarkeit (grün).
Vollständige Polarisation namentlich auch des hindurchgegangenen Lichts kann
ttbrigens auch bei anderen Einfallswinkeln erhalten werden, wenn man statt einer
einfachen Platte z. B. von Glas ein System übereinander geschichteter Glasplatten,
einen sog. Glassatz anwendet, dessen einzelne Scheiben wiederholte Eeflexionen und
Brechungen veranlassen. Solche Glassätze werden zuweilen als polarisierende Appa-
rate statt der Nicols (219) verwendet. Der Polarisationswinkel i kann bestimmt
und aus ihm der Brechungskoeffizient n ermittelt werden nach der Gleichung:
ni=tgi; doch ist diese Methode, die Brechungskoeffizienten zu bestimmen, ungenau
und wenig ausgebildet, [ßeehtck^ Pogg. Ann. 20, 18B0, 27.)
206« Planparallele Platte. Nach den Anseinandersetzungen in
(205) kann man sich die Vorgänge klar machen, welche man be-
obachtet, wenn das Licht eine planparallele Platte MN eines Minerals,
die ttberall von Lnft umgeben ist, durchstrahlt (Fig. 305).
Der unter dem Einfallswinkel i auf der Fläche NN^ an-
kommende Strahl AB wird unter dem Brechungswinkel r
nach BC gebrochen ; er kommt an der Fläche MM^ unter
dem Einfallswinkel r an und wird beim Austritt unter „, ^^
dem obigen Winkel i nach CD gebrochen, so daß ^'
AB II CD. Wenn ein Strahl also nach dem Durchgang durch eine
planparallele Platte in dasselbe Medium austritt, aus welchem er ein-
254 Isotrope Medien.
getreten war, so geschieht dies ohne Ablenkung aas seiner ursprüng-
lichen Eichtüng, es findet nur eine geringe seitliche Verschiebung
des Strahles statt Man kann also stets planparallele Glasplatten
(Objektträger, Deckgläschen etc.) in den Gang der Lichtstrahlen ein-
schalten, ohne daß dadurch eine Ablenkung des Lichts erfolgt.
Dasselbe findet statt, wenn man drei oder mehrere verschiedene plauparaUele
Platten, z. B. Glastafeln oder eine Tafel von Glas nnd eine solche von einer anderen
durchsichtigen Substanz, übereinander legt. Aach in diesem Falle erleidet ein hin-
durchgehender Strahl beim Austritt in dasselbe Medium (Luft) keine Ablenkung.
Daraus läßt sich ermitteln, daß, wenn tn und n« die Brechungskoeffizienten zweier
Substanzen A und B (gegen Luft) sind und n^ der Brechungskoeffizient beim Über**
gang aus der ersten A in die zweite B, man erhält: na = -- , wo n, ^1, aber n^
und n^ stets >> 1. Ist z. B. der Brechungskoeffizient von Wasser: ni = 1,3305, der
von Flußspat n^ = 1,433 (gegen Luft), so ist der Koeffizient beim Übergang von
ru 1433
Wasser in Flußspat (von Flußspat gegen Wasser) : = — = ' = 1,077. Diese
Formel gibt auch den absoluten Brechungskoeffizienten (n«) einer Substanz, wenn
der gewöhnliche Brechungskoeffizient derselben (gegen Luft) (n^) und der absolute
Brechungfikoeffizient der Luft gegeben ist. Letzterer ist ein für allemal bekannt
= 1,000294; (bei 0» C und 760«"» Druck), der Koeffizient für den Übergang aus
l no
Luft in den freien Äther ist also : n^ = ^ nmobj. » so^it ng = ^ — ~ 1,000294 n^.
i;ÖÖ0^94
Der absolute Brechungskoeffizient des Wassers ist danach = 1,000294. 1,33Q5
= 1,3311.
209. Prisma. Geht dagegen ein Lichtstrahl durch einen von
zwei konvergierenden ebenen Flächen begrenzten Körper, ein sog.
Prisma hindurch, so wird er beim Wiederaustritt in die Luft nicht
mehr in seine ursprüngliche Richtung zurückgeführt, sondern in der-
selben Ebene noch weiter aus ihr abgelenkt.
Man läßt die Lichtstrahlen meist zur brechenden Kante senkrecht
auf die erste Fläche des Prismas einfallen. Der Durchschnitt des
Prismas durch eine zu dieser Kante senkrechte Ebene
sei MNP (Fig. 306), N sei die brechende Kante. Fällt
ein Strahl roten Lichts in der Sichtung AB ein, so wird
er nach BCr gebrochen und verläßt das Prisma in der
Richtung CrDr und ABCrDr liegt in jener zur brechenden
Kante senkrechten Ebene. Der Winkel A^ErDr = «r, den
Fig. 306. der austretende Strahl CrDr mit dem einfallenden AB macht,
heißt die Ahlmhung des Strahls. Fällt nach AB ein Strahl violetten
Lichts ein, so wird dieser in B stärker, nach BC^ gebrochen und verläßt
das Prisma nach einer abermaligen stärkeren Brechung bei C» in der
Richtung CDp. Auch ABCJ), liegt in der Ebene ABCrDr. Die Ab*
lenkung ist hier a„ = A^EJ)„ und zwar ist stets ar>«r. Läßt man
auf dasselbe Prisma in der Richtung AB ein Strahlenbündel weißen
Prisma. Totalreflexion. 255
Lichts einfallen, so wird dasselbe infolge der Dispersion zerlegt (206).
Die dabei entstehenden roten Strahlen werden wieder nach CrDr, die
violetten nach CpDp gebrochen, die gebrochenen Strahlen der zwischen-
liegenden Farben liegen zwischen diesen beiden Geraden in derselben
Ebene mit ihnen. Wenn man diese zerlegten Strahlen auffängt, so
entsteht ein Spdctrum, dessen rotes Ende der ursprünglichen Einfalls«
richtung stets näher ist, als das violette. Je weiter vom roten Ende
das violette entfernt ist, je länger das Spektrum ist, desto größer ist
die Dispersion der Substanz ; diese ist z. B. beim Diamant viel größer
als beim Steinsalz. Sie wird durch die Differenz des Brechungs*
koeffizienten für rotes und violettes Licht gemessen. Eine plan«
parallele Platte kann kein Spektrum geben, weil das beim Eintritt
zerlegte weiße Licht beim Austritt sich wieder vereinigt, wodurch
das ursprungliche Weiß wiederhergestellt wird.
Die Ablenkung eines Lichtstrahls durch das Prisma ist für jeden
Einfallswinkel eine andere. Sie ist ein Minimum, wenn der Strahl im
Innern des Prismas gegen beide brechenden Flächen
gleich geneigt ist, wie der Strahl BC in Fig. 307. Dann
macht auch der einfallende Strahl z. B. ArB mit der
Ebene MN des Prismas denselben Winkel, den der ent-
sprechende austretende Strahl CDr mit der Ebene NP
macht. Die Minimalablenkung ist für Prismen aus der-
selben Substanz um so gi*ößer, je größer der brechende p. ^^
Winkel MNP des Prismas ist. Ein violetter Strahl
JÜ^, der durch das Prisma nach BC hindurchgehen soll, muß nach
dem Obigen mit BC einen etwas größeren Winkel machen, als ein
roter Strahl ArB\ entsprechend ist es mit den austretenden Strahlen
CDf, und CDr. Bei der Minimalablenkung ist ArBCDr der Gang
eines Strahles von rotem, A^BCD^ der eines Strahles von violettem
Licht
210. Totalreflexion. Tritt ein Lichtstrahl AB (Fig. 308) aus
einem dichteren Medium in ein dünneres nach J?(7, so ist i •< r (205).
Fällt ein zweiter Strahl A^B unter einem größeren Ein-
fallswinkel A^BL ein, so wird er nach BC^ gebrochen;
der Brechungswinkel C^BL^ ist ebenfalls größer geworden.
Nimmt so der Einfallswinkel stetig zu, so geschieht dies
auch beim Brechungswinkel und bei einem gewissen Ein- „. "^^^
faUswinkel A^BL wird der betreffende einfallende Strahl
A^B nach BD in der Richtung der Trennungsfläche DD^ beider
Medien gebrochen: der Brechungswinkel ist für diesen Fall =DBL^
= 90^ Wird nun der Einfallswinkel noch größer, fällt z. B. ein
Strahl in der Sichtung MB ein, so wird derselbe überhaupt nicht
mehr gebrochen, sondern der einfallende Strahl wird in B^ ohne daß
256 Isotrope Medien.
eine Lichtbewegung in das zweite, dünnere Medium eintritt, nach dem
gewöhnlichen Brechnngsgesetz vollständig und ohne Schwächung in der
Richtung BN reflektiert und kehrt in das erste dichtere Medium
zurück, so daß ^NBL = ^MBL. Diese Erscheinung heißt die
Totalreflexion. Der Einfallswinkel A^BL, für welchen der Brechungs-
winkel DBLi = 90® ist, heißt der Grensncinkd der totalen Beflexion.
1 * *
Für diesen Grenzwinkel ist : — = . ^^ = «w i> wenn n den
n s%n 90*^
Brechungskoefifizienten aus dem dünneren in das dichtere Medium be-
deutet, so daß also n ;> 1. Je größer der Brechungskoefßzient, desto
kleiner ist der Grenzwinkel A^BL, bei desto steilerem Einfallen wird
das Licht bereits total reflektiert. Für Wasser mit dem Brechungs-
koefi^ienten n = 1,33 ist der Grenzwinkel A^BL «= 48® 35'. Beim
Diamant, wo n = 2,5, ist letzterer nur nahe =24®.
Totalrefiezion ist nnr mOglich, wenn Lichtstrahlen von einem dichteren Medium
her an der Grenze gegen ein dünneres Medinm ankommen. Beim Übergang ans
einem dünneren in ein dichteres Medium kann niemals Totalreflexion eintreten«
Wenn in diesem Falle der Einfallswinkel seinen größten Wert: i = 9(P erreicht hat
(streifende Incidenz), ist stets noch der Brechungswinkel r <^ 90^. Aus einem
dünneren Medium kann somit das Licht stets in ein dichteres eintreten.
211. Brechnngskoefflzienten. Ein isotroper Körper ist in der
Hauptsache optisch bestimmt, wenn man seine Brechangskoef&zienten
für die verschiedenen Farben kennt. Diese und damit implicite die
Lichtgeschwindigkeit in der betreffenden Substanz werden nach ver-
schiedenen Methoden ermittelt (vergl. außerdem 207), die alle ergeben, daß
in jeder isotropen Substanz die Brechnngskoeffizienten stets denselben
Wert haben und daß sie von der Richtung der Schwingungen ganz
unabhängig sind. Hieraus folgt, daß auch die Elastizität des Äthers
in den isotropen Körpern nach allen Sichtungen dieselbe ist Dies
entspricht ja auch der oben zu Grunde gelegten Annahme von Fresnel,
deren Zulässigkeit damit bewiesen ist.
1. Methode mit dem Prisma, Aus der Substanz wird ein Prisma
mit zwei vollkommen glatten und ebenen und möglichst großen
Flächen, die miteinander den brechenden Winkel ß
machen, geschliffen (Fig. 309). Das Prisma wird so auf
dem Objekttisch eines Qoniometers (16) befestigt, daß
die brechende Kante der in 0 gelegenen, in der Ver-
längerung durch das Prisma hindurchgehenden Dreh-
achse des Instruments parallel ist. Es ist dabei gleich-
gültig, welche Lage die Flächen des Prismas und
ihre brechende Kante im Krystall haben; stets erhält
man dieselben Brechungskoeffizienten. Auf die erste
Prismenfläche fällt ein Bündel paralleler Lichtstrahlen AB durch
Bestimmung der Brechnngakoeffizienten. 257
einen anf die Drehachse 0 gerichteten Kollimator AS mit einer der
brechenden Kante parallelen Spalte A, Diese Strahlen werden nach
BC gebrochen und treten nach CD^ aus. Man kann nun den Träger mit
dem Prisma leicht so drehen, daß dabei die Ablenkung ein Minimum
wird. Die Kichtung des Strahls CB^ für die Minimalablenkung wird
durch das ebenfalls auf die Drehachse 0 gerichtete Femrohr bei D^
fixiert. Dieses muß aber um den Winkel Dj OB = a um die Achse 0
bis in die ursprüngliche Richtung OD des einfallenden Strahls gedreht
werden, indem man nach Wegnahme des Prismas die Spalte bei A
anvisiert, und dieser Winkel a ist die Ablenkung. Aus den Winkeln
et und ß ergibt sich dann:
sin ic (a-\- ß)
Sin ^ß
Der brechende Winkel ß darf nicht zu groß sein, weil sonst der Strahl BC
wegen Totalreflexion (210) nicht ans dem Prisma austreten kann. Für jede Farbe
ist der EiufaUswinkel bei der Minimalablenkung ein anderer (209), daher ist für jede
Farbe die Minimalablenknng besonders aufzusuchen und einzusteUen. Eine kleine
Ungenauigkeit in der Einstellung des Prismas auf die Minimalablenkung bat auf
den Wert von n nur einen geringen Einfluß. Einen Zusammenhang zwischen den
Brechungskoeffizienten für die einzelnen Farben mit bekannten Wellenlängen gibt
die Dispersionsformel von Cauchy (206).
Wenn das Prisma ein deutliches Spektrum gibt, so kann man für jede Farbe
desselben besonders die Minimalablenkung suchen und daraus den betreffenden Wert
von n bestimmen. Wenn die Beschaffenheit der Substanz ein solches nicht zu stände
kommen läßt, so kann man die Spalte mit verschiedenem homogenen Licht beleuchten
(mittels gefärbter Metallflammen, Xi-Flamme rot, iVa-Flamme gelb, 27-Flamme grün,
oder mittels gefärbter Gläser, von weichen aber nur durch Kupfer gefärbte rote sehr
annähernd homogene Farbe geben etc.). Vollkommen homogenes Licht liefert das
Spektrum eines Glasprismas. (Wülfing, N. Jahrb. f. Min. etc. Beil. Bd. XU.
1899. 343.)
2. Methode mit dem Mikroskop (erfanden von dem Marquis von
Chaulnes). Diese ist u. U. von Wert, wenn eine Substanz nur in
Form planparalleler Platten erhalten werden kann und nicht die
Herstellung eines Prismas gestattet. Sie beruht darauf, daß wenn
ein im Mikroskop deutlich und scharf gesehener Punkt mit einer
planparallelen Platte einer durchsichtigen Substanz bedeckt wird, man
denselben nicht mehr sieht, um ihn wiederzusehen, ist es nötig, das
Objektiv um einen gewissen Betrag v zu heben, der nur von der
Dicke d der Platte und von deren Brechungskoefl&zienten n ab-
1 /2
hängt und zwar ist sehr annähernd: v = d (1 ) oder ^=='^^1''
Für jede Lage der Platte im Krystall erhält man denselben Wert
für n.
Bei der Erzeugung des Bildes von A im Mikroskop spielen alle von A aus
auf die bei G (Fig. 310) gelegene Objektivlinse fallenden Strahlen eine RoDe
so a. Bw der Strahl AD. Wird die Platte von der Dkke AB = d wä A gelegt, so
Bauer, Mineralogie. l*?
258 Isotrope Medien.
wird AD abgelenkt. Wenn das Bild von A wie früher entstehen soll, so mnß für AD
ein anderer Strahl von A ans eintreten, der durch die Platte hindurch die Linse 1) anter
demselben Winkel und 2) in derselben Entfernung von der Mikroskopachse
AQ trifft wie vorher AD. Das kann nur ein Strahl, der von A in einer sol-
chen Richtung ^lIT ausgeht, daß er in M beim Austritt aus dem PlSttchen
nach der Bichtung JELD^ || AD gebrochen wird, dann ist die erste Bedingung
erfüllt Die zweite ist erfüllt, wenn man dann das Objektiv bis zu dem
Punkt A zurückschiebt, der gegeben ist als Schnitt von HD^ mit
DDi II AB. Die Länge, um welche das Objektiv hat zurückge-
jjig. 6 u. 2ogen werden müssen, ist GGi=v = DDi. Zieht man nun KD^ bis
AtM TTm
C und JKK y AB, dann ist auch CA = DD^ = v. Femer ist : n = — — .„ ' =
-57^ = -^Ti TTi = j • Denn offenbar sind stets die Winkel BAH etc., um
BC BA — AC d — V *
weiche es sich hier handelt, sehr klein, so daß mau AC=DD* sehr annähernd auch
= GGi setzen kann. Ebenso sind sehr nahe die tg der Winkel = deren sin ; es
. . j V ^ ^C'ir sin BCH d
ist daher : . p^fy^ -= — bttt = » = j .
tg BAH sin BAH d — v
Bei der Ausführung der Messung wird d mit dem Sphärometer oder auf einem
anderen Wege, v mittels einer auf dem Knopf der Mikrometerschraube des Mikroskops
angebrachten Teilung geraessen, welche Bruchteile der bekannten Ganghöhe jener
Schraube abzulesen gestattet. Das Zurückziehen des Objektivs muß natürlich um
den vollen Betrag v mit dieser Schraube ausgeführt werden.
(Bauer, Sitzgsber. Berl. Akad. 22. Nov. 1877 pag. 698 und Tschermak, Min.
Mitt. I. 1878 pag. 28 ; vergl. auch : Bertin, Ann. chim. phys. ser. III. Bd. 26 pag. 228
für eine kleine Abänderung dieser Methode.)
3. Methode der Totalreflexion. Während beide genannte Methoden
eine durchsichtige Substanz und zwei ebene Flächen voraussetzen, hat
die Methode der Totalreflexion den Vorzug, auch an undurchsichtigen
Substanzen ausführbar zu sein; auch ist nur eine einzige ebene Fläche
erforderlich.
Es sei MN (Fig. 311) eine ebene Fläche eines von einer stärker
brechenden Flüssigkeit umgebenen isotropen Minerals, auf welche von
allen Seiten her Licht einfällt, und das Auge sei fest
in 0. Dann werden unter zu großem Winkel auf MN
einfallende Strahlen total reflektiert (210) und ein unter
einem bestimmten Winkel ankommender Strahl AI wird
dabei nach 0 gelangen, ebenso der etwas steiler ein-
Fig. 311. fallende Strahl BE etc. Dagegen wird der noch steiler
einfallende Strahl DG nicht mehr total reflektiert werden, sondern in das
optisch dfinnere Mineral nach GH eintreten, wenn sein Einfallswinkel
kleiner als der Grenzwinkel ist. Die linke Hälfte der Fläche MN ist also
durch die in das Auge gelangenden totalreflektierten Strahlen hell,
die rechte Hälfte, welche keine Strahlen ins Auge reflektiert, dunkel,
und beide Hälften sind durch eine Grenzlinie bei F geschieden, deren
Bestimmang der Brechungskoeffizienten. 259
Lage dem Grenzstrahl CFO entspricht, welcher unter dem Grenz-
"winkel einfäUt. Bei Anwendung homogenen Lichts ist diese Grenz-
linie ziemlich scharf, bei weißem Licht ist sie farbig gesäumt, weil
die Grenze für jede Farbe eine etwas andere Lage hat
Man kann nun die Beobachtung der Grenze der Totalreflexion
in folgender Weise zur Ermittlung der Brechungskoeffizienten benützen.
Man befestigt das zu untersuchende Mineral an einer in 0 (Fig.
312) projizierten vertikalen Drehachse, welche senkrecht zu einem
horizontalen Teilkreis durch dessen Mittelpunkt geht.
Diese Achse fällt in die ebenfalls senkrechte reflek-
tierende Fläche MN, welche in ein mit einer stark
brechenden Flüssigkeit, etwa Schwefelkohlenstoff (n =
1,6274) oder Monobromnaphtalin (n = 1,65724) oder
Methylenjodid (n = 1,73798 , je für gelbes JVo-Licht
bei 20® C) etc., gefülltes zylindrisches Gefäß einge- Fig. 312.
taucht ist. Dieses ist ringsum von mattgeschliffenem
Glas gebildet, durch welches diffuses Licht von allen Seiten
auf H/DJ fallen kann, nur bei BQ ist eine yertikalstehende plan-
parallele durchsichtige Glasscheibe, auf welche normal das hori-
zontale auf Unendlich eingestellte Fernrohr P gerichtet ist Hat die
Fläche MN zuerst die Stellung M^N^^ so werden die von rechts
kommenden Strahlen die Grenze der Totalreflexion erzeugen, und man
kann diese Grenze durch Drehung der Fläche MN um die Achse 0
auf das Fadenkreuz des Femrohrs einstellen. Ist m^n^ die Normale
zu M^N^, so ist iWj OP der Grenzwinkel i. Dreht man nun die Fläche
M^N^ an der Drehachse in die Stellung M^N^, so geben die von
links kommenden Strahlen ebenfalls eine Grenze, die man auf das
Fadenkreuz einstellen kann. Ist m^n^ die Normale zu M^N^^ so ist
m^ OP der Grenzwinkel i für diese Stellung. Man muß also, um von
der einen Grenze auf die andere einzustellen, die Fläche MN um den
doppelten Grenzwinkel, um m^ Om^ = 2i, drehen, und da man diese
Drehung am Teilkreis ablesen kann, so ist damit i gegeben. Zu-
nächst ist der Brechungskoefflzient v (v > 1) des Minerals gegen die
stärker brechende Flüssigkeit bestimmt, und man hat: — = »n i.
Sind aber N und n die Brechungskoefflzienten der Flüssigkeit und
1 M
des Minerals gegen Luft, so ist (208): — = ^=sini, a\so: n = Nsini.
Die zu solchen Bestimmungen benutzten Instrumente werden im all-
gemeinen ToUüreflekUmeter genannt. Bei jeder beliebigen Lage der
reflektierenden Fläche erhält man denselben Wert für n.
N ist ein für aUemal bekannt. Da sich dieser Wert mit der Temperatur
wesentlich Ändert, so ist hierauf Bücksicht zu nehmen. Für g^elbes Licht beträgt
17*
260 Isotrope Medien. Brechnngskoeffizieiiten.
beim Schwefelkohleiutoff die Yermindenmg von N bei 1^ C. Temperatormnahme:
0,00080. Die entsprechenden Zahlen sind: 0,00045 beim Monobramnaphtalin und
0,00073 beim Methylenjodid.
(F. Kohlrausch, Verh. d. phys. med. Ges. Würzburg XII. 1877 pag. 1; Wied.
Ann. IV. 1878 pag. 1 und XVI. 1882 pag. 603; W. Kohlrausch, Wied. Ann. VI.
1879 pag. 94; LeiO, Zeitachr. f. Kryst. XXX. 1898 pag. 357.)
Nach dem Vorschlag von Woüaston kann die Totalreflexion noch in anderer
Weise zur Bestimmung der Brechungsexponenten benutzt nrerden, die den störenden
Einfluß der Temperatur wesentlich vermindert. An die Fl&che I eines Glasprismaa
A Ton bekannter möglichst starker Lichtbrechung wird die zu nntersnchende Sub-
stanz B mit einer natttrlichen oder künstlichen ganz glatten und ebenen Fl&che an-
gedrückt, und zur Herstellung eines vollkommenen Kontakts ein Tropfen C einer
Flüssigkeit dazwischen gebracht. Der Brechungskoeffizient des Glases sowohl als
der der Flüssigkeit muß mindestens etwas höher sein, als der der zu messenden Sub-
stanz. Dann läßt man diffuses Licht auf der zweiten Fläche 11 des Prismas links
von der zu untersuchenden Platte eintreten. Dieses erleidet an der letzteren z. T.
Totalreflexion und tritt auf der dritten Fläche III des Prisma« wieder aus. In einem
auf diese gerichteten Femrohre entsteht dann ganz wie bei der oben beschriebenen
Methode eine Grenze zwischen hell imd dunkel, die dem Grenzstrahl entspricht und
man kann auf dem Goniometer leicht den Winkel messen, den die der Grenze der
Totalreflexion entsprechenden Strahlen mit der Normale zur dritten Fläche des
Prismas, der Austrittsfläche, einschließen. Hieraus und aus dem Brechungskoefflzienten
des Glasprismas ergibt sich dann der Brechungskoef&zient der Substanz.
(K. Feußner, Diss. Marburg 1882; Liebisch, Zeitschr. f. Instrumentenk. IV. 1884
pag. 185 und V. 1885 pag. 13; Danker, N. Jahrb. f. Min. etc. Beil. Bd. IV. 1885
pag. 241 ; Liebisch, N. Jahrb. f. Min. etc 1886 II. pag. 51.)
Pulfrich konstruierte ein auf ähnlichem Prinzip beruhendes Instrument, bei dem
aber statt des Prismas ein Kreiszylinder aus stark lichtbrechendem Glase benutet
wird, auf dessen Basis die zu untersuchende Substanz mit einer möglichst eben^
Fläche, gleichfalls mit einem Tropfen einer stark liohtbzechenden Flüssigkeit da-
zwischen, gelegt wird.
(Zeitschr. f. Instrumentenk. VII. 1887 pag. 16. 65. 392; Wied, Ann. 30. 31.
1887 pag. 193. 317. 487, resp. pag. 724. 734; Mühlheims, Zeitschr. f. Kryst XIV.
1888 pag. 206.)
Das vollkommenste Instrument dieser Art ist das Abbe-Czapekisehe KrystaU-
refrcüdometeTj wo der Zylinder Pulfrichs durch eine Halbkugel ersetzt ist, die oben
eine nach einem Großkreis angeschliffene ebene Fläche trägt. Auf diese wird die
zu untersuchende Substanz wie bei den anderen genannten Instrumenten gelegt
(Czapski, Zeitschr. f. Instrumentenk. X. 1890 pag. 246. 269; W. Feußner, Sitzgsber.
d. Ges. z. Beförderung d. ges. Natnrw. Marburg 1893 pag. 6; Viola, Zeitschr. f.
Instrumentenk. 19. 1899 pag. 335; Zeitschr. f. Kryst. 30. 1899 pag. 417 und 32.
1899 pag. 66.)
Siehe auch die in (3) B angeführten Werke von Greth, Leiß, Liebisch, Soret etc.
für die Theorie der Bestimmung der Brechungskoeffizienten mittels der Totalreflexion
tmd die dazu dienenden Instrumente nicht nur bei isotropen, sondern auch bei
anisotropen Substanzen, von denen unten eingehender speziell die Rede sein wird.
Einfaches Refraktometer: Bertraud, Bull. soc. fran^. de min. Bd. %. 9. 10. 186&— 87.
£ine Methode zur annähernden Ermittlung der Brechungskoeffizienten, wie sie
für die praktischen Zwecke der Mineralbestimmung zuweilen wünschenswert ist, be-
ruht darauf, daß ein fester Körper in einer gleich stark lichtbrechenden Flüssigkeit
bei gleicher Farbe keine scharfen Umrisse mehr zeigt. Man verfilhrt in der Weise,
daß man, etwa durch Verdünnen von Kaliumquecksüberjodid mit Wasser, eine nicht
Anisotrope Medien. SchwiBgnngsrichtongen. 261
zn geringe AnEabl von venchiedenen Flüssigkeiten mit bekannten möglichst all-
mählich steigenden Brechongskoeffizienten herstellt und dann das zu nntersuchende
Stück in die einzelnen Gläser der Beihe nach hineinwirft. Wo die Umrisse am
Tollständigsten verschwinden — am besten ist es, die Beobachtung im homogenen
Licht, etwa im iVitz-Licht, vorzunehmen — ist die größte Übereinstimmung der Licht-
brechung. Der Brechungskoeffizient kann an dem betreffenden Olase abgelesen
weiden. Diese Methode eignet sich am besten für farblose Substanzen. Sie kann
in ganz analoger Weise auch für anisotrope Krystalle angewendet werden, bei denen
man einen mittleren Wert für die Brechungskoeffizienten erhält. (Vergl. Schröder
van der Kolk, Tabellen zur mikroskopischen Bestimmung der Mineralien nach ihrem
Brechungsindex. 1900.)
Anisotrope Medien.
Verhalten sich nicht nach allen Richtungen optisch gleich.
212. Schwingiingsrichtnngen. Nach der Ansicht von Fresnel
ist der Äther in anisotropen Medien (201) so beschaffen, daß seine
Elastizität nicht nach allen Richtungen gleich ist, sondern sich mit
der Richtung ändert, während die Dichte für jede Substanz unab-
hängig von der Richtung stets denselben Wert hat. Das Licht wird
also nicht mehr nach allen Seiten mit derselben Geschwindigkeit fort-
gepflanzt, sondern diese ändert sich ebenfalls mit der Richtung. Die
Wellenfläche kann also keine Kugel mehr sein. Auch hier gilt
noch die Gleichung: v «» 1/-^ (vergl. 203); aber während die Geschwin-
digkeit in jedem isotropen Medium wegen der Konstanz von e und d für
alle Richtungen denselben Wert hat, ändert sich hier der Wert von v
gleichzeitig mit dem von e mit der Richtung. Sind v^ und v^ die
Geschwindigkeiten, mit welchen in demselben anisotropen Medium
Schwingungen fortgepflanzt werden, die in Richtungen mit den
Elastizitäten e^ und e^ stattfinden, so ist, da hier d konstant:
Vi : v^ =|/^: |/^ = |'ei : ]^e^,
d. h. die Fortpflanzungsgeschwindigkeiten zweier verschiedener Wellen
in demselben anisotropen Medium verhalten sich wie die Quadrat-
wurzeln ans den Elastizitäten des Äthers in den Richtungen, in
welchen die Schwingungen der beiden Wellen vor sich gehen. Es
handelt sich dabei stets nur um die Elastizität in der Richtung senkrecht
zur Fortpflanzungsrichtung, in welcher die Schwingungen stattfinden,
nicht nm die in der Fortpflanzangsrichtnng herrschende; diese ist
vollkommen gleichgültig. Daher ist es auch möglich, daß in derselben
Bichtnng in einem anisotropen Krystall sich zwei Wellen mit ver-
schiedener Geschwindigkeit fortpflanzen, wenn die Schwingungen der
262 Anisotrope Medien.
beiden Wellen in zwei der unendlich vielen, auf der Fortpflanzungs-
richtung senkrechten Richtungen vor sich gehen.
In jedem anisotropen Krystall können sich in der Tat in der-
selben Richtung zwei, und nur zwei, Wellen gleichzeitig und mit ver-
schiedenen Geschwindigkeiten fortpflanzen, die ihre Schwingungen in
zwei zueinander senkrechten Richtungen normal zur Fortpflanzungs-
richtung ausführen. Diese beiden Richtungen sind die sog. Schwin-
gungsricktungen des Krystalls für die betreffende Fortpflanzungs-
richtung. Sie fallen zusammen mit den stets zueinander senkrechten
beiden Richtungen, in welchen der Äther in einer zur Fortpflanzungs-
richtung der beiden Wellen senkrechten Ebene die größte und die
kleinste Elastizität besitzt. Sind e^ und et diese beiden Elastizitäten
und Vg und vt die Fortpflanzungsgeschwindigkeiten der beiden ent-
sprechenden Wellen, dann ist:
Beim Hindurchgehen durch einen anisotropen Krystall wird also
das Licht polarisiert und zwar die beiden in derselben Richtung sich
fortpflanzenden Wellen senkrecht zueinander. Wir haben somit ein
zweites Mittel, gewöhnliches Licht in polarisiertes zu verwandeln
(vergl. (207) und (219)).
213. Doppelbrechung. Die Grösse der Ablenkung (Brechung)
beim Übergang einer Welle aus einem Medium in ein anderes ist
für jede Farbe und Temperatur lediglich von der Fortpflanzungs-
geschwindigkeit des Lichts in beiden Medien (205) abhängig. Somit
müssen, wie die Huyghenssche Konstruktion in bekannter Weise zeigt,
die beiden Wellen, welche sich in einem anisotropen Krystall in der-
selben Richtung, aber mit verschiedener Geschwindigkeit fortpflanzen,
beim Austreten in Luft verschieden stark abgelenkt werden, also
ihren Weg in der Luft in zwei verschiedenen, einander allerdings
sehr naheliegenden Richtungen fortsetzen. Dabei erleidet auch hier
die rascher im Krystall sich fortpflanzende Welle eine geringere Ab-
lenkung, als die langsamere. Ebenso werden aber auch, wenn auf
einen solchen Krystall eine ebene Lichtwelle von außen einfällt, in
demselben zwei Schwingungen erregt, welche zwei mit verschiedener
Geschwindigkeit und in verschiedener Richtung im Krystall sich fort-
pflanzende Wellen (resp. Strahlen) liefern. Diese können ebenfalls
mittels der Huyghensschen Konstruktion aufgefunden werden. Bei
jedem solchen Übergang aus dem anisotropen Krystall in ein anderes
Medium, z. B. Luft, oder umgekehrt entstehen also im allgemeinen
aus einer Fortpflanzungsrichtung des Lichts deren zwei, eine ein-
fallende Lichtwelle (Lichtstrahl) zerfallt bei der Brechung in zwei
Wellen, resp. Strahlen, die sich im zweiten Medium unter verschie-
Doppelbrechung. Optische Achsen. 263
denen Richtungen fortpflanzen. Die anisotropen Krystalle heiBen daher
doppeltbrechend im Gregensatz zu den einfach lichtbrechenden isotropen
Substanzen, wo jeder einfallenden Welle nur eine einzige des ge-
brochenen Lichts entspricht Die Erscheinung selbst heißt die doppelte
Lichtbrechung (Doppelbrechung). Dieselbe äußert sich u. a. darin, daß,
wenn man durch einen doppeltbrechenden Körper hindurch einen
leuchtenden Punkt betrachtet, derselbe doppelt erscheint (218). Je
größer der Winkel ist, den die beiden so entstehenden Strahlen mit-
einander machen, desto stärker ist die Doppelbrechung, desto weiter
sind dann auch die beiden Bilder voneinander entfeint, die bei der
Betrachtung eines Gegenstands durch einen doppeltbrechenden Körper
hindurch erscheinen. Am bequemsten ist dies im allgemeinen mittels
eines Spaltungsstficks von Kalkspat zu beobachten. Die beiden durch
Doppelbrechung entstehenden Wellen (Strahlen) sind stets vollständig
polarisiert und zwar senkrecht zueinander (212); Doppelbrechung ohne
Polarisation ist undenkbai*.
214. Optische Achsen. Es gibt in jedem doppeltbrechenden
Krystall eine resp. zwei Richtungen, in welchen sich nur eine ein-
zige Welle durch denselben hindurch bewegen kann, in welchen also
nur einfache Lichtbrechung und keine Polarisation stattfindet, und
in welchen daher auch nur einfache Bilder eines Lichtpunkts gesehen
werden. Solche Richtungen heißen optische Achsen. Man unterscheidet
nach der Zahl derselben einachsige und zweiachsige Krystalle. Die
ersteren umfassen alle Krystalle mit einer Hauptachse, also alle, die
dem hexagonalen und quadratischen System angehören, und die optische
Achse ist stets der Hauptachse parallel. Die Richtung wird daher
meist kurz als die Achse der einachsigen Krystalle bezeichnet. Zwei-
achsig sind die sämtlichen Krystalle des rhombischen, monoklinen und
triklinen Systems (vergl. (214) und (224)).
Einachsige Krystalle.
Die hierbergehdrigen hexagonalen und quadratischen Krystalle verhalten sich
in Beziehung auf die allgemeinen optischen Eigenschaften vöUig gleich und kOnnen
auf optischem Wege nicht unterschieden werden. Auch bei ihnen ist, wie bei den
regulären Krystallen, die optische Symmetrie höher als die krystallographische. Bei
beiden ist die zur Achse normale Ebene Symmetrieebene; in optischer Hinsicht ist
auch jede durch die Achse gehende Ebene (Hauptschnitt) Symmetrieebene, aber nicht
für die krystallographische Begrenzung.
215. Allgemeine Eigenschaften. In einachsigen Erystallen ist
nach den Annahmen von Fresnel der Äther so beschaffen, daß seine
Elastizität in der Bichtnng der Achse = e und ein Maximom (resp. Mi-
nimnm), in allen darauf senkrechten Eichtungen dagegen = o and ein
264 Einachsige Erjstalle.
Minimum (resp. Maximum) ist. In den Zwischenrichtungen ist die
Elastizität eine intermediäre, und zwar ist sie in allen solchen Rich-
tnngen gleich, die gegen die Achse gleiche Neigung haben. Danach
ist die Elastizität in allen durch die Achse hindurchgehenden Ebenen,
den sog. Hawptschnitten, ganz gleich verteilt. Sie nimmt in jedem
Hauptschnitt von der Richtung der Achse nach der darauf senkrechten
in der Ebene der Nebenachsen gelegenen Richtung ganz stetig und
in ganz gleicher Weise ab (resp. zu) und zwar nach einem Gesetz,
das wir unten speziell kennen lernen werden (216).
Krystalle, bei denen die Elastizität des Äthers in der Richtung
der Achse ein Maximum ist, wo also c>>o, heißen negativ ( — ), z. B.
Kalkspat. Solche, wo die Elastizität in der Richtung der Achse ein
Jffmmum, bei denen also « < o, heißen posüiv (+), z. B. Quarz.
Die beiden nach irgend einer Richtung in einem solchen Krystall
sich fortpflanzenden Wellen schreiten mittels Schwingungen vorwärts,
welche senkrecht und parallel zu dem Hauptschnitt sind, in welchem
die Fortpflanzungsrichtung liegt, d. h. senkrecht und parallel zu einer
Ebene, welche man durch die Fortpflanzungsrichtung und die Richtung
der Hauptachse legen kann. Die Schwingungsrichtungen der Wellen
in einachsigen Krystallen sind also flir jede Fortpflanzungsrichtung
senkrecht und parallel zu dem durch diese letzteren bestimmten
Hauptschnitt. Der Grund liegt darin, daß die Elastizität des Äthers
senkrecht zu dem Hauptschnitt, also senkrecht zu der in diesem
liegenden Fortpflanzungsrichtung und der Achse des Krystalls, bei
4- Krystallen den größten, bei — Krystallen den kleinsten in dem
Krystall überhaupt möglichen Wert hat (212). Andere Lichtschwin-
gungen als solche senkrecht und parallel zu diesem Hauptschnitt
können in einem einachsigen Krystall in der betreffenden Richtung
nicht fortgepflanzt werden.
Alle senkrecht zu einem Hauptschnitt schwingenden Lichtbewe-
gungen müssen sich im Krystall stets mit derselben Geschwindigkeit
fortpflanzen, die Fortpflanzungsricbtung mag sein, welche sie will;
denn diese Schwingungen gehen alle senkrecht zur Achse vor sich,
und in allen diesen Richtungen ist ja die Elastizität des Äthers im
ganzen Krystall dieselbe, nämlich = o. Eine solche Lichtbewegung
verhält sich also, wie wenn sie in einem isotropen Medium stattfände ;
ihre Geschwindigkeit ist konstant und von der Richtung der Fort-
pflanzung im Krystall (von der Neigung derselben gegen die optische
Achse) vollkommen unabhängig. Bei einer im Hauptschnitt schwin-
genden Lichtbewegung ändert sich mit der Fortpflanzungsrichtung
auch die Schwingungsricbtung in ihrer Neigung zur Achse und damit
die Fortpflanzungsgeschwindigkeit Diese ist nur in allen solchen
Richtungen gleich, welche zur Achse gleich geneigt sind, entsprechend
WeUenfl&che. 265
den Verhältnissen der Elastizität des Äthers, nnd nimmt von der
Bichtung parallel der Achse bis zu der Richtung senkrecht darauf
stetig ab bei + I^rystallen, resp. zu bei — Krystallen. Eine Licht-
bewegung, deren Fortpflanzung durch Schwingungen im Hauptschnitt
geschieht und deren Fortpflanzungsgeschwindigkeit sich daher mit der
Tüchtniig ändert, heißt eine außerwrdenüiche (extraordinäre, außer-
ordentliche Wellen und Strahlen). Dagegen wird eine Lichtbewegung,
die mit Schwingungen senkrecht zum Hauptschnitt, also mit konstanter
Geschwindigkeit fortschreitet, eine ordentliche (ordinäre, ordentliche
Wellen und Strahlen) genannt. Das ordentliche Licht ist also stets
in dem Hauptschnitt, das außerordentliche senkrecht zu dem Haupt-
schnitt polarisiert, in dem die Fortpflanzungsrichtung liegt.
' 216. Wellenfläehe (Strahlenfläehe). In positiven Krystallen
wird sich eine Lichtbewegung in der Richtung der Achse, also mit
Schwingungen senkrecht zur Achse, mit einer Geschwindigkeit o fort-
pflanzen, die größer ist, als die Fortpflanzungsgeschwindigkeit e einer
sdchen senkrecht zur Achse, also mit Schwingungen parallel der
Achse, weil die Elastizität des Äthers e parallel der Achse kleiner
ist, als diejenige o senkrecht dazu (215). Die Geschwindigkeit o ist die
größte, c die kleinste überhaupt in dem betrefienden Krystall mögliche
Fortpflanzungsgeschwindigkeit. Bei negativen Krystallen ist dies alles
gerade umgekehrt. In beiden Fällen besteht aber das Verhältnis (212) :
b : e =?= y 0 : y^
Je größer die Diflferenz zwischen o und e, resp. o und e, desto
größer ist die Doppelbrechung des Krystalls, desto weiter können die
durch ihn hindurch gesehenen beiden Bilder eines leuchtenden Punkts
auseinanderrücken.
Die Fortpflanzungsgeschwindigkeit in einer intermediären Richtung
erhält man, wenn man o = ^ö in der Richtung der Hauptachse, c = /c
senkrecht dazu aufträgt und über beiden als Achsen eine Ellipse
konstruiert. Eine außerordentliche Lichtbewegung, deren Fortpflan-
zuogsrichtung mit der Achse den Winkel a macht, hat eine Ge-
schwindigkeit, welche gleich ist dem Radius der Ellipse, welcher mit
der Achse denselben Winkel a ein-
schließt (Fig. 313 für einen posi-
tiven, Fig. 314 für einen negativen
Krystall). Die Fortpflanzungsge-
schwindigkeit einer ordentlichen
Lichtbewegung ist nach allen Rieh-
tungen dieselbe, nämlich o. In der ^^' ^^^' ^'^' ^^^'
Bichtung der Achse bewegt sich also alles Licht mit derselben Ge-
schwindigkeit 0, hier hört der Unterschied zwischen ordentlicher und
y^
266 Einachsige Krystalle.
außerordentlicher Lichtbewegung daher auf. Es findet hier somit
in der Tat keine Doppelbrechung statt. Das in der Richtung der
Achse gehende Licht wird nicht polarisiert
Wird also im Innern eines einachsigen Krystalls der Äther an
einem Punkt 0 erschüttert, so breitet sich gleichzeitig eine ordent-
liche und eine außerordentliche Welle um 0 herum aus. Die erstere
schreitet nach allen Seiten mit der Geschwindigkeit o fort, die ordent-
liche Wellenfläche (Strahlenfläche) ist also eine Kugel um 0 mit dem
Halbmesser o. Die letztere bewegt sich nur in der Richtung der
Achse mit der Geschwindigkeit o, senkrecht dazu mit der Geschwindig-
keit c, in allen intermediären Richtungen mit Geschwindigkeiten, welche
man aus den oben genannten Ellipsen in der angegebenen Weise er-
hält. Da sich in allen Hauptschnitten des Krystalls die außerordent-
lichen Wellen ganz in derselben Weise fortpflanzen, so daß dies in
gleich zu der Achse geneigten Richtungen auch stets mit derselben
Geschwindigkeit geschieht, so muß die außerordentliche Wellenfläche
ein Rotationsellipsoid sein, dessen Rotationsachse der Richtung nach
die Hauptachse und dessen Meridiane die genannten Ellipsen sind;
dessen Rotationsachse der Länge nach = o, dessen Äquatorialachse
= e ist. In der Richtung der Achse ist die Fortpflanzungsgeschwindig-
keit der ordentlichen sowohl als der außerordentlichen Welle =o,
somit berühren sich beide Wellenflächen an den Enden der Haupt-
achse, umfassen sich aber im übrigen, und zwar umgibt bei
-+- Krystallen die kugelförmige ordentliche Wellenfläche die elliptische
außerordentliche (Fig. 313), bei — Krystallen umgibt die elliptische
außerordentliche die kuglige ordentliche (Fig. 314). Hieraus folgt
dann unmittelbar, daß bei + Krystallen die Fortpflanzungsgeschwindig-
keit der außerordentlichen Wellen stets kleiner, bei — Krystallen stets
größer ist, als die ordentlichen Wellen.
217. Charakter der Doppelbrechung. Wenn eine ebene Licht-
welle in der Richtung AB (Fig. 315, 316) die irgendwie gelegene
ebene Grenzfläche MN eines einachsigen
Krystalls trifft, dessen Hauptachse nach BG
gerichtet ist, so wird diese Welle doppelt
gebrochen ; nach Bo geht die ordentliche, nach
Fi 316 "^^ ^^® außerordentliche gebrochene Welle. Da
bei negativen Krystallen die ordentliche Welle
sich langsamer fortpflanzt, als die außerordentliche, so wird sie stärker
gebrochen als letztere (213, 216), bei positiven Krystallen ist dies um-
gekehrt. Die Fortpflanzungsrichtung der außerordentlichen Welle Be
ist daher bei negativen Krystallen stets von der Hauptachse BG
weiter entfernt, als die Richtung der ordentlichen Welle Bo (Fig. 316),
Charakter der Doppelbrechung. Doppelbrechnng im Kalkspat. 267
sie wird von der Achse gleichsam abgestoßen ; bei positiven Krystallen
ist sie näher bei der Achse jBC, sie wird von der Achse gleichsam
angezogen (Fig. 315) , daher heißen — Krystalle auch repfdsiv,
+ Krystalle attraktiv.
Die Fortpflanzangsrichtnngen der ordentlichen nnd anOerordenÜichen Wellen
Bo nnd Be (die ordentliche und außerordentliche Wellennormale) folgen hei der
Brechnng dem gewöhnlichen Brechnngsgesetz (205). Was die gebrochenen Strahlen
betrifft, so füllt der ordentliche Strahl mit der ordentlichen Wellennormale Bo stets
zusammen, er folgt also ebenfalls in jeder Beziehung dem allgemeinen Brechungs-
gesetz. Der gebrochene außerordentliche Strahl fällt aber mit der außerordentlichen
Wellennormale Be im allgemeinen nicht mehr zusammen und folgt nicht dem all-
gemeinen Brechungsgesetz. Er liegt sogar nicht einmal stets in der Einfallsebene
des Strahls AB. Dies geschieht nur, wenn AB in dem durch das Einfallslot be-
stimmten Hauptschnitt oder senkrecht dazu einfällt; in allen anderen Fällen tritt
der gebrochene außerordentliche Strahl aus der Einfallsebene heraus. Sein Brechungs-
gesetz ist dann ziemlich kompliziert und wird mittels der Huyghensschen Konstruk-
tion angegeben.
218. Doppelbrechung im Kalkspat. Am geeignetsten zur Be-
obachtung der Erscheinungen der Doppelbrechnng ist der rhombo-
edrische, also einachsige Kalkspat. Er ist sehr stark doppeltbrechend
und findet sich in großen durchsichtigen Massen, aus denen man schöne
Spaltungsrhomboeder herstellen kann. Wegen der sehr starken Doppel-
brechung nennt man die durchsichtige Varietät des Kalkspats Doppel-
spat. An ihm beobachtet man bezüglich der Doppelbrechung folgendes:
Legt man ein Spaltungsstück auf ein weißes, mit einem schwarzen
Punkt versehenes Papier, so sieht man von oben aus zwei Bilder des
Punkts, beide in dem vertikalen Hauptschnitt des Krystalls gelegen.
Befindet sich das Auge senkrecht über dem Punkte m
(Fig. 317), so sieht man das eine Bild senkrecht nach unten
an der Stelle, wo der Punkt m selbst ist, das andere im
vertikalen Hauptschnitt etwas nach der unteren stumpfen ^^
Ecke c des Spaltungsstücks hin verschoben bei m,. Die
Entfernung der Bilder bleibt dieselbe, ob man das Auge *^'
der Fläche nähert, oder von ihr entfernt, dagegen ist ihre Entfernung
größer bei dickeren, als bei dünneren Stücken. Dreht man den Kalk-
spat um eine Achse o^m senkrecht zu der Spaltungsfläche, auf welche
man sieht, so bleibt das Bild m an seiner Stelle, das Bild m^ dagegen
dreht sich mit, indem es immer in dem vertikalen Hauptschnitt bleibt.
Beide Bilder m und m^ haben dabei stets dieselbe Helligkeit und die-
selbe Entfernung voneinander. Das nicht abgelenkte Bild m ist das
ordentliche, das abgelenkte Bild m^ das außerordentliche. Betrachtet
man einen fernen Punkt durch einen Kalkspat, so sind die Erschei-
nungen ganz ähnlich. Sieht man in einer anderen Richtung als senk-
recht zum Blätterbruch durch den Krystall, so sind die beiden Bilder
268 Einachsige Erjstalle.
bei gleicher Dicke des letzteren um so entfernter, je mehr diese
Richtung sich der Normale zur Achse nähert, bis zu einem bestimmten
Punkt; von da ab nähern sie sich einander wieder. Senkrecht zur
Achse, also durch zwei gegenüberliegende Prismenflächen gesehen,
decken sie sich, wie die Huyghensche Konstruktion zeigt. Die beiden
Bilder sind einander um so näher, je näher die Richtung, in der man
durch den Krystall hindurchsieht, der Richtung der Achse ist Längs
der Achse gesehen, erhält man überhaupt nur ein einziges Bild ; nach
der Achse findet keine Doppelbrechung statt.
Alle anderen einachsigen Krjstalle zeigen dieselben Eracheinnngen wie der
Kalkspat, doch ist bei den meisten die Doppelbrechnng viel schwächer. Die beiden
Bilder liegen sich dann näher und vielfach überdecken sie sich sogar teilweise, selbst
in der Stellung, in der sie das Maximum der Entfernung haben. Die Erscheinung
tritt dann vielfach nicht mehr in der angegebenen Weise hervor, und viele KrystaUe
erscheinen bei dieser direkten Beobachtung einfachbrecheud, während sie doch tat-
sächlich doppeltbrechend sind, oder sie lassen doch die Art ihrer Lichtbrechung
zweifelhaft. Die beiden Bilder treten aber weiter auseinander und lassen dann die
Doppelbrechung auch bei geringerer Stärke oft noch deutlich erkennen, wenn man
einen Punkt statt durch eine planparallele Platte durch ein Prisma aus dem be-
treffenden ELrystall betrachtet. (Erkennung der Doppelbrechung auf indirektem Wege
im Polarisationsinstrument veigl. (237) ff.)
210. Nicolsehes Prisma. Tormalinplatte. Der Umstand, daß doppelt-
brechende Körper das durch sie hindurchgehende Licht vollkommen polarisieren (213),
wird zur Herstellung von Apparaten benützt, welche Licht liefern, das in einer be-
stimmten Ebene polarisiert ist. Es handelt sich dabei darum, die eine der beiden
durch die Doppelbrechung erhaltenen WeUen zu eliminieren und nur die andere ins
Auge gelangen zu lassen. Man benutzt dazu am häufigsten Turmalin- und Kalk-
spatkrjstalle, beide dem hexagonalen Krystallsystem angehörig, doch können auch
andere doppeltbrechende Krystalle verwendet werden.
Schleift man eine Platte von Turmalin von dunkelbrauner oder -grüner Farbe
(hellgefärbte sind untauglich) paraUel mit der Hauptachse, so wird beim Hindurch-
gehen des Lichts die dabei entstehende ordentliche Welle total absorbiert (262) und
nur die außerordentliche gelangt, stark gefärbt, ins Auge. Man hat also nur in die
Fortpflanzungsrichtung eines Strahlenbündels gewöhnlichen Lichts eine solche Tur-
malinplatte einzuschalten, um ein Bündel polarisierter Lichtstrahlen zu erhalten,
deren Schwingungen parallel mit der Achse des Turmalins vor sich gehen.
Um statt des gefärbten Lichts, das der Turmalin liefert, weißes zu erhalten,
benützt man den Doppdapat^ in welchem man die Beseitigung des einen und zwar
des ordentlichen Strahls künstlich bewirken kann. Man schleift an ein längliches
Doppelspatspaltungsstück, dessen Umriß in dem durch die lange Endkante BD
gehenden Hauptschnitt durch das Parallelogramm ABCD darstellt (Fig. 318), zwei
neue Flächen ABi und CiD an, welche wie die beiden
Spaltungsflächen AB und CD auf dem Hauptschnitt ABCD
senkrecht stehen und mit AB und CD Winkel von je 3®
machen. Dann zersägt man das Spaltungsprisma senkrecht
Fig. 318. 2U ABCD, so daß die Trennungsfläche ByCi mit AB^^
und CiD Winkel von 90** macht, poliert die beiden Schnitt-
flächen und klebt die beiden Hälften mittels Canadabalsam genau in der alten
Lage wieder aufeinander. Der Balsam hat einen Brechungskoeffizienten, welcher
Nicoisches Prisma. TnrmallnplaCte. Brechnngskoeffizienten. 269
zwischen denen der ordentlichen nnd außerordentlichen Welle im EalksiMtt in
deT Mitte steht. Fällt nnn anf die Fläche ABi ein gewöhnlicher Lichtstrahl ab
parallel znr Kante BD ein, so wird er doppelt gehrochen, nnd zwar, weil der
Kalkspat — ist, der ordentliche stärker nach &o, der außerordentliche weniger
stark nach he. Der ordentliche Strahl ho wird an dem optisch weniger dichten
Cknadabalsam total reflektiert und durch Ablenken nach od beseitigft; der außer-
ordentliche Strahl be geht durch die Balsamschicht hindurch nach ef und ver-
läßt den Kalkspat nach fg \\ ab. Dieser Apparat heißt nach seinem Erfinder ein
Nicolachea Prisma oder kurz ein Nicol. Das durch einen solchen Apparat gegangene
Licht ist senkrecht zum Hauptschnitt polarisiert, die Schwingungen gehen somit im
Hauptschnitt, also in der von der kurzen Diagonale des Querschnitts des Spaltungs-
rhomhoeders bestimmten Eichtung vor sich. Dieser Hanptschnitt wird auch wohl
die Schwingungsebene des Nicols genannt Die Nicols sind die bequemsten und am
häufigsten angewendeten polarisierenden Apparate, die znr Zeit bekannt sind.
Übrigens sind diese Prismen zuweilen auch in etwas anderer Weise konstruiert,
was aber in der Hauptsache ihre Wirkung nicht wesentlich ändert. (K. Feußner,
Zeitschr. f&r Listrumentenkunde Bd. IV. 1884 pag. 41.) Auch aus anderen Sub-
stanzen (Natronsalpeter etc.) werden sie zuweilen hergestellt, statt aus Kalkspat.
220, BrechuiigskoefHzienteiL. Kennt man die Fortpflanzungs-
geschwindigkeiten e und 0 der in der Richtnng der Achse nnd senk-
recht dazu schwingenden außerordentlichen Wellen in einem ein-
achsigen EryBtall, so folgen daraus die Fortpflanzungsgeschwindig-
keiten der in intermediären Kichtungen schwingenden Wellen nach
(316). Durch die Kenntnis von e und o für jede Farbe und Temperatur
sind somit einachsige Krystalle in der Hauptsache optisch bestimmt.
Diese Werte werden aber ermittelt durch die Brechungskoeffizienten
€ und (o der Wellen, welche parallel und senkrecht zur Achse
schwingen, der sog. Hauptbrechungskoeffiaienten, Sie sind für alle
Krystalle derselben Substanz dieselben, ändern sich aber von einer Sub-
stanz znr anderen. Man bezeichnet sie auch als die optischen Kon-
stanten der einachsigen Krystalle.
Die Brechnngskoeffizienten sind wie bei isotropen Substanzen (205)
die reciproken Werte der entsprechenden Fortpflanzungsgeschwindig-
keiten und man. hat die Formeln :
w und e sind die größten und kleinsten Brechnngskoeffizienten,
die in einem Krystall überhaupt vorkommen können, w ist der ordent-
liche (ordinäre) Brechungskoefftzient ; er gilt für ordentliche Wellen
durchaus, b ist der außerardentlidie (extraordinäre) Brechungskoefft-
zient; er gilt für diejenigen außerordentlichen Wellen, die sich, in
der Bichtung der Hauptachse schwingend, senkrecht zu dieser fort-
pflanzen. Für außerordentliche Schwingungen, die weder nach der
Achse noch senkrecht dazu stattfinden, gelten Brechnngskoeffizienten,
die zwischen (o und e liegen und zwar entsprechend dem durch die
270 Einachsige Krystalle.
Wellen- oder Strahlenfläche dargestellten Gesetz. Fttr + Krystalle
ist stets w<€, z. B. beim Quarz: ct> = 1,54418; fi = 1,55328. Ffir
— Krystalle ist w > ß, z. B. beim Kalkspat : (o = 1,6583 ; e = 1,4864,
bei beiden Mineralien für Natriumlicht (Linie D des Spektrums). Da
die Hauptbrechungskoeffizienten durch die obigen Formeln direkt ntit
der Elastizität des Äthers in der Richtung der Achse und senkrecht
dazu in Verbindung stehen, so geben sie auch ein Maß flir die Doppel-
brechung. Ein Krystall ist um so stärker doppeltbrechend, je größer
die Differenz der beiden Hauptbrechungskoeffizienten w — e für — ,
€ — 0) für -[-Krystalle. Der Kalkspat, wo w — « = 0,1719, ist viel
stärker doppeltbrechend, als der Quarz, bei dem c — w = 0,0091 und
die Doppelbrechung selbst ist = 0,1719 resp. = 0,0091.
Unter den bisher bekannten einachsigen Erystallen ist das quadratische
Calomel, die am stärksten doppeltbrechendei zugleich die am stärksten doppelt-
brechende Substanz überhaupt; bei ihm ist: <» = l,9732d und c = 2,66618, die
Doppelbrechung also: e — tt> = 0,68293 für i\ra-Licht, für 27-Licht ist sogar: « — »
= 0,722. Sehr stark doppeltbrechend ist anch der Zinnober (diff. = 0,847) und der
Rutil (0,287, beide für rotes Licht). Sehr schwach doppeltbrechend sind dagegen
der Nephdin (a; = 1,541; «=1,Ö37; diff. = 0,004) und der Leucit (öi = 1,ö08;
e = 1,509 ; diff. = 0,001).
Die Bestimmung der Brechungshoefßjnenten einachsiger Krystalle
erfolgt mut. mut nach denselben Methoden, wie die isotroper Sub-
stanzen (211). Man erhält dabei stets dieselben Werte für alle
Schwingungen senkrecht zur Hauptachse, sie mögen sonst in einer
Richtung vor sich gehen, in welcher sie wollen, also stets dieselben
Werte für w. Die Elastizität des Äthers ist demnach in allen Rich-
tungen senkrecht zur Achse die gleiche, wie es der Annahme von
Fresnel (215) entspricht. Ermittelt man die BrechungskoefBzienten
für Lichtschwingungen, die in einem Hauptschnitt in allen Azimuten
von der Hauptachse bis zur Richtung senkrecht dazu vor sich gehen,
so findet man far die Schwingungen parallel der Achse stets einen
größten und für die senkrecht darauf stattfindenden einen kleinsten
Wert oder umgekehrt. Die Änderung der Ätherelastizität von
einer Richtung zur anderen findet in allen Hauptschnitten in der
gleichen Weise und stets ebenfalls der Ansicht von Fresnel gemäß
statt, wie sie durch die Wellenfläche dargestellt ist. Die Methoden,
um die es sich hier hauptsächlich handelt, sind nun die folgenden:
1. Methode mit dem Prisma, Die Prismen müssen so geschliffen
sein, daß bei der Minimalablenkung die senkrecht zur brechenden
Kante hindurchgehenden Wellen das Prisma in der Richtung der
Hauptachse oder senkrecht dazu durchziehen. Die Schwingungen der
Wellen im Prisma müssen dann in der Tat senkrecht resp. parallel
mit der Achse vor sich gehen, wie es fttr die Wellen, welche oi und b
geben sollen, nach dem Obigen erforderlich ist. Dies wird am besten
Bestiminnng der Brechnngskoeffizienten. 271
erreicht, wenn man die brechende Kante der Hauptachse parallel
macht oder unter Umständen auch, wenn man das Prisma so schleift,
daß die Hauptachse in der den brechenden Winkel halbierenden
Ebene auf der brechenden Kante des Prismas senkrecht steht.
Weniger empfiehlt es sich, die brechende Kante senkrecht zur Haupt-
achse zu legen, so daß diese letztere auf der Halbierungslinie des
brechenden Winkels senkrecht steht.
In Fig. 319 sei die brechende Kante N des Prismas der Haupt-
achse des Krystalls parallel, die Prismenflächen MN und NP sind
dann ebenfalls der Hauptachse parallel, können aber sonst ^^^
ganz beliebig liegen. Minimalablenkung findet auch hier
statt, wenn die Wellen den Krystall in der Richtung BC ^,.
durchziehen, welche gegen MN und NT? gleich geneigt und ^
zur brechenden Kante senkrecht ist. In dieser Richtung
gehen aber zwei Wellen, die ordentliche und die außer- ^•^
ordentliche mit verschiedener Geschwindigkeit hindurch, ^ff* ^^^•
die eine, außerordentliche, mit Schwingungen parallel der brechenden
Kante N^ (Achse); die andere, ordentliche, senkrecht dazu nach ISO
schwingend, welches so liegt, daß MNO — PNO^ also NO J_ BC ist.
Wegen der verschiedenen Geschwindigkeit beider Wellen treten sie
bei C nach verschiedenen Richtungen CDo und CD« aus, sie müssen
also auch aus verschiedenen Richtungen AoB und AeB auf der Fläche
MN in B ankommen. Man muß somit für die ordentliche und die
außerordentliche Welle die Minimalablenkung getrennt aufsuchen und
erhält daraus dann w und e nach der oben (211) mitgeteilten Formel,
Man unterscheidet beide Wellen mittels eines auf das Okular des
Beobachtungsfemrohrs aufgesetzten Nicols. Ist dessen Schwingungs-
ebene der brechenden Kante parallel, dann können nur Schwingungen
parallel dieser Kante d. h. parallel der Achse hindurch und man er-
hält £. Ist dagegen die Schwingungsebene des Nicols senkrecht zur
Kante, so sind die hindurchgehenden Schwingungen senkrecht zur
Achse und man erhält w, wobei dann immer Farbe und Temperatur
noch besonders zu berücksichtigen sind.
Man erhält dabei stets denselben Wert fttr den ordentlichen Brechungskoeffi-
zienten 07, d. h. für Schwingungen senkrecht zur Achse c, das Prisma mit der
brechenden Kante parallel zu dieser mag in dem Krystall orientiert sein wie es will,
die Flächen NM und NP mögen diese oder jene Lage || c haben und die Fortpflan-
zungsrichtung BCj sowie die Schwingungsrichtung ON mögen, beide in der Ebene
der Nebenachsen, also senkrecht zu c, irgendwie gerichtet sein. Dies ist nur mög-
lich, wenn die Elastizität des Äthers in allen Bichtungen senkrecht zur Achse den
gleichen Wert hat, wie es der Annahme von Fresnel entspricht.
Ist dagegen die brechende Kante N auf der Hauptachse senkrecht, dann sei
die letztere zunächst nach NO (Fig. 319) gerichtet, so daß sie den brechenden
Winkel MNP halbiert. Nun sind die beiden Flächen MN und NP des Prismas
gegen die Hauptachse NO gleich geneigt, können aber sonst beliebig liegen. In
272
Einachsige Krystalle.
H
Fig. 320.
diesem Fall schwingt von den beiden bei der Minimalablenlnmg nach BC durch das
Prisma gehenden Wellen die eine, ordentliche, senkrecht zur Adise, also parallel mit
der brechenden Kante Ny die andere, anßerordentliche, parallel mit der Achse NO.
Bei einem solchen Prisma muß die Schwingnngsebene des Nicols, umgekehrt wie
vorhin, parallel mit der brechenden Kante des Prismas sein, wenn man oi, senkrecht
dazu und parallel NO^ wenn man e erhalten will.
Sind die beiden Prismenflächen MN und NP gegen die Achse nicht gleich
geneigt, so daß die Achse nach NO gerichtet ist, wie in Fig. 320, so erhält mau
zwar wieder den ordentlichen Koeffizienten co aus einer Welle, welche
nach BC hindurch geht und parallel mit der brechenden Kante N, also
^'^ senkrecht zur Achse NO schwingt. Aber man erhält aus einer in der
Richtung der Minimalablenkung BC hindurchgehenden außerordentUcben
Welle nun nicht mehr e, sondern einen Brechungskoeffidenten, der zwischen
e und to liegt. Er entspricht den Schwingungen in der Richtung BS,
welche in dem durch AB und NO bestimmten Hauptschnitt MNP
senkrecht zu BC, aber schief zur Achse NO ist. Mittels Prismen dieser Art, in
denen die Achse NO die verschiedenste Lage und daher die verschiedenste Neigung
zur Fortpflanzungsrichtnng BC des Lichtes im Prisma hat, lassen sich die außer-
ordentlichen Brechungskoeffixienten fftr alle in einem Hauptschnitt gelegenen
Schwingungsrichtungen ermitteln. Aus ihnen folgt dann die Änderung der Elasti-
zität des Äthers von der Richtung der Achse bis zu der Richtung senkrecht dam,
gemäß der -\- und — Doppelbrechung und entsprechend der Annahme von Fresnel,
auch in allen Hauptschnitten ganz in derselben Weise.
Ist endlich die brechende Kante wieder senkrecht zur Hauptachse (Fig. 321),
liegt diese aber so in BC, daß sie auf der Halbierungslinie NO das
brechenden Winkels senkrecht steht, dann ist sie offenbar der Rich-
tung BC der Minimalablenkung parallel. Geht nun in dieser Rich-
tung das Licht durch das Prisma, so erhält man nur den Koeffi-
zienten to, weil eben in der Richtung der Hauptachse BC nur Wellen
durch den Krystall gehen, welche die Geschvrindigkeit o haben, keine
anderen.
2. Methode mit dem Mikroskop. Diese wird hier ganz ebenso an-
gewendet, wie bei isotropen Substanzen (211). Eine Platte senkrecht
zur Achse, parallel mit der Basis, gibt nur co. Eine solche parallel
mit der Achse gibt w und e. Beide werden mit Hilfe eines am
Mikroskop angebrachten Nicols unterschieden : ist dessen Schwingungs-
richtung der Hauptachse des Krystalls parallel, so erhält man €, ist
sie darauf senkrecht, so erhält man o.
3, Methode der Totalrefieocion, Im allgemeinen gibt jede irgendwie
am Krystall gelegene Fläche w und «. Die Fläche MN (Fig. 322)
ip sei senkrecht zur Achse CC,. Eine aus der Flüssigkeit
auf MN einfallende Welle AO gibt zwei vom Einfallslot
weggebrochene Wellen im Krystall, welche sich nach
OBo und OBt fortpflanzen. Die Schwingungen der ordent-
lichen Welle OBo sind im Grenzfall, d. h. wenn sie
sich nach ON bewegt, wie überhaupt immer, senkrecht zu CC^ und
somit zur Ebene der Zeichnung; die Schwingungen der außerordent-
lichen Wellen OB^ gehen im Grenzfall parallel CC^ vor sich. Die
- -0
CiiitaJl!
ii
C9.
'S
Fig. 322.
Zweiachsige Erystalle. Elastizitätsellipsoid. 273
Brechungsverhältnisse beider lassen sich wie bei isotropen Mineralien
durch Totalreflexion bestimmen. Die den beiden gebrochenen Wellen
entsprechenden Grenzen der Totalreflexion gehen beim liehen der
Krystallplatte um die in 0 vertikal stehende Drehachse des In-
struments nacheinander durch das Sehfeld, hier zuerst f «, dann Bo^
denn in dem Moment, wo OBe bereits total reflektiert ist, wird OBo
noch nach innen gebrochen, und erst bei einer weiteren Drehung der
Fläche um die zur Zeichnungsebene senkrechte, durch 0 gehende
Achse tritt die Totalreflexion auch für OB^ ein. Die beiden reflek-
tiei-ten Wellen unterscheidet man auch hier mittels eines auf das
Beobachtungsfemrohr aufgesetzten Nicols ; ist dessen kleine Diagonale
senkrecht, so geht die ordentliche Welle hindurch und man erhält cti,
ist dieselbe horizontal, so erhält man e.
Ist die reflektierende Fläche MN parallel der Achse und ist die
Achse selbst horizontal, also senkrecht zur Drehachse des Instruments,
somit parallel der Linie MN^ auf welcher die Drehachse des Instru-
ments in 0 senkrecht steht, so werden nur senkrecht zur Achse des
Krystalls schwingende Wellen reflektiert und man erhält nui* eine
einzige Grenze, die cu liefert Ist die Achse dagegen senkrecht und
der Drehachse 0 parallel, so erhält man wieder (n und «, und zwar
nun, entgegengesetzt gegen vorhin, b bei senkrechter, u> bei wage*
rechter Stellung der kleinen Diagonale des Nicols.
Die WollastoDsche Methode kann in ganz entsprechender Weise
angewendet werden.
(Lit. vergl. (211)). Außerdem: Liebisch, N. Jahrb. Min. 1885, I, pag. 245 und
n, 181; Born, N. Jahrb. f. Min. etc. Beilageband V, 1886, pag. 1.
Eine andere Methode der Bestimmung von Brechnngskoeffizienten an einachsigen
Erystalien, vergL Baner, N. Jahrb. für Mineralogie etc., Beilageband II, 1883, pag. 49.
Zweiachsige Krystalle.
In den hierhergehörigen rhombischen, monoklinen nnd triklinen Krystallen ist
die Symmetrie fttr das optische Gesamtyerhalten genau dieselbe wie für die holoedrische
krystallographische Begrenzung. Jede krystallographische Symmetrieebene ist eine
optische und umgekehrt.
22K ElastlzltStselllpsoid. In zweiachsigen Krystallen ist nach
der Annahme von Fresnel der Äther so beschaffen, daß seine Elastizität
in einer Richtung OX ihren größten Wert a, in einer zweiten darauf
senkrechten Richtung OZ ihren kleinsten Wert c und in einer dritten,
auf diesen beiden senkrechten Richtung OY irgend einen mittleren
«wischen a und e liegenden Wert b hat, der aber nicht etwa das
arithmetische Mittel zwischen a und c ist. Es ist also a>&>c.
Diese drei aufeinander senkrechten Richtungen OX, OY und OZ der
größten, mittleren und kleinsten Elastizität werden die Elasturims^
Bauor, Mineralogie. *-^
274 Zweiachsige Erystalle.
ochsen, die drei ebenfalls aufeinander senkrechten Ebenen XOY, TOZ,
ZOX werden die Hauptschnüte des Erystalls genannt.
Die Fortpflanzungsgeschwindigkeiten a, b, c der nach OX, OYy
OZ schwingenden Wellen haben gleichfalls einen höchsten, mittleren
und kleinsten Wert, so daß a > b > c. Sie stehen auch hier in einer
einfachen Beziehung zur Elastizität und man hat:
Die Lichtwellen, die durch Schwingungen in der Richtung OXy
OYy OZ fortgepflanzt werden, sind charakterisiert durch die Brechungs-
koeffizienten a, ß, y, die als die HaupibrechungsJcoeffmenten des
Krystalls bezeichnet werden. Sie sind, wie bei isotropen Substanzen
(205) und bei einachsigen Krystallen (220):
1^1 1
a' ^ b ' ' c
so daß: a<;/?<;y. Man hat somit:
a, b, c; Q, b, c; o, ß, y sind in allen Krystallen derselben Substanz
gleich, aber mit der Farbe des angewandten Lichts und mit der
Temperatur etwas verschieden. Die Doppelbrechung ist, analog wie
bei den einachsigen Krystallen (220), durch die Differenz des größten
und kleinsten Hauptbrechungskoeffizienten y — a bestimmt
In allen zwischen den drei Elastizitätsachsen liegenden Richtungen
ist die Elastizität zwischen a, h und c um so näher dem einen oder
anderen dieser Werte, je näher die Richtung der Achse OX^ OY oder
OZ ist. Den Wert der Elastizität in jeder beliebigen Richtung kann
man nach dem Vorgang von Fresnel darstellen mit Hilfe der Elasti-
eüätsfiäche. Diese erhält man, wenn man von einem Punkte 0 aus
auf den dreiJSlastizitätsachsen OX^ OY, OZ nach beiden Seiten die
Stücke a=ya; b = y6; c = Yc abträgt und darüber ein Ellipsoid
konstruiert. Li jeder Richtung ist die Quadratwurzel aus der
Elastizität des Äthers, "j/e, gegeben durch den betreffenden Radius
des Elastizitätsellipsoids und die in dieser Richtung schwingenden
Lichtwellen pflanzen sich mit einer Geschwindigkeit t = ie fort.
Überhaupt sind alle Radien des Elastizitätsellipsoids proportional den
Fortpflanzungsgeschwindigkeiten der in den betreffenden Richtungen
schwingenden Lichtwellen und nach dem Obigen auch proportional
den reciproken Werten der für diese Richtungen geltenden Brechungs-
koeffizienten. Speziell die Längen der drei Elastizitätsachsen a, b, c
111
verhalten sich wie — >-ö>,— • Aus dem Elastizitätsellipsoid lassen
sich dann, wie wir sehen werden, die optischen Eigenschaften der
zweiachsigen Krystalle ableiten.
Elastkittttsellipsoid. Schwingongsrichtiuigren. 275
Die entsprechende Elastizitätsilfiche bei einachsigen Krystallen, Ton der wir
aber allerdings oben keinen Gebrauch gemacht haben (216), würde man erhalten,
wenn zwei der drei Elastintätsachsen einander gleich würden. Das bei den zwei-
achsigen Sjystallen dreiachsige Ellipsoid würde dann ein Rotationsellipsoid, dessen
Jlotationsachse die dritte Elastizitätsachse wäre. Ein solches Botationsellipsoid würde
die Beschaffenheit des Äthers in einem einachsigen Krystall znr Darstellung bringen.
Ebenso eine Kugel für eine isotrope Substanz; alle drei Elastizitätsachsen sind hier
gleich, der Äther hat nach allen Richtungen die gleiche Elastizität.
Statt des Elastizitätsellipsoids benützt man zur Darstellung der optischen Ver-
hältnisse zweiachsiger Krystalle häufig ein Ellipsoid, dessen Achsen nicht den reci-
proken Werten der Hauptbrechungskoeffizienten, sondern diesen direkt proportional
sind. Alle Radien sind dann den Brechungskoeffizienten der in den betreffenden
Richtungen schwingenden Lichtwellen proportional und man kann sie danach aus
den Hauptbrechungskoeffizienten a, ß^ y berechnen. Dieses Ellipsoid ist die Index-
fläche oder Indicatrix, die ebenfalls wie die Elastizitätsfläche entweder dreiachsig,
oder ein Rotationsellipsoid oder eine Kugel ist Sie führt genau auf dieselben Gesetz-
mäßigkeiten im optischen Verhalten wie die letztere.
(Fletcher, The optical indicatrix and the transmission of light in crystals,
London 1892; Deutsch von Ambronn und König: Die optische Lidicatiix, Leipzig
1892.)
222. Schwingaiigsrichtaiigeii. Aach in einem zweiachsigen
ErystaU bewegen sich nach jeder Bichtnng im allgemeinen zwei
senkrecht zueinander polarisierte Lichtwellen mit verschiedener Ge-
schwindigkeit fort, wenn der Äther an einem beliebigen Punkt er-
schBttert worden ist. Die Schwingungsrichtangen dieser beiden Licht-
wellen erhält man (212), indem man um den erschütterten Punkt im
Innern des Erystalls, den Ausgangspunkt der Lichtbewegung, das
Elastizitätsellipsoid des Erystalls beschreibt und durch denselben
Punkt eine Ebene senkrecht zu der Fortpflanzungsrichtung legt. In
dieser Ebene müssen die beiden Schwingungsrichtungen jedenfalls
liegen und zwar sind es die beiden Achsen der Ellipse, in der die
Ebene die Elastizitätsfläche schneidet. In deren Richtung hat ja die
Elastizität des Äthers senkrecht zu der Fortpflanzungsrichtung ihren
größten und ihren kleinsten Wert. Die Schwingungen parallel mit
der größeren Ellipsenachse werden der in dieser Eichtung herr-
schenden größeren Elastizität wegen rascher vorwärts schreiten, als
die Schwingungen parallel mit der kleineren, und zwar sind die
beiden Fortpflanzungsgeschwindigkeiten den Längen dieser beiden
Ellipsenachsen, die ja den Quadratwurzeln aus den Elastizitäten iu
diesen Bichtungen gleich sind (221), direkt proportional. Die in der
Richtung der kleinen Achse schwingende Welle wird also hinter der
in der Richtung der größeren Achse schwingenden um einen mit der
Zeit wachsenden Betrag zurückbleiben müssen.
Hierauf beruhen n. a die Viertelundülathnsglimmerplatten (V4 ^Plfttten), die
man bei der optischen Untersachimg der Krystalle häufig eot Bestimmung des
Charakters der Doppelbrechung (24S, 254) etc. benfitzt Es sind Spaltungsplättchen
18*
276 Zw«iu;lim^ SiyfltBlle.
Ton QUmniär, Toa solcher Dicke, daQ bei senkncht hindnrehgehendem Licht die
langsamere Welle beim AnBtritt ans der Platte hinter der rascheren genau nm «ne
ViertelweileBläng^e ['Ul) larOckgehlteben ist (fttr Strahlen von mittlerer Brschbar-
keit and bei gewShnlicher Temperatur).
Die Elastizitätsaehsen werden wohl ancb als die Hauptschwingunffs-
ricktungm der Krjstalle, der zweiachsigen und entsprechend der ein-
achsigen, bezeichnet.
22S. WelleHllfteke. FfStr die in den Hauptschnitten gelegenen
Fortpäanzungsrichtnngen lassen sich nun die zugehSrigen Schwin-
gnngsrichtnngen (senkrecht und parallel zu dem betreffenden Hanpt-
scbnitt) und auch die zugehörigen FortpSanzungsgeschwindigkeiten
ohne Schwierigkeit angeben, und man kann danach den Verlauf der
Wellenfläche (Strahlenflftcfae) in den Hanptschnitten ermitteln und
dadurch einen Einblick in die Oestalt dieser Fläche erlangen.
In einer in einem Hanptschnitt gelegenen Richtung pflanzen sich
zwei Wellen fort, welche nach dem obigen senkrecht und parallel
zum Hauptschnitt schwingen. Liegt diese Richtung in dem Haupt-
schnitt XOZ, so mOssen sich die senkrecht dazu, also parallel mit der
Achse OY sehwingesden Wellen mit derselben Geschwindigkeit b im
Krystall fortpflanzen, die Fortpäfunzungsricbtung mag in diesem Haupt-
sebnitt sein, welche ^e will Eme solche Welle verhält sich in diese»
Hanptschnitt als» wie die ordentliche Welle in einem einachsigeB
Kristall. Die Wellenfläche gibt im Schnitt mit der Ebene XOZ
einen Kreis um des erregten Punkt 0 mit dem Radius b. Aber in
dem Hauptschnitt XOZ können sich noch Wellen mit Schwingungen
parallel dem Hanptschnitt fortpflanzen (Fig. 323}. Gieschieht dies in
der Richtang OX, so Schwingt die Welle parallel OZ; pflanzt sie sich
nach OZ fort, so schwingt sie parallel OX. Diese beiden Wellen
haben also die Oescfawindigkeiten c und a, und in derselben Zeit, wo
die parallel OY sehwingenden Wellen sich nach allen Seiten in du
Fig. 323. Fig. 324. Pig. 826.
Ebene XOZ bis zn einem Ereis mit dem Radina b ausgebreitet haben,
entfernen sich die letzteren beiden Wellen ron 0 um die Längen c
auf OX und a auf OZ. Die Geschwindigkeiten der zwischen OX und
OZ sich fortpflanzenden Wellen erhält man für jede Richtung wieder
all Radios einer tiber a und c als Achsen konstraierten Ellips«. Die«
Wel]«DflMie. Oirtift^e Achsen. 277
imrallel dem iHaoptsduiitt tKshwiligenden Wellen pflanzen ^ch also je
nach der Eichtnng verschieden rasch fort, sie verhalten sich in dieser
Seddehnng wie die außerordentliche Welle in einem einachsigen
Krystall (216).
Der Verlauf der WeUenfläche in den Hanptschnitten XOZ nnd TOZ ergibt
sich in ganz ähnlicher Weise. In YOZ erhält man (Fig. 324] einen Kreis mit dem
Itadias a nnd eine Ellipse mit der Achse c anf OF nnd b anf OZ^ nnd in XOT
einen Elreis mit dem Badins c nnd eine Ellipse mit den Achsen a nnd b anf OT
nnd OX (Fig. 325). Setzt man die Hanptschnitte in der natürlichen Lage senkrecht
aneinander znsammen, so gewinnt man eine genügende Vorstellnng von der Wellen-
fläche zweiachsiger Krystalle. Diese besteht ebenfalls ans zwei Schalen, bis zn
welchen die in jeder Richtnng mit yerschiedener (Geschwindigkeit fortschreitenden
beiden Lichtbewegnngen in der Zeiteinheit gelangt sind. Die Verhältnisse sind
ganz ähnlich wie bei den einachsigen Erystallen, aber bei den zweiachsigen durch-
dringen sich die beiden Schalen gegenseitig, wie Fig. 323 zeigt. Die ganze Fläche
ist symmetrisch zn den drei durch die Elastizitätsachsen OX, OY^ OZ gelegten
Hanptschnitten.
224. Optische Achsen. Von besonderem Interesse ist die Be^
wegnng der Lichtwellen in dem Hanptschnitt XOZ (Fig. 328). Während
sich in jeder Bichtnng in einem zweiachsigen Krystall zwei Wellen
parallel, aber mit verschiedener Geschwindigkeit fortpflanzen können,
deren Lagen in einem bestimmten Moment durch die zwei Tangential-
ebenen an jede der beiden Schalen der Wellenfläche bestimmt werden,
gibt es in dem Hauptschnitt XOZ zwei Richtungen, in welchen sich
*je nur eine einzige Welle fortpflanzen kann. Es gibt nämlich rechts
und links von OZ resp. OX eine Bichtung, in wehdier beide Schalen
der Wellenflächen von einer einzigen gemeinsamen Ebene berührt
werden, was bei den beiden anderen Hauptschnitten (Fig. 324, 325)
nicht möglich ist. Diese gemeinsame Berührungsebene erhält man,
wenn man die gemeinsamen Tangenten MN und MN der Ellipse
nnd des Kreises um 0 zieht und in diesen Linien MN und MN* auf
der Ebene XOZ senkrechte Ebenen errichtet Zu diesen parallel be-
wegen sich die beiden in der betreffenden Bichtung allein sich fort-
pflanzenden Wellen; ihre Fortpflanzungsrichtungen (Normalen) siAd
OM und OM, beiderseits symmetrisch zu OZ und OX, so daß MOZ
= MOZ, MOX^MOX. In diesen Richtungen OJlf und OM findet
also keine Doppelbrechung statt. Die nach OJf und OM sich be-
wegenden Wellen schreiten mit der mittleren Geschwindigkeit i = -ö
vorwärts, die der auf dem Hauptschnitt XOZ senkrechten mittleren
Elastizität b entspricht Diese beiden Bichtungen OM und OM', in
denen keine Doppelbrechung der Lichtwellen stattfindet, sind die
optischen Achsen des Krystalls. Diese liegen stets in der Ebene XOZ,
die durch die größte und die kleinste Elastizitätsachse bestimmt und
die daher auch die Ebene der optischen Achsen (optische Achsen-
278 Zweiachsige Erystalle.
ebene) genannt wird. Letztere ist daher auch stets senkrecht zur
Achse der mittleren Elastizität OY.
Die Bichtnng«n OM und OM* ergeben sich, wie eine mathematische Betrach-
tong zeigt, aus dem Elastizitätsellipsoid. Legt man durch die Achse OY der mitt-
leren Elastizität eine Ebene senkrecht zum Hauptschnitt XOZ, so schneidet diese
das Ellipsoid im allgemeinen in einer Ellipse, deren anf XOZ senkrechte Achse == b
ist. Es gibt aber auf beiden Seiten der Elastizitätsachse OZ resp. OX und gegen
diese gleich geneigt je einen Schnitt, in welchem die im Hanptschnitt liegende
Ellipsenachse ebenfalls = b ist, so daß dieser spezielle elliptische Schnitt in einen
kreisförmigen mit dem Halbmesser b übergeht. Die Normalen zn diesen beiden Kreis-
schnitten sind die Bichtungen OM nnd OM*, also die optischen Achsen des Erystalls.
Bings nm diese ist die Ätherelastizität dieselbe. Es kann also in diesen beiden
Bichtungen in der Tat nnr je eine Welle fortschreiten nnd zwar mit einer Ge-
schwind^keit b =- ib. Einer solchen Welle muß daher der mittlere Brechnngs-
koeffizient ß entsprechen.
OM und OM yerhalten sich also in gewisser Beziehung optisch wie die Haupt-
achsen einachsiger Erystalle. Aber während bei diesen zu der einzigen Welle auch
nur ein einziger Strahl gehört, gehören bei den zweiachsigen Krystallen zu der
einen Welle unendlich viele Strahlen. Die Ebenen MN und MN* berühren die
WeUenfläche nach einem Kreis, und jeder von 0 nach einem Punkt dieses Kreises
gezogene Badius ist ein zu dieser Welle gehöriger Strahl, also z. B. die beiden in
XOZ liegenden Badien OM und ON. AUe diese Strahlen liegen je auf einem Kreis-
kege), dessen Spitze in 0 und dessen Basis jener Kreis auf der Ebene MN und
MN* ist. Sie erzeugen die Erscheinung der konischen Refraktion, indem sie beim
Austritt aus einer der Tangentialebene MN paraUelen Fläche des KrystaUs den
Mantel eines Kreiszylinders mit der Basis MN bilden.
225, AchsenwinkeL Der Winkel der optischen Achsen MOM
(Fig. 323) ist eine für die optische Charakterisierung der Erystalle
sehr wichtige Größe, da er im allgemeinen, nicht immer, für alle
Erystalle derselben Substanz konstant derselbe ist. Dieser Winkel
hängt einzig und allein von den drei Hauptbrechungskoeffizienten
a, /?, y (resp. von den Längen der Elastizitätsachsen a, 6, c) ab, mit
welchen er gleichzeitig für verschiedene Farben und Temperaturen
seine Größe ändert. Ist v der Winkel, den eine optische Achse OM
oder OM mit der Achse OZ der kleinsten Elastizität macht, also
v = ZOM=ZOM, so ist:
"1 r
a« y«
/rix
/IZX
Oder auch ^ = V^-l/f4_iV'^
1—a){ß + a)
ß) iy+ß)
Achsenwinkel. Dispersion der optischen Achsen nnd Elastdzitätsachsen. 279
Diejenige Elastizitätsaze, welche den spitaen Winkel der optischen
Achsen halbiert, heißt die optische Mittellinie (M. L.) oder auch die
erste Mitteüinie (Bisektrix); die darauf senkrechte Elastizitätsachse,
welche den stumpfen Achsenwinkel halbiert, heißt die zweite Mittel-
linie (Supplementarlinie). Die erste nnd die zweite Mittellinie liegen
in der Ebene XOZ der optischen Achsen; sie sind stets die Achsen
OX nnd OZ der größten und kleinsten Elastizität Die auf ihnen
resp. auf der optischen Achsenebene stets senkrechte mittlere Elastizi-
tätsachse OY wird auch die optische Normale genannt. Krystalle, bei
welchen die Mittellinie die Achse OX der größten Elastizität ist,
heißen ganz analog wie bei den einachsigen (215) negative, — ^ (Fig. 326),
solche, bei denen sie die Achse OZ der kleinsten
Elastizität ist, heißen positive, +, Krystalle — !^ \\
(Fig. 327). Für negative Krystalle ist somit .^^ ■""' "*"
V > 45®, ifttr positive : v < 45®. Ein negativer
Krystall wäre demnach auch in Fig. 323 dar-
gestellt. ^«' 326. Fig. 327.
226, Dispersion der optischen Achsen. In jedem zweiachsigen
Krystall ist der Achsenwinkel für rotes Licht von dem für violettes
verschieden, und zwar ist er bei manchen größer, bei manchen kleiner.
Das erstere Verhalten, daß der Achsenwinkel für rotes Licht der
größere ist^ bezeichnet man mit : ^ >> t; ; das letztere, daß der Achsen-
winkel für rotes Licht der kleinere ist, mit Q<iv. Die Winkel für
alle anderen Farben liegen zwischen denen für rotes und für
violettes Licht in der Mitte. Diese ganze Erscheinung nennt man
die Dispersion der optischen Achsen.
Dieselbe kann so weit gehen, daß die Ebene der Achsen für rotes Licht anf
der f&r violettes (blanes) Licht senkrecht steht bei gleich bleibender Mittellinie; so
z. B. beim Brookit (Dispersion der AchHenebene).
227. Dispersion der Elastlzitatsaclisen. Die Lage der Elastizitäts-
achsen ist ebenfalls im allgemeinen von der Farbe des Lichts abhängig,
ebenso auch von der Temperatur. Man nennt die Erscheinung, daß
die Elastizitätsachsen ihre Lage mit der Farbe des angewandten
Lichts ändern, die Dispersion der Elastimtiitsachsen. Für jede Farbe
aber und für jede Temperatur stehen die Elastizitätsachsen in Be-
ziehung auf ihre Lage im engsten Zusammenhang mit der Symmetrie
des betreffenden Krystalls, derart, daß jede krystallographische Symme-
trieebene auch eine solche in Bezug auf jene Achsen, also eine optische
Symmetrieebene ist. Jede Elastizitätsachse parallel einer Symmetrie-
achse und jeder Hauptschnitt parallel einer Symmetrieebene behalten
konstant diese Richtung bei, da ja die krystallographische Symmetrie
von Farbe und Temperatur unabhängig ist. Für jede andere
280 Zwdkdttige ErjBtaUe.
Elastizitätsachse resp. Haaptschnitt ist aber die Lage von diesen
beiden Eigenscliaften &bhibi^ und mit diesen Terftnderlich.
Far die einzelnen ErystAllsysteme verhält sich die Diqtersion
der optischen und Elastizit&tsachsen folgendenuaßen:
1. In rhombischen Krystallen sind för jede Farbe nnd für jede
Temperatur die Slaatizitätsacbsen den brystallographischen Achsen
parallel, Dispersion der Elastizitätsachsen findet also hier nicht statt.
Jede der drei krystallographischen Achsenebenen ist ein optischer
Hanptschnitt; die Ebene der optischen Achsen föllt stets mit einer
solchen Achsenebene zusammen, nnd ebenso ist die Mittellinie stets
einer Krysta,llach9e parallel. Nor die Länge der Elastizitfitsachsen
ändert sich mit der Farbe nnd der Teroperatnr, nnd damit der
Achsen Winkel.
2. In monoklitteH Krystallen ist stets eine der drei Elastizitäts-
achsen bei jeder Temperatnr and für jede Farbe anf der Symmetrie-
ebene senkrecht (der Symmetrieachse parallel), die beiden anderen
liegen irgendwie in der Symmetrieebene, aber fUr verschiedene Farben
und Temperaturen verschieden. Die Symmetrieachse (Orthodiagonale)
ist also stets eine optische Elastizitätsachse und die Symmetrieebeue
ist stets ein optischer Haaptschnitt. In diesem findet fflr die zwei
darin liegenden Elastizitätsachsen Dispersion statt, so daß die Elastizi-
tätsachsen für rotes Licht mit den entsprechenden für blaues einen
kleinen Winkel einschließen. Bezüglich der Lage der optischen
Achsen und der optischen Mittellinie hat man hier drei verschiedene
Fälle zu unterscheiden. Bei der bildlichen Darstellung derselben ist
als Beispiel das Verhalten von ~\- Krystallen gewählt, wo die Mittel-
linie der Achse OZ der kleinsten Elastizität parallel ist; die Ver-
hältnisse der — Krystalle ergeben sich dann daraus von seihst.
a. Die Ebene der optischen Achsen fällt mit der Symmetrieebeue
des Krystalls zusammen. In dieser Ebene liegen dann auch die erste
nnd die zweite MitteUioie nnd die optische Normale OY ist der
Symmetrieachse parallel (Fig. 328). Die Mittellinien OZr and OZ,
für rotes und violettes Licht haben eine etwas verschiedene Lage
DispendoQ der EiaBÜeitftteachsen. 281
(Disperskm der Elastizitätsachsen, speziell der Mittellinien); ebenso
die Achsen OB und OF für rotes und violettes Licht (Dispersion der
optischen Achsen (226)); anf der einen Seite der Mittellinien müssen daher
die Achsen OR^ und OV^ etwas näher beieinander liegen, als auf der
anderen Seite die Achsen OR und OV. Der Winkel ROR^^ ist stets
von VOVj^ oder ZrOR von Z^OV etwas verschieden. Diese Art der
Diversion heißt die geneigte Dispersion (z. B. beim Gips).
b. Die Ebene der optischen Achsen ist senkrecht znr Symmetrie-
ebene; sie geht fttr jede Farbe dnrch die Symmetrieachse b und ist
gegen die Qnerfläche ooPoo(lOO) (Fig. 329 nnd 330) unter einem
schiefen Winkel geneigt Aber dieser Winkel ist fftr rotes Licht
anders als f&r violettes, so daß die Achsenebene RORi fttr rotes
Licht mit der fttr violettes Licht TOV^ einen kleinen Winkel macht.
Hier sind zwei Spezialfälle zu unterscheiden.
cf. Die 1. Mittellinie OZ liegt in der Symmetrieebene (Fig. 329).
OR und OÄji sind die optischen Achsen, OZr ist die Mittellinie für
rotes Licht; OV und OV^ sind die Achsen, OZ^ ist die Mittellinie für
violettes Licht. Die den Mittellinien entsprechenden Elastizitäts-
achsen Zr und Zt, machen also hier in der Symmetrieebene einen
kleinen Winkel ZrOZ^, miteinander; denselben Winkel machen die
ebenfalls in der Symmetrieebene liegenden, hier aber nicht gezeich-
neten Elastizitätsachsen OYr und OY^ Nur die dritte Elastizitäts-
achse OX (die zweite Mittellinie) ist stets für alle Farben etc. die-
selbe, sie ist parallel der Symmetrieachse b. Diese Art von Disper-
sion heißt die horizontale Dispersion (z. B. beim Orthoklas).
ß. Die 1. Mittellinie OZ ist auf der Symmetrieebene senkrecht und
geht der Symmetrieachse parallel Dies gilt für alle Farben und
Temperaturen. In Fig. 330 sind wieder OR und OR^ die optischen
Achsen fftr rotes, OV und OV^ die für violettes Licht. Die Ebenen
beider gehen durch die Achse b, welche ja die für alle Farben ge-
meinsame Mittellinie OZ ist, und sie durchkreuzen sich in OZ unter
einem kleinen Winkel VZR. Das weitere ergibt die Figur. Disper-
sion der 1. Mittellinie findet hier nicht statt. Diese Art von Dispersion
heißt die gehreuste (z. B. beim Borax). Andere als diese drei Arten
der Dispersion sind mit der Symmetrie monokliner Krystalle unver-
einbar.
3. In iriklinen Krystallen ist irgend eine gesetzmäßige Beziehung
zwischen der Lage der Elastizitätsachsen und der krystallographischen
Begi'enzung überhaupt nicht mehr vorhanden; die Elastizitätsachsen
liegen für jede andere Farbe und Temperatur immer etwas anders;
es findet Dispersion der optischen Achsen, der Achsenebene, der
Elastizitätsachsen und also auch der Mittellinien zugleich statt.
282 Zweiachsige Krystalle.
228. Opüsche Konstanten. Die optischen Verhältnisse eines
zweiachsigen Erystalls sind im wesentlichen bekannt, wenn man die
Länge der Elastizitätsachsen o, 6, c fQr alle Farben und Tempera-
turen oder, was im Grunde dasselbe ist, die Hauptbrechungskoeffl-
zienten a = —,ß = ^, y = — kennt, sowie die Lage der Elastizitäts-
achsen gegen die krystallographischen Begrenzungselemente. Die
Zahlen, welche die Richtung und Größe der Elastizitätsachsen in
einem solchen Erystall angeben, heißen die optischen Konstanten des-
selben. Die Richtung der Elastizitätsachsen, d. h. ihre Lage zu der
Begrenzung des betreffenden Erystalls wird, soweit sie nicht schon
durch die S3rmmetrie der Erystalle gegeben sind, nach den folgenden
Abschnitten (230 ff.) mittels des Polarisationsinstruments ermittelt.
Die Bestimmung der Hauptbrechungskoefflzienten geschieht auch hier
am häufigsten nach den schon oben bei den isotropen und einachsigen
Erystallen erläuterten Methoden (211, 220). Im konkreten Falle muß
eine eventuelle Bestimmung der Lage der Elastizitätsachsen der Be-
stimmung der Hauptbrechungkoeffizienten vorausgehen.
In triklinen Ej-ystalleii) sJs dem allgemeinsten FaUe, sind die meisten, nämlich fttnf
voneinander unabhängige optische Eonstanten zu bestimmen : die drei Hauptbrechungs-
koeffizienten und die Lage zweier EJastizitätsachsen gegen die krystaUographische
Begrenzung, gemessen etwa durch die Neigung der beiden Elastizitätsachsen zu
zwei Kanten des Krystalls (die dritte auf jenen beiden senkrechte Elastizitätsachse
ist dann in ihrer Lage ebenfalls gegeben). In monoklinen Erystallen sind vier un-
abhängige optische Eonstanten vorhanden: die drei Hauptbrechungskoeffizienten
und die Neigung einer in der Symmetrieebene liegenden Elastizitätsachse zu einer
Eante in derselben Ebene (etwa die Vertikal- oder die Elinoachse); alles übrige ist
durch die Symmetrie gegeben. Bei rhombischen Erystallen ist die Lage der Elasti-
zitätsachsen bekannt, also sind nur drei Eonstanten, die drei Hauptbrechungskoeffi-
zienten, noch zu bestimmen.
In dem SpezialfaU der einachsigen Erystalle sind es der letzteren nur zwei,
m und e, auf diese Zahl beschränkt sich also die Zahl der optischen Eonstanten und
in isotropen Substanzen ist es endlich nur ein einziger Brechungskoeffizient, der für
alle Lichtschwingungen in dem Eörper in derselben Weise wiederkehrt.
Auch für die anisotropen Erystalle gilt die Dispersionsformel von Cauchy (206) ;
sie wird für jeden einzelnen Hauptbrechungskoeffizienten genau in derselben Weise
angewendet, wie bei den isotropen Eörpem.
229. Brechungskoefflzienteii. 1. Methode mit dem Prisma. Die
drei Hauptbrechungskoeffizienten erhält man mit Hilfe dreier Prismen,
deren Kanten den drei Elastizitätsachsen parallel gehen, deren Flächen
aber im Erystall sonst beliebig liegen können. Durch jedes solches
Prisma gehen zwei Wellen, von denen die eine parallel mit der
brechenden Kante resp. der betreffenden Elastizitätsachse schwingt.
Nur diese kommt hier in Betracht, und sie kann leicht mit dem Nicol
erkannt werden; sie liefert den Brechungskoefflzienten, welcher den
Bestimmiuig der Brechungskoeffizienten. 283
Schwingungen in der Richtung jener Achse entspricht Man kann aber
auch mit nur zwei Prismen alle drei Hauptbrechungskoeffizienten,
darunter sogar einen davon doppelt, bestimmen. Dabei gehen die Kanten
der Prismen ebenfalls je einer Elastizitätsachse parallel, die Prismen-
flächen NM und NP müssen aber so liegen, daß je eine zweite
Elastizitätsachse NO^ welche auf der Prismenkante senkrecht ist, den
Prismenwinkel MNF halbirt (Fig. 321). Ist z. B. die brechende
Kante N parallel mit der Achse OY und ist NO parallel mit der
Achse OX, so schwingt von den beiden Wellen, welche bei der Minimal-
ablenkung das Prisma längs BC durchschreiten, die eine || N oder OF,
die andere || NO oder 0X\ die erste gibt also /?, die andere a. Ist
in einem zweiten Prisma die brechende Kante || OZ und entspricht
NO der Achse OF, so erhält man y und /?, letzteres zum zweitenmal,
was als Kontrolle wichtig sein kann. Die Unterscheidung von a, /S, y
erfolgt auch hier mittels eines Nicols. Ist beim zweiten Prisma die
Kante parallel OZ, liegen aber die Flächen desselben sonst beliebig,
so erhält man aus ihm nur y. Man braucht also nur ein Prisma mit
zwei orientierten Flächen, beim zweiten braucht bloß die Kante orien-
tiert zu sein.
2. Methode mit dem MihrosJcap. Hierbei sind mindestens zwei
planparallele Platten, parallel mit zwei Hauptschnitten, z. B. XOY
und XOZ nötig. Die erstere Platte gibt a und ß aus der Verschiebung,
welche der Tubus des Mikroskops erleiden muß (220), wenn parallel
mit OX resp. OY schwingendes Licht (mittels eines Nicols herzu-
stellen) durch den Krystall geht Die zweite Platte gibt a (zum
zweitenmal) und y.
3. Methode der Totalreflexion. Eine einzige ebene Fläche parallel
einem Hauptschnitt, für welche die Lage der Elastizitätsachsen be-
kannt ist (zu ermitteln nach (234)), genügt zur Bestimmung von
c, ß, y (220). Ist die Fläche parallel XOY und wird sie in die
Flüssigkeit so eingetaucht, daß OY horizontal, also OX senkrecht ist,
60 erhält man zwei Grenzen, welche Schwingungen || OX und || OZ
entsprechen, und man findet daraus a und y. Ist dann bei einer
zweiten Einstellung derselben Platte OX horizontal und OY vertikal,
dann entsprechen die beiden Grenzen Schwingungen \\ OY und || OZ
und man erhält ß und y (letzteres zur Kontrolle zum zweitenmal).
Sogar mittels einer ganz beliebig gerichteten Fläche können alle drei
Hauptbrechungskoeffizienten ermittelt werden, wenn diese Fläche nur
einer der drei Elastizitätsachsen z. B. X parallel ist. Liegt diese
Achse horizontal, also in der Einfallsebene des Lichts, dann bewegen
sich beide Wellen in der Bichtung dieser Achse und man erhält die
Brechungskoeffizienten ß und y für die beiden anderen Elastizitäts-
achsen. Steht die Ache X vertikal, dann erhält man a. Die Messung
284 PolarisatianBmBtriimente.
kann nach der Methode des Eintauchens von Kohlransch oder nach
der Methode von WoDaston mit dem Prisma ausgef&hrt werden. An
beiden Instrumenten sind Vorrichtungen, um die Erystallplatte durch
Drehung in ihrer Fläche aus einer Stellung in die andere ütbersn-
führen.
(Lit. yergl. (211) und (220), aowie TT. Kohlrauschj Wiedem. Ann. YII; Liebisch,
N. Jahrb. f. Hin. etc. 1890, I, pag. 57; Zeitschr. f. Kryst. VII, 1883, pag. 433.)
Eine Methode zur Bestimmung des mittleren Brechnngskoeffizienten fi ans dem
Winkel der optischen Achsen vergl. (252). Andere Methoden zur Bestimmung der
BrechungskoeMzienten zweiachsiger Erystalle: Batter, Sitzgsber. Berl. Ak. 1877,
pag. 684; auch Tschemtakf Min. u. petr. Mitteilgn. I, 1878, pag. 14; lAehiBch,
Zeitschr. Kryrt. Bd. VII, 1888, pag. 433; Viola, Zeitschr. f. Kryst. XXX— XXXIT,
1898, 1899.
Bei 4-Kry8tallen liegt ß näher an a, als an /, also /?—«</—/?; bei
— Erystallen ist es umgekehrt: ß liegt n&her an y, als an «, also ß — «>y — A
Beispiele:
Schwefel: +.a = l,958; /9 = 2,038; y = 2,240; /?— « = 0,080, ;'— /ff = 0,202.
Aragonit: — .a = l,5031; /9 = 1,6816; y = l,6859; /ff— « = 0,1786, y— (J = 0,0043.
Folarisationsinstrumente.
230. Zweck des Folarisationsinstraments. Um ein Mineral als^
einfach- oder doppeltbrechend zu erkennen, um bei doppeltbrechenden
Substanzen die Ein- oder Zweiachsigkeit unabhängig von der Krystall-
form zu unterscheiden, um die Lage der Elastizitätsachsen und der
Hauptschnitte gegen die krystallographische Begrenzung resp. die
Blätterbrüche zu bestimmen, um die Lage der optischen Achsen, den
Achsenwinkel, die Dispersionsverhältnisse, endlich um den Charakter
der Doppelbrechung (ob -^- oder — ) ohne Kenntnis der absoluten Werte
der Längen der Elastizitätsachsen (der Hauptbrechungskoefßzienten)
zu untersuchen, dienen die Pol4mscUi(ynsinsirumente, von denen einige
auch fälschlicherweise Polarisationsmikroskope genannt werden. Bei
ihnen fällt das durch eine polarisierende Vorrichtung (den Polarisator:
einen Nicol, eine Turmalinplatte oder einen Glassatz) polarisierte
Licht auf das meist in Form von planparallelen Platten angewendete
Mineral, geht durch dasselbe hindurch, durchdringt eine zweite polari-
sierende Vorrichtung, den Analyseur, und gelangt dann in das Ange.
Dabei muß man, um alle hierher gehörigen Erscheinungen zu be-
obachten, das polarisierte Licht teUs in parallelen Strahlen, teils in
solchen durch das Mineral gehen lassen, welche im Innern desselben
konvergieren (Polarisationsinstrument mit parallelem und konver-
gentem Licht oder Orthoskop und Eonoskop).
Da die Lage aller optischen Sichtungen mit der Symmetrie der
Krystalle auf das innigste zusammenhängt, so bilden diese optischen
Untersuchungen wichtige Ergänzungen zu den krystallographischen^
Polariflitioiisinstnimeiite. 285
und nicht seltea kann man aas den optischen Erscheinungen, welche
das Polarisationsinstrament zeigt, das Erystallsystem eines Minerals
bestimmen, aach wenn keine Spur von einer regelmäßigen Begrenzung
vorhanden oder wenn diese mangelhaft ausgebildet ist. In manchen
Fällen hat die optische Untersuchung das Erystallsystem eines Mine-
rals richtig kennen gelehrt, nachdem es durch bloße Beobachtung der
äußeren Form zuerst unrichtig bestimmt worden war (vergl. z. B. Grenz-
formen (80) und Mimesie (171)). Daher ist bei durchsichtigen Sub-
stanzen die Eontrolle der krystallographischen Untersuchungen durch
optische stets dringend geboten. Die optische Untersuchung der
Mineralien im Polarisationsinstrument ist somit von großer Wichtig-
keit und bildet heutzutage einen der wesentlichsten Teile der wissen-
schaftlichen mineralogischen Forschung.
{Des CloizeaviXj Memoire sur Temploi du microscope polarisant. Paris 1864 (ans :
Aimales des mines 6. ser. Bd. 6). Snr Temploi des propri^t^s optiqnes bir^lrin-
geantes pour la d^termination des espöces cristallis^es, I und n. (An. d. mines 6. ser.
Bd. 14. 1868 und 1859.) NonveUes recherches snr les proprietes optiqnes d^
cristanx. H6moires des savants ^trangers Bd. 13, 1867, pag-. 511. Ferner die Werke
Ton: Grailich, Groth, Liebisch, Schabns, Schranf etc. in (3) B.)
Wenn die im Polarisationsinstrament zn nntersnehenden Elrystalle gew5hnhch
in Form planparalleler Platten angewandt werden, so geschieht dies, damit
das senkrecht zn ihrer Unterseite einfaUende nnd an ihrer Oberseite anstretende
Licht keinen Intensitätsverlnst dnrch Totalreflexion etc. erleidet. Solche Platten sind
meist mühsam herznsteUen nnd oft überhaupt nicht zn erlangen. Deshalb verf&hit
man nach dem Vorgang von C Klein jetzt oft anch zweckmäßigerweise so, daß
man die unregelmäßig begrenzten Kdmer der betreffenden Substanzen m kleinen
Glasröhren in ein in der Lichtbrechung ihnen möglichst gleiches flüssiges Medium
(Kaaadabalsam, Methylenjodid etc.) hinein und mit diesem in dasPolarisationsinstnunent
bringt. Die Totalreflexion und der dadurch bedingte Lichtverlnst wird so bei-
nahe vollständig vermieden. Das zn untersuchende Mineral wird dabei zweckmäßig
an einem geeigneten Drehapparat befestigt, der erlaubt, ihm jede denkbare Lage
gegen die einfallenden Lichtstrahlen zu geben. (Sitzungaber. Berlin. Akad. 1890,
pag. 347 und 703.)
231. FolarisatioBsiiistrainent fllr koiiTergentes Licht. Ein
voll Mineralogen vielgebrauchtes Polarisationsinstrament ist Fig. 331
abgebildet Die Einrichtung für konvergentes Licht ist links^ die
ftr paralleles Licht rechts dargestellt.
Das Polarisationsinstrnment für konvergentes Licht besteht aus einem schweren
MetaUfnI{, auf welchem sich die dreiseitige Säule A erhebt. Längs dieser bewegt
sich der Arm B^ der mittels einer Schraube festgeklemmt werden kann, nnd der
Arm C, der sich mittels eines Triebes heben und senken läßt. An dem Arm B ist
die abwärts gehende cylindnsche BiOure g befestigt, in der sich die zweite Bohre f
verschiebt und dreht In dieser steckt der polarisierende Micol p nnd darüber nnd
darunter je eine Linse e nnd &, deren gemeinsamer Brennpunkt in der Mitte von p
liegt. In dem oberen Teil der Bohre ^ ist ein System Ton vier SammeUinsen n von
sehr knrser Brennweite eingelassen, die zusammen nnd dicht übereinander in eine
kunee MesiingrShre gefaßt sind, mittels welcher man sie beliebig aus g heranshebeii
286 Polarisaticiiiaiiutnimente.
nud wieder einaetEen kann. Daa obere Ende von g ist ferner noch nmg'eben von
einem nm die Achae des Instnunents drehbaren Objekttiflch l, auf weichem oben der
ErjBtallti^er k, eine Glasplatte, lie^ Der Objekttisch l hat am Kaade bei i eine
KrebteiloDg, welche Dber den mit dem Arm B fest verbandenen Noninakreis k sich
A hinwegpbewegt. Die Teilung anf
i geht Tou rechte nach links.
den Uhrzeigern entgegen, wie h
rechts oben in Fig. 331 zeigt
In der Dnrchbohmng dea
oberen Armes G bewegt sich
ebenfalls eine HessingriihTe b,
die gerade Fortaetcnng von g
bildend. Dieselbe trägt nnten
ein System von vier Linaen von
kurzer Brennweite o, welches
dem Linsensystem n ganz gleich
ist, aber die Linsen liegen hier
umgekehrt. In der Brennebene
dieser Linaen ist ein Olaamikro-
meter r mit einem geteilten und
einem darauf senkrechten onge-
teilten Arm. In der Bflhre b ist
die Okalarrühre v mit der Okn-
larlinse t verschiebbar. Auf ihr
ist der analysierende Nico! q auf-
gesetzt, der mit seiner Fassnng
t gedreht , aber anch beliebig
aufgesetzt nnd abgenommen wer-
den kann. Bei t ist ein Schlitz,
in welchem eine -y A-Glimmer-
platte (32SJ oder ein Qnarzkeil
(240) znr Beatimmnng des Cha-
rakters der Doppelbrechong (248,
254) oder ein dünnes Oipapl&tt-
chen eingeschoben werden kann.
Der zu beobachtende Kryetall
wird anf die Glasplatte k des
Objekttischea gelegt; zur Er-
zielnng einea mOglichat großen
Sehfelds werden ihm die Linsen
n und 0 möglichst genähert.
Die Belenchtnng geschieht von
nnten durch den Spiegel rS (Lit
Fig. 331. siehe (232)).
Ein sehr viel einfacheres, aber zn vielen Zwecken sehr gut brauchbares Polari-
sationsinstnunent ftkr konvergentes Licht ist die Tumuüinzange. Zwei parallel
der Achse geschnittene Tnrmalinplatten (319) in geeigneter Fassung werden von
einem federnden Draht in paralleler Lage nuammengehalten; zwischen beiden wird
die zu beobachtende Erystallptatte eingeklemmt. Beide Tnrmalinplatten sind in
ihrer Ebene drehbar und die Achsen (Schwingnngs- resp. Folarisationsebenen) beider
Polarisationffliistnimente. 287
können daher rechtwinklig gekreuzt oder parallel gestellt werden. Im ersten Fall
ist das Sehfeld dunkel, im letzteren hell (vergl. (233)).
282» Polarisationgingtmraeiit für paralleles Liebt* Soll das Instrument
fflr Beohachtang im parallelen Licht eingerichtet werden, so werden (Fig. 331, rechts) die
Linsen n ans der unteren Bohre herausgenommen und die ohere Bohre b wird er-
setzt durch eine andere r, welcher die Linsen o und i fehlen. Der analysierende
Nicol q wird auch auf diese Bdhre aufgesetzt, und die Beleuchtung geschieht wieder
mittels des Spiegels 8, Durch die Drehung und Verschiebung der Bohren können
alle erforderlichen gegenseitigen Stellungen der einzelnen Teile, namentlich der
Nicols gegeneinander, leicht hergestellt werden. Eingeritzte Marken erleichtem das
Auffinden dieser Stellungen, und mit Hilfe yon Klemmringen, von denen einer bei
f* abgebildet ist, können die einzelnen Teile des Instruments in der erforderlichen
Lage gegeneinander festgestellt werden. Auch mit Erhitzungsyorrichtungen yer-
schiedener Art werden die Polarisationsinstrumente für paralleles und konvergentes
Licht nicht selten ausgestattet, damit man auch bei höherer Temperatur die optischen
Eigenschaften der Mineralien zu untersuchen im stände ist. (Liebisch, yergl. (16)
Beuschf Pogg. Ann. 92 und Ber. NaturL-Vers. Karlsruhe 1868; Bartin, Ann. chim.
phys. in. s6r, Bd. 69 pag. 78 j 7. v. Lang, Carls Bepertorium Bd. VII; Groth,
Pogg. Ann. 144, 1871, pag. 37 ; Becke, Tschermak, Min. Mitt. Bd. II, 1880, pag. 430,
femer (230), sowie Brezina, Des Cloizeaux, Groth, Leiß, Liebisch, Binne (3) B.)
2S3. Wirknng des Folarisationsinstniments. Fällt gewöhn-
liches Licht anf den Spiegel S des Polarisationsinstraments f&r ianver-
gentes Lieht (Fig. 331, links), so gelangen die Strahlen zunächst von S auf
die Linse e, von welcher sie nach ihrem Brennpunkt in der Mitte des
polarisierenden Nicols p konzentriert werden. Nach Durchstrahlung
dieses Nicols fallen sie divergierend auf die mit e ganz gleiche
Linse ^, deren Brennpunkt mit dem der Linse e in der Mitte des
Nicols p zusammenfällt und von welcher aus sie als ein mit der
Achse des Instruments paralleles Strahlenbündel auf das Linsen-
system n gelangen. Hier werden sie sehr stark nach oben konvergent
gemacht, so daß sie aus der obersten, kleinen Linse n als ein sehr
stumpfer Kegel austreten, dessen Spitze unmittelbar über dieser Linse
liegt und eventueU in eine auf die Linse (resp. den Krystallträger)
gelegte Erystallplatte fällt. In diese tritt das Licht an der Unter-
seite konvergierend ein und aus ihr an der Oberseite unter demselben
Winkel divergierend aus, so daß es in einem ebenso stumpfen Kegel,
als welcher es die Linsen n verlassen hatte, nun auf die Linsen o
fällt Von diesen werden die Strahlen wieder der Achse des Instru-
ments parallel gemacht und fallen so auf die Linse t, welche die
Strahlen wieder konvergierend durch den analysierenden Nicol q
und dann ins Auge sendet. Bei den meisten Beobachtungen sind
die Nicols gekreuzt, d. h. ihre Schwingungsebenen machen 90^
miteinander, und dies wird im folgenden als Normalstellung an-
genommen. Die Nicols erhalten dabei eine ganz bestimmte Stellung
im Instrument, und die Lage ihrer Schwingungsrichtungen wird
288 PoiarisationsiiiBtrameBte.
durch die beiden Krenzfäden kenntlich nnd unmittelbar sichtbar ge-
macht. Bei dieser Anordnung ist das Sehfeld dunkel, denn die von
dem Nicol jp kommenden Strahlen können weder ganz noch zum Teil
durch den oberen Nicol q hindurch gehen und in das Auge gelangen.
Sind beide Nicols parallel, so ist das Sehfeld hell, da nun die von p
kommenden Schwingungen ungehindert durch q hindurch gehen können.
Bei einer Kreuzung der Schwingungsebenen unter irgend einem Winkel
findet eine teilweise Aufhellung statt. Bei einer vollen Drehung des
oberen Nicols um 360^ erhält man also abwechselnd je zweimal völlige
Aufhellung und Verdunklung des Sehfelds mit ganz allmählichen
Übergängen. Man beobachtet im konvergenten polarisierten Licht
hauptsächlich Krystallplatten senkrecht zu den optischen Achsen und
Mittellinien und erhält dabei die Interferenzerscheinungen, welche in
(246), (247), (250) etc. beschrieben werden, mittels deren die Lage der
optischen Achsen im Erystall, der Charakter der Doppelbrechung, die
Größe des Achsenwinkels etc. bestimmt wird.
In dem Folarisationsinstrument für paralleles Licht (Fig. 331, rechts)
gehen die von